Rheinisches Ärzteblatt 3/2024

Rheinisches Ärzteblatt / Heft 3 / 2024 17 dem Gesundheitssektor sehr viel direkter ihre Dienstleistungen für Marketing über Social Media-Kanäle an. Influencer-Marketing sei das geeignete Mittel, um eine größere Zielgruppe zu erreichen. Allerdings müsse – anders als bei beliebigen Konsumartikeln – sichergestellt werden, dass sich das Medfluencer-Marketing im regulatorischen Rahmen von Heilmittelwerbegesetz und berufsrechtlichen Vorschriften bewegt, heißt es da beispielsweise. Die Kanzleien bieten Schulungen für Unternehmen an, die gewährleisten sollen, dass sich Healthcare-Influencer regelkonform in MarketingStrategien einbinden lassen. Gewerbliche Orientierung unterlassen Dort, wo ein neuer Markt entsteht, treten rasch auch neue Dienstleister auf den Plan, die sich um die Angebote kümmern und deren Vermarktung übernehmen, so wie die in Hamburg ansässige Agentur MedServation, die eine Reihe von Ärzten, Medizinstudierenden und Vertretern weiterer Heilberufe – nach eigenen Angaben einige der größten deutschsprachigen Medfluencer – im Angebot hat. Deren Einsatz als Medfluencer biete Unternehmen neue Möglichkeiten, „Botschaften rund um das Thema Gesundheit direkt an die Zielgruppe zu kommunizieren und Awareness zu schaffen“, wirbt das Unternehmen. Allerdings seien Ärzte für direkte Werbeansprachen nicht einsetzbar, schränkt die Agentur ein. Hier müssten die geltenden berufsrechtlichen Rahmenbedingungen im Blick gehalten werden. Medizinstudierende könnten jedoch bezüglich möglicher Kooperationen noch sehr viel „freier“ zum Einsatz kommen, da sie noch nicht der Berufsaufsicht der Ärztekammern unterliegen. Seit Mitte 2023 bespielt MedServation unter der Bezeichnung „Health Celerates“ einen YouTube-Kanal mit Hunderten von Medfluencer-Videos rund um das Thema Gesundheit und positioniert sich so auch als Partner für eine Zusammenarbeit mit Industrie, Krankenkassen und medizinischen Berufsverbänden. Der Umstand, dass Gesundheitsinformationen zunehmend über die Social-Media-Kanäle abgerufen werden, hat dazu geführt, dass mittlerweile auch die großen Krankenkassen, so etwa AOK, Techniker oder Barmer, die Dienste von Medfluencern, die über eine große Follower-Zahl verfügen, in Anspruch nehmen, um über gesunde Lebensführung oder bestimmte Krankheitsbilder zu informieren. Auch die Pharmaindustrie setzt inzwischen auf Awareness-Kampagnen im Internet, die zwar die direkte Produktwerbung vermeiden; stattdessen aber lassen sie Ärzte die Wirkungsweisen bestimmter Wirkstoffe beschreiben oder sorgen dafür, dass für bestimmte Krankheitsbilder, die zu ihrer Produktpalette passen, auf den Online-Plattformen Aufmerksamkeit generiert wird. Auch hier müsse bei Social-Media-Auftritten dafür Sorge getragen werden, dass Ärzte nicht gewerblich orientiert sind, betont Bernd Zimmer, Vizepräsident der Ärztekammer Nordrhein und Vorsitzender des BerufsordnungsausschusSpezial „Im Gegensatz zu anderen Formen der wissenschaftlichen Diskussion gibt es bei dieser Form der Kommunikation regelhaft keinen fachlichen Review. Dies führt zu einer vergrößerten Verantwortung, wissenschaftliche Zusammenhänge auch korrekt darzustellen und nicht für eine Meinungsbildung (sei es auch für einen guten Zweck, eine sozial erwünschte Haltung) zu verkürzen oder kritische Aspekte und offene Fragen wegzulassen. … Bei vielen Plattformen besteht das Problem, dass nicht immer klar ist, welchen Hintergrund der Vortragende hat und ob Interessenkonflikte vorliegen. Der ärztliche Beruf sollte in keinem Fall im Sinne von Produktwerbung kommerzialisiert werden. Nur so kann es langfristig gelingen, das hohe Vertrauensniveau in den medizinischen Berufsstand auch in den sozialen Medien zu halten.“ Quelle: Handreichung der Bundesärztekammer – Ärztinnen und Ärzte in sozialen Medien (www. bundesaerztekammer.de/fileadmin/ user_upload/BAEK/Themen/ Digitalisierung/2023-01-19_ Handreichung_Aerzte_in_sozialen_ Medien.pdf). Medical Influencer ses. „Es muss unser Ziel sein und bleiben, dass der ärztliche Beruf auch in den neuen Medien keinesfalls im Sinne der Industrie zu deren Werbezwecken kommerzialisiert wird. Sonst verspielen wir das Vertrauen in unseren Berufsstand, und sehr schnell kann der Eindruck von Käuflichkeit entstehen.“ Um den Wildwuchs bei den Anbietern von Gesundheitsvideos einzudämmen, hat YouTube im vergangenen Jahr mit YouTube Health ein neues Label eingeführt, das den Nutzern der Plattform anzeigen soll, welche Angebote vertrauenswürdig sind. Um diese Kennzeichnung auf YouTube zu erhalten, müssen Ärzte als Anbieter von Gesundheitsinformationen einen Antrag auf Zertifizierung ihres YouTube-Kanals stellen. Die Überprüfung erfolge auf der Grundlage international anerkannter Leitlinien, teilte das Unternehmen mit. Suchen Nutzer auf YouTube nach Medizininformationen, würden ihnen die unter YouTube Health zertifizierten Ergebnisse bevorzugt angezeigt. Zudem findet sich unter dem jeweiligen Beitrag der Hinweis darauf, dass dieser von einem approbierten Arzt oder von einem anderen medizinischen Fachberuf stammt. Wenn allerdings von YouTube gerade bei Präsentation des neuen Health-Labels die selbsternannten Schmerzspezialisten Liebscher & Bracht, die in der Fachöffentlichkeit sehr kritisch bewertet werden, als eine dort vorzufindende vertrauenswürdige Gesundheitsquelle beispielhaft genannt werden, kommen Zweifel auf, ob es mit der Qualitätssicherung in diesem Bereich wirklich so gut aussieht, wie behauptet wird. Hier scheint doch eher das Bestreben von YouTube im Vordergrund zu stehen, mehr Besucher auf ihre Plattform zu ziehen und so die Werbeeinnahmen in die Höhe zu treiben.

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