Jahresbericht Ärztekammer Nordrhein 2019

Ärztekammer Nordrhein Jahresbericht 2019 | 27 Kammerversammlung Fortsetzung nächste Seite Beachtung spezifischer Belange psychisch und psychosomatisch Erkrankter in der Versorgung Die Ärztekammer Nordrhein wird aufgefordert, auch in Zukunft weiterhin intensiv darauf einzuwirken, dass die spezifischen Belange psychisch und psychosomatisch Erkrankter in der Versorgung gebührend beachtet werden. Damit eine adäquate Versorgung stattfinden kann, gilt es, die heilungsfördernde persönliche Arzt- Patient-Beziehung wertzuschätzen, eine funktionierende Verbindung von Sekto- ren anzustreben und die sprechende Medizin angemessen zu vergüten. Deprofessionalisierung der Patientenversorgung Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein verwahrt sich entschieden gegen die zunehmende Deprofessionalisierung des ärztlichen Berufstands, wie sie beispielsweise schleichend im Gesetzgebungsverfahren (PsychThGAusbRefG) angedacht ist. Ablehnung des Psychotherapeutenausbildungsgesetzes Die Kammerversammlung schließt sich der Auffassung der BÄK an, die in ihrer Presse- mitteilung vom 30.01.19 geäußert hat, dass sie den vorliegenden Referentenentwurf eines Gesetzes zur Reform der Psychotherapeutenausbildung strikt ablehnt. Die Inhalte bezogen sich nicht nur allein auf die inzwischen abgelehnte medika- mentöse Verordnung durch psychologische Psychotherapeuten, sondern richtete sich auch gegen die weiteren Vorgaben des Gesetzes. Die zentrale Kompetenz der Ärztinnen und Ärzte muss gestärkt werden Es zeichnet die ärztliche Tätigkeit aus, dass Soma und Psyche in der Behandlung der Patienten nicht zu trennen ist. Der spezifische Beitrag, den Ärztinnen und Ärzte leisten, liegt in der Integration psychischer und somatischer Gesichtspunkte. Dabei wird das soziale Umfeld mit eingeschlossen. Davon hängen entscheidende Weichenstellungen in Diagnostik und Therapie ab. Zum alltäglichen ärztlichen Handeln gehört, dass bei jedweder gravierenden so- matischen Behandlung eine ärztliche psychische Unterstützung notwendig ist und eine tragfähige, vertrauensvolle Arzt- Patientenbeziehung aufgebaut wird. Ärztinnen und Ärzte wünschen sich im Interesse ihrer Patientinnen und Patienten auch weiterhin eine umfassende Kooperation mit allen anderen Heil- und Gesund- heitsfachberufen gerade in der Versorgung psychisch erkrankter Patienten. Ärzteverzeichnisse sind Sache der ärztlichen Selbstverwaltung Die Kammerversammlung fordert den Bund und die Länder auf, das in § 293 Abs. 7 SGB V vorgeschriebene Verzeichnis der Krankenhausärzte in die Zuständigkeit der Ärztekammern zu übertragen. Die Führung von Ärzteverzeichnissen ist im deutschen Gesundheitswesen originäre Aufgabe der ärztlichen Selbstverwaltung. Der parallele Aufbau eines weiteren Verzeichnisses in der Hand von GKV-Spitzenverband und Deutscher Krankenhausgesellschaft bedeutet eine bürokratische Doppelstruktur und widerspricht dem Prinzip der Datensparsamkeit. Soweit z.B. im Rahmen des Entlassmanagements für die Verordnung von Medi- kamenten eine Arztnummer benötigt wird, ist eine solche bei den Ärztekammern bereits vorhanden. Ärztekammern unterliegen zugleich der demokratischen Kontrolle ihrer ärztlichen Mitglieder. Eine zusätzliche Meldepflicht gegenüber Spitzenorganisationen des Gesundheitswesens, auf deren Umgang mit den Daten Ärztinnen und Ärzte keinerlei Einfluss nehmen können, ist abzulehnen. Krankenhausinvestitionsfinanzierung und Förderung von Vorhaben zur Verbesserung von Versorgungsstrukturen: Sinnvoll weiterentwickeln, ärztlichen Sachverstand einbinden! Die Kammerversammlung fordert das Land auf, den ärztlichen Sachverstand bei der Ausgestaltung der Krankenhausinvestitionsfinanzierung zu berücksichtigen und dazu die Ärztekammern in die Planung und Ausgestaltung der Investitions- schwerpunkte einzubinden. Dies muss unabhängig davon gelten, ob es um Investitionsprogramme nach § 6 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) oder die Förderung von Vorhaben zur Verbesserung von Versorgungsstrukturen nach § 12 KHG (Bundesstruktur- fonds) geht. In beiden Fälle sind die medizinisch-fachliche Kompetenz und das Versorgungswissen der Ärzteschaft unverzichtbar. Wie nachteilig es ist, wenn diese Perspektive fehlt, zeigt aktuelle Erklärung von Landesregierung und Krankenkassen zu den Förderschwerpunkten für die Mittel des Bundesstrukturfonds: Die Mittel sollen ausschließlich für Schließungs- und Konzentrationsvorhaben verwendet werden und eben nicht für die Verbesserung von Versorgungsstrukturen. Für wichtige Förderzwecke, die der Bundesgesetzgeber ausdrücklich aufgenom- men hat, will das Land keine Strukturfondsmittel bereitstellen: nicht für die integrierte Notfallversorgung, nicht für telemedizinische Netzwerke, nicht für die IT-Sicherheit der Krankenhäuser, nicht für mehr Ausbildungskapazitäten, nicht für die stationäre Palliativversorgung und nicht für eine verbesserte stationäre Versorgung von Menschen mit seltenen Erkrankungen. Die Kammerversammlung hält eine sinnvolle Weiterentwicklung der Krankenhaus- strukturen für erforderlich. Dazu gehören jedoch nicht nur Konzentrationsprozes- se, sondern auch die Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung und eine Stärkung der versorgungsnotwendigen Krankenhäuser. Die Kammerversammlung fordert das Land deswegen auf, die Verengung der Förderzwecke zu korrigieren und den ärztlichen Sachverstand künftig nicht nur bei der Aufstellung des Landesinvestitionsprogrammes sondern auch bei der Schwer- punktsetzung für die Strukturfondsförderung einzubeziehen. Verbindliche Vorgaben bei der Vermarktung und Aufmachung von Lebensmitteln für Kinder unter 12 Jahre mit ungünstigem Nährstoffprofil Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordert die Landesregierung Nordrhein-Westfalen zu einer Bundesratsinitiative auf, um die Vermarktung und Aufmachung von Lebensmitteln mit ungünstigem Nährstoffprofil nach WHO- Definition (http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0005/270716/Nutrient- children_web-new.pdf?ua=1) für Kinder unter 12 Jahre verbindlich zu regulieren. Die Beschränkung von Marketing für Lebensmittel mit einem ungünstigen Nähr- stoffprofil, das sich speziell an Kinder richtet, ist ein wichtiger Baustein innerhalb einer Gesamtstrategie zur Bekämpfung von Übergewicht. Die seit 2007 auf EU-Ebene bestehende freiwillige Selbstverpflichtung der Lebensmittelindustrie (EU-Pledge) auf an Kinder unter 12 gerichtete Lebensmittel- werbung ungesunder Produkte zu verzichten, wird durch viele Sonderregelungen stetig unterlaufen. Eine der Ausnahmen bezieht sich darauf, dass es zum Beispiel keine Werbeeinschränkungen für Verpackungen mit Kinderoptik (Comicfiguren, Werbebotschafter, Musiker, etc.) gibt. Auch in der Nationalen Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten wird dieses Thema nur vage geregelt. Zwar wird konstatiert, dass es Produkte mit Kinderoptik gibt, die eine ungünstigere Nährstoffzusammensetzung aufweisen als vergleich- bare Produkte für Erwachsene. Als zukünftige Vorgabe wird aber lediglich gefordert, dass vor diesem Hintergrund „im Rahmen der produkt- bzw. branchen- bezogenen Prozess- und Zielvereinbarungen eine deutliche Verbesserung der Nährstoffzusammensetzung bei Kinderprodukten umzusetzen sei.“ (Bundes- ministerium für Ernährung und Landwirtschaft: Nationale Reduktions- und Innova- tionsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten, S. 19, Dezember 2018) Entschließungen der Kammerversammlung

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=