Rheinisches Ärzteblatt 3/2023

Gesundheits- und Sozialpolitik Rheinisches Ärzteblatt / Heft 3 /2023 21 lung kennt. Mit ihrer Arbeit sieht sich Otten nicht in Konkurrenz zur KV, sondern als direkte Ansprechpartnerin für die niedergelassenenÄrzte imLandkreis. Sie habe die Arztsitze imBlick, helfe Ärzten bei der Suche nach geeigneten Praxisimmobilien bei Neugründungenund informiere über die Fördermöglichkeiten. So betreut Otten auch die Hospitationsförderung des Landkreises, mit der niederlassungswillige Ärztinnen und Ärzte über vier Wochen hinweg finanziell unterstützt werden, wenn sie in eine Praxis vor Ort „hineinschnuppern“. Über denStrukturfonds fördert auch die KVNO die Niederlassung von Hausärzten in von Unter- versorgung bedrohten Regionen mit einem Investitionskostenzuschuss von bis zu 70.000Euro. Auchdas LandNRWunterstützt niederlassungsinteressierte Ärztinnen und Ärzte. Im Zuge des Hausarztaktionsprogramms fördert es die Niederlassung, AnstellungundWeiterbildung vonHausärzten, sowie des nichtärztlichen Praxispersonals inkleinenKommunen, wenndort dieAltersstruktur der Hausärzte sehr ungünstig ist. ÄrztescoutinOtten kennt die Klischees über das Leben als Landarzt, wonach die Tätigkeit langweilig sei, weist diese aber entschieden zurück. „Die Tätigkeit als Arzt auf dem sich die Situation weiter zuspitzt. Viele dieser Ärztinnen und Ärzte machten bei der Suche nach einem Nachfolger ähnliche ErfahrungenwieBraunen. DenneinGroßteil der jüngerenÄrzte lasse sich lieber anstellen und bevorzuge die Arbeit in Teilzeit, erklärt das MAGS auf Anfrage. Zusätzlich gebe es eine Vielzahl an alternativen Arbeitsstellen für jungeÄrzte inWirtschaft, Forschungund Klinik. Aufgrund ihrer Familiensituation oder dem Arbeitsplatz der Lebenspartner ziehe es dieMediziner häufig indie größeren Städte. Um dem Trend entgegenzuwirken, seien auch die Kommunen gefragt, ihre Attraktivität beispielsweisemit Betreuungs- und Freizeitangeboten für junge Familien zu steigern. Zahlreiche Förderungen LauraOtten findet denLandkreis Viersen lebenswert. Die gelernte Gesundheits- und Krankenpflegerin mit Studium im Healthcaremanagement hat jahrelang als Health Care Consultant in Oberhausen gearbeitet, bevor sie bei der Kreisverwaltung inViersen angefangen hat. Seitdem schwärmt sie von denSeenunddenWäldern, die zumSpaziergang einladen, sowie den historischen Innenstädten mit den lebendigen Einkaufsstraßen und den Freizeitmöglichkeiten in der Umgebung. Viersen sei verkehrstechnisch gut angebunden und man sei schnell in Düsseldorf, Köln oder für einen Tag am Meer in den Niederlanden. Auf Veranstaltungen wie der KV Praxisbörse, der Landpartie oder dem Hausärztetag versucht Otten den Niederlassungsinteressierten die Vorzüge des Kreises Viersen an das Herz zu legen. „Ich betreibe viel Netzwerkarbeit“, berichtet sie. Aber auch die Öffentlichkeitsarbeit ist Teil ihrer Aufgaben, um interessierte Ärztinnen undÄrzte zu erreichen. Sobald sich ein Arzt bei ihr melde, nehme sie ihn in ihre Datenbank auf und schaue dann, ob es für ihn einen passendenPartner oder einePartneringebe, deren Kontaktdaten sie dann weitergebe. Nicht selten erfordere die Vermittlung eine Menge Geduld. Häufig dauere es länger als ein Jahr nach dem Erstgespräch, bis der optimale Nachfolger gefunden und eingearbeitet, die bürokratischen Erfordernisse abgeschlossen und die Praxis übergeben worden sei. „Manchmal passt die Fachrichtung nicht, andere sind mit dem Ort unzufrieden oder sindmit der Niederlassungsart nicht einverstanden,“ zählt Ottennur einige Schwierigkeiten auf, die sie aus der VermittLand oder in der Kleinstadt ist eine sehr schöne und erfüllende Aufgabe“, sagt sie. Kaschner-Kampe hat eine persönliche Bindung an den Landkreis, denn sie stammt aus Viersen. Auch wenn vieles im Rahmen der Praxisübergabe anstrengend war, hat sie den Schritt in die Niederlassung nicht bereut. Sie habe sich einen Kindheitstraum erfüllt und erhalte nicht nur von Braunen, sondern auch von ihrer ganzen Familie Unterstützung. Bis zu seinem Ruhestand arbeitet sie noch mit Braunen in der BAG zusammen. Dieser kann sich nicht vorstellen, von heute auf morgenmit der Arbeit aufzuhören. Sobald er das Gefühl habe, dass Kaschner-Kampe ihn nicht mehr brauche, werde er sich langsam zurückziehen, so der Internist. Seine Bücher habe er bereits aus der schwarzlackierten Bücherwand hinter dem Schreibtisch im Arztzimmer ausgeräumt, sagt er. Im Ruhestand möchte sich der Internist demHandwerkwidmen. Einen Wintergarten habe er bereits selbst gebaut und einpaar Bäume in seinemGartengefällt. Für Kaschner-Kampe wünscht sich der Internist, dass die Praxis in Dülken genauso gut läuft wie bei ihm zu Hochzeiten. „Die zwei Jahre Wartezeit auf sie haben sich gelohnt“, sagt er. Insbesondere in den weniger dicht besiedelten Gebieten Nordrheins fehlen Hausärztinnen und Hausärzte. Zwar seien derzeit 160 Hausarztsitze in Nordrhein unbesetzt, doch eine Unterversorgung im Sinne der Bedarfsplanung sei noch nicht eingetreten, beruhigt die KVNO. Dennoch sei es für Praxisinhaber auf dem Land schwieriger geworden, einen Nachfolger zu finden. Künftig könne sich das Problem verstärken, denn ein Großteil der jetzt tätigen Ärzte gehe in den nächsten Jahren in Ruhestand, während eine älter werdende Bevölkerung auf mehr Ärzte angewiesen sei. Um auch zukünftig eine ärztliche Versorgung sicherzustellen, haben das Land NRW und die KVNO ein Bündel an Maßnahmen aufgelegt. So hat das Land NRW als erstes Bundesland im Jahr 2018 die Landarztquote eingeführt. Gegen einen Medizinstudienplatz verpflichten sich angehende Ärzte nach dem Studium für zehn Jahre als Landarzt in einer von Unterversorgung bedrohten Region zu arbeiten. Zusätzlich fördert das Land NRW den Ausbau von Medizinstudienpätzen. Mit der Neugründung der medizinischen Fakultät an der Universität Bielefeld sind zum Wintersemester 2021/22 60 Medizinstudienplätze neu geschaffen worden. Bis zum Wintersemester 2025/26 sollen rund 300 Studienplätze bereitgestellt werden. An der privaten Universität Witten/ Herdecke ist die Zahl der Medizinstudienplätze mit der finanziellen Unterstützung des Landes auf 186 verdoppelt worden. Die KVNO begrüße es grundsätzlich, wenn auch Kommunen mit Blick auf eine Sicherung der ärztlichen Versorgungsangebote unterstützend aktiv würden, etwa mit einem Ärztescout, heißt es dort. Neben dem Kreis Viersen gebe es ähnliche Angebote in Soest und Thüringen. Niederlassungsinteressierte in Nordrhein finden Informationen auf der von der KV Nordrhein betriebenen Webseite https://arzt-sein-in-nordrhein.de/. Dem Arztmangel vorbeugen

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=