Jahresbericht Ärztekammer Nordrhein 2020

Ärztekammer Nordrhein Jahresbericht 2020 | 111 Rechtsabteilung ebene bei den Heilberufskammern sowie gegenüber dem Gesundheitsministerium des Landes dafür eingesetzt, einen Ordnungsrahmen für Gewerbe- betriebe mit heilkundlichem Angebot zu schaffen. Heilberufskammern deutschlandweit identifizie- ren in dieser Regelungslücke im Gesundheitsrecht ein relevantes Sicherheitsrisiko für Patientinnen und Patienten, das behoben werden muss. Die Ärztekammer Nordrhein bemüht sich, die Diskus- sion um gewerbliche Strukturen zu intensivieren und Lösungsangebote zu erarbeiten. Der Berufs- ordnungsausschuss der Kammer hat sich vertieft mit der Thematik befasst und Möglichkeiten zum Umgang mit dem Themenfeld aufgezeigt. Online-Angebote und Fernbehandlung Spätestens mit der Änderungsfassung der Muster- berufsordnung zur sogenannten Fernbehand- lung (§ 7 Absatz 4 MBO-Ä) durch den Deutschen Ärztetag 2018 hat eine Entwicklung eingesetzt, die über die für das GKV-Recht entwickelte soge- nannte Videosprechstunde weit hinausgeht. Die Videosprechstunde ist als ein ergänzendes Angebot niedergelassener Ärztinnen und Ärzte anzusehen, die in geregelten Strukturen und unter besonderen Voraussetzungen stattfinden darf. Zunehmend treten Online-Firmen auf den Markt, die entweder als Vermittlungsagenturen agieren oder online heilkundliche Angebote offerieren. Diese umfassen Ersteinschätzungen und Zweitmeinungen genau- so wie Krankschreibungen und das Erstellen von Bescheinigungen. Die neuen Strukturen werfen eine Vielzahl von Fragen auf. Für die Ärztekammer Nordrhein hat die Patientensicherheit höchste Prio- rität. Sie fordert eindeutige Vorgaben in Bezug auf Dienstort, Erreichbarkeit und Berufshaftpflicht- versicherung sowie auf die Weisungsfreiheit von Nichtärzten, Abrechnung, medizinische Sorgfalt, Sicherung der Therapie, Wahl der Facharztgren- zen, Recht der Nebentätigkeit, Aufklärungs- und Dokumentationsrecht sowie auf die Anforderungen an technische Verfahren. Änderungen des Heilberufsgesetzes Das Heilberufsgesetz (HeilBerG) NRW wurde im Berichtsjahr dreimal geändert. Die Änderungen des HeilBerG vom 3. Dezember 2019 betrafen die Ärzteschaft und die Ärztekammern in den für sie re- levanten Bereichen Weiterbildung, Qualitätssiche- rung und Datenaustausch zwischen Behörden so- wie Ehrenamtlichkeit (Gesetz- und Verordnungsblatt GV. NRW. Ausgabe 2019 Nr. 27 vom 13.12.2019, Seite 877 bis 942) . Eine weitere wesentliche Änderung erfolg- te durch das „Gesetz zur Errichtung der Pflege- kammer Nordrhein-Westfalen“, das nach zweiter Lesung am 24. Juni 2020 vom Landtag beschlossen wurde und am 14. Juli 2020 in Kraft trat (Gesetz- und Verordnungsblatt GV. NRW. Ausgabe 2020 Nr. 29 vom 13.7.2020, Seite 643 bis 696). Ausweis- lich des Gesetzes muss innerhalb von 40 Tagen nach Inkrafttreten desselben eine Pflegekammer errich- tet werden. Die Pflegekammer wird zunächst in Form eines Errichtungsausschusses bestehen, der bis zum ersten Zusammentritt der gewählten Kam- merversammlung die Aufgaben und Befugnisse der Pflegekammer übernimmt, soweit dies erforderlich ist. Mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Geset- zes untersteht die Berufsgruppe bereits dem Heil- berufsgesetz. Es handelt sich hierbei um Pflege- fachfrauen und Pflegefachmänner, Altenpflege- rinnen und -pfleger, Gesundheits- und Kranken- pflegerinnen und -pfleger sowie Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen und -pfleger (Pflege- fachpersonen). Die Heilberufskammern sind auf- gerufen, die Pflegekammer bei ihrem Aufbau zu unterstützen. Änderung von § 29 HeilBerG Der § 29 des Heilberufsgesetzes regelt die Grund- lagen der Berufsausübung. Die derzeitige gesetz- liche Regelung des § 29 ist veraltet und bedarf der Überarbeitung. Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) hat der Arbeits- gemeinschaft der Heilberufskammern die Möglich- keit eingeräumt, sich über einen möglichen neuen Inhalt des § 29 zu verständigen. Die Arbeitsgemein- schaft hat sich dazu im Berichtzeitraum diverse Male beraten und einen Konsens herbeigeführt. Die Vorschrift ist von zentraler Bedeutung, da sie die Grundlagen der Berufsausübung im Gesetz fest- schreibt. Sie verpflichtet die Kammerangehörigen zur gewissenhaften Berufsausübung in einem vor- gegebenen Rahmen. Dieser soll nach demWillen der Heilberufskammern imGrundsatz weiterhin in den herkömmlichen Strukturen bestehen. Eine Neuaus- richtung einzelner Vorgaben soll möglich werden, dabei schließen die Kammern eine Gewerblichkeit jedoch grundsätzlich aus. Die Heilberufskammern wollen die Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts für die jeweiligen Berufsangehörigen zulassen. Der § 29 soll darüber hinaus eine Defini- tion zur Berufsausübung enthalten, da sich immer

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