Jahresbericht Ärztekammer Nordrhein 2019

Ärztekammer Nordrhein Jahresbericht 2019 | 37 Allgemeine Fragen der Gesundheits-, Sozial- und Berufspolitik Medizin ist nicht in erster Linie Geschäft, sie ist Teil der Daseinsvorsorge. Diese Perspektive verbin- det Ärztinnen und Ärzte über die Fachgruppen und Tätigkeitsbereiche hinweg. Ärztliche Entscheidun- gen dürfen deswegen nicht durch wirtschaftliche Aspekte überformt werden. Viele Ärztinnen und Ärzte sehen sich mit diesen Grundsätzen immer mehr einem Spannungsfeld ausgesetzt. In der Ärztekammer Nordrhein hat der kritische Blick auf die Gefahren der Kommerzialisierung Tradition. „Ärzte sind keine Kaufleute und sie ver- kaufen keine Ware“ – dieses Zitat des verstorbenen früheren Kammerpräsidenten Jörg-Dietrich Hoppe bleibt Orientierung für das Handeln der Kammer. In den Jahren 2018 und 2019 lag ein besonderer Schwerpunkt der Kammerarbeit beim Kampf gegen die zunehmenden Aktivitäten von Kapitalinvesto- ren in der ambulanten ärztlichen Versorgung. Die Kammer hat gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein und weiteren Partnern im Land konkrete Vorschläge erarbeitet, wie durch Änderungen im Sozialgesetzbuch V ein weiteres Vor- dringen der Konzernbildung in der ambulanten ärztlichen Versorgung verhindert werden kann. Gemeinsammit den anderen Heilberufskammern ist dieses Anliegen intensiv an das nordrhein-west- fälische Gesundheitsministerium herangetragen worden. Es ist nicht zuletzt dieser Überzeugungs- arbeit zu verdanken, dass schließlich der Bundesrat – auch auf Antrag von Nordrhein-Westfalen – die Bundesregierung aufgefordert hat, das Sozialge- setzbuch im Sinne des Schutzes der ambulanten ärztlichen Versorgung vor Kapitalinvestoren zu än- dern. Leider sind diese Vorschläge vom Bundesgesetz- geber (im Rahmen des sogenannten T  erminservice- und Versorgungsgesetzes) bisher nur in Ansätzen auf- gegriffen worden. Der Kampf geht also weiter und die Ärztekammer Nordrhein wird sich hier auch in Zukunft engagieren. Dazu gehört die Frage, welche Änderungen im (Landes-)Heilberufsgesetz, an der Bundesärzteordnung und in der Gewerbeordnung helfen können, um der Kommerzialisierung des Gesundheitswesens Ein- halt zu gebieten. Ein von den nordrheinischen De- legierten beim Deutschen Ärztetag 2019 in Münster gestellter Antrag mit konkreten Lösungsvorschlä- gen wurde mit großer Mehrheit angenommen. Der Dialog mit dem Landesgesetzgeber und mit der Bundesebene wird nun fortgeführt. Die Bundes- ärztekammer hat inzwischen das Thema „Kommer- zialisierung“ zu einem ihrer Schwerpunktthemen für die nächsten Jahre erklärt. Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein hat gleich in ihrer ersten Sitzung der neuen Wahlperiode (2019–2024) eine programmati- sche Entschließung gegen die Kommerzialisierung gefasst (vgl. S. 31) . Darin wurde sowohl der ambu- lante als auch der stationäre Bereich thematisiert. Für den stationären Bereich ist eine grundlegende Reform von Krankenhausplanung, Krankenhaus- investitionsfinanzierung und Krankenhausver- gütung (Stichwort DRG-System) erforderlich. Die Ärztekammer Nordrhein wird auch diese Themen zu Schwerpunkten für die nächsten Jahre machen (vgl. auch den Bericht zur Krankenhausplanung auf der nächsten Seite). Aufstehen gegen die Kommerzialisierung des Gesundheitswesens In der Ärzteschaft formiert sich immer entschiedener der Widerstand gegen die fortschreitende Kommerzialisierung des Gesundheitswesens. Für die Ärztekammer Nordrhein war und bleibt dies ein wichtiger Arbeitsschwerpunkt. Freiberuflichkeit statt Kommerzialisierung – drei Forderungen der nordrheinischen Ärzteschaft für ein patientenorientiertes Gesundheitswesen ... Vor allen Dingen aber müssen sich die Rahmenbedingungen in unserem Gesundheitswesen ändern. Dazu sind drei Maß- nahmen besonders dringlich: 1. Das DRG-System muss grundlegend reformiert werden. 2. Der Staat muss seiner Verantwortung für die Krankenhaus- planung und -finanzierung endlich gerecht werden. 3. Die weitere Übernahme der ambulanten Versorgung durch Fremdinvestoren muss verhindert werden. Die Finanzierung der ambulanten Versorgung muss den erbrachten Leistungen und dem Investitionsbedarf endlich gerecht werden. Auszug aus der Entschließung der Kammerversammlung

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