Jahresbericht Ärztekammer Nordrhein 2019
114 | Jahresbericht 2019 Ärztekammer Nordrhein Rechtsabteilung der Außendarstellung von Kammerangehörigen vermieden werden konnten. In zahlreichen Fällen musste die Kammer aber auch berufsaufsichtsrecht- lich tätig werden, da die Präsentation von Ärztin- nen und Ärzten gegen das ärztliche Werbeverbot oder gegen Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes verstoßen hat. Es fiel auf, dass Kammerangehörige die Grenze zwischen einer berufsrechtskonformen Außendarstellung und einer irreführenden, anprei- senden und vergleichenden Werbung, die nach wie vor verboten ist, oft nicht klar war. Viele Anfragen betrafen auch Internetdarstellun- gen wie Arztbewertungsportale, Arztvermittlungs- portale und Arztvergleichsportale. Zahlreiche Kooperationsverträge zwischen Ärzten verschiedener Fachrichtungen und Ärzten mit an- deren Leistungserbringern im Gesundheitswesen wurden von Ärzten oder deren Rechtsanwälten mit der Bitte um Prüfung vorgelegt. Die den Anfragen zugrunde liegenden Sachverhalte stellten sich häu- fig als komplex dar und erforderten teilweise zeit- aufwendige persönliche Beratungsgespräche. Die Teilzeitanstellung niedergelassener Ärzte im Krankenhaus und deren rechtliche und wirtschaft- liche Rahmenbedingung im Hinblick auf das Zu- weisungsverbot gerieten im Berichtsjahr infolge des Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption im Gesund- heitswesen in den Fokus der rechtlichen Beratung. Häufig wurde die Rechtsabteilung von Ärzten um Auskunft zu Arbeitszeiten und zur tariflichen Einstu- fung gebeten. Die Rechtsabteilung beantwortete insbesondere zahlreiche Anfragen zu den Tarifre- gelungen und den damit verbundenen Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung und Entgelt- umwandlung sowie zu Vergütungsregelungen von MFA, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Arzt- praxen. Die Ausgestaltung von Chefarztverträgen war ebenfalls Thema zahlreicher Anfragen. Hierbei ging es sowohl um die Formulierung von Zielver- einbarungen und deren berufsrechtliche Zuläs- sigkeit als auch um die Frage der Beteiligung mit- behandelnder Ärzte an den Einkünften aus der Privatliquidation. Ein Portal nur für zahlende Ärzte Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbe- werbs hat vor dem Landgericht Berlin gegen einen Vergleichsportalbetreiber für Brustoperationen ge- klagt. DemUrteil (Landgericht Berlin vom11.12.2018 AZ.: 16 O 446/17) lag folgender Sachverhalt zugrun- de: Der Betreiber eines Online-Vergleichsportals bot Werbung für Ärzte und Kliniken an, die Brustopera- tionen durchführen. Auf der Plattform konnten Ärzte eines bestimmten Ortes in Bezug auf die Kosten der Behandlung, die Beratung und die Operation unmit- telbar miteinander verglichen werden. Sie wurden auch mit Noten und Kundenbewertungen angezeigt. Für die Erstellung des Profils auf dem Online-Ver- gleichsportal zahlten die Ärzte an den Portalbetrei- ber einen bestimmten Betrag und eine Vermittlungs- provision. In dem Portal wurden nur zahlende Ärzte aufgeführt. Nachdem die Wettbewerbszentrale den Betreiber abgemahnt hatte, klagte sie auf Unterlassung. Das Landgericht Berlin gab der Klage statt. Die Richter urteilten, es bestehe ein Unterlassungsan- spruch, da der Betreiber des Portals nicht darüber informiere, dass er lediglich Ärzte aufnehme, die eine Zahlung geleistet haben und sich zu künftigen Provisionszahlungen verpflichten. Eine solche Infor- mation sei aber für die Entscheidung von Patienten zwingend notwendig. Anders als beim Kauf von Waren des alltäglichen Bedarfs nutze die Person mit Interesse an einer Brust-Operation das Portal nicht nur für einen rei- nen Preisvergleich. Sie erhoffe sich von ihr vielmehr Informationen in Bezug auf Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen der vorgestellten Mediziner, die eine Einschätzung ihrer Vertrauenswürdigkeit erlau- ben, stellte das Landgericht fest. Die interessierten Personen rechnen nach Auffassung des Gerichts mit einer Neutralität des Seitenbetreibers. Wenn Sie wüssten, dass es sich bei der Vergleichs-Plattform in erster Linie um ein Marketing-Instrument der darge- stellten Mediziner handelt, würden sie der Plattform mit Skepsis entgegentreten. Eine Nutzer-Informa- tion allein durch sogenannte Mouse-over-Funktion reiche nicht aus, da diese vom durchschnittlichen Nutzer nicht wahrgenommen werde.
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=