Jahresbericht Ärztekammer Nordrhein 2018
16 | Jahresbericht 2018 Ärztekammer Nordrhein Kammerversammlung In Nordrhein-Westfalen nahm im Sommer 2017 eine schwarz-gelbe Regierung die Amtsgeschäfte auf. In Berlin war nach der Bundestagswahl vom 24. September 2017 plötzlich der Weg frei für ein sogenanntes Jamaika-Bündnis aus CDU/CSU, FDP und Bündnis90/Die Grünen. Deren Sondierer hat- ten nach etlichen Verhandlungsrunden eigentlich am Vortag der Kammerversammlung der Ärzte- kammer Nordrhein am 18. November 2017 eine Entscheidung treffen wollen, ob sie offizielle Koa- litionsgespräche aufnehmen wollen – das Ergebnis ist bekannt. Und so bewahrheitete sich letztendlich das, was der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke, zu Beginn seiner Rede zu aktuellen Themen der Berufs- und Gesundheitspolitik zitierte: „Nichts ist entschieden, bis nicht alles entschieden ist.“ Er plädierte dafür, dass sich die Gesundheits- politik verstärkt mit der Gesellschaft des langen Le- bens imZeichen des Fachkräftemangels imGesund- heitswesen auseinandersetzt. Henke: „Fast jeder vierte niedergelassene Arzt plant, in den nächsten fünf Jahren aus Altersgründen seine Praxis aufzu- geben. Im öffentlichen Gesundheitsdienst werde im kommenden Jahrzehnt jeder zweite Kollege in Ren- te gehen. Gelinge es nicht, das Gesundheitswesen in Stadt und Land mit ausreichend motiviertem, gut weitergebildetem und gut bezahlten Menschen auszustatten, so würden auch positive Entwicklun- gen, wie sie zum Beispiel in der Telemedizin und der Telematik oder in der medizinischen Forschung zu beobachten seien, nicht zur Entfaltung kommen können. Zwar verändere die Digitalisierung die Menschen mehr als ihnen bewusst sei. Aber es sei- en die Menschen, betonte Henke, „die die Dienste zu den Patientinnen und Patienten bringen, und es sind nicht die Maschinen. Maschinen brauchen die Bedienung durch Menschen. Telemedizin braucht die Steuerung durch Menschen. Und Big Data muss gegenüber Menschen verantwortet werden.“ Ambulante Weiterbildung fördern statt Landarztquote fordern Auch in einem Zeitalter, das zunehmend digital geprägt seinwerde, würden die Patienten die Exper- tise und das empathische Gespräch von Ärztinnen und Ärzten mehr denn je brauchen und auch einfor- dern. „Sie brauchen nämlich einen Übersetzer, der aus der ungeheuren Informationsflut die wichtigen Botschaften filtriert und in lebensnahe Gesund- heitsempfehlungen umsetzen kann. Sie brauchen Ärztinnen und Ärzte, die auch dann heilen können, wenn der Strom ausfällt.“ Es nütze nichts, wenn die Digitalisierung zu einer Art Allheilmittel stilisiert werde, die Kolleginnen und Kollegen in den Praxen und Kliniken im Hier und Jetzt aber an die Grenzen ihrer Belastbarkeit stießen. Henke begrüßte, dass noch die alte schwarz-rote Berliner Koalition verbindliche Personalvorgaben in der Pflege für bestimmte Klinikbereiche auf den Weg gebracht habe. Solche Vorgaben müssten nun auch für die Ärzteschaft gemacht werden (siehe auch RÄ 5/2017, Seite 12–14: „Untergrenzen auch für das ärztliche Personal“) . Allerdings könnten die Vor- gaben nicht eingehalten werden, wenn es nicht aus- reichendPersonal gebe,mahnteHenke.Dahermüss- ten konkrete Maßnahmen ergriffen werden wie die Erhöhung der Kapazität an Studienplätzen – so wie sie von der neuen schwarz-gelben Koalition in Düs- seldorf für die Uni-Standorte Bielefeld und Siegen schon angestoßen worden ist. Insgesamt müsse die Patientenversorgung zukunftsfest machen Der sich immer gravierender abzeichnende Ärztemangel, die zunehmende Digitalisierung und der notwendige Abbau bürokratischer Vorschriften für ein Mehr an Arzt-Zeit für den Patienten standen im Fokus der Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein am 18. November 2017.
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