Jahresbericht Ärztekammer Nordrhein 2018
Ärztekammer Nordrhein Jahresbericht 2018 | 17 Kammerversammlung Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein: „ T elemedizin braucht die Steuerung durch Menschen. Und Big Data muss gegenüber Menschen verantwortet werden.“ Kapazität um mindestens zehn Prozent erhöht wer- den. Darüber hinaus müsse es auch bei der Vergabe der Studienplätze in der Humanmedizin endlich zu einer Berücksichtigung weiterer Kriterien kom- men, statt wie in vier von fünf Fällen nur auf die Abiturnote abzustellen, so Henke. Der rheinische Kammerpräsident mahnte an, den „Masterplan Medizinstudium 2020“, der sinnvolle Maßnahmen zur Linderung des Ärztemangels beinhalte, mit den hierfür notwendigen Finanzmitteln auszustat- ten. Die von der NRW-Landesregierung angestreb- te Landarztquote ist nach Ansicht Henkes derweil noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Statt einer solchen Quote sollte besser die ambulante Weiter- bildung gestärkt und die Niederlassung auf dem Land finanziell gefördert werden. Tarifsteigerungen an Kliniken voll refinanzieren Der Mangel an Ärzten und Pflegepersonal darf nach den Worten Henkes unterdessen nicht weiter zu Lasten anderer Länder kompensiert werden, in- dem dort Menschen zum Beispiel von Agenturen für eine Tätigkeit in deutschen Krankenhäusern und Pflegeheimen angeworben werden. Henke forderte sowohl die Politik in Berlin als auch in Düsseldorf auf, Regelungen zu treffen, mit denen Steigerungen bei den Tarifentgelten des Klinikpersonals voll- ständig refinanziert werden, und zwar sowohl für Pflegekräfte als auch für Ärzte. Es müsse verhin- dert werden, dass weiterhin finanzielle Mittel für den Krankenhausbetrieb, also insbesondere für das Personal, für Investitionen in die Klinikinfrastruk- tur abgezweigt werden, um Löcher bei der von den Ländern zu leistenden Investitionsfinanzierung zu stopfen. Um den demografischen Herausforderungen ei- ner Gesellschaft des längeren Lebens zu begegnen, würde sich die rheinische Ärzteschaft auch zu einer intensiveren Kooperation mit anderen akademi- schen Heilberufen und mit den Gesundheitsfachbe- rufen bereit erklären. Allerdings gehört für Henke dazu, dass jede Profession die Kompetenzen der an- deren und damit verbunden auch die eigenen Gren- zen anerkennt. Die Antwort auf den Ärztemangel könne jedenfalls nicht sein, den „Arzt light“ aus- zurufen. Sprechende Medizin besser vergüten Eine Grenzüberschreitung sah der rheinische Kammerpräsident in Plänen des Bundesgesundheits- ministeriums (BMG) zu einer Neuordnung des Psycho- therapeutengesetzes (Psych T hG) . Die in dem Arbeits- entwurf vorgeschlagene Möglichkeit zur Einrich- tung von Modellstudiengängen auf Landesebene, die nicht-ärztliche Psychotherapeuten zur Feststellung, Verordnung und Überprüfung von psychopharma- kologischen Maßnahmen berechtigt, sei im Sinne der Patientensicherheit unvertretbar. Jede Pharmakotherapie sei eine „hochkomplexe Form der Heilbehandlung, die besondere und um- fassende Kenntnisse der medizinischen Grundlagen und Anwendungspraxis erfordert“, sagte Henke. Zudem sei in dem BMG-Papier eine Zersplitterung der somatischen und psychischen Behandlungs- kompetenz angelegt. Eine adäquate und ganzheit- liche Versorgung kranker Menschen lasse sich auf solche Art aber nicht realisieren, sagte Henke. Statt einer Trennung von Soma und Psyche das Wort zu reden, sei es angezeigt, die Vergütung für die „spre- chendeMedizin“ anzuheben und die Ärzte in Klinik und Praxis von unnötiger Bürokratie zu entlasten. Leider werde mit dem gerade eingeführten Entlass-Management im Krankenhaus erneut ein Schritt in die falsche Richtung unternommen, der kumuliert etwa 100.000 Pflege- und Arzt-Tage pro Jahr zusätzlich kosten werde, so Henke. Nicht hinnehmbar war für den rheinischen Kammer- präsidenten auch die Praxis von Krankenkassen, die Ärzteschaft in Praxen und Kliniken zum Bei- spiel mit Nachfragen oder Ablehnungen bei Heil- und Hilfsmittelverordnungen über Gebühr zu be- lasten. Deutschlands Krankenversicherte hätten im eu- ropäischen Vergleich die kürzesten Wartezeiten, den schnellsten Zugang zu innovativen Arzneimit- teln und Therapien und die freieste Arztwahl, sagte Henke. Allerdings erschwere die sektorale Budge- tierung den Ärztinnen und Ärzten die Versorgung ihrer Patienten zunehmend.
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