Rheinisches Ärzteblatt 4/2024

Thema Rheinisches Ärzteblatt / Heft 4 / 2024 15 uns unser Berufsstand nicht egal ist, dass es sich im Interesse unserer Patientinnen und Patienten lohnt, Kammerarbeit zu betreiben und dass wir das Privileg unserer Freiberuflichkeit und Selbstbestimmung auch durch eine hohe Wahlbeteiligung untermauern können.“ die aktuellen Suizidzahlen für Deutschland den Bedarf. Im Jahr 2022 nahmen sich bundesweit 10.119 Menschen das Leben, ein Anstieg um 9,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zudem zeigten die Daten des Statistischen Bundesamts, dass fast drei Viertel aller Suizide auf Menschen entfallen, die über 50 Jahre alt sind. „Suizidprävention, gerade im Alter, ist nicht über Hotlines oder Internetkampagnen aufzufangen“, gab Henke zu bedenken. „Suizidprävention im Alter hat sehr viel mit unserem Altersbild, mit Konzepten gegen Einsamkeit und einer gut zugänglichen allgemein- ärztlichen, psychiatrisch-psychotherapeutischen und pflegerischen Versorgung vor Ort zu tun.“ Eine solche Prioritätensetzung bei der Gesetzgebung schüre den Verdacht, dass hier weniger sachorientiert und eher ideologisch vorgegangen werde, kritisierte Henke. Ende einer Ära Die Kammerversammlung in Wuppertal brach nicht nur mit der Tradition der Versammlungsorte. Sie markierte auch das Ende einer Ära. Rudolf Henke kündigte an, nach 13 Jahren bei den anstehenden Kammerwahlen nicht mehr für das Präsidentenamt zu kandidieren. Er werde im Juni 70 Jahre alt und wolle sich in Zukunft mehr um die Familie kümmern und bei den Enkeln nachholen, was er bei den eigenen Kindern vielfach verpasst habe, sagte er: „Man soll aufhören, wenn es am Schönsten ist.“ Die Reaktionen auf seinen Rückzug fielen quer durch die Fraktionen herzlich aus. Henke sei seit seinem Amtsantritt 2011 Präsident aller Ärztinnen und Ärzte in Nordrhein gewesen, betonte Dr. Sven Dreyer, Düsseldorf. „Er hat uns verlässlich durch eine Zeit harter Bewährungsproben geführt. Es ist nun an uns, ein neues Kapitel aufzuschlagen.“ Henke habe als Kammerpräsident die Ärzteschaft geeint, sagte Dr. Arndt Berson, Viersen. In der vergangenen Legislaturperiode hätten alle Fraktionen in der Kammerversammlung gut zusammengearbeitet: „Das müssen wir fortführen und innerärztliche Solidarität zeigen.“ Dem schloss sich auch Professor Dr. Bernd Bertram, Aachen, an, der zugleich mahnte, dass die Ärzteschaft nicht nachlassen dürfe, sich auch weiterhin für die Freiberuflichkeit und die Niederlassung in eigener Praxis einzusetzen. Kammerarbeit lohnt sich Henke selbst warb für eine hohe Wahlbeteiligung bei den anstehenden Kammerwahlen, die vom 24. Mai bis 28. Juni als Briefwahl stattfinden. In vielen Landesärztekammern, die bereits im vergangenen Jahr gewählt hätten, hätten nur um die 30 Prozent der Ärztinnen und Ärzte von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht. „Dieser Trend ist nicht gut“, sagte der Kammerpräsident. „Ich wünschte mir das für unsere Kammer anders. Ich wünschte, dass wir zeigen könnten, dass Der Klimaschutz ist eine der großen gesellschaftlichen Herausforderungen, der aktuell noch unzureichend begegnet wird. Die Sustainable Development Goals, mit denen die Vereinten Nationen für den Zeitraum von 2016-2030 die Ziele für die weltweite Sicherung einer nachhaltigen Entwicklung definiert hatten, sind bisher nur unzureichend umgesetzt. Professor Dr.-Ing. Manfred Fischedick, Präsident und wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie, zeigte als Gastredner den Delegierten der Kammerversammlung deutlich die Folgen eines lange Zeit ungebremsten Ressourcenverbrauchs. Wenn man das Ziel einer Begrenzung der Klimaerwärmung erreichen wolle, müsste weltweit insbesondere eine drastische Reduzierung der Treibhausgas (THG)-Emissionen umgesetzt werden. Zwar habe es hierbei in Deutschland bereits Fortschritte gegeben, doch klaffe auch hierzulande zwischen der für das Erreichen der Ziele notwendigen Dynamik und der realen Entwicklung noch eine große Lücke, sagte Fischedick. Vorsichtig optimistisch wies er aber auch darauf hin, dass weltweit vermutlich im Jahr 2023 bei den THG bereits der Emissionspeak erreicht worden sei. Die Wettbewerbsfähigkeit der erneuerbaren Energien nehme zudem kontinuierlich zu. Der Klimawandel ist für das Gesundheitswesen in doppelter Weise relevant. Darauf wies Constanze Schmidt vom Wuppertal Institut in ihrem Koreferat hin. So führe die Hitzebelastung in den Sommermonaten zu einer gesundheitlichen Gefährdung vulnerabler Personengruppen, auf die sich Ärztinnen und Ärzte im Versorgungsalltag einstellen müssten. Die zunehmende UV-Strahlung habe beispielsweise zu einem starken Anstieg bei Hautkrebserkrankungen geführt. Auf der anderen Seite müsse sich das Gesundheitswesen als Verursacher des Klimawandels in die Pflicht genommen sehen, betonte Schmidt. Sie wies auf Berechnungen der Nichtregierungsorganisation „Health Care Without Harm“ hin, wonach die nationalen THGEmissionen des gesamten Gesundheitssektors ungefähr denen der Stahlindustrie entsprechen. Das Ziel, den ökologischen Fußabdruck des Gesundheitswesens zu reduzieren, sollte in den verschiedensten Bereichen verfolgt werden – so beispielsweise durch den Ersatz besonders schädlicher Narkosegase oder durch die energetische Sanierung bestehender Einrichtungen. Hierfür bedürfe es sowohl des individuellen Engagements der Ärztinnen und Ärzte als auch struktureller Anpassungen in Bezug auf die Regeln im Gesundheitswesen. Im November 2021 hatte die Kammerversammlung in Selbstverpflichtung beschlossen, dass die Ärztekammer Nordrhein bis zum Jahr 2030 klimaneutral werden soll. tg Schwerpunktthema „Klimawandel und Gesundheit“

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