Gesundheitspolitik Europa wählt Mai 2024 Heft 5 / 30.4.2024 79. Jahrgang Körperschaft des öffentlichen Rechts Körperschaft des öffentlichen Rechts Hilfe für Kinder aus Krisenregionen Medizinische Versorgung und Reha im Friedensdorf in Oberhausen Wenn sich die Welt abwendet Haiti versinkt im Chaos, auch Ärzte verlassen das Land Künstliche Intelligenz in der Medizin Die Letztverantwortung tragen Ärztinnen und Ärzte 24. Mai bis 28. Juni 2024
Selbst gestalten Kammer WählEn KAMMERWAHLEN 2024 Kammerwahlen@aekno.de 0211 4302-2110, -2140 Briefwahl: 24. Mai bis 28. Juni Ihre Stimme zählt. www.aekno.de/aerztekammer/wahlen2024
Rheinisches Ärzteblatt / Heft 5 / 2024 3 Heft 5 • Mai 2024 Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein Foto: Jochen Rolfes Kein Problemlöser Am 22. März 2024 hat der Bundesrat dem umstrittenen Krankenhaustransparenzgesetz zugestimmt. Ausschlaggebend für die Zustimmung war wohl die Zusage des Bundesgesundheitsministers über eine Anhebung des Landesbasisfallwerts in noch unklarer Höhe und über einen Transformationsfond von 50 Milliarden Euro über zehn Jahre, der anteilig von der GKV und den Ländern getragen werden soll. Doch welche Probleme löst das Gesetz eigentlich? Der Bundesgesundheitsminister ist überzeugt, dass er damit ein unkontrolliertes Kliniksterben verhindert und dafür sorgt, dass Patientinnen und Patienten zukünftig erfahren, in welcher Klinik sie am besten behandelt werden können. Denn mit dem Gesetz soll ab 1. Mai ein Online-Atlas zu Leistungsangebot und Behandlungsqualität von Kliniken auf den Weg gebracht werden. Anders schätzen die Deutsche Krankenhausgesellschaft und viele Bundesländer die Auswirkungen des Gesetzes ein. Sie gehen davon aus, dass mit den angekündigten Regelungen die aktuelle Finanznot und Insolvenzgefahr in den Krankenhäusern nicht beseitigt wird, da die avisierten Liquiditätshilfen nur vorgezogene Zahlungen bereits bestehender Vergütungsansprüche seien, wodurch die Kliniken in diesem Jahr keinen Euro zusätzlich erhielten. Der Transformationsfonds sei zwar notwendig für den Strukturwandel, aber keine Lösung für die derzeitige Situation. Sie befürchten außerdem, dass die Effekte der angestrebten Krankenhausreform für viele Häuser, gerade in strukturschwachen Regionen zu spät kommen. Und die Krankenkassen merken zurecht an, dass eine Finanzierung des Transformationsfonds aus GKV-Mitteln bedeute, dass Arbeitgeber und Versicherte erneut für eine „gesamtgesellschaftliche Aufgabe geradestehen müssten, die nichts mit der Finanzierung der Betriebskosten zu tun habe“. Auch ob das jetzt im Mai an den Start gehende Klinikverzeichnis tatsächlich zu mehr Transparenz für Patientinnen und Patienten führt und durch Qualitätsvorgaben eine bessere Behandlung fördert, ist mehr als fraglich. Sicher ist jedoch, dass es zu mehr Bürokratie in den Häusern führt, mit der Konsequenz, dass am Krankenhausbett noch mehr Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegekräfte fehlen. Das Online-Verzeichnis soll Krankenhäuser unter anderem über Leistungsgruppen, Fallzahlen von Leistungen, Anzahl des ärztlichen und pflegerischen Personals sowie Komplikationsraten und die Zuordnung zu Versorgungsstufen untereinander vergleichbar machen. Doch was so einfach und bestechend klingt, ist im Detail leider äußerst komplex. So lässt sich an der Größe eines Krankenhauses nicht einfach ablesen, wie qualitativ hochwertig die jeweilige Behandlung ist. Auch Komplikationsraten sagen ohne ausreichende Risikoadjustierung nichts über die Qualität eines Hauses aus. So kann es großen Kliniken mit Ausrichtung auf komplexe Krankheitsbilder bei nicht ausreichender Risikoadjustierung passieren, dass sie über das Register zu Unrecht in die Kritik kommen und von Patienten gemieden werden. Nicht auszuschließen ist, dass das dann in den Häusern zu einer Konzentration auf Niedrigrisikopatienten führt. Damit hätten wir kein Problem gelöst, aber viele neue geschaffen. Wenn dem Bundesgesundheitsminister an Transparenz liegt, dann sollte er Klarheit bei der Definition der sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen schaffen. Werden es Krankenhäuser mit einer ärztlichen und pflegerischen Rund-um-die-Uhr-Versorgung sein, oder wird es ein pflegerisches Versorgungsangebot, das aber dann nicht mehr als Krankenhaus zu bezeichnen ist? Nicht akzeptabel im Sinne der Transparenz ist es, den Bürgerinnen und Bürgern Krankenhäuser vorzugaukeln, die keine mehr sind. Dafür braucht man kein Transparenzregister, sondern nur eine ehrliche Politik.
A ußerklinische Beatmung und Intensivpflege – Herausforderungen in der ambulanten Versorgung Mittwoch, 15. Mai 2024, 15:30 – 17:45 Uhr, Live Online-Seminar • Die G-BA-Richtlinie zur Verordnung von außerklinischer Intensivpflege • Potentialerhebung und Verordnung – Anforderungen an die Ärztinnen und Ärzte nach der AKI-Richtlinie • Beatmungsentwöhnung in Weaning-Zentren • E rfahrungen aus der Verordnung außerklinischer Intensivpflege und aus der Potentialerhebung zur Beatmungsentwöhnung oder Dekanülierung Dr. med. A. Hakim Bayarassou, Dr. med. Karlheinz Großgarten M.san., Pamela Oertmann, Dr. jur. Jennifer Pfingsten, Prof. Dr. med. Winfried J. Randerath, Dr. med. Sabine Mewes Im Fokus: Therapie chronischer Schmerzen Mittwoch, 05. Juni 2024, 15:30 – 17:45 Uhr, Live Online-Seminar • Schmerzentstehung und Chronifizierung; Therapieansätze bei chronischen Schmerzen • Therapie des chronischen Kopfschmerzes • Schmerztherapie bei Arthrose • Schmerztherapie in der Palliativmedizin Prof. Dr. med. Dagny Holle‐Lee, Dr. med. Peter Kaup, Dr. med. Anke Mielke, Prof. Dr. med. Roman Rolke, Dr. med. Wolfgang Wille, Dr. med. Martina Levartz MPH Klimawandel und Gesundheit Mittwoch, 26. Juni 2024, 15:30 – 17:45 Uhr, Live Online-Seminar • Einfluss des Klimawandels auf die tägliche Arbeit in der Praxis • Arzneimitteltherapie im Klimawandel • Klimawandel: Maßnahmen des Gesundheitsamtes Düsseldorf • Psychische Gesundheit in Zeiten sozial-ökologischer Krisen Dr. med. Susanne Balzer, Lea Dohm, Dr. med. Hannah Höglund-Braun, MscPH, Prof. Dr. med. Beate Müller, Rebecca Vogel, Dr. med. Sabine Mewes Polyneuropathien: Ursachen, Symptome, Diagnostik, Therapie Mittwoch, 03. Juli 2024, 15:30 – 17:45 Uhr, Live Online-Seminar • Unterschiedliche Ätiologien und DD der Polyneuropathien – ein Überblick • Klinisch-neurologische Untersuchungen und Befunde und deren Interpretation • W as tun, wenn die Nerven schmerzen? – Therapiemöglichkeiten und Auswirkungen der Erkrankung auf den Alltag der Erkrankten • Besonderheit atypischer Polyneuropathien – aktueller Stand PD Dr. med. Oliver Kastrup, Prof. Dr. med. Helmar Lehmann, Prof. Dr. med. Til Menge MHBA, FAAN, Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Mark Stettner, Dr. med. Martina Levartz MPH Anmeldung erforderlich: www.iqn.de/Fortbildungen des IQN Institut für Qualität im Gesundheitswesen Nordrhein Tersteegenstraße 9, 40474 Düsseldorf Tel.: +49 211 4302-2751 E-Mail: iqn@aekno.de Die Veranstaltungen sind kostenfrei und mit je 3 Fortbildungspunkten anerkannt! Internet: www.iqn.de
Rheinisches Ärzteblatt / Heft 5 / 2024 5 Gesundheitspolitik Europa wählt Vom 6. bis 9. Juni wird ein neues Europa-Parlament gewählt. Zwar regelt jeder EU-Mitgliedstaat die Gesundheitsversorgung in seinem Land selbst. Doch werden aktuell auf europäischer Ebene wichtige Projekte der länderübergreifenden Gesundheitsversorgung vorangetrieben, zum Beispiel im Kampf gegen Krebs oder zur Sicherung der Arzneimittelversorgung. Hilfe für die Kleinsten Seit knapp 57 Jahren werden Kinder aus Kriegs- und Krisenregionen, die in ihren Herkunftsländern nicht angemessen behandelt werden können, im Friedensdorf International in Oberhausen medizinisch versorgt. Ein Besuch. Wenn sich die Welt abwendet Haiti versinkt im Chaos: Bandengewalt, Entführungen und gewalttätige Proteste prägen den Alltag. Die Folge: Lebensmittel und Wasser werden knapp, viele Menschen haben kaum noch Zugang zu medizinischer Versorgung und wer kann, verlässt das Land – auch Ärzte. Heft 5 • Mai 2024 Meinung Kein Problemlöser Seite 3 Magazin Seiten 6 bis 10 Arztpraxen: Mehr flexible Arbeitsformen · Vor 50 Jahren · Koordination der Versorgung ist Thema beim 128. Deutschen Ärztetag · Neuordnung des Sanitätsdienstes beschlossen · Kammer Online · Dialogveranstaltung mit jungen Ärztinnen und Ärzten in Mainz · Chat Bot der Ärztekammer Nordrhein beantwortet Fragen zur Weiterbildung · Studium und Berufseinstieg Thema Gesundheitspolitik – Europa wählt Seite 12 Spezial Hilfe für die Kleinsten Seite 14 Gesundheits- und Sozialpolitik KVNO-VV verurteilt grünes Licht für „Cannabisgesetz“ Seite 18 Praxis „Eine tolle Gelegenheit, sich umfassend zu informieren“ Seite 20 Forum Wenn sich die Welt abwendet Seite 21 Die Praxen nach der Flut Seite 23 KI in der Medizin – Ärztliche Letztverantwortung bleibt bestehen Seite 25 Sprich mit mir! Seite 27 Tagungen und Kurse Seite 28 Fortbildungsveranstaltungen der Ärztlichen Akademie für medizinische Fort- und Weiterbildung in Nordrhein Seite 29 RÄ Regional Seite 32 Bücher Seite 35 An Rhein und Ruhr Seite 37 Kulturspiegel Absurd wie das Leben Seite 38 Amtliche Bekanntmachungen Seite 39 Amtliche Bekanntmachungen der Ärztekammer Nordrhein auf www.aekno.de Amtliche Bekanntmachungen der KV Nordrhein auf www.kvno.de Impressum Seite 39 Mein Beruf „Ich gebe den Patienten ein Stück Lebensqualität zurück“ Seite 47 Titelgestaltung: Eberhard Wolf Foto: Grecaud Paul/stock.adobe.com
Magazin 6 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 5 / 2024 Arztpraxen Mehr flexible Arbeitsformen Im Jahr 2023 nahmen 187.441 Ärztinnen und Ärzte sowie Psychologische Psychotherapeuten an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Dies entspricht einem Zuwachs gegenüber dem Vorjahr um 2.143 Personen, also einem Plus von rund 1,2 Prozent (Ärzte plus 0,7 Prozent, Psychologische Psychotherapeuten plus 3,4 Prozent). Die kürzlich vorgelegte Arztzahlstatistik der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) für das Jahr 2023 zeigt, dass nach wie vor die überwiegende Mehrheit der niedergelassenen Ärzte (124.653) in der eigenen Praxis tätig ist. Allerdings wählten nach KBV-Angaben Ärzte und Psychotherapeuten zunehmend flexiblere Arbeitsformen: Im Jahr 2023 hätten sich erstmals mehr als 50.000 für eine Anstellung und erstmals mehr als 60.000 für eine Teilzeitbeschäftigung entschieden. Die Zahlen aus dem Bundesarztregister zeigen auch, dass der Frauenanteil in der vertragsärztlichen Versorgung kontinuierlich steigt. Erstmals stellten sie auch bei den Hausärzten (50,5 Prozent) sowie bei den Augenärzten (50,3 Prozent) die Mehrheit. Das Durchschnittsalter der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten entwickelte sich konstant und lag wie im Vorjahr bei 54,1 Jahren. 12,7 Prozent, das sind 23.886 der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der vertragsärztichen Versorgung, waren älter als 65 Jahre. Der Anteil der ausländischen Ärzte lag bei rund 4,3 Prozent; 5.165 der insgesamt 8.090 ausländischen Vertragsärzte und -psychotherapeuten stammten aus dem EU-Ausland. TG Krankenhausversorgung Bettenzahl ist kein alleiniger Maßstab Die Ärztekammer Nordrhein (ÄkNo) setzte sich 1974 für den Erhalt einer „möglichst bürgernahen krankenhausärztlichen Versorgung“ ein, wie das Rheinische Ärzteblatt in der Ausgabe vom 10. Mai 1974 schrieb. Auch wenn aus Wirtschaftlichkeits- und Effizienzgründen der Trend zu größeren Einheiten gehe, dürfe der Anspruch der Patientinnen und Patienten auf eine „bürgernahe Krankenhausversorgung“ insbesondere in dünner besiedelten Landesgebieten nicht aus den Augen verloren werden. „Die Bettenzahl kann in diesen Fällen nicht als alleiniger Maßstab für die Leistungsfähigkeit eines Krankenhauses angesehen werden“, sagte der damalige Präsident der ÄkNo, Dr. Friedrich-Wilhelm Koch. Hintergrund der Stellungnahme war die immer wieder geforderte Schließung kleiner Häuser unter Hinweis der geringen Bettenzahl. Koch betonte, dass auch kleine Kliniken selbstverständlich einen hohen Leistungsstand gewährleisten müssten. Unter dem Titel „Vom Esser zum Feinschmecker“ stellte eine Grafik in der gleichen Ausgabe den bundesdeutschen Verbrauch ausgesuchter Nahrungsmittel im Vergleich zu 1957 dar, der auch ein Ausdruck der gestiegenen Kaufkraft war. Der Trend gehe deutlich weg von nur „sättigenden kohlenhydratreichen Nahrungsmitteln“ hin zu „eiweiß- und vitaminreicherer, leichterer Kost“. So nahm der Konsum von Geflügelfleisch in dem Zeitraum um 131 Prozent zu, gefolgt von Sahne mit einem Plus von 85 Prozent. Verlierer waren Roggenbrot und Kartoffeln mit einem Verbrauchsrückgang von 36 und 32 Prozent. Auch der Butterkonsum verringerte sich in dem Zeitraum um zehn Prozent. bre Unikliniken Zehn Prozent mehr Gehalt für Ärzte Der Marburger Bund und die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) haben sich auf einen Tarifabschluss für die Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken geeinigt. Davon betroffen sind rund 20.000 Ärzte an 23 Standorten. Vereinbart wurde für den Zeitraum ab dem 1. April eine lineare Gehaltserhöhung in zwei Schritten um zehn Prozent. Der Entgelttarifvertrag hat eine Laufzeit bis zum 31. März 2026. Gleichzeitig verständigten sich die Tarifparteien auf eine Reduzierung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 42 auf 40 Stunden ohne Gehaltsabstriche. TG Gesundheitsatlas Weniger Patienten mit KHK Der Anteil der Menschen ab 30 Jahren mit einer Koronaren Herzerkrankung (KHK) ging in Deutschland in den Jahren 2017 bis 2022 von 8,8 auf 8,1 Prozent zurück. Dies zeigt die aktuelle Datenauswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK für den Gesundheitsatlas Deutschland. Bei den Erkrankungen Diabetes mellitus Typ 2 (von 10,9 auf 11,1 Prozent) und Bluthochdruck (von 29,5 auf 30 Prozent) sind dagegen im gleichen Zeitraum leichte Steigerungen in der Gesamtbevölkerung zu verzeichnen. Der Gesundheitsatlas zeigt auch deutliche regionale Unterschiede bei der Krankheitslast. So gibt es im Osten Deutschlands höhere Krankheitsraten. Die Ergebnisse zu 24 Erkrankungen sind unter www.gesundheitsatlasdeutschland.de abrufbar. TG Nach wie vor ist die überwiegende Mehrheit der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in der eigenen Praxis tätig. Foto: Monkey Business Images/istockphotos.com
Magazin Rheinisches Ärzteblatt / Heft 5 / 2024 7 Facharztprüfungen Anmeldeschluss und Termine Der nächste zu erreichende Prüfungszeitraum zur Anerkennung von Facharztkompetenzen, Schwerpunktbezeichnungen und ZusatzWeiterbildungen bei der Ärztekammer Nordrhein ist vom 1. Juli bis 5. Juli 2024. Anmeldeschluss: Mittwoch, 8. Mai 2024 Ärztinnen und Ärzte, die zur Prüfung zugelassen sind, erhalten eine schriftliche Ladung mit dem genauen Prüfungstermin und der Uhrzeit mindestens 14 Tage vorher. www.aekno.de/Weiter bildung/Pruefungen ÄkNo Freie Berufe Infobrief zu EUEntscheidungen Einmal im Quartal gibt der Europa-Arbeitskreis des Verbandes Freier Berufe in Nordrhein-Westfalen einen Newsletter mit aktuellen Entwicklungen aus Brüssel heraus, der EU-Entscheidungen mit Auswirkungen auf die Freien Berufe in den Blick nimmt. Themen der Ausgabe 1-2024 sind die Globale Gesundheitsstrategie der EU, die Förderung der Krebsvorsorge durch mehr Impfungen sowie die Förderung der Entwicklung und Verwendung rechtskonformer, sicherer und vertrauenswürdiger Systeme der KI. Die Quartalsnewsletter finden sich unter https://areal.freie-berufe. nrw/EUAK/. sas Ärztliche Körperschaften im Internet Ärztekammer Nordrhein www.aekno.de Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein www.kvno.de 128. Deutscher Ärztetag in Mainz Versorgung der Patienten besser koordinieren „Gesundheitsversorgung der Zukunft – mehr Koordination der Versorgung und bessere Orientierung für Patientinnen und Patienten“ lautet das Schwerpunktthema des 128. Deutschen Ärztetags. Die 250 Abgeordneten der 17 Landesärztekammern, die vom 7. bis 10. Mai in Mainz zusammenkommen, wollen mit Referenten aus Politik, Wissenschaft und Selbstverwaltung unter anderem diskutieren, wie durch sektorenübergreifende Versorgungsmodelle eine strukturiertere Inanspruchnahme medizinischer Leistungen erreicht werden kann. Breiten Raum in der gesundheitspolitischen Generaldebatte werden zudem die anstehenden Gesetzesvorhaben aus dem Bundesgesundheitsministerium einnehmen, darunter vor allem das Krankenhausversorgungsstärkungsgesetz und das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz, die jeweils in Entwurfsfassungen vorliegen. Bei der Eröffnungsveranstaltung in der Mainzer Rheingoldhalle wird Bundesgesundheitsminister Professor Dr. Karl Lauterbach ein Grußwort Tuberkulose ist nach wie vor relevant Krisen und bewaffnete Konflikte und die dadurch verursachten Flucht- und Migrationsbewegungen tragen dem Robert Koch-Institut (RKI) zufolge dazu bei, dass auch in Ländern mit vergleichsweise wenigen Tuberkulosefällen wie Deutschland die Zahl der Infektionen wieder steigt. Im vergangenen Jahr registrierte das RKI 4.481 Fälle, gegenüber 4.082 im Jahr 2022 und 3.931 im Jahr 2021. Die Inzidenz betrug zuletzt 5,3 je 100.000 Einwohner. Auch die Zahl der Tuberkulosen mit Medikamentenresistenzen hat dem RKI zufolge im vergangenen Jahr in geringem Ausmaß auf 208 Fälle zugenommen. HK Kurz gemeldet Hohe Arzneimittelpreise gefährden Versorgung Der wachsende Anteil hochpreisiger Arzneimittel an den Verordnungskosten gefährdet eine bezahlbare Arzneimittelversorgung. Davor hat das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) gewarnt. Während Medikamente mit Patentschutz 47 Prozent der Kosten verursachten bei nur acht Prozent der Verordnungen, entfielen auf Generika 78 Prozent der Verordnungen, aber nur 30 Prozent der Kosten. Um die Versorgung sicherstellen zu können, benötige man sicher verfügbare Nachahmerpräparate, so das Zi. Allerdings seien diese besonders häufig von Lieferengpässen betroffen. HK Keine Erstattung für Wegovy Das Fertigarzneimittel Wegovy mit dem Wirkstoff Semaglutid zur Gewichtsreduktion darf nicht zulasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) klargestellt. Arzneimittel, die zum Abnehmen eingesetzt werden, habe der Gesetzgeber bereits 2004 generell als Kassenleistung ausgeschlossen. Deshalb habe der G-BA auch keinen Entscheidungsspielraum gesehen, Ausnahmen bei besonders starkem Übergewicht zuzulassen. Semaglutid zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 falle nicht unter den Verordnungsausschluss. HK Architektonisches Meisterwerk: Der Mainzer Dom verbindet romanische, gotische und barocke Elemente. halten. Außerdem auf der Tagesordnung: Fragen der ärztlichen Fort- und Weiterbildung sowie der Haushalt der Bundesärztekammer. Die Sitzungen des Ärzteparlaments werden live übertragen. Die Anmeldung zum LiveStream erfolgt über https://www.bundesaerz tekammer.de/aerztetag/128-daet-2024-inmainz. Dort finden sich auch weitere Informationen zum 128. Deutschen Ärztetag. vt Foto: marcociannarel/istockphoto.com
Magazin 8 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 5 / 2024 Der Sanitätsdienst der Bundeswehr soll künftig kein eigener Organisationsbereich der Bundeswehr mehr sein. Dies erklärte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius am 4. April in Berlin bei der Vorstellung seiner Pläne zur Strukturreform der Bundeswehr, die jetzt in einem Jahr umgesetzt werden solle. Demnach wird der Sanitätsdienst in einem neuen Unterstützungsbereich aufgehen, zu dem auch die Bereiche Logistik und ABC-Abwehr gehören werden. Diese Verortung im neuen Bereich, heißt es in dem Bericht der „Projektgruppe ,Struktur Bundeswehr‘“, folge dem Rational, „dass diese operationswichtigen Fähigkeiten streitkräftegemeinsam zur Verfügung stehen müssen und nicht einem Bereich unterstellt werden können, der gleichzeitig einen taktischen Bedarf an ihnen hat“. Erläuternd heißt es dazu in einem Schreiben aus dem Bundesverteidigungsministerium an den Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages, dass „die durchgängige, bruchfreie fachliche Führung des Sanitätsdienstes ausgehend vom Gesamtverantwortlichen für die Gesundheitsversorgung der Bundeswehr“ gewahrt bleiben solle. Pistorius setzt sich mit der Reform über die Kritik mehrerer ärztlicher Organisationen hinweg; nach Bekanntwerden der Reformpläne hatten sie in einem Schreiben an den Minister davor gewarnt, dass damit in der Vergangenheit erfolgreiche, schlagkräftige und effiziente Aufbau- und Führungsstrukturen zerstört würden. Ein Sanitätsdienst in eigenständigen Strukturen unter durchgehend sanitätsfachlicher Leitung sei von elementarer Bedeutung für die zivil-militärische Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich. TG Weiterbildung Schritt für Schritt zur Digitalisierung gereicht werden. Dies hat sich kürzlich geändert. Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung, die ein eLogbuch führen, können dieses nun direkt in der eLogbuch-App für die Ärztekammer Nordrhein freigeben. Es muss nicht mehr ausgedruckt und in Papierform zur Anerkennung einer Bezeichnung eingereicht werden. Voraussetzung dafür ist, dass das eLogbuch vollständig ausgefüllt und vom Weiterbildungsbefugten bestätigt ist. Wichtig ist, dass eine Freigabe des eLogbuchs nicht den Antrag auf Anerkennung einer Bezeichnung ersetzt, der weiterhin ausgedruckt und unterschrieben eingereicht werden muss, um zur Prüfung zugelassen werden zu können. Fragen und Anregungen sowie Kritik und Lob zum Internetangebot der Ärztekammer Nordrhein senden Sie bitte an die E-Mail- Adresse onlineredaktion@aekno.de. bre Anträge zur Anerkennung einer Facharzt-, Schwerpunkt- oder Zusatz-Bezeichnung können seit vielen Jahren über ein beschreibbares PDF bei der Weiterbildungsabteilung der Ärztekammer Nordrhein gestellt werden. Das entsprechende Dokument findet sich auf der Homepage der Kammer in der Rubrik Weiterbildung unter dem Stichwort „Anträge und Merkblätter“ (www.aekno.de/weiter bildung). Zusammen mit dem Antrag sind meist zahlreiche Nachweise und Zeugnisse einzureichen, die den Tätigkeitsumfang und den Weiterbildungsgang dokumentieren. Dazu zählen auch das Logbuch oder das elektronische Logbuch (eLogbuch). Sämtliche Unterlagen mussten bisher auf Papier einPsychotherapie Kinder vernetzt versorgen Speziell für schwer psychisch kranke Kinder und Jugendliche hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) kürzlich ein neues Versorgungskonzept vorgestellt (www.g-ba.de). Es soll vor allem die unterschiedlichen Hilfsangebote der gesetzlichen Krankenversicherung, der kommunalen Jugendhilfe oder des Kinder- und Jugendpsychiatrischen Krisendienstes besser miteinander vernetzen. Oft könne das Potenzial der Behandlungs- und Unterstützungsmöglichkeiten nicht vollständig ausgeschöpft werden, da ein aufeinander abgestimmtes Vorgehen fehle, so der G-BA. bre Mutterschutz Ärztinnenbund vergibt Gütesiegel Der Deutsche Ärztinnenbund (DÄB) zeichnet Kliniken und Praxen mit einem speziellen Gütesiegel aus, wenn diese das Mutterschutzgesetz im Sinne der schwangeren Ärztinnen umsetzen. Das Siegel sei ein Ausdruck dafür, dass insbesondere schwangere Ärztinnen in Weiterbildung so weiterbeschäftigt würden, dass sie auch weiterhin weiterbildungsrelevante Inhalte erwerben könnten und ihnen auf diese Weise keine Nachteile in ihrem beruflichen Fortkommen entstehen, teilte der DÄB mit. Neu sei, dass neben dem Chefarzt nun auch der Betriebsarzt oder Arbeitsmediziner bestätigen muss, dass die schwangere Ärztin weiterhin patientennah tätig sein darf. Informationen unter www. aerztinnenbund.de bre Bundeswehr Neuordnung des Sanitätsdienstes Der Sanitätsdienst der Bundeswehr soll in einem neuen Unterstützungsbereich aufgehen, zu dem auch die Logistik und die ABC-Abwehr gehören. Ärzteverbände hatten dagegen protestiert. Foto: Huettenhoelscher/istockphoto.com
Magazin Rheinisches Ärzteblatt / Heft 5 / 2024 9 Inklusion Mehr Anstrengung angemahnt Bund, Länder und Kommunen müssten sich stärker für die Inklusion und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen einsetzen. Dies forderte Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, zusammen mit dem Deutschen Institut für Menschrechte. Ziele, die sich die Regierungskoalition mit Blick auf Barrierefreiheit bei Mobilität, Wohnen, in der Gesundheit und bei der Digitalisierung gesteckt habe, müssten umgesetzt werden. In diesem Zusammenhang sei die geplante Novelle des Behindertengleichstellungsgesetzes von größter Wichtigkeit. Denn hier sollten auch private Anbieter von Gütern und Dienstleistungen zur Barrierefreiheit verpflichtet werden. Dusel warnte davor, stattdessen auf freiwillige Lösungen zu setzen. bre Studie Hausarztpraxen gesucht Das Institut für Allgemeinmedizin am Universitätslinikum Düsseldorf sucht Hausarztpraxen für eine Teilnahme am Forschungsprojekt „Digital Integrierte Versorgung von Diabetes mellitus Typ-2 und Parodontitis“ (DigIn2Perio). Das Projekt beschäftigt sich mit dem bidirektionalen Zusammenhang zwischen einer chronischen Entzündung des Zahnhalteapparates (Parodontitis) und Diabetes mellitus Typ-2. Kontakt: Institut für Allgemeinmedizin, Telefon: 0211 116817, E-Mail: digin2perio@med. uni-duesseldorf.de. EB Dialogveranstaltung Junge Ärztinnen und Ärzte formulieren Ansprüche an ihre Weiterbildung Was wünschen sich junge Ärztinnen und Ärzte für ihre Weiterbildung? Ist eine abgeschlossene Weiterbildung in der Regel- zeit mehr Utopie als realistisches Szenario? Und welche Rolle spielen Aspekte wie Teilzeit oder Vereinbarkeit von Familie und Beruf? Um diese und ähnliche Fragen soll es bei der Dialogveranstaltung mit jungen Ärztinnen und Ärzten am 6. Mai in Mainz gehen, die in diesem Jahr unter dem Titel „Ärzt- liche Weiterbildung – Wunsch und Wirklichkeit“ steht. Die Dialogveranstaltung findet bereits zum sechsten Mal im Vorfeld des Deutschen Ärztetags statt und wird von der Bundesärztekammer (BÄK) organisiert. Ziel sei es, den Austausch der Ärztekammern mit der jungen Ärztegeneration zu fördern, Perspektiven aufzuzeigen und gemeinsam berufspolitische Thesen zu diskutieren, heißt es dazu aus der BÄK. Im vergangenen Jahr in Essen stand die Veranstaltung unter dem Motto „Besser (be)handeln im Team“. Umfragen zufolge wünscht sich ein Großteil der nachrückenden Ärztegeneration kooperative Formen der Zusammenarbeit auch mit anderen Gesundheitsberufen. Die Veranstaltung „Ärztliche Weiterbildung – Wunsch und Wirklichkeit“ findet am 6. Mai 2024 von 13 bis 16 Uhr im Favorite Parkhotel Mainz statt und wird per Livestream übertragen. Eine Anmeldung ist unter www. baek.de/anmeldung-dialog-2024 möglich. ÄkNo Eine gute Betreuung und Anleitung wünschen sich viele Ärzte in Weiterbildung von ihren Weiterbildern. Foto: TommL/istockphoto.com Weiterbildung Chat Bot der Ärztekammer Nordrhein beantwortet Fragen Wenn Ärztinnen und Ärzte außerhalb der Servicezeiten der Weiterbildungsabteilung der Ärztekammer Nordrhein Fragen zu ihrer Weiterbildung haben, können sie neben den „klassischen“ Möglichkeiten von E-Mail oder Recherche auf der Webseite die Möglichkeit nutzen, mit dem kammereigenen Chat Bot zu kommunizieren. Hier wird mithilfe künstlicher Intelligenz (KI) auf die Fragen der Nutzer geantwortet. Unter https://www. aekno.de/aerzte/weiterbildung erscheint unten rechts eine Sprechblase mit der Frage: „Hallo, wie kann ich Ihnen helfen?“. Diese können die Nutzer einfach anklicken und ihre Frage in natürlicher Sprache eingeben. In der Regel erscheint die Antwort oder ein Hinweis auf die Frage im selben Fenster. Die Ärztekammer Nordrhein nutzt die KI eines Chat Bots, den die Mitarbeitenden selbst trainiert haben. Die möglichen Fragen wurden in verschiedenen Formulierungen eingegeben und mit den korrekten Antworten verknüpft. Wenn sich das System mindestens zu 75 Prozent sicher ist, die richtige Antwort geben zu können, erscheint sie im Textfeld. Anderenfalls kommt der Hinweis, dass das System die Antwort noch nicht kennt. Der Chat Bot ist seit Dezember 2023 im Einsatz und lernt mit jeder Frage dazu, die die Nutzer ihm stellen. ÄkNo
10 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 5 / 2024 Magazin – Studium und Berufseinstieg Düsseldorf Tag der Allgemeinmedizin Das Institut für Allgemeinmedizin der Uniklinik Düsseldorf veranstaltet zum 13. Mal den Tag der Allgemeinmedizin. „Weniger ist mehr!“ lautet das Motto der ganztägigen Fortbildung für Hausärztinnen und Hausärzte, Medizinische Fachangestellte sowie Praxisteams. Zu Beginn diskutiert der Leiter des Düsseldorfer Instituts für Allgemeinmedizin, Professor Dr. Stefan Wilm, zusammen mit dem Anwalt und Mitglied des Klinischen Ethikkomitees der Uniklinik Düsseldorf, Tobias Müller, die Frage „Hilft viel Diagnostik und Therapie, um nicht verklagt zu werden?“. In zehn Workshops behandeln die Referentinnen und Referenten unter anderem Long- COVID in der hausärztlichen Praxis, wie der Arbeitsalltag in der Praxis verschlankt werden kann oder straf- und haftungsrechtliche Aspekte der hausärztlichen Arbeit. Für Praxisteams und Medizinische Fachangestellte (MFA) ist der interaktive Workshop „Menschen mit Demenz in der Hausarztpraxis“ konzipiert. Speziell an MFA richtet sich der Workshop „Basic Life Support (BLS) in der hausärztlichen Praxis“. Der 13. Tag der Allgemeinmedizin findet am Samstag, 8. Juni 2024 von 9.30 bis 16 Uhr in den Konferenzräumen der O.A.S.E., Gebäude 16.61 der HeinrichHeine-Universität Düsseldorf statt. Anmeldung und weitere Auskünfte unter E-Mail: zeynep.acar@med.uniduesseldorf.de, Tel.: 0211 811-9751, Internet: www.uniklinik-duesseldorf.de/ allgemeinmedizin. bre Nordrhein Universitätsklinika im internationalen Ranking Laut einer Rangliste der US-Zeitschrift Newsweek gehört das Universitätsklinikum Bonn (UKB) zu den besten Häusern weltweit und findet sich unter den Top Ten in Deutschland, wie das UKB kürzlich mitteilte. Neben Bonn finden sich auch die Unikliniken Köln und Essen unter den 150 am besten bewerteten Krankenhäusern weltweit. Die Bewertung basiert unter anderem auf einer Online-Umfrage unter mehr als 85.000 medizinischen Fachleuten. www.newsweek.com/rankings bre Neuwied Sommercamp für Medizinstudierende Der Kreis Neuwied, direkt angrenzend an den Süden von Nordrhein, lädt Medizinstudierende ab dem siebten Fachsemester zu einem kostenfreien, dreitägigen Mediziner-Camp Ende August ein. Auf dem Programm stehen Einblicke in eine Haus- oder Kinderarztpraxis und in den Alltag eines der fünf Krankenhäuser des Kreises. Darunter befindet sich auch das DRK Krankenhaus in Neuwied, das ein Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Bonn ist. In den Kliniken können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zwi- schen den thematischen Schwerpunkten Innere Medizin, Chirurgie, Neurologie oder Kinder- und Jugendmedizin wählen. Ärztinnen und Ärzte veranstalten Workshops zu Sonografie, Endoskopie und Beatmung. Ein weiterer Schwerpunkt des diesjährigen Mediziner-Camps ist die Kinder- und Jugendmedizin, wie die Kreisverwaltung Neuwied mitteilte. Auch stehen Tipps zur Niederlassung auf dem Programm. Zum Abschluss lädt der Kreis zu einem Weinbergs-Picknick ein. Die Workshops und Veranstaltungen sowie Unterbringung, Verpflegung, Transferfahrten und Rahmenprogramm sind kostenfrei. Das Mediziner-Camp findet statt vom 28. bis 30. August 2024. Für Fragen steht Kerstin Schwanbeck-Stephan unter kerstin.schwanbeck@kreis-neuwied. de, Tel.: 02631 803-129 zur Verfügung. Anmeldung unter www.kreis-neuwied. de in der Rubrik „Leben im Kreis“. bre Eine Frage auf die es nur eine Antwort gibt. Aber auf dem Fragebogen meines schriftlichen Physikums sehe ich komischerweise noch vier weitere Antwortmöglichkeiten. Option A) hört sich vernünftig an. Von Option B) habe ich noch nie was gehört. C) und D) schließen sich gegenseitig aus und E) rennt über die Wiese und schnuppert an Blumen. Aber kreuze ich jetzt A) an, weil ich es als richtig identifiziert habe oder weil die anderen Optionen mir ein schlechtes Bauchgefühl geben? Oder kreuze ich sogar B) an und versuche damit mein Glück in unbekannten Gewässern? Oder kreuze ich E) an, immerhin könnte diese Option ja auch zufälligerweise ans richtige Ziel stolpern. Dafür, dass ich rund zwei Monate intensiv am Schreibtisch saß und mehr oder weniger intensiv gelernt habe, scheint mir der eingangs genannte Mail aus Bonn Lüko Fischer Foto: privat Rate-Spaß doch sehr absurd. Die Stimme hinten links in meinem Kopf schreit die Stimme hinten rechts an, warum ich denn verdammt nochmal die Antwort auf die Frage nicht kenne?! Beide Stimmen wissen jedoch insgeheim, dass es Wissen gibt, das einfach durch den Filter hindurchgesickert ist, als ich mich damals im Lernplan um 23 Uhr zum vierten Mal durch den relevanten Satz gekämpft habe. Wahrscheinlich haben die Müdigkeit und der Geruch gebratener Nudeln mit viel Glutamat aus der Styropor-Box alle anderen Sinneseindrücke übertüncht. Eine letzte Nervenzelle beschließt letztlich die Antwort mit der Begründung: „Wird schon gut gehen“. Und es ging auch gut. Ich habe bestanden und noch viel wichtiger, ich bin um einiges mehr mit meinen Freunden zusammengewachsen. Der gegenseitige MentalSupport, das Lachen, das Abfragen von zu tiefem Wissen, das viel zu häufige Bestellen von gebratenen Nudeln sind Dinge, die meine Zeit im Physikum unvergesslich gemacht haben; und das steht außer Frage! Wie erlebt Ihr das Studium der Humanmedizin? Schreibt mir an medizinstudium@aekno.de.
Eröffnung Vorträge Mittagspause Vorträge Grußwort Moderation Cannabis und pathologischer Medienkonsum, Herausforderung an den Schulen Cannabis- und Nikotinkonsum bei Kindern und Jugendlichen Risiken durch Cannabis aus Sicht des Kinder- und Jugendpsychiaters Diskussion Wie wird aus Medienkonsum Sucht? Psychologische Mechanismen der Entwicklung und Aufrechterhaltung von Verhaltenssüchten Game Over – Klinische Phänomenologie und therapeutische Ansätze zur Behandlung der Computerspielsucht und Internetsucht Diskussion Ende der Veranstaltung Dr. med. Anne Bunte, Vorstand Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen Dr. med. Rudolf Lange, Vorsitzender des Ausschusses Öffentliches Gesundheitswesen der Ärztekammer Nordrhein Dr. phil. Tanja Reinlein, Leiterin der Abteilung 3 des Schul- ministeriums NRW (Berufliche Bildung, Lehren und Lernen in der Digitalen Welt, Prävention und Integration, Internationales) Dr. PH Stephanie Klosterhalfen, Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Düsseldorf Privatdozent Dr. med. Volker Reissner, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, LVR Klinikum Düsseldorf Moderation Dr. med. Rudolf Lange Dr. rer. nat. Stephanie Antons, Allgemeine Psychologie: Kognition an der Abteilung Human-Centered Computing and Cognitive Science (HCCS) der Fakultät für Informatik Universität Duisburg-Essen Dr. med. Jan Dieris-Hirche, Leiter der Ambulanz sowie der Medien- ambulanz der LWL-Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Ruhr-Universität Bochum Moderation Dr. med. Rudolf Lange Samstag, 22. Juni 2024 , 10:00– 14:00 Uhr Illustration: tina ennen Anmeldung und Information Die Teilnahme ist kostenfrei. Anmeldungen zur Veranstaltung sind erforderlich und können online durch- geführt werden unter: www.aekno.de/veranstaltungen. Bei Interesse bitten wir um eine Anmeldung bis zum 14.06.2024. Fragen zur Veranstaltung beantwortet Ihnen das Team des Veranstaltungs- managements, Tel. 0211 4302-2216, E-Mail: veranstaltungen@aekno.de. Haus der Ärzteschaft, Tersteegenstraße 9, 40474 Düsseldorf Parkmöglichkeiten Sie finden kostenlose Parkmöglichkeiten in der Tiefgarage, Einfahrt Tersteegenstraße 9. CME-Punkte Die Veranstaltung ist mit 4 Fortbildungspunkten anerkannt. Die Teilnahme ist kostenfrei. 11. Kammerkolloquium Kindergesundheit Suchtgefahren durch Cannabis und pathologischen Medienkonsum für Kinder und Jugendliche Präsenzveranstaltung im Haus der Ärzteschaft, Düsseldorf
Thema 12 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 5 / 2024 Bald ist es wieder soweit – in den Wochen vor der Europawahl werden auch hierzulande die politischen Parteien mit ihren Wahlspots und -plakaten versuchen, die Stimmen der Wählerinnen und Wähler für sich zu gewinnen. Gesundheitsthemen dürften bei der plakativen Ansprache wohl eine eher untergeordnete Rolle spielen. Auch in den ausführlicheren Programmen der Parteien zur Wahl des EU-Parlaments finden sich die Standpunkte zur Gesundheitsversorgung vergleichsweise knapp abgehandelt, was wohl nicht zuletzt dem Umstand geschuldet ist, dass die Regelung des Gesundheitswesens weiterhin weitgehend in der Kompetenz der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten liegt. Gesetzgeberische Maßnahmen zum Gesundheitsschutz auf europäischer Ebene sollen gemäß Artikel 168 des „Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ dort erfolgen, wo nationale Regelungen allein nicht ausreichen, etwa bei der Prävention und Bekämpfung grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren oder bei der Festlegung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Arzneimittel und Medizinprodukte. Erfahrungen aus der Coronapandemie und mit Lieferengpässen bei Arzneimitteln haben allerdings ihren Niederschlag in den Europawahlprogrammen der Parteien gefunden. Mit Ausnahme der AFD sprechen sich die im Bundestag vertretenen Parteien für verstärkte Anstrengungen auf europäischer Ebene zur Bewältigung länderübergreifender Gesundheitskrisen und zur Sicherung der Arzneimittelversorgung aus, wobei die Vorstellungen, wie dies umzusetzen ist, durchaus unterschiedlich sind. So will die CDU/CSU investitionsfreundliche Rahmenbedingungen für die pharmazeutische Industrie schaffen. Wenig überraschend setzt die Linke auf ein mehr regulatorisches Vorgehen auf EU-Ebene; die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung solle als wichtige Allgemeinwohlaufgabe definiert werden, dieser müsse im EU-Recht Vorrang gegenüber dem freien Binnenmarkt eingeräumt werden. Zur Bekämpfung von Lieferengpässen will die SPD bei der Pharmagesetzgebung auf europäischer Ebene präventive Mechanismen wie Monitoring, Engpassmanagementpläne und Meldepflichten weiterentwickeln. Unterschiede im Detail findet man in den Wahlprogrammen auch bei Äußerungen zum Patentschutz für neue Arzneimittel. Die CDU/CSU setzt auf „Forschung und Innovation, bei der das geistige Eigentum geschützt wird“, wohingegen Bündnis 90/ Die Grünen hierzu einschränkend formulieren, dass der Schutz von geistigem Eigentum „nicht die Bezahlbarkeit von essenziellen Arzneimitteln oder den Markteintritt von Generika unverhältnismäßig verzögern“ dürfte. Mit Ausnahme der AFD befürworten die im Bundestag vertretenen Parteien die Schaffung eines Europäischen Gesundheitsdatenraumes, wobei auch hier unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden. In den Parteiprogrammen zur Wahl des EU-Parlaments stehen allerdings Themengebiete im Vordergrund, zu denen die Regelungen auf EU-Ebene bereits weit vorangetrieben oder abgeschlossen sind – so beispielsweise, wenn die SPD in ihrem Wahlprogramm ein Foto: Grecaud Paul/stock.adobe.com Gesundheitspolitik – Europa wählt Vom 6. bis 9. Juni 2024 wird ein neues EU-Parlament gewählt. Grundsätzlich regelt zwar jedes EU-Mitglied die Gesundheitsversorgung in seinem Land selbst, und gesundheitspolitische Themen finden sich hierzulande in den Parteiprogrammen zur EU-Wahl eher unterrepräsentiert. Doch werden aktuell auf EU-Ebene wichtige Projekte der länderübergreifenden Gesundheitsversorgung und -sicherung vorangetrieben. von Thomas Gerst
Thema Rheinisches Ärzteblatt / Heft 5 / 2024 13 europaweites System der Nutzenbewertung bei medizinischen Innovationen fordert. Hierzu wurde bereits 2022 mit der EU-HTA-Verordnung (HTA, Health Technology Assessment) die Grundlage geschaffen. Diese regelt die künftige verbindliche Zusammenarbeit der nationalen HTA-Organisationen in der EU. Ab Januar 2025 soll eine systematische Bewertung klinischer Studien für neue Arzneimittel und Medizinprodukte auf europäischer Ebene erfolgen. Auf Grundlage dieser Bewertung sollen die EU-Mitgliedsstaaten dann länderspezifisch über den Zusatznutzen der neuen Produkte und deren Erstattungsbeträge entscheiden. In der Vorbereitung der Umsetzung der EU-HTA-Verordnung hat der Gemeinsame Bundesausschuss bereits eine vorbereitende Koordinierungsfunktion übernommen. Wichtige Voraussetzung für die Ausweitung gesundheitlicher Aktivitäten auf EU-Ebene war das ursprünglich mit mehr als fünf Milliarden Euro ausgestattete Aktionsprogramm EU4Health für die Jahre 2021–2027. Zwar wurde aktuell auch hier mit rund 20 Prozent drastisch gekürzt, um einen Hilfsplan für die Ukraine zu finanzieren, doch stehen nach Ansicht von EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides noch ausreichende Mittel zur Verfügung, das EU4Health-Programm weiter zu verfolgen. Hierzu zählen die als Folge der Coronapandemie vorangetriebenen Präventions- und Reaktionsmöglichkeiten auf EU-weite gesundheitliche Krisenfälle, insbesondere durch die neue EU-Behörde HERA (Health Emergency Preparedness and Response Authority). Ein weiterer Schwerpunkt im Gesundheitsbereich ist die Umsetzung eines europäischen Plans zur Krebsbekämpfung. Dieser beinhaltet unter anderem verstärkte Anstrengungen zur Förderung einer gesunden Lebensweise (Verringerung des Tabak- und Alkoholkonsums sowie der Exposition gegenüber krebserregenden Stoffen) und zur Ausweitung systematischer KrebsScreenings; Ungleichheiten bei Diagnostik und Behandlung sollen europaweit abgebaut, die Forschung zu Krebstherapien vorangetrieben werden. Grenzwerte für Luftschadstoffe Bei der Bekämpfung der Luftverschmutzung, dem nach Einschätzung des Umweltbundesamts größten Umweltrisiko für die Gesundheit in Deutschland, haben sich EU-Parlament und EU-Mitgliedsstaaten im Februar 2024 auf strengere Grenzwerte für Luftschadstoffe geeinigt. Danach darf die Feinstaubbelastung ab 2030 nur noch bei maximal zehn Mikrogramm (bisher 25 Mikrogramm) pro Kubikmeter liegen, für Stickstoffdioxid ist ein Grenzwert von 20 Mikrogramm vorgesehen. Im Vorfeld hatte sich die Bundesärztekammer (BÄK) für die Umsetzung der strengeren Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation ausgesprochen, die halb so hohe Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid vorsehen. Die geplante Luftqualitätsrichtlinie sei aus ärztlicher Sicht unzureichend, hatte BÄK-Präsident Dr. Klaus Reinhardt erklärt. Der Kompromiss wird allerdings auch von Umwelt- und Gesundheitsverbänden auf europäischer Ebene unterstützt. Bei einem weiteren Aufschub der Verhandlungen wäre wohl eine Einigung vor der Europawahl unwahrscheinlich geworden, und möglicherweise hätte später ein Neustart unter ungünstigeren Voraussetzungen erfolgen müssen. EU-weiter Zugang zu Gesundheitsdaten Auch die Arbeit an der Verordnung zum Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS) ist bereits weit vorangeschritten. Der Beschluss über den Aufbau einer EUweiten Infrastruktur für den Datenaustausch im Gesundheitswesen soll noch vor der Europawahl erfolgen. Die EHDS-Verordnung wird zukünftig Patienten und Angehörigen der Gesundheitsberufe europaweit den Zugang zu den Gesundheitsdaten in der elektronischen Patientenakte ermöglichen. Zudem wird in der Verordnung die datenschutzkonforme europaweite Nutzung der Gesundheitsdaten für Forschung und Politikgestaltung geregelt. Im Vorfeld hatte sich die Bundesärztekammer für ein Widerspruchsrecht (Opt-Out) für Patienten sowohl bei der Primärnutzung, also der Datennutzung zur Gesundheitsversorgung der betroffenen Person, als auch bei der Sekundärnutzung, der Nutzung der Daten für Forschung und für Zwecke der öffentlichen Gesundheit, ausgesprochen. Beides war zunächst im Vorschlag der EU- Kommission nicht vorgesehen. Nunmehr sollen die Mitgliedsstaaten jedoch die Möglichkeit erhalten, beide Arten von Opt-Out einzuführen. Öffentliche Institutionen sollen allerdings trotz Opt-Out auf Daten zugreifen können, wenn dies für Zwecke der öffentlichen Gesundheit notwendig erscheint. Auch die Überarbeitung des EU-Arzneimittelrechts, die nach Einschätzung der EU-Kommission größte Reform seit mehr als 20 Jahren in diesem Bereich, macht Fortschritte. Der zuständige Ausschuss des EU-Parlaments hat sich mit den Vorschlägen der Kommission befasst und überarbeitete Entwürfe in den weiteren Abstimmungsprozess eingebracht. Im Kern geht es bei der Reform darum, wirksamere Anreize für die Entwicklung und Bereitstellung von Arzneimitteln zu schaffen. Hierzu gehören beschleunigte und vereinfachte Zulassungsverfahren bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur und mögliche Verlängerungen des Patentschutzes, wenn das Arzneimittel EU-weit auf den Markt gebracht, damit ein bisher ungedeckter medizinischer Bedarf gedeckt oder eine neue therapeutische Indikation entwickelt wird. Insbesondere für die Entwicklung neuartiger Antibiotika gegen resistente Krankheitserreger soll es ein eigenes Anreizsystem geben. Zudem sind Maßnahmen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit vorgesehen; so sollen pharmazeutische Unternehmen zur frühzeitigen Meldung von Engpässen bei Arzneimitteln verpflichtet werden, bei bestimmten kritischen Arzneimitteln soll die EU-Kommission Maßnahmen für eine bessere Versorgungssicherheit ergreifen können. Das neu gewählte EU-Parlament wird sich dann weiter mit den Entwürfen zur Reform des EU-Arzneimittelrechts befassen müssen.
14 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 5 / 2024
Rheinisches Ärzteblatt / Heft 5 / 2024 15 Hilfe für die Kleinsten Seit knapp 57 Jahren leistet das Friedensdorf International in Oberhausen medizinische Hilfe für Kinder aus Kriegs- und Krisenregionen. Die kleinen Patienten im Alter zwischen zwei und 13 Jahren können in ihren Herkunftsländern nicht angemessen versorgt werden und werden zur Behandlung nach Deutschland geflogen. Ein Besuch. von Marc Strohm Ausgelassenes Lachen erfüllt den Raum, als der siebenjährige Abdul vor seinen Spielkameraden die Löwenmaske aufsetzt. Die Kinder spielen Zoo. Es gibt Gebäck, fröhliche Musik schallt durch den Raum, manche Mädchen und Jungen tanzen. Und doch unterscheiden sich die umhertollenden Kinder im Oberhausener Friedensdorf von ihren Altersgenossen: Brandnarben und fehlende Gliedmaßen lassen die Schicksale der kleinen Patienten erahnen. Hier in Oberhausen werden Kinder behandelt, die in ihren Herkunftsländern nicht adäquat medizinisch Behandlung im Medizin-Zentrum Knapp 165 Kinder aus Krisen- und Kriegsregionen befinden sich aktuell zur Behandlung im Oberhausener Friedensdorf. Zur medizinischen Versorgung der kleinen Patientinnen und Patienten greift der Verein auf ein bundesweites Netzwerk aus verschiedenen Partnerkliniken zurück. Mit dem 2021 eröffneten OP-Saal auf dem Gelände des Friedensdorfes können unter anderem Verbrennungsverletzungen und Narbenkontrakturen direkt in Oberhausen behandelt werden. Durchgeführt werden die Operationen von ehrenamtlich tätigen Ärztinnen und Ärzten. Foto (groß): Jakob Studnar Foto (Klein): Friedensdorf International Spezial
16 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 5 / 2024 versorgt werden können. So auch Abdul: Die Therapie von Xeroderma Pigmentosum, einer seltenen genetisch bedingten Erkrankung, war in seiner afghanischen Heimat unmöglich: es fehlten die Spezialisten. Tumore wucherten in seinem Gesicht, er befand sich in einem kritischen Zustand, als er für eine Behandlung in Deutschland vorgesehen wurde. Im Helios St. Johannes Klinikum in Duisburg-Hamborn, einem Partnerkrankenhaus des Friedensdorfes, werden die Wucherungen durch eine spezielle Chemotherapie behandelt. Mit Erfolg, denn die Wucherungen im Gesicht und die Metastasen im Körper bilden sich erfolgreich zurück. Der Siebenjährige blüht regelrecht auf. Alle Kinder im Friedensdorf stammen aus Kriegs- und Krisenregionen weltweit. Aktuell leben dort 165 Kinder aus Usbekistan, Kirgisistan, Tadschikistan und Angola, die meisten sind zwischen zwei und dreizehn Jahre alt. Ihr gemeinsames Ziel: Schnell gesund werden, um nach Hause zu ihren Familien zurückkehren zu können. „Am häufigsten versorgen wir hier Knochenentzündungen (Osteomyelitis) und Zustände nach Verbrennungen, die zum Beispiel durch Haushaltsunfälle mit Erdöfen entstehen“, sagt Claudia Peppmüller, die seit 1994 als Sozialarbeiterin im Friedensdorf arbeitet. Sie begleitet häufig die Flüge aus Afghanistan und kennt die Situation im Land. „Seit dem Abzug der westlichen Truppen ist Afghanistan eine vergessene Nation“, erklärt sie. Prekär sei die Lage vor allem außerhalb der großen Städte wie Kabul. Nach der Machtübernahme der Taliban im Spätsommer 2021 sei die Wirtschaft des Landes zusammengebrochen, viele Afghanen seien arbeitslos und Wohnraum kaum mehr bezahlbar. Großfamilien lebten häufig in kleinen Lehmhütten auf engstem Raum zusammen. Immer wieder werde das Land von Naturkatastrophen heimgesucht, zuletzt richtete ein Erdbeben schwere Schäden in der Region Herat an. Auch plagt eine verheerende Dürre das Land, die Brunnen versiegen lasse. Auch an Nahrungsmitteln mangle es derzeit, sodass viele Kinder unterernährt seien, berichtet Peppmüller. Afghanistan – ein vergessenes Land Nicht einmal eine medizinische Grundversorgung gebe es noch: viele Ärzte seien ins Ausland geflohen, eine funktionierende Krankenversicherung gab es ohnehin noch nie und eine kostspielige Behandlung sei für die meisten Familien nicht bezahlbar. Dazu fehle es an medizinischem Gerät, an Medikamenten und Verbandsmaterial. Das Land sei dringend auf internationale Hilfe angewiesen, doch kaum eine westliche Organisation kooperiere mit den aktuellen Machthabern, den Taliban. Bevor ein verletztes oder krankes Kind im Friedensdorf in Oberhausen aufgenommen wird, muss sichergestellt werden, dass eine Behandlung im dortigen Medizin-Zentrum stattfinden kann oder etwa ausreichend freie Betten in kooperierenden deutschen Kliniken verfügbar sind. Ist das der Fall, werden behandlungsbedürftige Kinder in ihren Herkunftsländern nach einem vorgegebenen Verfahren von Ärztinnen Spezial und Ärzten vor Ort ausgewählt. Dabei spielt neben der Dringlichkeit der Behandlung auch die Transportfähigkeit des Kindes eine wichtige Rolle. In Afghanistan ist der Rote Halbmond Partnerorganisation des Friedensdorfs Oberhausen. Vor dem Transport nach Deutschland gilt es noch, bürokratische Hürden zu überwinden. So müssen für die kleinen Patienten zum Beispiel Visa beantragt werden. Dabei unterstützt sie das Einsatzteam des Friedensdorfes, die während ihres Aufenthaltes im Herkunftsland der Kinder bereits eng mit den ehrenamtlich tätigen Ärztinnen und Ärzten bundesweit zusammenarbeiten. Tränenreiche Abschiede Der Abschied der Kinder von ihren Eltern und Geschwistern ist immer hart und tränenreich. Meist bleiben die kleinen Patienten für Therapie und Reha ein Jahr lang in Deutschland und für viele Familien ist es schwierig, mit den Kindern in direktem Kontakt zu bleiben. In Afghanistan verfügten nicht alle Familien über ein Telefon, sagt Peppmüller. Und doch würden Eltern und Kinder die Zeit, die sie voneinander getrennt sind, meist stoisch ertragen. „Die meisten Eltern haben ihre Kinder lange leiden sehen und setzen nun große Hoffnungen auf die Behandlung in Deutschland“, betont die Sozialarbeiterin. Außerdem könnten sie sich jederzeit an den Roten Halbmond vor Ort wenden, der dann den Behandlungsfortschritt im Friedensdorf erfrage. Nach der Landung in Deutschland werden die meisten Kinder zunächst auf Infektionskrankheiten untersucht, bevor es für die kleinen Patienten direkt in die Krankenhäuser weitergeht. Einige der Kinder werden im eigenen Medizin-Zentrum mit OP-Saal medizinisch versorgt. Die langen weißen Korridore wirken steril, dafür gibt es im Wartebereich eine Spielecke mit Ritterburg und Bauklötzen. Im Narkoseraum des Medizin-Zentrums schaut eine kleine Patientin aufmerksam eine Zeichentrickserie am Fernseher, bis ihr schläfrig die Augen zufallen. Für circa 80 Prozent der Operationen ist das Friedensdorf nach wie vor auf die Expertise der Partner-Krankenhäuser angewiesen, erklärt Peppmüller. Mit dem im Jahr 2021 eröffneten OPZentrum agiere das Friedensdorf etwas autarker und könne beispielsweise Verbrennungsverletzungen und Narbenkontrakturen selbst behandeln. Dr. Raouf Onallah und Dr. Marios Bugariu gehören zum Team aus zehn ehrenamtlich engagierten Ärztinnen und Ärzten, die die Operationen im OP-Zentrum des Friedensdorfes durchführen. Beide sind plastische Chirurgen. „Viele Verletzungen, die wir hier versorgen, wie beispielsweise Narbenkontrakturen, sind für deutsche Verhältnisse völlig ungewöhnlich“, sagt Onallah. Der erfahrene Chirurg ist Leitender Arzt am Zentrum für Schwerbrandverletzte/Brandverletzungen am BG Klinikum Duisburg und hat für die Hilfsorganisation Interplast unter anderem chirurgische Einsätze in Eritrea absolviert. Er ist mit den klassischen „Drittweltverletzungen“ vertraut. Häufig schränkten Narbenkontrak-
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