Jahresbericht Ärztekammer Nordrhein 2017
Ärztekammer Nordrhein Jahresbericht 2017 | 13 Kammerversammlung sein.“ Auch will der Präsident geprüft wissen, ob es ausreichen würde, lediglich die kostenintensivsten 20 Prozent der Fälle in den RSA einzubeziehen − und bei den anderen 80 Prozent die Bürokratie ein- zusparen. Durch das „spektakuläre Bekenntnis“ des Vorstandsvorsitzenden der Techniker-Kranken- kasse, der die Beeinflussung der Diagnosecodie- rung durch die Krankenkassen öffentlich in den Fo- kus gerückt hatte, seien milliardenschwere Kosten hierfür zu Recht in die Kritik geraten. Henke: „Wir können diese fragwürdigen Ausgaben zulasten der Patientenversorgung nicht hinnehmen!“ Sorge um die Freiberuflichkeit Am Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19. Oktober 2016, der die einheitlichen Apo- thekenabgabepreise bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln als nicht gerechtfertigte Beschrän- kung des freienWarenverkehrs in der Europäischen Union verworfen hat, scheiden sich nach Henkes Worten die Geister. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe habe den Vorschlag unterbreitet, die Apotheken in der Fläche und insbesondere in ländlichen Regionen zu schützen und damit eine sichere Arzneimittelversorgung zu gewährleisten. Andere glaubten, dass die Versicherten finanziell vom Preiswettbewerb profitieren könnten und hal- ten ein Versandhandelsverbot im digitalen Zeitalter für anachronistisch. Der Verband Freier Berufe im Lande Nordrhein- Westfalen (VFB NW) kritisierte, dass der EuGH mit seinem Urteil nicht nur die Existenz vieler Apothe- ken in NRW sowie die flächendeckende Arzneimit- telversorgung durch ortsansässige Präsenzapothe- ken gefährde. Mittelbar werde auch das Modell der Freiberuflichkeit in Deutschland grundsätzlich in Frage gestellt. „Die Ausführungen des EuGH ver- engen zudem die Bedeutung des freiberuflichen Apothekerberufes und damit auch mittelbar der an- deren Freien Berufe auf eine rein ökonomistische und kommerzielle Bedeutung“, so der VFB NW. „Ich kann diese Sorge um die Freiberuflichkeit durchaus nachvollziehen“, sagte der Kammerpräsi- dent, „der logische nächste Schritt nach einer wett- bewerblichen Durchdringung der Preisgestaltung in der Arzneimittelversorgung wird sein, dass dies auch auf andere Berufe im Gesundheitswesen aus- geweitet wird.“ Von großer Bedeutung für Patient und Arzt ist nach Henkes Worten die Novelle der Gebührenord- nung für Ärzte (GOÄ) . „Die GOÄ ist unverzichtbar in ihrer Doppelschutzfunktion: faire Preise für die Ärztetagsbeschlüsse umsetzen − differenzierte Steigerungs- möglichkeiten bei einer novellierten GOÄ erhalten Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordert alle Beteiligten auf, für den Erhalt regelhafter, differenzierter Steigerungs- und Abrechnungsmöglich- keiten in einer novellierten GOÄ Sorge zu tragen. Dies steht im Einklang mit Be- schluss I-21 des Deutschen Ärztetages 2016. Die individuelle, variable Steigerungs- bzw. Abrechnungsmöglichkeit ist ein Wesens- merkmal freier Berufe. Nur sie ermöglicht es, den Tätigkeitsaufwand im Einzelfall nach Umfang, Schwierigkeitsgrad und Begleitumständen abzubilden. Aus ärztlicher Sicht dient dies auch dem Interesse des Patienten, die bestmögliche Behandlung zu erhalten. Neben objektiven, krankheitsbedingten Faktoren wirken sich typischerweise auch persönliche Erwartungen des Patienten an die Art und Weise der Behandlung auf den entstehenden Behandlungsaufwand aus. Der Arzt ist nach Berufsordnung und Patientenrechtegesetz gehalten, diese Erwartungen zu erfüllen. Keine Änderung der BÄO Die Patienten-Arzt-Beziehung ist ihrem Wesen nach eine private Beziehung zwischen zwei Individuen. Diese individuelle Beziehung wird jedoch zunehmend durch Beeinflussungen und Steuerungen von außen belastet. Extrem ist das im Bereich der GKV erkennbar. Die bisherigen Verlautbarungen der Bundesärztekammer deuten darauf hin, dass auch im Bereich der privaten Gebührenordnung Steuermechanismen eingebaut werden sollen, die rein ökonomischen Interessen dienen, z. B. Einrichtung einer gemeinsamen Kommission, Einrichtung einer Datensammelstelle, Bürokratisierung beim Ansatz des Steigerungsfaktors. Das alles führt nicht zu einer bürokratischen Entlastung und nicht zu einer angemessenen Honorierung. Diese scheinbaren Not- wendigkeiten dienen ausschließlich den Interessen der Beihilfestellen und der PKV. Die Kammerversammlung fordert daher die Bundesärztekammer auf, Änderungen der BÄO, auch in der jetzt scheinbar moderateren Form abzulehnen. Leistungsbewertung nicht überstürzt vornehmen Die BÄK hat nach dem Hamburger Ärztetag gezeigt, dass der Sachverstand der Verbände und Gesellschaften durch strukturierte Planung und Gespräche zügig und zeitgerecht in Legendierungen eingearbeitet werden konnte. Der am 08.11.16 vorgestellte Zeitrahmen einer Finalisierung der GOÄ bis zum Freiburger Ärztetag durchzudrücken, ist weder klug noch zielführend. Der Grundsatz „Sorgfalt geht vor Geschwindigkeit“ sollte insbesondere für Bewertung der Leistungen angewendet werden, so wie vom BÄK-Vorstand verkündet. Es macht keinen Sinn, eine ab ovo reparaturbedürftige GOÄ vorzulegen. Die BÄK wird aufgefordert, die Bewertung der Legenden der GOÄ gemeinsam und ohne Zeitdruck mit den Verbänden und Gesellschaften auszuhandeln. Pareto- leistungen müssen eine deutliche zweistellige prozentuale Steigerung erhalten und nicht eine asymmetrische Steigerungsrate bei seltenen, meist stationären Leistungen. Entschließungen der Kammerversammlung
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