Jahresbericht Ärztekammer Nordrhein 2019

Ärztekammer Nordrhein Jahresbericht 2019 | 17 Kammerversammlung Warnt vor der Kommerzialisierung des Gesundheitswesens: Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein nicht gegenseitig Vorwürfe machen, mit Maßnah- men zur Stärkung der einen Versorgungsebene die andere Versorgungsebene zu schwächen. Uns als Ärzteschaft verbindet der Wunsch, unseren Patien- tinnen und Patienten auf allen Ebenen eine gute ärztliche Versorgung zu bieten.“ Die Gesundheits- versorgung werde künftig nur gelingen, „wenn der stationäre und ambulante Sektor besser zusam- menarbeiten und wir in beiden Bereichen für gute Arbeitsbedingungen sorgen“, so Henke. Ein weiterer Bereich, in dem der Personalmangel aktuell Sorge bereite, sei der Öffentliche Gesund- heitsdienst (ÖGD), so Henke. „Für uns als Kammer ist es nicht länger hinnehmbar, dass der ÖGD mit immer größeren Erwartungen und Aufgaben kon- frontiert wird, ohne dass die Verantwortlichen in den Kommunen und im Land sich zu ihrer Verant- wortung bekennen, für eine angemessene Personal- ausstattung und eine angemessene Vergütung der Kolleginnen und Kollegen zu sorgen.“ Gesetzentwürfe mit Verbesserungsbedarf Henke begrüßte die Zielsetzung des Pflegepersonal- stärkungsgesetzes, das 2019 in Kraft getreten ist. Es sei sehr im Interesse der Ärzteschaft, wenn die Pfle- gesituation im Krankenhaus verbessert werde. Be- sonders beachtenswert sei der erstmalige Bruch mit der bisherigen DRG-Vergütungssystematik, näm- lich die Ausgliederung der Pflegepersonalkosten aus dem Fallpauschalensystem. Ab 2020 werde ein kombiniertes System aus Fallpauschalen einerseits und einer Pflegekostenvergütung andererseits ein- geführt. Die vorgesehene Ausgliederung der Pfle- gepersonalkosten aus der bisherigen Krankenhaus- finanzierungssystemtik stelle eine Chance dar, in den Krankenhäusern für eine stärker bedarfsorien- tierte und weniger erlösorientierte Personalpolitik zu sorgen. Dieser richtige Ansatz sei aber nicht nur auf die Pflege, sondern auch auf das gesamte medizinische Personal anzuwenden. „Wer nur die Pflege ausnimmt, springt zu kurz“, so der Kammer- präsident. Praxisorganisation gehört in ärztliche Hand Auch das T erminservice- und Versorgungsgesetz bedarf aus Sicht der Ärzteschaft einer dringenden Korrektur, wie Henke vor der Kammerversamm- lung sagte. Er verwies auf Angaben des Zentral- instituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI), wonach Ärztinnen und Ärzte in ihren Praxen zwischen 50 und 56 Stunden pro Woche für ihre Patienten arbeiten (ohne Zeiten für Verwaltungs- arbeit und Büroorganisation). „Damit arbeiten sie, laut Statistischem Bundesamt, durchschnittlich zehn bis 15 Stunden mehr als der durchschnittliche Vollzeiterwerbstätige in Deutschland. Wer darüber hinaus weitere Arbeitsstunden fordert, sieht an der Belastung und der Verantwortung vorbei, mit de- nen wir Ärztinnen und Ärzte in unserem Beruf konfrontiert sind“, so Henke. Trotz dieser Zahlen werde in der Öffentlichkeit weiter der Eindruck verbreitet, dass die niedergelassenen Ärzte zu wenig arbeiten würden. Der Regierungsentwurf erhalte aber auch „aus- baufähige positive Regelungen“, sagte Henke ange- sichts der erstmals seit 25 Jahren im Gesetz vorge- nommenen Korrekturen an der Budgetierung und der Bedarfsplanung zumindest für unterversorgte Gebiete. Erstmals erkenne der Gesetzgeber an, dass ein Zusammenhang zwischen der Budgetierung ärztlicher Leistung und Terminkapazitäten in den Praxen niedergelassener Ärzte besteht. Dieser Weg müsse bis hin zu einem vollständigen Ende der Bud- gets weitergegangen werden, so der Präsident. Inhalte der elektronischen Patientenakte ärztlich mitbestimmen In der Diskussion zum Lagebericht des Präsiden- ten warnte Dr. Ivo Grebe (Aachen), der massive Aufkauf von Arztpraxen durch kapitalgetriebene Konzerne könne dazu führen, die ärztliche The- rapiefreiheit und allgemein die Berufsausübungs- freiheit einzuschränken. Diese Problematik in der Öffentlichkeit zu thematisieren, sei eine „Urauf- gabe“ der Ärztekammern, so Grebe. Schon Medizin- studierende hätten heute eine „Exit-Strategie“ im Kopf, nahm Matthias Krick (Moers) das Bild des Präsidenten vom „Plan B“ vieler Klinikärzte auf.

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