Jahresbericht Ärztekammer Nordrhein 2017

14 | Jahresbericht 2017 Ärztekammer Nordrhein Kammerversammlung ärztlichen Leistungen, Schutz der Patienten vor finanzieller Überforderung.“ Doch sei die GOÄ in ihrer aktuellen Form „multimorbide“ und deshalb nicht mehr in der Lage, diese doppelte Schutzfunk- tion zu erfüllen: „Die etlichen Analogbewertungen von Leistungen, die in dem Leistungsverzeichnis fehlen, führen vielfach zu Unklarheit, zu Verun- sicherung, zu Rechtsstreitigkeiten und zu Störun- gen im Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt. Und bei den Bewertungen ärztlicher Leistun- gen ist über Jahrzehnte hinweg Stillstand zu kon- statieren, der immun blieb gegenüber Kostenstei- gerungen und Inflation“, sagte Henke. Deswegen sei jeder Fortschritt zur Umsetzung der Beschlüsse des 119. Deutschen Ärztetages in Hamburg 2016 zu begrüßen. Weiterbildung prägend für Strukturqualität Den Vorschlag der Deutschen Akademie der Na- turforscher Leopoldina, die rund 1.600 deutschen Allgemeinkrankenhäuser nach dänischem Vorbild durch 330 Großkliniken zu ersetzen, bezeichnete der Kammerpräsident als „Fantasterei“. Ein sol- ches Vorhaben erfordere – übertragen auf deutsche Verhältnisse – rund 80 Milliarden Euro an Investi- tionsmitteln. Das sei illusionär angesichts der gera- de einmal 2,7 Milliarden Euro, die alle deutschen Bundesländer insgesamt pro Jahr bereitstellen – während Gutachten im Auftrag des Bundesgesund- heitsministeriums zeigen, dass mindestens sechs bis sieben Milliarden notwendig wären. „Wir brauchen eine gesetzlich verankerte Mindestförderung für Diagnosecodierungen vereinfachen und Arztaufwand für Diagnosecodierungen begrenzen Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordert, die Co- dierung von Diagnosen zu vereinfachen und den Aufwand für Diagnose- codierungen für Ärztinnen und Ärzte in Klinik und Praxis gering zu halten. Diese Aufforderung richtet sich insbesondere an den Gesetzgeber und an die Krankenkassen. Das derzeitige Codieren ist aus Arztsicht eine bürokratische Tätigkeit, die im Übermaß die Behandlung der Patienten negativ berühren kann, weil ärztliche Aufmerksamkeit und Ressourcen verbraucht werden, die dann dem einzelnen Patienten und der Bevölkerung nicht mehr zur Verfügung stehen. Zahlreiche ärztliche Gremien haben in der jüngeren Vergangenheit Bü- rokratieabbau gefordert – die Delegierten der Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein unterstreichen diese Forderung auch im Kontext von Diagnosecodierungen. Optimierung der Patientenversorgung statt Daten- optimierung und Datenmanipulation Die Kammerversammlung verurteilt die von Krankenkassen eingeräumte Verwendung von Versichertengeldern zur Optimierung ihrer Zuweisungen aus dem Risikostrukturausgleich und widerspricht der Unterstellung einer finanziell motivierten Komplizenschaft der Ärzteschaft. Hier wurde ein im Grundsatz sinnvoller Ansatz zur zielgerichteten Steuerung und zum besseren Einsatz der finanziellen Mittel durch das Verhalten der Krankenkassen desavouiert. Versichertengelder gehören in die Patientenversorgung statt in die Datenoptimierung und Datenmanipulation und auch nicht in noch kompliziertere Kodierrichtlinien − für eine qualitätsfördernde Finanzierung der Patienten- versorgung Die Kammerversammlung verurteilt die in den letzten Wochen von GKV-Kassen eingeräumten Prozeduren und sogar Manipulationen beim Risikostrukturausgleich. Sie fordert die gesetzlichen Krankenkassen auf, diese Vorgehensweisen umgehend zu beenden und den dafür aufge- wandten Milliardenbetrag endlich der Patientenversorgung unmittelbar zugutekommen zu lassen. Vertragsarztpraxen müssen allein mit Kassenhonoraren existenzfähig sein − Beschlüsse ärztlicher Gremien endlich umsetzen Die Körperschaften der ärztlichen Selbstverwaltung – Kammerversammlung der ÄkNo und Vertreterversammlung der KVNO – und der Deutsche Ärztetag haben mehrfach Beschlüsse gefasst, dass Vertragsärzten in Nordrhein bei vollzeitiger Tätigkeit allein mit der Behandlung gesetzlich versicherter Patienten eine betriebswirtschaftlich tragfähige und Existenz sichernde Praxisführung möglich sein muss. Information über den Wegfall der GKV − Verordnungs- fähigkeit von Arzneimitteln ist auch Aufgabe von Kranken- kassen und Verbraucherschützern Die Herausnahme von Medikamenten aus der Verschreibungspflicht hat zur Folge, dass diese Mittel nicht mehr von der GKV bezahlt werden und vom Arzt nicht mehr zu Lasten der GKV verordnet werden können. Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordert Kranken- kassen und Verbraucherschützer auf, im Rahmen ihrer Informationsaufgaben den gesetzlich Versicherten diese Änderung auch mitzuteilen. Die Informa- tion der Versicherten über einen solchen normsetzenden Schritt durch den Verordnungsgeber im Sinne von Rationierung ist nicht allein ärztliche Aufgabe. Patienten und Verbraucher sind auch darauf hinzuweisen, dass unkontrol- lierte oder unsachgemäße Selbstmedikation gesundheitliche Schäden hervorrufen kann. Dies kann auch ein „einheitlicher Medikationsplan“ nicht entschärfen, wenn dem Arzt der Gebrauch von OTC-Medikamenten nicht bekannt ist. Entschließungen der Kammerversammlung

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