Jahresbericht Ärztekammer Nordrhein 2020
Ärztekammer Nordrhein Jahresbericht 2020 | 47 Allgemeine Fragen der Gesundheits-, Sozial- und Berufspolitik Um in diesemDschungel aus Neuland, Verantwor- tung, Stress und Vorfreude zurechtzukommen, sei es wichtig, mit den anderen angehenden Fachärzten der Klinik ein Team zu bilden. Eine gute Möglichkeit, Wünsche und Probleme an die Chefetage weiter- zuleiten, sei die Wahl einer Sprecherin oder eines Sprechers, erklärte Scherg. Zudem sollte man lernen, seine eigenen Fertigkeiten und Fähigkeiten korrekt einzuschätzen und die Kollegen darüber aufklären, wo man fachlich und praktisch stehe und welche Meilensteine man bis wann erreichen wolle. Auf diese Weise setze man sich gemeinsam erreichbare Ziele und baue eine gewisse Struktur für die Weiter- bildung auf. Ambulante Versorgung 2.0 Hohe Mauern, Stacheldraht, verurteilte Straftäter: dieTätigkeitalsAnstaltsärztinoderAnstaltsarzt einer Justizvollzugsanstalt (JVA) gilt wohl als Exot unter den beruflichen Perspektiven junger Mediziner. Dr. Brigitte Odenkirchen, ehemalige Anstaltsärztin der JVA Düsseldorf und Fachärztin für Allgemeinmedi- zin und Medizinalreferentin, und Dr. Heike Schütt, Anstaltsärztin in der JVA Essen und Fachärztin für Allgemeinmedizin und Suchtmedizinerin, räumten in einem weiteren Workshop mit Vorurteilen auf und sprachen über die Vorteile, welche die Tätigkeit bietet. „Man kann hauptamtlich oder nur stunden- weise tätig sein. In jedem Fall hat man familien- verträgliche Arbeitszeiten, keine Wochenend- und Nachtdienste und ein gutes Gehalt“, so Schütt. Die Arbeit sei wie in jeder allgemeinmedizinischen Praxis – und das ohne Budgetierung oder drohen- de Regresse. Für die Sicherheit sorgten Beamte des Vollzugsdiensts. 90 Prozent der Gefangenen seien Männer. Etwas weniger als die Hälfte von ihnen kämpfe mit Suchterkrankungen. Infektionskrank- heiten wie Hepatitis C, HIV oder Lues seien daher keine Seltenheit. Auch häuften sich die psychischen Erkrankungen. Alexander Konrad, Niederlassungsberater der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO), zeigte in seinemWorkshop, dass es für eine Zukunft in der ambulanten Versorgung nicht nur einen Weg gibt. „Die am häufigsten gewählte Form der Nieder- lassung ist immer noch die der Einzelpraxis. Für vie- le jüngere Mediziner ist dieses Modell aber eher unat- traktiv, weil die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ihnen wichtiger ist“, sagte Konrad. Ein bewährtes Modell, das heutzutage immer noch Zuspruch fin- de und eine Work-Life-Balance ermögliche, seien die Gemeinschaftspraxen. Durch das Teilen der Res- sourcen würden Investitions- und Betriebskosten gesenkt. Zudem stehe der kollegiale Austausch im Vordergrund, man arbeite aber dennoch eigenver- antwortlich. Immer mehr Ärztinnen und Ärzte lassen sich nach den Worten des Niederlassungsberaters in einer Ver- tragsarztpraxis anstellen. So habe man die Möglich- keit, im Team zu arbeiten, spare sich aber die Inves- titionskosten und trage kein wirtschaftliches Risiko. Zudem profitiere man von allen Vorteilen einer Fest- anstellung. Das neuere Konzept des Jobsharings kön- ne von Vorteil sein, wenn ein Planungsbereich durch Überversorgung gesperrt sei. Ob man sich dabei an- stellen lässt oder selbstständig tätig wird, entscheide man mit seinem Jobsharing-Kooperationspartner. „Der Trend hin zur weiblichen Medizin ist auch innerhalb der KVNO erkennbar. Bis 2024 wird die Geschlechterparität nach Köpfen in der ambulanten Versorgung erreicht sein“, sagte Konrad. Dr. Anja Mitrenga- T heusinger, Vorstandsmitglied der Ärztekammer Nordrhein, motivierte den ärztlichen Nachwuchs, sich in der eigenen Kresistelle zu engagieren.
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