Jahresbericht Ärztekammer Nordrhein 2019

Ärztekammer Nordrhein Jahresbericht 2019 | 25 Kammerversammlung elektronische Patientenakte mit einem Datenpool verbunden, „der Begehrlichkeiten aus wirtschaft- licher Sicht weckt“, so sei das aus ärztlicher Sicht nicht akzeptabel, so der Kammerpräsident. „Die Wahrung des Patientengeheimnisses bleibt auch im Zuge der Digitalisierung eine Conditio sine qua non“, sagte Henke, „die ärztliche Schweigepflicht ist nicht ein Privileg der Ärzte, sondern ein Recht der Patienten.“ Die Kammerversammlung forderte in einer Entschließung, die unbedingte Vertrau- lichkeit des Arzt-Patienten-Verhältnisses auch im Zuge der Digitalisierung zu wahren (im Wortlaut siehe auch Seite 28) . Gegen Kartellbildung bei MVZ „Die Ökonomisierung ist im Gang“, sagte Martin Grauduszus (Erkrath) in der Diskussion zur berufs- und gesundheitspolitischen Rede des Präsidenten. Der Arztberuf werde „deprofessionalisiert“ und „demontiert“. „Das nimmt eine Entwicklung, die ich als sehr beunruhigend ansehe“, so Graudus- zus. Der Vizepräsident der Ärztekammer Nord- rhein, Bernd Zimmer (Wuppertal), kritisierte den „massiven Druck“ auf die Vertragsärztinnen und -ärzte mittels angedrohter Honorarkürzungen für den Fall, dass sie ihre Praxen nicht über den soge- nannten Konnektor an die Telematik-Infrastruktur anschließen. Der Konnektor soll zunächst den Ab- gleich der Patienten-Stammdaten mit den Kranken- kassen ermöglichen. Angriffsmöglichkeiten seien bisher explizit nicht erkannt worden, so Zimmer. „Wahr ist aber, diesen Konnektor können Sie mit einer Softwareaufschaltung auch dazu benutzen, die Kontrolle über die Praxis zu übernehmen“, sagte er weiter. Dabei handele es sich um eine Technik, „die wir für die Patientenversorgung gar nicht mehr brauchen“. Dr. Oliver Funken (Rheinbach) brachte seine Sorge zum Ausdruck, dass im Zuge der Digitalisie- rung eine „komplette Transparenz des Leistungs- geschehens bis in den letzten Handgriff“ geschaffen werden soll. Funken: „Das würde bedeuten, dass wir für das, wofür wir eigentlich stehen, unsere Profession und unsere ethische Selbstverpflich- tung, über Bord werfen müssten und Büttel wür- den einer Gewinnmaximierungsstrategie der Öko- nomie.“ Wieland Dietrich (Essen) zufolge will die Politik über die Telematik-Infrastruktur weitere strukturelle Eingriffe in die Freiberuflichkeit der niedergelassenen Ärzte organisieren. „Das Ziel ist, Online-Termine von außen in das freie selbständige Unternehmen Arztpraxis hineinzugeben – und Zeit, Tätigkeiten und die Pa- tientenbehandlung zu dokumentieren und zu regulieren und uns letztlich die Autonomie zu nehmen.“ Als „Kar- tellbildung“ bezeichne- te Dr. Daniel Krause (Köln) die Konzentra- tionsprozesse bei den Medizinischen Versor- gungszentren. Nach sei- nen Worten gehören zum Beispiel in Düsseldorf der Großteil der nephrologischen Sitze im ambu- lanten Bereich und auch bereits nephrologische Abteilungen über MVZ-Konstruktionen dem glei- chen amerikanischen Dialysekonzern. Ähnliches sei in anderen Fachrichtungen zu beobachten. Die „fertigen Kartelle“ bedeuten für die Patienten, dass sie kaummehr eine freie Arztwahl haben, wäh- rend für Ärztinnen und Ärzte die Wahl des Arbeit- gebers stark eingeschränkt ist, so Krause. „Ärztinnen und Ärzte können es nicht verstehen, dass unsere Systeme imKrankenhaus und imvertragsärztlichen Bereich bis an die Grenze von dem und über das hinaus kaputtgespart werden, was wir zur Patien- tenbehandlung brauchen, während man zulässt, dass marodierendes Kapital sich das Gesundheits- wesen als Zielobjekt sucht, um Geld abzuziehen“, sagte Dr. Jürgen Zastrow (Köln). Psychotherapie ist integraler Bestandteil der Medizin In einem eigenen Tagesordnungspunkt befasste sich die Kammerversammlung ausführlich mit dem geplanten Psychotherapeutenausbildungsreformge- setz und der psychotherapeutischen Versorgung der Bevölkerung. Nach ausgiebiger Diskussion stand für die Delegierten fest, dass mit der beabsichtig- ten Neugestaltung der Aus- und Weiterbildung der bisherigen Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten keine Versorgungsprobleme gelöst, sondern im Gegenteil neue Probleme hinzukommen (siehe auch den Wort- laut der Entschließung zu diesem T hema auf Seite 26) . Dieser Einschätzung schlossen sich auch die beiden Referenten Prof. Dr. Arno Deister, Past President der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheil- kunde (DGPPN) und Dr. Christian Messer, Präsi- dent des Bundesverbands Psychosomatische Medi- zin und Ärztliche Psychotherapie, an. „Eine T echnik, die wir zur Patientenversorgung gar nicht mehr brauchen.“ Bernd Zimmer, Vizepräsident der Ärztekammer Nordrhein

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