Rheinisches Ärzteblatt 5/2024

Rheinisches Ärzteblatt / Heft 5 / 2024 23 Forum Knapp drei Jahre nach der „Jahrhundertflut“ sind viele Schäden beseitigt, auch im südlichen NordrheinWestfalen und im nördlichen RheinlandPfalz, die am schwersten betroffen waren. Mit 8,4 Milliarden Euro beziffert die Versicherungswirtschaft den Gesamtschaden. 12,3 Milliarden Euro flossen vom Land Nordrhein-Westfalen in den Wiederaufbau. Neben landesweit 68 Krankenhäusern waren im Sommer 2021 allein in Nordrhein 150 Arztpraxen beschädigt und teilweise völlig zerstört worden. von Vassiliki Temme Die Praxis für Radiologie und Nuklearmedizin in Euskirchen hatte Glück im Unglück. Denn der Kreis war einer derjenigen in NRW, die in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 am stärksten von der Flutkatastrophe betroffen waren. Das berichtet der Gesamtverband der Versicherer (GDV), der den Gesamtschaden bundesweit mit knapp neun Milliarden Euro beziffert. Dr. Matthias Hackenbroch, Mitinhaber der Gemeinschaftspraxis in der Euskirchener Innenstadt, betont im Gespräch mit dem Rheinischen Ärzteblatt, wie wichtig es war, dass die Praxis und auch der Vermieter der Räumlichkeiten eine Elementarversicherung abgeschlossen hatten. „Letztendlich wäre der Wiederaufbau ohne eine ausreichende Versicherung sehr viel schwieriger gewesen. Dazu kamen zinsgünstige Darlehen von Banken für die Flutopfer. Nur dadurch konnten wir alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterbeschäftigen und den Wiederaufbau gemeinsam stemmen“, sagt Hackenbroch. Das Erdgeschoss der Praxis hatten die Wassermassen des ansonsten harmlosen Veybachs vollkommen zerstört. Am Morgen nach der Flut war dort alles von einer dicken Schlammschicht bedeckt. „Beide MRTs und das CT, die neu zwischen 500.000 und eine Million Euro kosten, waren völlig zerstört“, so Hackenbroch. „Glücklicherweise konnte unser elektronisches Datenarchiv vollständig gerettet werden. Die Festplatten haben die Flut überstanden und wir konnten daran nachvollziehen, dass der Server um 0.01 Uhr ausgegangen ist. Zu dem Zeitpunkt war die Praxis dann wahrscheinlich überflutet, das Wasser stand ganze 72 Zentimeter hoch.“ Schnell war klar, dass das Team die Praxis wiederaufbauen will. Während der Aufräumphase entstanden täglich Berge von Müll, die beseitigt werden mussten, erinnert sich der Radiologe. Die tonnenschweren kaputten MRTs und das CT mussten von Spezialfirmen entsorgt werden. Das gesamte Erdgeschoss und der Keller wurden vollständig entkernt. Schon einen Monat nach der Katastrophe konnten in der ersten Etage die Nuklearmedizin und die Mammografie wieder öffnen. Hackenbroch lobt vor allem den Einsatz aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Hilfe durch Kolleginnen und Kollegen im Umkreis. „Die Praxis für Strahlentherapie in Euskirchen hat uns zum Beispiel angeboten, das CT Gerät zu mieten, um dort abends die CT-Untersuchungen unserer Patientinnen und Patienten durchzuführen. Im Marienhospital in Euskirchen konnten wir abends und am Wochenende Geräte anmieten, um ambulante MRT Untersuchungen anzubieten. So war es möglich, während der Zeit des Wiederaufbaus unseren Praxisbetrieb zum Teil aufrechtzuerhalten“, erklärt Hackenbroch. Im Sommer 2022, elf Monate nach der Flut, war die Praxis dann wieder „über den normalen Eingang“ für die Patienten geöffnet. Gemeinsame Sache Der Wiederaufbau verlief aber nicht überall so reibungslos. Aus einem Bericht der Verbraucherzentrale NRW geht hervor, dass bewilligte Gelder nicht immer schnell verfügbar gewesen seien und der Wiederaufbau teilweise schleppend und von Region zu Region unterschiedlich verlief. Es habe unter anderem an Handwerkern, Baumaterial und Gutachtern gefehlt. Dazu kam, dass die Bau- und Materialkosten im Die Praxen nach der Flut Das zerstörte Bad Münstereifel nach der Flut im Sommer 2021 und heute. Fotos: Stadt Bad Münstereifel

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