Jahresbericht Ärztekammer Nordrhein 2017
Ärztekammer Nordrhein Kammerversammlung Jahresbericht 2017 | 15 den Substanzerhalt und die Investition in bedarfs- gerechte Strukturen“, sagte der Präsident, „es kann nicht so bleiben, dass Personal für die Patientenver- sorgung fehlt, weil man die Defizite im Bereich der Investitionen aus den Betriebskosten refinanziert. „Von herausragender Bedeutung für unsere Pa- tientinnen und Patienten, auch wenn diese das vielleicht gar nicht unmittelbar wahrnehmen, ist die ärztliche Weiterbildung“, sagte Henke. Die Weiterbildung sei prägend für die Strukturqualität der Medizin in Deutschland, der Facharztstandard ein wesentliches Qualitätsmerkmal des deutschen Gesundheitswesens. „Weiterbildung ist vom ersten Tag an Berufsausübung und im Gegensatz zum Studium keine Ausbildung“, betonte der Kammer- präsident, „deswegen ist die Weiterbildung auch ein Gegenstand der Landeskompetenzen.“ Dies sei notwendige Voraussetzung dafür, dass die Weiter- bildung Kernaufgabe der Profession bleiben könne: „Und das muss sie. Ich bin strikt dagegen, dass wir das Thema Weiterbildung schleichend abtreten an rein sozialrechtlich normierte Organisationen − seien das nun Krankenkassen oder seien es Kassen- ärztliche Vereinigungen. Da gibt es die eine oder andere Begehrlichkeit, und diese Begehrlichkeiten muss man wachsam wahrnehmen und ihnen ge- meinsam entgegentreten.“ Gleichzeitig sind nach Henkes Worten stetige Anstrengungen erforder- lich, um die Weiterbildungssituation zu verbessern. Kassenhonorare müssen Existenz sichern In der Diskussion zum Lagebericht des Präsi- denten setzte sich Dr. Folker Franzen (Bergisch Gladbach) für die Abschaffung der Terminservice- stellen ein. Pro Monat würden in Nordrhein nach KV-Angaben lediglich 1.000 Termine vermittelt, davon sei nur die Hälfte dringlich. „Hier sollten wir alle eine Rücknahme dieser unsinnigen ge- setzlichen Bestimmung fordern, die ja schließlich unser aller Geld kostet“, sagte Franzen. Nach An- sicht von Dr. Rainer Holzborn (Duisburg) sind die Terminservicestellen eine schlecht funktionierende und unbeliebte Lösung. Sie sei der Ärzteschaft „auf- gestülpt“ worden, weil diese ein aus Sicht der Öf- fentlichkeit dringliches Problem nicht selber habe lösen können. Dr. Jürgen Zastrow (Köln) berichtete aus seiner HNO-Gemeinschaftspraxis, dass von cir- ca 40 vergebenen Terminen pro Tag sechs bis acht nicht wahrgenommen werden: „Das kostet Geld und nimmt anderen Patienten die Möglichkeit, ei- nen Arzttermin zu bekommen.“ Zur Novelle der GOÄ sagte Dr. Lothar Rütz (Köln), dass die mit diesem Vorhaben verbundenen Änderungen der Bundesärzteordnung das direk- te Arzt-Patienten-Verhältnis belasten würden. Die Beschlüsse der geplanten „Gemeinsamen Kommis- sion“ von Kostenträgern und Bundesärztekammer hätten „faktisch rechtssetzendeWirkung“. Darüber hinaus solle eine Datensammelstelle mit unüber- sehbaren Kosten eingerichtet und der Steigerungs- satz begrenzt werden. Rütz befürchtet einen „mas- siven Eingriff in die ärztliche Behandlungsfreiheit und die Liquidationsfreiheit“. Wieland Dietrich (Essen) wies darauf hin, dass es einen Beschluss des 119. Deutschen Ärztetages gegen einen Einfachsatz in der GOÄ gibt. Die Möglichkeit, die Rechnungen individuell nach Aufwand und Schweregrad zu va- riieren, müsse erhalten bleiben. In der Diskussion über ein Verbot des Versand- handels mit Arzneimitteln plädierte Dr. Sven Dreyer (Düsseldorf) dafür, sich mit den Apothe- kern zu solidarisieren: „Diese Berufsgruppe ist wie wir ein Freier Beruf.“ Die Ärzteschaft müsse sich gegen eine Europäisierung des deutschen Systems wehren. Christa Bartels (Kreuzau) forderte, dass Vertragsärzte von den Krankenkassen existenz- sichernde Honorare erhalten. Dies sei nicht der Fall, wie ein Gutachten von Professor Dr. Günter Neubauer im Auftrag der KV Bayerns ergeben habe. Uwe Brock (Mülheim) wies darauf hin, dass auf 17 Facharztprüfungen in Nordrhein lediglich eine in der Allgemeinmedizin kommt – im Jahr 2015 wa- ren es insgesamt 103 von 1.675. Brock begrüßte die Initiativen der Kammer für allgemeinmedizinische Weiterbildungsverbünde und plädierte dafür, diese noch attraktiver zu machen. Der Vizepräsident der Ärztekammer Nordrhein, Bernd Zimmer, führte durch die Diskussion zur berufs- und gesundheits- politischen Lage. Ein ausführlicher Bericht über die Kammerversammlung findet sich im Rheinischen Ärzteblatt, Januar 2017 , verfügbar auch unter www.aekno.de, Rheinisches Ärzteblatt, Archiv.
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