Jahresbericht Ärztekammer Nordrhein 2018

110 | Jahresbericht 2018 Ärztekammer Nordrhein Rechtsabteilung nicht in vollem Umfang auf das Grundrecht der Meinungs-und Medienfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz, Art. 10 der Europäischen Menschen- rechtskonvention stützen. Somit überwiege die Grundrechtposition der klagenden Ärztin, der ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss der Spei- cherung ihrer Daten gemäß § 29 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 BDSG zuzubilligen sei. Mit dieser Entscheidung des BGH sind die Wer- bemöglichkeiten der Portalbetreiber eingeschränkt worden. Das grundsätzliche Konzept der Veröffent- lichung auch von unerwünschten Bewertungen durch Jameda stellt der BGH nicht in Frage. Jameda hat die Veröffentlichung von Anzeigen konkurrie- render Ärzte innerhalb der Einträge nichtzahlender Kunden unmittelbar nach dem Urteil eingestellt. Werbung einer Augenklinik mit kostenlosem Eignungs- check: Im Berichtszeitraum erging eine bemerkens- werte Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) München, die das Angebot eines kostenlosen Eig- nungschecks in einer Augenklinik betraf. Das OLG München hat einer Augenklinik untersagt, für eine operative Korrektur der Fehlsichtigkeit mit einem kostenfreien Eignungscheck zu werben, wenn der Eindruck erweckt wird, dass die Leis- tung von Ärzten durchgeführt wird. Dagegen ist die Durchführung eines kostenlosen Eignungschecks zulässig, wenn er von sogenannten Patientenbera- tern durchgeführt wird (Urteil vom 09.11.2017, AZ 29 U 4850/16). Die Augenklinik hatte im Internet damit gewor- ben, dass sie Interessenten kostenfreie Eignungs- checks im Bereich der refraktiven Chirurgie und Korrektur der Fehlsichtigkeit mittels Lasik und Linsenbehandlung anbiete. Im Zusammenhang mit der Werbung wurde auf ein „kompetentes Ärzte- team mit 20-jähriger Erfahrung“ hingewiesen. An anderer Stelle war ebenfalls von kostenlosen Eig- nungschecks die Rede, ergänzt durch den Hinweis: „durchgeführt von speziell geschulten Patienten- beratern“. Die klagende Wettbewerbszentrale hatte die Eig- nungschecks als Verstoß gegen das Zuwendungs- verbot des § 7 Abs.1 Heilmittelwerbegesetz (HWG) beanstandet. Während das Landgericht München der Klage stattgab, differenzierte das Oberlandes- gericht zwischen ärztlichen und nicht-ärztlichen Leistungen. Bei den kostenlos durchgeführten Au- genmessungen handele es sich grundsätzlich um Zuwendungen im Sinne von § 7 Abs.1 HWG. Nach Auffassung des OLG München sind die kostenlosen Augenchecks von Ärzten unzuläs- sig. Demgegenüber werde es anders bewertet, wenn die kostenlosen Augenchecks von soge- nannten Patientenberatern durchgeführt wer- den. Solche Leistungen seien handelsübliche und damit zulässige Zuwendungen. Der Ver- kehr sei seit Jahren daran gewöhnt, dass von zahlreichen Optikern kostenlose Augenmes- sungen angeboten werden. Das OLG München hat mit dieser Entscheidung nochmals bestätigt, dass Ärzte keine kostenlosen Leistungen anbieten dürfen. Dies verstoße nicht nur gegen § 7 HWG, sondern möglicherweise auch gegen berufsrechtliche und gebührenrechtliche Vorschriften und damit gegen § 3a UWG. Diese Grundsätze gelten auch, wenn nicht-ärztliches Per- sonal unter Aufsicht des Arztes ärztliche Leistun- gen erbringt. So darf zum Beispiel ein Zahnarzt nicht mit einer kostenlosen Zahnreinigung wer- ben und sich darauf berufen, dass seine Angestellte diese Leistung ausführe. Werbung mit „Focus-Empfehlungssiegel“: Zahlreiche Kammerangehörige werben seit dem Jahr 2017 mit dem sogenannten Focus-Empfehlungssiegel 2017. Die Ärztekammer wurde vielfach um Überprüfung der Zulässigkeit dieser Form der Außendarstellung von Kammerangehörigen gebeten. Das folgende richtungsweisende Urteil des Landgerichts Köln hat Auswirkungen auf die Beratungstätigkeit und die berufsaufsichtsrechtliche Tätigkeit der Ärzte- kammer: Das Landgericht Köln hat auf die Klage der Wettbewerbszentrale einen Facharzt für Plas- tische und Ästhetische Chirurgie verurteilt, nicht mehr mit einem Siegel „Focus-Empfeh- lung 2017“ zu werben, ohne den angespro- chenen Verkehrskreisen den Test zumindest durch die Angabe einer Fundstelle zugänglich zu machen. Einen Verstoß gegen das heilmit- telwerberechtliche Empfehlungsverbot sah das Landgericht nicht. Die Klage wurde in diesem Punkt abgewiesen. Das Urteil des Landgerichts Köln vom 11.07.2018 (AZ 84 O 278/17) ist noch nicht rechtskräftig.

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