Jahresbericht Ärztekammer Nordrhein 2018

24 | Jahresbericht 2018 Ärztekammer Nordrhein Kammerversammlung Es sei auch nicht ersichtlich, so der Kammerpräsi- dent, warum die Wartezeiten für die 90 Prozent der in der GKV versicherten Menschen kürzer werden sollten, wenn auch die bislang Privatversicherten in eine Einheitsversicherung einbezogen würden. Das Grundproblem, so Henke, bestehe nicht in den Honorarunterschieden zwischen PKV und GKV, sondern am Ende eines Quartals in den vertrags- ärztlichen Budgets und Regelleistungsvolumina mit ihren Beschränkungen. An der Arbeit der wis- senschaftlichen Kommission zur Erarbeitung von Vorschlägen sowohl bei der Vergütung in der GKV als auch der privatärztlichen, staatlichen Gebüh- rentaxe, die auf Betreiben der Großen Koalition bis Ende 2019 zu Ergebnissen kommen soll, muss nach Ansicht des Kammerpräsidenten auch ärztlicher Sachverstand beteiligt werden. Grauduszus: Die Zitrone ist ausgepresst Henke begrüßte die Pläne Laumanns, die Zahl der Medizinstudienplätze in NRW anzuheben. „Und es ist auch richtig, die ärztliche Versorgung in strukturschwachen Gebieten durch regionale Zu- schläge zu fördern und die sprechende Medizin bes- ser zu vergüten.“ All dies werde mehr Wirkung zei- gen, als an den Terminservice-Stellen festzuhalten. Positiv sei, dass sich die Koalition eine Neuord- nung der Krankenhausfinanzierung vorgenommen habe, die mit den Stichworten Planungssicherheit, zusätzliche Mittel für Strukturveränderungen, Di- gitalisierung und neue Technologien beschrieben werden könnten, so Henke. „Die vollständige Re- finanzierung von Tariflohnsteigerungen, wie sie der Koalitionsvertrag, mit einer Nachweispflicht für die Krankenhäuser verbunden, vorsieht, ist ein richtiger Schritt.“ Auch die angestrebte Herausnah- me der Pflegepersonalkosten aus dem Fallpauscha- len-System stelle eine richtige Entscheidung dar. „Das kann der Auftakt zu einer stärker bedarfs- orientierten und weniger erlösorientierten Personal- politik der Krankenhäuser sein.“ Allerdings müsse diese politische Absicht nun auch auf das ärztliche und weitere medizinische Personal an den Kliniken ausgeweitet werden. Henke erwartet auf diesem Ge- biet jedenfalls noch eine „intensive Debatte“. Wenn er dem neuen Bundesgesundheitsminis- ter Jens Spahn (CDU) einen Rat geben dürfe, sagte Henke vor den Delegierten der rheinischen Ärzte- schaft, dann den, es wie sein Vorgänger Hermann Gröhe (CDU) zu halten. Dessen Primärmotivation habe immer darin bestanden, „den Berufen im Ge- sundheitswesen den Rücken zu stärken“. Die letzten Reserven in der ärztlichen wie pflege- rischen Versorgung seien inzwischen ausgepresst, sagte Martin Grauduszus (Erkrath) in der anschlie- ßenden Aussprache: „Da kommt nicht mehr viel heraus aus der Zitrone.“ Wer Strukturveränderun- gen wolle, der müsse dann auch frisches Geld in die Hand nehmen. Ärzte müssten, wie dies der Minister richtig fordere, wirtschaftlich unabhängig sein, um sich frei von Einflüssen Dritter ganz ihren Patien- ten widmen zu können, so Grauduszus. Wie Henke begrüßte auch Dr. Ivo Grebe (Aachen) die von CDU/CSU und SPD geplante Herausnahme der Pflegepersonalkosten aus dem Fallpauschalen- System. Analog dazu müssten aber auch die ver- tragsärztlich tätigen Kolleginnen und Kollegen nun Unterstützung erfahren, da auch sie mit immer weiter steigenden Kosten für das Personal und not- wendigen Investitionen in die Praxen konfrontiert seien. So werde es immer schwieriger, ohne die Zahlung von Zulagen ausreichend Praxispersonal zu finden, sagte Grebe. Auch die zu erwartenden Investitionen in den Bereichen Digitalisierung und Datenschutz machten es erforderlich, die Forderung nach einer Aufhebung der Budgets in unterversorg- ten Gebieten auf die Ballungsräume auszudehnen. Privatdozent Dr. Hansjörg Heep (Ratingen) stell- te den aktuellen Stand der Novelle der (Muster-) Weiterbildungsordnung vor. Die Delegierten fass- ten einen Beschluss zur Anrechenbarkeit der Teil- nahme an „Clinician Scientist“-Programmen (CSP) auf die Weiterbildungszeit. In einem weiteren Tagesordnungspunkt infor- mierte Bernd Zimmer (Wuppertal), Vizepräsident der Ärztekammer Nordrhein, die Delegierten über die Arbeit der Kammerausschüsse Berufsordnung, allgemeine Rechtsfragen und Europa, E-Health und Arzt-Patienten-Kommunikation zur anstehenden Beratung über eine Novelle des § 7 IV (Muster-)Be- rufsordnung (MBO) auf dem 121. Deutschen Ärztetag in Erfurt vom 8. bis 11. Mai zum Thema ärztliche Fernbehandlung. Auf dem Tisch liege ein Vorschlag der Ständigen Konferenz zur Berufsordnung der Bundesärztekammer, wonach eine ausschließliche Beratung oder Behandlung über elektronische Kommunikationsmedien im Einzelfall erlaubt sei, „wenn dies ärztlich vertretbar ist und die erfor- derliche ärztliche Sorgfalt insbesondere durch die Art und Weise der Befunderhebung, Aufklärung, Beratung oder Behandlung sowie Dokumentation gewahrt wird“.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=