Rheinisches Ärzteblatt 2/2024

Thema 12 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 2 / 2024 Dass es Reformbedarf hinsichtlich der Erbringung von Krankenhausleistungen gibt, darin zumindest stimmen schon seit Längerem die meisten Gesundheitsexperten überein. Mit der Einführung eines neuen Abrechnungssystems auf Basis diagnoseorientierter Fallpauschalen (Diagnosis Related Groups, DRGs) im Jahr 2003 veränderte sich die Krankenhauslandschaft massiv – und das sicher nicht nur zum Vorteil von Patientinnen und Patienten. Ohne eine flächendeckende Qualitätssteuerung auf der Ebene der Bundesländer folgten die Krankenhäuser zunehmend den Gesetzen des Marktes; die Leistungs- und Mengenanreize im Fallpauschalen-System führten dazu, dass tendenziell weniger lukrativ erscheinende Leistungsbereiche zurückgefahren wurden; dort wo höhere Erlöse winkten, wurde das Angebot ausgeweitet. Aus gesundheitspolitischer Perspektive sorgte die nun unvermeidliche betriebswirtschaftliche Orientierung der Krankenhäuser für unbefriedigende Ergebnisse. Ohne eine bundesgesetzliche Neuregelung der Finanzierung von Krankenhausleistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung blieben die Steuerungsmöglichkeiten der Länder allerdings beschränkt. Gleichzeitig registrierten letztere argwöhnisch alle Bestrebungen auf Bundesebene, bundeseinheitliche Qualitätssicherungsmaßnahmen umzusetzen. Mehr und mehr wurde aber allen Beteiligten deutlich: Die grundsätzlich für notwendig erachtete Krankenhausreform erfordert das konstruktive Zusammenwirken von Bund und Ländern, wobei die Länder die Krankenhausplanung zu verantworten haben, die Zuständigkeit für die Finanzierung aber beim Bund liegt. Konsens besteht darüber, dass die bisher fast ausschließliche Vergütung über erbrachte Leistungen im DRG-System abgelöst wird durch die Einführung einer Vergütung, die die Vorhaltung von Strukturen in Krankenhäusern zu einem relevanten Anteil unabhängig von der Leistungserbringung sichert. So sieht der Arbeitsentwurf zum KHVVG vor, dass die Betriebskosten eines Krankenhauses künftig zu 40 Prozent über diese Vorhaltefinanzierung abgedeckt werden sollen; nur noch weitere 40 Prozent sollen über Fallpauschalen (DRG) erwirtschaftet werden, das Pflegebudget soll mit 20 Prozent unverändert bleiben. Diese Vorhaltefinanzierung kann allerdings nur dann funktionieren, wenn gleichzeitig bei der Krankenhausplanung auf Landesebene geregelt wird, welche Leistungen ein Krankenhaus erbringen darf und welche personellen und apparativen Anforderungen hierfür zwingend erforderlich sind. So wird auch verhindert, dass an Krankenhäusern Patienten behandelt und über das Fallpauschalensystem abgerechnet werden, ohne dass die für notwendig erachteten Qualitätsstandards erfüllt sind. Die Definition dieser neuen Leistungsgruppen ist ein Kernelement der Krankenhausreform. Dass die Länder nicht gewillt sind, hier einfach den Vorgaben aus Berlin – insbesondere zur Definition von KrankenhausVersorgungsstufen (Leveln) – zu folgen, machten sie bei den Vorarbeiten zum KHVVG bereits früh deutlich. Reform lässt auf sich warten Der Gesetzgebungsprozess zur Krankenhausreform kommt nicht so recht voran. Der vom Bundesgesundheitsminister vorgelegte Arbeitsentwurf eines Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) stieß auf Kritik aus den Ländern. Ein entsprechend überarbeiteter Arbeitsentwurf sollte den Ländern noch im Dezember 2023 zugehen, lag dort aber bis zum Redaktionsschluss Mitte Januar noch nicht vor. Mittlerweile scheint das Reformprojekt eine Black Box zu sein, bei der niemand so recht einzuschätzen vermag, wie das Ergebnis ausfallen wird. Die Krankenkassen sehen zusätzliche finanzielle Belastungen auf sich zukommen. von Thomas Gerst Grafik: The biseise/stock.adobe.com/Eberhard Wolf

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