Rheinisches Ärzteblatt 5/2024

Thema 12 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 5 / 2024 Bald ist es wieder soweit – in den Wochen vor der Europawahl werden auch hierzulande die politischen Parteien mit ihren Wahlspots und -plakaten versuchen, die Stimmen der Wählerinnen und Wähler für sich zu gewinnen. Gesundheitsthemen dürften bei der plakativen Ansprache wohl eine eher untergeordnete Rolle spielen. Auch in den ausführlicheren Programmen der Parteien zur Wahl des EU-Parlaments finden sich die Standpunkte zur Gesundheitsversorgung vergleichsweise knapp abgehandelt, was wohl nicht zuletzt dem Umstand geschuldet ist, dass die Regelung des Gesundheitswesens weiterhin weitgehend in der Kompetenz der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten liegt. Gesetzgeberische Maßnahmen zum Gesundheitsschutz auf europäischer Ebene sollen gemäß Artikel 168 des „Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ dort erfolgen, wo nationale Regelungen allein nicht ausreichen, etwa bei der Prävention und Bekämpfung grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren oder bei der Festlegung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Arzneimittel und Medizinprodukte. Erfahrungen aus der Coronapandemie und mit Lieferengpässen bei Arzneimitteln haben allerdings ihren Niederschlag in den Europawahlprogrammen der Parteien gefunden. Mit Ausnahme der AFD sprechen sich die im Bundestag vertretenen Parteien für verstärkte Anstrengungen auf europäischer Ebene zur Bewältigung länderübergreifender Gesundheitskrisen und zur Sicherung der Arzneimittelversorgung aus, wobei die Vorstellungen, wie dies umzusetzen ist, durchaus unterschiedlich sind. So will die CDU/CSU investitionsfreundliche Rahmenbedingungen für die pharmazeutische Industrie schaffen. Wenig überraschend setzt die Linke auf ein mehr regulatorisches Vorgehen auf EU-Ebene; die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung solle als wichtige Allgemeinwohlaufgabe definiert werden, dieser müsse im EU-Recht Vorrang gegenüber dem freien Binnenmarkt eingeräumt werden. Zur Bekämpfung von Lieferengpässen will die SPD bei der Pharmagesetzgebung auf europäischer Ebene präventive Mechanismen wie Monitoring, Engpassmanagementpläne und Meldepflichten weiterentwickeln. Unterschiede im Detail findet man in den Wahlprogrammen auch bei Äußerungen zum Patentschutz für neue Arzneimittel. Die CDU/CSU setzt auf „Forschung und Innovation, bei der das geistige Eigentum geschützt wird“, wohingegen Bündnis 90/ Die Grünen hierzu einschränkend formulieren, dass der Schutz von geistigem Eigentum „nicht die Bezahlbarkeit von essenziellen Arzneimitteln oder den Markteintritt von Generika unverhältnismäßig verzögern“ dürfte. Mit Ausnahme der AFD befürworten die im Bundestag vertretenen Parteien die Schaffung eines Europäischen Gesundheitsdatenraumes, wobei auch hier unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden. In den Parteiprogrammen zur Wahl des EU-Parlaments stehen allerdings Themengebiete im Vordergrund, zu denen die Regelungen auf EU-Ebene bereits weit vorangetrieben oder abgeschlossen sind – so beispielsweise, wenn die SPD in ihrem Wahlprogramm ein Foto: Grecaud Paul/stock.adobe.com Gesundheitspolitik – Europa wählt Vom 6. bis 9. Juni 2024 wird ein neues EU-Parlament gewählt. Grundsätzlich regelt zwar jedes EU-Mitglied die Gesundheitsversorgung in seinem Land selbst, und gesundheitspolitische Themen finden sich hierzulande in den Parteiprogrammen zur EU-Wahl eher unterrepräsentiert. Doch werden aktuell auf EU-Ebene wichtige Projekte der länderübergreifenden Gesundheitsversorgung und -sicherung vorangetrieben. von Thomas Gerst

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