Jahresbericht Ärztekammer Nordrhein 2018
Ärztekammer Nordrhein Jahresbericht 2018 | 27 Kammerversammlung Rufnummer 116117“ zu optimieren. Besonders die Ausweitung der Erreichbarkeit der Telefon-Service-Stelle rund um die Uhr (24/7), auch während üblicher Sprech- stundenzeiten von Arztpraxen, kann helfen, Nachfragespitzen abzubauen und Patientenströme besser auf die für das Beschwerdebild zweckmäßige Versorgungsebene zu lenken. Zusätzlich ist die Vernetzung der Service-Zentrale mit den Feuerwehr-Notrufen 112 auszubauen. Deshalb unterstützt die Kammerversammlung eine enge Koope- ration zwischen den Leitstellen und der Arztrufzentrale in unserem Landesteil und darüber hinaus. Insbesondere begrüßt die Kammerversammlung für die Steuerung der Patientenströme relevante Modellprojekte und fordert deren zügige Realisierung. Sektorenübergreifende Notfallversorgung Die Kammerversammlung begrüßt die Absichten der Politik auf Bundes- und Landesebene, die sektorenübergreifende Notfallversorgung zu fördern. Künftig sollen Patientinnen und Patienten nicht mehr vor die Entscheidung gestellt wer- den, entweder die Notaufnahme eines Krankenhauses oder die Notfallpraxen des ambulanten ärztlichen Notdienstes aufzusuchen. Denn beide Einrichtungen sollen in Zukunft über eine gemeinsame Patientenaufnahme erreichbar sein. Dazu hält die Kammerversammlung fest: 1. Die Weiterentwicklung des bestehenden Systems durch die Etablierung gemein- samer Patientenaufnahmen von Krankenhausnotaufnahmen und Notfallpraxen ist richtig. Diese gemeinsamen Patientenaufnahmen sind von Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten gemeinsam aufzubauen und zu betreiben. 2. Die Etablierung der gemeinsamen Einrichtungen ist mit Kosten verbunden. An vielen Stellen wird ein gemeinsames Konzept nur mit Hilfe baulicher Veränderun- gen zu realisieren sein. Dafür sind die notwendigen Mittel bereitzustellen. 3. Die organisatorische Zusammenführung der Patientenaufnahme muss fachlich von der Entwicklung eines geeigneten Systems der qualifizierten Ersteinschätzung von (tatsächlichen und vermeintlichen) Notfallpatienten begleitet werden. Dazu gehört auch die Definition sinnvoller Qualitätsparameter. Bei der Entwicklung und Evaluierung solcher Systeme sind die Ärztekammern einzubeziehen. 4. Auch in Zukunft wird es nicht möglich sein, an jedem Krankenhaus eine gemeinsame Anlaufstelle für ambulante Notfallpatienten vorzuhalten. Die gemeinsamen Anlaufstellen müssen deswegen personell und strukturell so gut ausgestattet und finanziert werden, dass sie die Patientenströme über ihre Attraktivität lenken („Abstimmung mit den Füßen“). Parallel muss die Etablie- rung dieser Anlaufstellen mit einem Kommunikationskonzept für die Bevölkerung verbunden werden, das mit öffentlichen Mitteln zu finanzieren ist. Außerdem sind Kooperationskonzepte zwischen den gemeinsamen Einrichtungen und den Krankenhäusern ohne solche Einrichtungen zu entwickeln. 5. Für die Finanzierung dieses neuen Systems müssen Mittel außerhalb der morbiditätsorientierten Gesamtvergütung bereitgestellt werden. Qualifizierte Ersteinschätzung über alle Versorgungsebenen Die qualifizierte Ersteinschätzung ist ein bewährtes Verfahren zur Triagie- rung/Sichtung von Patienten. Die Kammerversammlung Nordrhein fordert die verbindliche Einführung und Evaluierung von einheitlichen Fragenkatalogen und Algorithmen für alle Portal- und Notfallpraxen und eine einheitliche abgestimmte Anwendung mit den Rettungsleitstellen und der Arztrufzentrale. Ärztliche Qualitätssicherung im Rettungsdienst Die Kammerversammlung beschließt zur Steigerung der präklinischen Versor- gungsqualität die Zusatz-Weiterbildung Notfallmedizin als notwendige Vorausset- zung für den Einsatz als Notärztin/Notarzt einzuführen. Die Fachkunde Rettungs- dienst wird ab dem 1.1.2019 nicht mehr erteilt, die bestehenden Fachkunden gelten weiter. Datenschutz nur für Gesunde? Vor dem Hintergrund der jüngsten Cyberattacken auf das hochabgesicherte Netz der Bundesregierung fordert die Kammerversammlung Nordrhein, die geplante Telematik-Infrastruktur mit zentraler Datenhaltung unter den Gesichtspunkten Vertraulichkeit, Finanzierbarkeit und Praktikabilität erneut zu überdenken. Wiederholte Cyberangriffe auf angeblich „sichere Systeme“ machen Datenhaltung in Praxen und Kliniken und größte Vorsicht bei der Anbindung an zentrale IT-Strukturen erforderlich Wiederholte Cyberangriffe auf angeblich sichere IT-Systeme in Deutschland und anderen Ländern zeigen, dass in vernetzten IT-Strukturen, wie Clouds, gespeicherte Daten auf Dauer nicht gesichert werden können. Dies gilt auch für Gesundheitsdaten. Cyberangriffe auf Kliniken und Praxen haben in der jüngeren Vergangenheit die Patientensicherheit bereits gefährdet. In Kliniken konnten nach Hackerangriffen lebensnotwendige Operationen nicht durchgeführt werden. Der Cyber-Diebstahl von Millionen von Patientendaten in den USA, Australien, Norwegen und anderen Ländern in den vergangenen Jahren verletzt ärztliche Schweigepflicht, den Datenschutz und das Selbstbestimmungsrecht der Betrof- fenen. Zudem werden Patienten und Bürger möglicherweise Benachteiligungen durch den Missbrauch ihrer Daten ausgesetzt. Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordert, dass auf eine zentrale Speicherung von Gesundheitsdaten oder auch auf die Speicherung in Clouds möglichst verzichtet werden sollte. Sie fordert eine moderne und de- zentrale Punkt-zu-Punkt-Kommunikation im Gesundheitswesen unter höchsten Datenschutzkriterien. Kritische Gesundheitsdaten sollen nur in der Hand von Ärzten in Praxen, MVZs und Kliniken und/oder in der Hand von Patienten gespeichert werden. In Übereinstimmung mit der Europäischen Datenschutzverordnung sind darüber hinaus, insbesondere für Gesundheitsdaten, das Prinzip der Datensparsamkeit und das individuelle Recht auf Löschung von Gesundheitsdaten zu beachten. Weiterbildung – Clinician Scientist Im Rahmen von im Gebiet der Ärztekammer Nordrhein durchgeführten „Clinician Scientist“-Programmen abgeleistete Forschungszeiten sind grund- sätzlich auf die Weiterbildung anrechenbar. Art der Tätigkeit und Ausmaß ihrer Anrechnungsfähigkeit auf die im Rahmen der Weiterbildung zu erwerbenden Kompetenzen sind jeweils vor Beginn des Forschungsprojektes mit der Ärztekammer zu konsentieren. Persönlich vermittelte Weiterbildung und Patientenbezug sind dabei unerläss- liche Voraussetzungen für die Genehmigung der Kammer. Die zur Anmeldung zur Facharztprüfung vorzulegenden Zeugnisse müssen jeweils projektbezogen den genauen Zeitraum der Tätigkeit ausweisen. Diese Regelung gilt auch für Teilnehmer an „Clinician Scientist“-Programmen außerhalb des Gebietes der Ärztekammer Nordrhein, sofern die oben genannten Kriterien dem Sinn nach erfüllt sind. Parallel besteht weiterhin die Möglichkeit, Zeiten in der Forschung im Wege der Einzelfallprüfung für maximal 6 Monate auf die Weiterbildung anrechnen zu lassen. Entschließungen der Kammerversammlung
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