Jahresbericht Ärztekammer Nordrhein 2020

114 | Jahresbericht 2020 Ärztekammer Nordrhein Rechtsabteilung Darstellung auf Bewertungsportalen, Online-Ver- zeichnissen, Kommunikationsplattformen oder in den sozialen Netzwerken. Rechtliche Beratungen und berufsaufsichtsrechtliche Überprüfungen be- zogen sich wie schon in den vergangenen Jahren insbesondere auf Darstellungen im Internet. Ärztinnen und Ärzte nutzen das Internet immer häufiger, um in Youtube -Videos über Behandlungs- methoden und Therapieangebote aufzuklären und für sie zu werben. Aus berufsrechtlicher Sicht ist die Veröffentlichung von sachlich gehaltenen, aufklä- renden Videos im Internet nicht verboten. Ärztin- nen und Ärzte müssen jedoch darauf achten, dass sie die Grenze zur berufswidrigen Werbung nicht überschreiten. Anpreisende, irreführende und ver- gleichende Werbung ist berufsrechtlich und auch wettbewerbsrechtlich nicht erlaubt. In der Bewertung der Youtube -Videos spielt die Sicht des Verbrauchers die entscheidende Rolle. Für die Entscheidung relevant sind die Antworten auf folgenden Fragen: Was erwartet der Verbraucher? Und: Wird seine Erwartung enttäuscht? Eine Wer- bung für medizinische Verfahren bedarf, anders als Arzneimittelwerbung, keiner Warnhinweise. Ein solcher Hinweis ist, anders als bei Arzneimitteln, nicht vorgeschrieben. Er könnte sich lediglich aus § 5a Gesetz gegen den unlauterenWettbewerb (UWG) ergeben. Die Regelung verbietet eine Irreführung durch Unterlassung. Da Werbung nicht vollständig sein muss, werden von der Vorschrift nur diejeni- gen Informationen erfasst, die für die Entscheidung des Verbrauchers wesentlich sind. So müssen zum Beispiel bei Laser-Eingriffen nicht generell die Ri- siken und Gefahren der Eingriffe dargestellt wer- den. Den Verbrauchern dürfte bewusst sein, dass kein medizinisches Verfahren ohne Risiko ist. Eine Behandlungsmethode darf aber nicht als risikolos oder sicher geschildert werden, wenn sie dies tat- sächlich nicht ist. Arztwerbung für Wertgutschein auf einer Rabatt-Plattform Die Wettbewerbszentrale hat die Werbeaktion von zwei Ärzten beanstandet, die nach eigenen Aussagen eine „Praxis für ästhetische und kos- metische Chirurgie“ betreiben. Sie bewarben auf einer Internetplattform einen Wertgutschein über 499 Euro, anrechenbar auf Faltenreduktion an einer Zone nach Wahl für eine Person. Die Wett- bewerbszentrale hatte dies beanstandet, weil die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) keine Pauschal- oder Festpreise, sondern eine Abrechnung nach der Behandlung innerhalb eines Gebührenrah- mens und unter Berücksichtigung der Schwierig- keiten und des Zeitaufwandes bei der Behandlung vorsieht. Das Landgericht Köln hatte der Klage der Wettbe- werbszentrale mit Urteil vom 30. Oktober 2019 (AZ 84 O 128/19) zunächst stattgegeben. Die Beklag- ten hatten im Prozess vorgetragen, dass sie auf der Grundlage der Gebührenordnung abrechnen. Das Gericht stellte fest, diese Werbung sei irreführend. Der angesprochene Verkehr verstehe die Werbung dahingehend, dass die Ärzte die beworbene Be- handlung zum Preis von pauschal 499 Euro durch- führen. Die Beklagten legten gegen das Urteil Berufung ein. Zur Überraschung der Wettbewerbszentrale vertrat der Senat des Oberlandesgerichts Köln die Auffassung, dass der Verbraucher den Hinweis, dass der Gutschein nur anrechenbar sei, so verste- he, dass damit dann gegebenenfalls auch nur ein entsprechender Teilbetrag gezahlt werden könne. Die Wettbewerbszentrale erklärte einen Verzicht auf die Klageansprüche. Daraufhin erging ein Ver- zichtsurteil. Schweigepflicht und Datenschutz Die Schweigepflicht gehört zu den ärztlichen Kernpflichten. Ein diskreter Umgang mit hoch- sensiblen Patientendaten ist notwendig, um das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient zu gewährleisten. Das Patientengeheimnis wird durch § 203 StGB und § 9 der Berufsordnung für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte geschützt. Auch das Gelöbnis, das zu Beginn der Berufsord- nung für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte abgedruckt ist, greift die ärztliche Schweigepflicht auf. Jeder Arzt hat die ihm anvertrauten Geheimnis- se auch über den Tod der Patientin oder des Patien- ten hinaus zu wahren. Der Beratungsbedarf zur ärztlichen Schweige- pflicht und zum Datenschutz war auch in diesem Berichtsjahr hoch. Dabei ist es rechtlich nicht im- mer einfach zu beurteilen, ob die Verpflichtung zur Verschwiegenheit einzuhalten oder ob im Einzel- fall eine Durchbrechung der ärztlichen Schweige- pflicht gerechtfertigt ist. Die Einhaltung der ärztlichen Schweigepflicht nach dem Tod eines Patienten gehörte zu den häu- figsten Beratungsthemen. Unter anderem erbaten Angehörige und Erben, Ärztinnen und Ärzte, Poli- zei, private Versicherungen, Behörden oder Gerichte Auskunft. Nach dem Tod eines Patienten steht dem

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