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Jahresbericht 2012
Ärztekammer
Nordrhein
Allgemeine Fragen der Gesundheits-, Sozial- und Berufspolitik
vom Platon-Schüler Aristoteles in dessen
Politik
.
Bergdolt: „Hippokrates war also in Athen im Um-
feld von Platon bekannt. Hippokrates hat existiert.“
Weitere Hinweise finden sich dann erst wieder
in einem Text des Apollonios von Kition, einem
bedeutenden Arzt in der heutigen Westtürkei, im
1.
Jahrhundert vor Christus. Dieser charakterisiert
Hippokrates als „göttlichst“, „wahrheitsliebend“,
aber auch „unklar in der Ausdrucksweise“. Im zehn-
ten Jahrhundert wurde dieser Text, der heute dem
Gebiet Orthopädie zuzuordnen wäre, von einem
unbekannten Arzt aufgegriffen und mit Illustrat-
ionen versehen.
Heute gilt es nach Bergdolts Worten als gesichert,
dass die Werke
Epidemien I und III, Prognostikon,
Über die Heilige Krankheit, Der Eid und Aphoris-
men
aus der Zeit des Hippokrates stammen: „Wir
sprechen heute in der Medizingeschichte vom so-
genannten Corpus Hippokratikum. Das bedeutet,
dieses Werk, das viele Bücher einschloss, ist ent-
standen zwischen 400 und 100 vor Christus. Im
Laufe von etwa drei Jahrhunderten haben gelehrte
Ärzte und Philologen dieses Corpus zusammenge-
stellt. Um seine Bedeutung zu erhöhen, haben sie
alle Schriften dem Hippokrates zugeschrieben.“
Weitere Spuren des Hippokrates finden sich im
zweiten Jahrhundert bei Galen von Pergamon, laut
Bergdolt der bedeutendste und folgenreichste Me-
dizinschriftsteller der Antike. Er nimmt Bezug
auf die Schrift
Über die Natur des Menschen
,
in der
Hippokrates die sogenannte Viersäftelehre thema-
tisiert. Syranus von Ephesus schreibt im gleichen
Jahrhundert eine Vita über Hippokrates. „Da bringt
er alles rein, was er so an Mythen hört, und erfindet
selbst noch einige dazu“, so Bergdolt. Doch dieser
„
Phantasieroman“ sei im Mittelalter und in der Re-
naissance für bare Münze genommen worden: „Da
ist dann wirklich ein Mythos entstanden von dem
Heroen Hippokrates, der im 17. Jahrhundert von
einigen auch schon als Hippokrates der Große be-
zeichnet wird.“
Durchbruch im 16. Jahrhundert
Der Eid wird erstmals in der Mitte des ersten
Jahrhunderts nach Christus, also rund 430 Jahre
nach Hippokrates erwähnt – in den
Compositiones
des Scribonius Largus, der Leibarzt von Kaiser
Claudius war. Im 2. Jahrhundert erwähnt der Sto-
iker Serapion den Eid in einem Gedicht über
Die
Pflichten des Arztes
.
Die Passage erschien auch auf
einer Steintafel am Asklepieion in Athen (3. Jahr-
hundert n. Chr.). Im frühen Mittelalter wird der
Text häufiger genannt, der um 790 im sogenannten
Lorscher Arzneibuch
exakt wiedergegeben ist.
Einfluss auf die praktische Medizin und die ärzt-
liche Ausbildung jedoch gewann er erst im 16. Jahr-
hundert. Die erste – aus damaliger Sicht komplette
–
lateinische Druckausgabe von Marco Fabio Calvo
erschien im Jahre 1525 in Rom, die erste griechische
Ausgabe von Francesco d`Asola 1526 in Venedig. In
jenem Jahrhundert dürfte der Eid in Deutschland
erstmals von angehenden Ärzten geschworen wor-
den sein, wie die Statuten der Medizinischen Fakul-
tät der Universität Wittenberg (1502 – 1508) belegen.
Das ärztliche Selbstverständnis wurde seither
vom Eid geprägt. Er postuliert beispielsweise das
Gebot, Kranken nicht zu schaden, die ärztliche
Schweigepflicht und das Verbot sexueller Hand-
lungen an Patienten. Schwangerschaftsabbruch
und aktive Sterbehilfe werden durch den Eid des
Hippokrates ausdrücklich untersagt.
Ausschnitte der Veranstaltung sind als Videostream unter folgender
Adresse abrufbar:
Ansprechpartnerin:
Dipl.-Ges.Oec. Nina Rüttgen
Tel.:
0211 4302-2102
,
Fax:
0211 4302-5102
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