Rheinisches Ärzteblatt 6/2023

Wille zum Wandel Juni 2023 Heft 6 / 31.5.2023 77. Jahrgang Körperschaft des öffentlichen Rechts Körperschaft des öffentlichen Rechts Jenseits des Alltags: Arzt sein hinter Gittern Die Versorgung von Häftlingen im Justizvollzugskrankenhaus NRW Verstimmung bei den Bundesländern Streit um die Hoheit bei der Krankenhausplanung Ethikberatung für zu Hause Zwischen Suizid und Verzicht auf Behandlung: ein Fallbeispiel

Videokonferenz am xx, xx , von xx:00 –xx:00 Uhr Videokonferenz: Titel Va Online Dr. med. Sabine Mewes Stellv. Geschäftsführerin des IQN Einführung und Moderation Dr. med. Peter Kaup Stellv. Geschäftsführendes Mitglied der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein Niedergelassen in Oberhausen Fallvorstellung Dr. med. Oliver Funken 1. Vorsitzender des Hausärzteverbands Nordrhein Vorstandsmitglied der Ärztekammer Nordrhein Vorsitzender BFA Hausärzte Niedergelassen in Rheinbach Multimorbide Patientinnen und Patienten: kardiologische Therapieanpassung Dr. med. Andreas Kleemann BNK Regionalvorsitzender Nordrhein Mitglied der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein Niedergelassen in Ratingen Diabetes mellitus Typ 2 mit diabetischen Spätfolgen – Behandlung multimorbider Patientinnen und Patienten Urs Schaden Diabetologe DDG, Ernährungsmediziner Niedergelassen in Düsseldorf Anerkannt mit 3 Fortbildungspunkten Fallvorstellung Multimorbidität Mittwoch, 14. Juni 2023,15:30 – 17:45 Uhr, Live Online-Seminar Neue Impulse für den Praxisalltag Wie begleite ich onkologische Patientinnen und Patienten im Praxisalltag? Mittwoch, 30. August 2023,15:30 –17:45 Uhr, Live Online-Seminar Die Veranstaltungen sind kostenfrei. Anmeldung erforderlich über unsere Homepage www.iqn.de/Fortbildungen des IQN Bitte beachten: Anrechnung der Fortbildungspunkte nur bei vollständiger Teilnahme Bei Interesse senden wir Ihnen gerne unseren Newsletter: iqn@aekno.de Kontakt Institut für Qualität im Gesundheitswesen Nordrhein Tersteegenstraße 9, 40474 Düsseldorf Tel.: 0211 4302-2752 oder -2751 iqn@aekno.de Internet www.iqn.de IQN Institut für Qualität im Gesundheitswesen Nordrhein Einrichtung einer Körperschaft öffentlichen Rechts Anmeldung und Information Achtung: Programmänderungen möglich! Begrüßung Dr. med. Carsten König M. san. Stellv. Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein Einführung und Moderation Dr. med. Martina Levartz, MPH Geschäftsführerin des IQN Monika Rueb Mitglied im Landesvorstand West, Verband medizinischer Fachberufe e.V. Was sage ich denn jetzt? Kommunikation mit onkologischen Patientinnen und Patienten und ihren Zugehörigen Veronika Schönhofer-Nellessen Geschäftsführung Palliatives Netzwerk für die Region Aachen e.V. Leiterin des Bildungswerkes Aachen und der Servicestelle Hospiz Bewegungs- und Trainingstherapie onkologischer Patientinnen und Patienten Michael Mendes Wefelnberg Sportwissenschaftler (M.A.) Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand AG „Onkologische Bewegungsmedizin“ Centrum für Integrierte Onkologie (CIO) Klinik für Innere Medizin I, Universitätsklinik Köln Anerkannt mit 3 Fortbildungspunkten

Rheinisches Ärzteblatt / Heft 6 /2023 3 Heft 6 • Juni 2023 Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein Foto: Jochen Rolfes Falsche Signale Ergebnisse einer Meta-Studie des Hamburger Instituts für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung zeigen: In Ländern, in denen Cannabis zu Genusszwecken freigegeben wurde, steigt der Freizeitkonsum an. Jugendliche müssen aufgrund von Cannabis verstärkt medizinische Hilfe in Anspruch nehmen. Erwachsene suchen häufiger Notaufnahmen wegen akuter cannabisbezogener Probleme auf. Sogar die Zahl der Verkehrsunfälle unter Cannabiseinfluss steigt. Trotz Kenntnis dieser von ihr selbst in Auftrag gegebenen Studie will die Ampelkoalition Anbau und Besitz von Cannabis begrenzt ermöglichen. So soll nach einem Gesetzentwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium, der nun den anderen Ministerien zur Abstimmung vorliegt, Cannabis zunächst im privaten Bereich und in Anbauvereinigungen, sogenannten Cannabis-Clubs, freigegeben werden. Die Abgabe in speziellen Läden soll in einem zweiten Schritt zunächst in einigen Kommunen als Pilotprojekt erprobt werden. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach begründet den Gesetzentwurf mit Hinweis auf einen damit verbundenen besseren Jugend- und Gesundheitsschutz und der Austrocknung des Schwarzmarktes. Wie er zu dieser Kenntnis nach Studienlage kommt, erschließt sich mir nicht. Die Legalisierung einer Droge ändert nichts an den Gesundheitsgefahren, die von ihr ausgehen. Eine Legalisierung setzt gegebenenfalls nur das fälschliche Signal, dass es sich um eine harmlose Substanz, ja wie Gesundheitsminister Lauterbach sagt, um ein Genussmittel handelt. Dass auch von legalen Drogen Gefahren, gerade für Kinder und Jugendliche ausgehen können, zeigen beispielhaft die Krankenhauseinweisungen von Kindern und Jugendlichen nach Rauschtrinken oder die Unfallstatistiken von Jugendlichen nach Alkoholkonsum. Wenn denn die Argumentation der Ampelkoalition stimmen sollte, dass Prävention und Jugendschutz bei einer legalen Droge einfacher seien, dann frage ich mich, warum wir immer noch rund 12.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland pro Jahr haben, die nach Alkoholkonsum vollstationär versorgt werden müssen und warum elf Prozent der Jugendlichen monatlich Rauschtrinken praktizieren? Wie man angesichts dieser ungelösten Probleme, vor die uns die legalen Drogen schon heute stellen, als Gesundheitsminister auf die Idee kommen kann, nun noch eine weitere Droge durch die Cannabislegalisierung hinzuzufügen und diese mit besserem Kinder- und Jugendschutz zu begründen, wirft Fragen auf. Kinder und Jugendliche lernen am Modell. Wir wissen, dass Kinder aus alkohol- oder drogenbelasteten Familien als eine Hochrisikogruppe für die Entwicklung einer eigenen Suchterkrankung gelten. Kinder werden dreimal häufiger selbst zu Rauchern, wenn beide Elternteile rauchen. Und nun sollen Kinder zukünftig umgeben von einem cannabiskonsumierenden Umfeld aufwachsen und wie durch ein Wunder hiervon nicht beeinflusst werden? Fakt ist, dass für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene besondere Risiken beim Cannabiskonsum bestehen, wodurch wir eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung für den Schutz dieser Gruppen haben. Statt Cannabis-Clubs flächendeckend zu ermöglichen, sollte ein Gesundheitsminister eher dafür Sorge tragen, dass es flächendeckend keine Schule mehr ohne Suchtprävention gibt.

Einsatz von Antibiotika im Praxisalltag – ein Update Mittwoch, 18. Oktober 2023, 15:30 –17:45 Uhr, Live Online-Seminar Die Veranstaltungen sind kostenfrei. Anmeldung erforderlich über unsere Homepage www.iqn.de/Fortbildungen des IQN Bitte beachten: Anrechnung der Fortbildungspunkte nur bei vollständiger Teilnahme Bei Interesse senden wir Ihnen gerne unseren Newsletter: iqn@aekno.de Kontakt Institut für Qualität im Gesundheitswesen Nordrhein Tersteegenstraße 9, 40474 Düsseldorf Tel.: 0211 4302-2752 oder -2751 iqn@aekno.de Internet www.iqn.de IQN Institut für Qualität im Gesundheitswesen Nordrhein Einrichtung einer Körperschaft öffentlichen Rechts Anmeldung und Information Begrüßung Dr. med. Martina Levartz, MPH Geschäftsführerin des IQN Einführung und Moderation Dr. med. Manuel Streuter Chefarzt der Klinik für Pneumologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin am Lungenzentrum Helios Klinikum Krefeld Differenzialdiagnose bei chronischer Dyspnoe – Ursachen, Symptome, Schweregrade der COPD Dr. med. Johannes Uerscheln Niedergelassener Internist und Pneumologe in Neuss Therapiemöglichkeiten, Therapiesteuerung und Patientenführung Dr. med. Manuel Streuter Psychische Komorbiditäten bei COPD: Folgen für Lebensqualität, Krankheitsverhalten und Behandlungsadhärenz Prof. Dr. Nikola Stenzel Psychologische Psychotherapeutin (VT) Ambulanzleitung Psychotherapeutische Hochschulambulanz Psychologische Hochschule Berlin Anerkannt mit 3 Fortbildungspunkten Im Fokus: COPD Mittwoch, 13. September 2023,15:30 –17:45 Uhr, Live Online-Seminar Videokonferenz am xx, xx , von xx:00 –xx:00 Uhr Videokonferenz: Titel Va Online Achtung: Programmänderungen möglich! Begrüßung Dr. med. Martina Levartz, MPH Geschäftsführerin des IQN Einführung und Moderation Dr. rer. nat. Holger Neye Apotheker bei der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein Düsseldorf Antibiotikaverordnungen in der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein Dr. rer. nat. Holger Neye Antimicrobial stewardship – „Choosing Wisely“ in 2023 Prof. Dr. med. Dipl. chem. Norma Jung Oberärztin der Klinik I für Innere Medizin Leiterin infektiologischer Konsilservice Leiterin Stabstelle ABS Universitätsklinikum Köln Akute obere Atemwegsinfekte – Ist eine Antibiose ratsam? Dr. med. Shabnam Fahimi-Weber Niedergelassen in HNO-Praxis Essen Antibiotische Therapie sexuell übertragbarer Infektionen (STIs) Dr. med. Harm-Henning Lindhof Oberarzt, Leiter der andrologischen Ambulanz und des Hauttumorzentrums Klinik für Dermatologie Universitätsklinikum Düsseldorf Fallvorstellung aus der Gutachterkommission: Behandlungsfehlervorwürfe bei Antibiotikagabe PD Dr. med. Beate Appenrodt Chefärztin der Medizinischen Klinik St. Elisabeth Krankenhaus Köln-Hohenlind Stellv. Geschäftsführendes Mitglied der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein Anerkannt mit 3 Fortbildungspunkten

Rheinisches Ärzteblatt / Heft 6 /2023 5 Wille zum Wandel Arzt sein hinter Gittern Wenn Häftlinge in NRW in ihren Haftanstalten nicht mehr angemessen versorgt werden können, werden sie in der Regel in das Justizvollzugskrankenhaus in Fröndenberg verlegt. 25 Ärztinnen und Ärzte sind dort beschäftigt, deren Arbeitsalltag sich von dem im zivilen Leben deutlich unterscheidet. Zwischen Suizid und Behandlungsverzicht Auch Menschen, die zu Hause oder in Altenpflegeeinrichtungen leben, soll eine bedürfnisgerechte Ethikberatung zur Verfügung stehen. Was sie auch für Angehörige und medizinisches Personal zu leisten vermag, zeigt der Fall einer 98 Jahre alten Patientin, die sterben will. Meinung Falsche Signale Seite 3 Magazin Seiten 6 bis 10 Praxisplakat: Für eine klimafreundliche Ernährung · Berufskolleg Bonn: Ärzte als Lehrer für MFA gesucht · Vor 50 Jahren · Ärztestatistik: Trotz steigender Arztzahlen zeichnet sich ein Mangel ab · Lösungen zur Kasuistik, Folge 76 · Beschränkungen für belegärztliche Tätigkeit sollen fallen · Kammer online · Gesundheitsreport: Personalmangel macht krank · Trauer um Rainer Rosenberger · Studium und Berufseinstieg Thema Wille zum Wandel Seite 12 Spezial Arzt sein hinter Gittern Seite 16 Gesundheits- und Sozialpolitik Länder pochen auf ihre Zuständigkeiten Seite 21 Ohne Kooperation geht es nicht – Schlaglichter auf die ambulante Versorgung von morgen Seite 22 Praxis Neuregelung der außerklinischen Intensivpflege Seite 24 Ambulantes Ethik-Komitee: Fallbeispiel zwischen Suizid und Behandlungsverzicht Seite 25 Patienten können Zeitpunkt der Einwilligung frei wählen – Folge 135 der Reihe „Arzt und Recht“ Seite 28 Forum Das ist alles nur geerbt!? Seite 29 Ärzte mit Migrationshintergrund leisten wichtigen Beitrag zur Versorgung Seite 31 Tagungen und Kurse Seite 32 Fortbildungsveranstaltungen der Ärztlichen Akademie für medizinische Fort- und Weiterbildung in Nordrhein Seite 33 RÄ Regional Seite 37 An Rhein und Ruhr Seite 40 Kulturspiegel Vertauschte Rollen – Wer ist hier die niedere Kreatur? Seite 41 Amtliche Bekanntmachungen Seite 42 Vorankündigung Kammerwahlen 2024 Amtliche Bekanntmachungen der Ärztekammer Nordrhein auf www.aekno.de Amtliche Bekanntmachungen der KV Nordrhein auf www.kvno.de Impressum Seite 43 Titelgestaltung: Eberhard Wolf Foto: Jochen Rolfes Heft 6 • Juni 2023 Ökonomisierung und Kostendämpfung haben zu Verwerfungen im Gesundheitswesen geführt. Die Eröffnungsveranstaltung zum 127. Deutschen Ärztetag am 16. Mai stand ganz im Zeichen der großen Strukturfragen: Wie kann die größte Krankenhausreform seit Jahrzehnten gelingen? Wie lässt sich der zunehmende Einfluss von Finanzinvestoren in der ambulanten Versorgung stoppen und wie die Versorgung der Patienten mit Arzneimitteln sichern?

Magazin 6 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 6 / 2023 Berufskolleg Ärzte als Lehrer für MFA gesucht Für den medizinischen Fachkundeunterricht sucht das Berufskolleg Volksgartenstraße in Mönchengladbach ab sofort eine Ärztin oder einen Arzt. Beginn der nebenberuflichen Lehrtätigkeit ist der 1. August. Die ärztliche Lehrkraft soll die Auszubildenden zur Medizinischen Fachangestellten (MFA) unterrichten. Der Umfang der Lehrtätigkeit beträgt maximal acht Stunden je Woche und bezieht sich auf die Fächer „Behandlungsassistenz und Patientenbetreuung“, mit den Inhalten Hygiene, Grundlagen der allgemeinen Anatomie, Physiologie und Pathologie sowie Diagnostik, Therapie und Prävention. Außerdem gehören die Erstellung und Korrektur von Klassenarbeiten, die Aufarbeitung von Unterrichtsmaterialien sowie Bildungsgangarbeit zum Aufgabenspektrum. Die schulische Ausbildung von MFA erfolgt in Nordrhein an insgesamt 24 kaufmännischen Berufskollegs. Die Ärztekammer Nordrhein unterstützt die berufsbildenden Schulen bei der Suche nach geeigneten Lehrerinnen und Lehrern. Zuständig für die Stellenfreigabe, die Stellenbesetzung und Besoldung sind in Nordrhein die Bezirksregierungen Köln und Düsseldorf. Ärztinnen und Ärzte, die an einer Lehrtätigkeit am Mönchengladbacher Berufskolleg interessiert sind, können sich direkt bei der Schulleiterin Danièle Hamdan melden, E-Mail: ham@bkvgs.de, Tel.: 02161 493-930. Internet: https://bkvgs.de bre Prävention Praxisplakat: Für eine klimafreundliche Ernährung Die Ärztekammer Nordrhein hat ein Praxisplakat erstellt, das Patientinnen und Patienten dazu ermutigen soll, ihre Ärztin oder ihren Arzt auf eine gesunde und klimafreundliche Ernährung anzusprechen. Das Plakat „Bunte Lebensmittelwahl“ weist auf die gesundheitlichen Vorteile einer pflanzenbasierten Ernährung hin und bietet über einen QR-Code weiterführende Informationen. Wer sich vorwiegend pflanzen- basiert und ausgewogen ernähre, könne das Risiko für bestimmte Krebsarten, Typ-2-­ Diabetes und Herz-Kreislauferkrankungen senken und gleichzeitig seinen ökologi- schen Fußabdruck verbessern, sagte Dr. Oliver Funken, Vorsitzender des Ausschusses „Prävention und Gesundheitsförderung“ der Kammer, auf deren Initiative das Plakat entstanden ist. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung weist darauf hin, dass eine nachhaltige Ernährung aus ökologisch, regional, saisonal und fair produzierten Lebensmitteln mit geringem Verarbeitungsgrad besteht. vt Kammerversammlung Viele Bewerber für das Ehrenamt Die erste Juni-Ausgabe 1973 des Rheinischen Ärzteblatts listete die Bewerberinnen und Bewerber für die Wahl der Kammerversammlung auf. Im Wahlkreis Regierungsbezirk Düsseldorf stellten sich zwei Listen zur Wahl. Auf der Liste Nummer 1 bewarben sich 134 überwiegend angestellte Klinikärztinnen und -ärzte. Auf der Liste 2 kandidierten 120 niedergelassene Ärztinnen und Ärzte mit lediglich zwei Ausnahmen: ein Kandidat war verbeamtet und einer angestellt. Im Wahlkreis Köln, der von Bonn bis Aachen reichte, stellten sich vier Vorschlagslisten zur Wahl. Auch hier versammelten sich auf der Liste Nummer 1 vor allem angestellte Ärztinnen und Ärzte aus Köln, Bonn und Umgebung. Die Liste zählte 108 Bewerber. Die Liste 2 mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte führte Dr. Kaspar Roos an, der seit langen Jahren berufspolitische Ämter innehatte und zeitweise Geschäftsführender Arzt der Ärztekammer Nordrhein war. Diese Liste zählte 125 vor allem allgemeinmedizinische Kandidatinnen und Kandidaten. Die Liste 3 mit 108 Bewerbern vereinigte 108 vornehmlich niedergelassene Fachärzte. Der Wahlvorschlag Nummer 4 mit 93 Bewerberinnen und Bewerbern listete sowohl Praktische und Allgemeinärzte als auch Fachärzte auf. 1973 kandidierten bei der Wahl zur Kammerversammlung somit 688 nordrheinische Ärztinnen und Ärzte. Zum Vergleich: Bei der Kammerwahl 2019 traten im Wahlkreis Düsseldorf auf 23 Listen insgesamt 893 und im Wahlkreis Köln auf 14 Listen 552 Kandidatinnen und Kandidaten zur Wahl an. bre Das Praxisplakat kann unter www.aekno.de/ nachhaltige-ernaehrung heruntergeladen oder per E-Mail über Snezana Marijan bestellt werden: snezana.marijan@aekno.de.

Magazin Rheinisches Ärzteblatt / Heft 6 /2023 7 Facharztprüfungen Anmeldeschluss und Termine Der nächste zu erreichende Prüfungszeitraum zur Anerkennung von Facharztkompetenzen, Schwerpunktbezeichnungen und ZusatzWeiterbildungen bei der Ärztekammer Nordrhein ist vom 21. August bis 8. September 2023. Anmeldeschluss: Freitag, 30. Juni 2023 Ärztinnen und Ärzte, die zur Prüfung zugelassen sind, erhalten eine schriftliche Ladung mit dem genauen Prüfungstermin und der Uhrzeit mindestens 14 Tage vorher. www.aekno.de/Weiter bildung/Pruefungen ÄkNo Lösungen zur Kasuistik Folge 76 34-jährige Patientin mit eigenartigem Zufallsbefund im Bereich der Carotis Richtige Antworten: 1e, 2b, 3a, 4b, 5b, 6e, 7d, 8e, 9a, 10c Folge 77 der Reihe erscheint in der Juli-Ausgabe 2023 des Rheinischen Ärzteblattes und im Internet unter www.aekno.de/cme. bre Impfen STIKO-App für Ärzte Die Ständige Impfkommission (STIKO) informiert Ärztinnen und Ärzte über eine eigene App (für iOS und Android) zum Thema Impfen. Diese beinhaltet neben den aktuellen Empfehlungen zu Standard-Impfungen von Kindern und Erwachsenen auch Impf-Empfehlungen für Reisende sowie Fachinformationen zu den verfügbaren Impfstoffen, Hinweise zu Impfstoff-Lieferengpässen oder auch Verlinkungen zu RKI-Ratgebern. HK Workshop für Weiterbilder Mit dem Angebot interaktiver Train-the-Trainer-Seminare wendet sich das Kompetenzzentrum Weiterbildung Allgemeinmedizin Nordrhein an Weiterbilder, die eine attraktive allgemeinärztliche Weiterbildung in ihren Praxen umsetzen wollen. Die kostenfreien Online-Seminare informieren über die in der Weiterbildung erforderlichen Formalia, vermitteln didaktische Methoden für Weiterbildungsgespräche und bieten Handlungsleitfäden für die Gestaltung der Weiterbildung an. Das nächste Online-Basisseminar findet am 16. Juni statt. Anmeldung: www.kompetenz zentrum-nordrhein/ttt. tg Kurz gemeldet Nutzung fossiler Brennstoffe Mehr als 50 Organisationen aus dem Gesundheitsbereich, darunter Bundesärztekammer und Deutscher Pflegerat, sprechen sich für einen rechtlich verbindlichen, globalen Vertrag zum Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe aus; denn die Weltbevölkerung leide massiv unter den daraus resultierenden gesundheitlichen Folgen. Mit dem Vertrag solle der Stopp jeder neuen Erschließung und Produktion von Kohle, Öl und Gas umgesetzt werden. Die Nutzung bestehender Vorräte dürfe nur noch unter Maßgabe des globalen Klimaziels von maximal 1,5° C Temperaturanstieg erfolgen. tg Mehr Fälle in der Geriatrie Mit deutlich mehr geriatrischen Behandlungsfällen im Krankenhaus rechnet der Bundesverband Geriatrie in den kommenden Jahren. Prognosen im aktuellen „Weißbuch Geriatrie“ gehen bis 2030 von um rund zehn Prozent zunehmenden Fallzahlen in den Fachabteilungen der Krankenhäuser und in der geriatrischen Rehabilitation aus. Daraus ergibt sich nach Einschätzung des Bundesverbands Geriatrie ein zusätzlicher Kapazitätsbedarf von circa 5.860 Betten in Kliniken für Geriatrie und 800 Betten in geriatrischen Reha-Kliniken, diese sollten wohnortnah zur Verfügung stehen. tg Ärztestatistik Trotz steigender Arztzahlen zeichnet sich ein Mangel ab Auch im Jahr 2022 ist die Zahl der Ärztinnen und Ärzte in Nordrhein leicht gestiegen. Mit 68.251 Mitgliedern verzeichnete die Ärztekammer einen Anstieg um 2,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Zahl der berufstätigen Ärzte stieg um 1,8 Prozent auf 52.681. Das geht aus der aktuellen Ärztestatistik der Bundesärztekammer (BÄK) hervor. Die Ärztekammer Nordrhein belegt hinter Bayern (92.420) und Baden-Württemberg (73.966) den dritten Platz unter den mitgliederstärksten deutschen Ärztekammern. Von den 20.337 nordrheinischen Ärztinnen und Ärzten, die ambulant tätig waren, waren 13.420 in eigener Praxis niedergelassen (2021:13.641), 27.631 Ärzte waren im stationären Bereich tätig (2021:27.247). In Behörden und Körperschaften, wozu auch der Öffentliche Gesundheitsdienst der Städte und Kreise sowie die Ärztekammer Nordrhein zählen, waren 1.384 Mediziner beschäftigt. Laut BÄKStatistik gehen in den kommenden fünf bis zehn Jahren über 20.000 Ärztinnen und Ärzte in Nordrhein in den Ruhestand. Von den be26.027 Ärztinnen waren 2022 in Nordrhein tätig, 2,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch bundesweit ist die Anzahl der Ärztinnen leicht angestiegen. Foto: Mario Castello/Corbis rufstätigen Ärzten in Nordrhein sind 44 Prozent (23.274) älter als 50 Jahre. In ganz Deutschland ist die Zahl der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte um 1,2 Prozent auf 421.252 gestiegen. Dabei nahm der Anteil der Ärztinnen, dem Trend der vergangenen Jahre entsprechend, auch 2022 weiter zu. Deren Zahl liegt nunmehr bei 206.494, in Nordrhein waren im vergangenen Jahr 26.027 Ärztinnen berufstätig. Die Ärztestatistik für Nordrhein findet sich unter www.aekno.de/statistik-nordrhein-2022 vt

Magazin 8 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 6 / 2023 Vertragsärzte sollen im Rahmen ihrer belegärztlichen Tätigkeit künftig nicht nur „eigene“ Patienten behandeln dürfen. Foto: Jacob Lund/stock.adobe.com Fortbildung CME-Punkte für Notärzte Ärztinnen und Ärzte, die im Rettungsdienst tätig sind, müssen gemäß § 4 Abs. 3 Rettungsgesetz NRW zusätzlich unabhängig vom Facharztstatus mindestens 20 Fortbildungspunkte innerhalb von zwei Jahren nachweisen. Zertifizierte Fortbildungen können bei der Anerkennungsstelle der Ärztekammer Nordrhein beantragt werden. Diese erhalten die Kennzeichnung „NANo“ (Notarzt Nordrhein). Seit Februar 2023 werden diese Fortbildungsmaßnahmen im Punktekonto auf www.aekno.de/punktekonto separat ausgewiesen. ÄkNo CIRS NRW Änderung des Therapieziels Im Lern- und Berichtssystem für kritische Ereignisse CIRSNRW wurde kürzlich ein Fall eines Patienten vorgestellt, der nach wochenlanger erfolgloser Therapie in ein palliatives Netzwerk aufgenommen werden sollte. Nach einer plötzlichen Verschlechterung des Zustands, lehnte der Patient eine weitere Untersuchung ab. Erst nachdem der behandelnde Arzt sich an die Angehörigen gewandt hatte, stimmten diese den Patienten um. Er verstarb auf dem Weg zur Untersuchung. Damit eine Therapiezieländerung in Richtung Begleitung und Symptomlinderung vom gesamten medizinisch-pflegerischen Team mitgetragen werde, seien gute Kommunikation und eine eindeutige Dokumentation auch des Patientenwillens notwendig. Dieser und weitere Berichte unter www.cirsmedical.de/ nrw/. bre Intersektorale Versorgung Beschränkungen für belegärztliche Tätigkeit sollen fallen Beschränkungen in der Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen Vertragsärztinnen und -ärzten und Krankenhäusern sollen künftig entfallen, fordern die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der Bundesverband der Belegärzte und Belegkrankenhäuser (BDB). Hierzu sei erforderlich, dass Vertragsärzte im Krankenhaus nicht nur „eigene“, das heißt in einer Belegabteilung aufgenommene, Patienten behandeln dürfen. Geltende Beschränkungen für die belegärztliche Tätigkeit müssten abgebaut werden. Gefordert wird ein einheitlicher sektorenübergreifender Leistungskatalog auch für belegärztliche Leistungen. Die aufwandsgerechte Vergütung solle durch einheitliche Hybrid-DRGs sichergestellt werden, unabhängig davon, ob die Behandlung durch Vertragsärzte oder die Krankenhäuser erfolgt. „Der unverständliche 20-Prozent-Abschlag für belegärztliche Versorgung muss fallen“, erklärte DKG-Vorstand Gerald Gaß anlässlich der Vorstellung des Positionspapiers. DKG und BDB kritisieren, dass in den vorliegenden Eckpunkten für eine Krankenhausreform das Potenzial einer verbesserten Kooperation von Vertragsärzten und Krankenhäusern nicht berücksichtigt werde. So sei in vielen Regionen eine belegärztliche Versorgung unverzichtbar. tg Ärztekammer Nordrhein Alles rund um die Fortbildung Die Ärztekammer Nordrhein bietet Ärztinnen und Ärzten sowohl in Präsenz als auch online zahlreiche Fortbildungen, Symposien und Kolloquien an, die neben den Fortbildungen der Kreisstellen und des Instituts für Qualität im Gesundheitswesen Nordrhein (IQN) auf der Homepage der Kammer separat eingestellt sind. Unter www.aekno. de/veranstaltungen finden sich unter der Überschrift „Veranstaltungen der Ärztekammer und des IQN“ sämtliche Fortbildungen in einer chronologischen Übersicht. Mit einem Klick auf den Titel gelangt man in die Detailansicht mit Themen, Referenten und weiteren Details. Häufig ist eine Online-Anmeldung integriert. Unter „Fortbildungen/Tagungen & Kurse“ findet sich die Suchmaske, über die sämtliche von der Ärztekammer Nordrhein anerkannten ärztlichen Fortbildungen gelistet sind. Standardmäßig ist die Suchmaske so eingestellt, dass zuerst Kurse aufgelistet werden, die innerhalb der kommenden vier Wochen stattfinden. Die Suchmaske kann auch für eine genaue Suche in sämtlichen bereits anerkannten Veranstaltungen genutzt werden. Neben einem Suchbegriff, der im Titel der Fortbildung enthalten sein muss, kann nach Anfangs- und Enddatum sowie nach dem Veranstaltungsort selektiert werden. Mit einem Klick auf „Mehr zur Veranstaltung“ werden zusätzliche Informationen zu dem aufgerufenen Seminar sichtbar, wie beispielsweise Kontaktdaten des Veranstalters, die Zahl der erwerbbaren CME-Punkte sowie die Kursgebühr. Fragen und Anregungen sowie Kritik und Lob zum Internetangebot der Ärztekammer Nordrhein senden Sie bitte an die E-Mail-­ Adresse onlineredaktion@aekno.de. bre

Magazin Rheinisches Ärzteblatt / Heft 6 /2023 9 Wenn man den Einfluss von Kapitalgesellschaften auf die ambulante Versorgung einschränken will, reicht eigentlich der gesetzliche Ausschluss von nicht-ärztlichen Personen und Kapitalgesellschaften als Gründer beziehungsweise Betreiber von medizinischen Versorgungszentren. Denn egal ob Einweisungssicherung und Portfoliooptimierung bei originären Krankenhausbetreibern oder Neustrukturierung und Setzen auf Skaleneffekt bei Kapitalgebergesellschaften: primär pekuniär getrieben bei der MVZ-­ Beteiligung sind letztlich beide Gruppen. Und auch selbstständige Ärztinnen und Ärzte sind nicht frei von wirtschaftlichen Überlegungen. Das wäre alles nicht weiter tragisch, wenn die Höhe der Vergütung für alle Versorgungsformen gleich wäre und sich an nachgewiesener Versorgungsqualität und Wirtschaftlichkeit orientieren würde. Für die hierfür notwendige Nutzung von Behandlungsdaten fehlt allerdings bis dato der politische Wille. Bis es also soweit ist, bleibt die Hoffnung, dass die direkte Beziehung zwischen Ärztinnen und Ärzten und ihren Patienten dazu beiträgt, Unter- oder Fehlversorgung zu vermeiden. Und es bleibt die bange Frage, ob denn der Nachwuchs in gleichem Maße in die von vielen Unwägbarkeiten geprägte Selbstständigkeit drängt wie die Kolleginnen und Kollegen der sogenannten BabyboomerGeneration. Wobei diese bei der Abgabe ihrer Praxen oder MVZ-Anteile leider in der Regel den goldenen Handschlag der Finanzinvestoren akzeptieren. Dr. Emanuel Ingenhoven, Neuss Gesundheitsreport Personalmangel macht krank Personalnot wirkt sich negativ auf die Gesundheit der Beschäftigten aus. Dies ist ein Ergebnis des DAK-Gesundheitsreports 2023. In die Analyse flossen die Daten von 2,4 Millionen erwerbstätigen DAK-Versicherten und die Ergebnisse einer Befragung von mehr als 7.000 weiteren Erwerbstätigen ein. 45 Prozent der Beschäftigten erlebten in ihrem Arbeitsalltag Personal- und Fachkräftemangel. Besonders betroffen sind Kranken- und Altenpflegekräfte sowie Kinderbetreuungspersonal. Um die fehlenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auszugleichen, gehe eine Mehrheit auch krank zur Arbeit, was das Gesundheitsrisiko noch erhöhe. Die Tendenz zum „Präsentismus“ sei mit 70 Prozent in Berufen mit Personalmangel deutlich stärker ausgeprägt als in Branchen ohne Mangel (41 Prozent). Ein Viertel der im Gesundheitsreport eingeschlossenen Erwerbstätigen leide unter Schmerzen, ein Drittel unter Schlafstörungen und mehr als die Hälfte gebe an, komplett erschöpft zu sein. Dass der Personalmangel an der Gesundheit zehre, zeige sich auch am überdurchschnittlichen Krankenstand in Mangelberufen. Dieser liegt laut Gesundheitsreport bei bis Gutachterkommission Trauer um Rainer Rosenberger Der 1. stellvertretende Vorsitzende der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler (GAK), Vorsitzender Richter am OLG a. D. Rainer Rosenberger, ist am 7. Mai 2023 im Alter von 78 Jahren überraschend verstorben. Rosenberger begann seine Tätigkeit bei der GAK mit seinem Eintritt in den Ruhestand im Jahr 2009. Mit seiner langjährigen Erfahrung als Vorsitzender des für Arzthaftungssachen zuständigen Senats des Oberlandesgerichts Köln stand er den medizinischen und juristischen Mitgliedern der Gutachterkommission stets als geschätzter Ratgeber zur Seite. In vielen Veröffentlichungen sowie in zahllosen Vorträgen in den Plenarsitzungen der GAK, bei Veranstaltungen des Instituts für Qualität in Nordrhein (IQN) sowie bei medizinischen Fortbildungen und auf Fachtagungen hat er sein großes Wissen weitergegeben. Neben der GAK hat Rosenberger nahezu zehn Jahre lang auch die Ethikkommission der Ärztekammer Nordrhein mit seiner weitreichenden Expertise unterstützt. ÄkNo zu sieben Prozent und damit rund 1,5 Prozent höher als im Durchschnitt aller Berufstätigen. Weitere Ergebnisse des Gesundheitsreports www.dak.de. bre Zu „MVZ: Zwischen Profit und Patientenwohl“ in Heft 5/2023 erreichte uns folgender Leserbrief: Erwerbstätige in Mangelberufen, wie im Gesundheitswesen, tragen ein höheres Gesundheitsrisiko als der Durchschnitt der Arbeitnehmer. Foto: Wavebreakmedia/istockphoto.com Geschätzter juristischer Ratgeber: Rainer Rosenberger Foto: Stephanie Bartoli

10 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 6 / 2023 Magazin – Studium und Berufseinstieg Nicht weil ich irgendeine Klausur vermasselt oder zu viele Fehltermine gesammelt hätte, sondern aufgrund von mehreren Überlegungen: Ich will verstehen und anwenden können, statt den Stoff des Physikums einfach auswendig zu lernen. Ich will Präp-Tutor sein, um als netter Besserwisser anderen und mir die Anatomie des Körpers besser erklären zu können. Ich will mehr Zeit für mich haben, mehr Sport treiben, über meinen Tellerrand hinausblicken und vielleicht eine neue Sprache lernen. Ich lese die vorangegangenen drei Sätze dieses Textes erneut und merke das „Ich will“ sticht heraus. Mich beschleicht der Gedanke, dass das andere Studierende vielleicht auch wollen, aber nicht können. Ich kann mir diese Zeit nur nehmen, weil ich mental und körperlich gesund bin, weil ich tolle Freunde und eine liebevolle Freundin habe, weil ich unterstützende Eltern habe, weil ich auf Ersparnisse zurückgreifen kann, weil ich eine Wohnung habe, weil ich noch nie in einer echten Notlage steckte, weil ich so privilegiert bin. Wie erlebt Ihr das Studium der Humanmedizin? Schreibt mir an medizinstudium@ aekno.de. Ich durchlaufe gerade das vierte Semester und stehe vor dem ersten Staatsexamen, dem Physikum oder wie es offiziell heißt, dem ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung. Links und rechts spürt man Panik aufkommen, aber noch spricht niemand darüber. Die Prüfung ist zu etwas geworden, dessen Name nicht genannt werden darf. Und alle Muggel wünschten sich, dass man Du-weißt-schon-was mit einfacher Magie besiegen könnte. Nur werden es immer mehr und längere Zaubersprüche, dickere Bücher und vor allem weniger Zeit. Ich werde Du-weißt-schon-was wie Harry Potter nicht im ersten Band endgültig besiegen können, hoffentlich aber auch nicht erst im siebten. Aber ein Semester länger als die Regelstudienzeit nehme ich schon jetzt in Kauf. Mail aus Bonn Lüko Fischer Foto: privat Praktisches Jahr Umfrage offenbart hohe Arbeitsbelastung Nachtdienste und Arbeitszeiten zwischen 40 und 50 Stunden pro Woche sind im Praktischen Jahr (PJ) keine Seltenheit. Dies ergab die Online-Umfrage „PJ-Barometer 2023“ des Marburger Bundes (MB). Im Rahmen der Befragung haben rund 1.700 Medizinstudierende im PJ sowie Ärztinnen und Ärzte, bei denen dieser Abschnitt des Studiums nicht länger als drei Jahre zurückliegt, Angaben zu ihren Erfahrungen im ersten Tertial des PJ gemacht. 55 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer gaben an, zwischen 40 und 50 Stunden pro Woche im Krankenhaus zu verbringen. Fünf Prozent arbeiteten mehr als 50 Wochenstunden. Knapp die Hälfte der Befragten gab an, mindestens einmal pro Monat Nacht- oder Wochenenddienste zu leisten. Die PJler würden überall dort eingesetzt, wo sie in der Versorgung gerade gebraucht würden. Dies sei der angespannten Personaldecke in den Kliniken geschuldet, so der MB. Pauline Graichen, Vorsitzende des Sprecherrates der Austausch Über den Tellerrand sehen Die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e. V. (bvmd) organisiert seit Jahren den internationalen Austausch von Medizinstudierenden, die eine Famulatur, ein Forschungspraktikum oder einen Public-Health-­ Austausch während des Studiums planen. Der bvmd pflegt Kontakte in knapp hundert Länder rund um den Globus und vermittelt nach eigenen Angaben jährlich etwa 400 Medizinstudierenden einen Auslandsaufenthalt. Ebenso viele Studentinnen und Studenten aus anderen Ländern betreuen die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des bvmd während ihres Aufenthalts in Deutschland. Dabei beschränkt sich das Austauschprogramm nicht allein auf die reine Vermittlung von internationalen Universitäten, sondern sieht sich als „Bildungsprogramm“. Workshops zu Themen, die vor Ort wichtig sind, eine lokale Betreuung durch Studierende im Gastland sowie die Möglichkeit, das jeweilige Gesundheitssystem kennenzulernen, gehören zum Programm. Daneben bietet der bvmd für Kurzentschlossene eine Restplätze-Börse. Zahlreiche Erfahrungsberichte von Medizinstudierenden, die bereits einen Auslandsaufenthalt hinter sich haben, geben weitere nützliche Hinweise zu den Partnerländern und -universitäten. Informationen unter www.bvmd.de/ unsere-arbeit/austausch/. bre Medizinstudierenden im MB sagte: „Die Lehrkrankenhäuser und Unikliniken sind zu einer guten praktischen Ausbildung gesetzlich verpflichtet. Wir erwarten, dass sie diesen Auftrag erfüllen und Studierende im Praktischen Jahr nicht wie billige Hilfskräfte behandeln.“ Dagegen bewerteten über die Hälfte der Befragten die Qualität der Lehre im ersten PJ-Tertial als gut bis sehr gut. Weitere 31 Prozent als befriedigend. Über zwei Drittel der PJler fühlen sich von ihren ärztlichen Kolleginnen und Kollegen wertgeschätzt. Auch finden während des PJ 61 Prozent der Befragten ausreichend Zeit zum Selbststudium, so ein weiteres Ergebnis der Umfrage. An der Umfrage beteiligten sich zu zwei Drittel Medizinstudentinnen oder junge Ärztinnen. Dies entspreche dem aktuellen Frauenanteil unter den Medizinstudierenden, so der MB. Alle Ergebnisse des PJ-Barometers 2023 unter www.marburger-bund.de. bre

Institut für Qualität im Gesundheitswesen Nordrhein Einrichtung einer Körperschaft öffentlichen Rechts IQN RbP - Punkte: beantragt Registrierung beruflich Pflegender Der ältere Mensch Niemanden allein lassen – gemeinsam in die Zukunft Im Haus der Ärzteschaft 18.08.2023 | 13 bis 18 Uhr t Bild: tria-z-modro | fotolia Fortbildungsreihe PROGRAMM Begrüßung Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein Dr. med. Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der KV Nordrhein Grußwort Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (angefragt) Keynote-Rede „Einsamkeit im Alter – ein Überblick“ Prof. Dr. Maike Luhmann, Ruhr-Universität Bochum Impulsvorträge | Foren Bewegung | Dr. med. Michael Fritz, Facharzt für Allgemeinmedizin und Sportmedizin, Viersen Wohnen im Alter | Dr. med. Harald Brauer, Landesverband der Alzheimer-Gesellschaft NordrheinWestfalen, Düsseldorf | Susanne Tyll, Dipl.-Pädagogin und Politologin, LAG Wohnberatung NRW, Krefeld Ernährung | Urs Schaden, Facharzt für Allgemeinmedizin, Diabetologe und Ernährungsmediziner, Düsseldorf Alterssimulation | Bernd Zimmer, Vizepräsident der Ärztekammer Nordrhein Come together | Markt der Möglichkeiten ƒ Stadtsportbund Düsseldorf e. V. (SSB) ƒ Vernetzungsstelle Seniorenernährung NRW ƒ Landesverband der Alzheimergesellschaften NRW e. V. ƒ Alzheimergesellschaft Düsseldorf e. V. ƒ LAG Wohnberatung und Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungsanpassung e. V. (BAG) ƒ Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren- organisationen e. V. (BAGSO) ƒ Kuratorium Deutsche Altershilfe Wilhelmine- Lübke-Stiftung e. V. (KDA) Aktion ƒ Vier Pfoten für Sie ƒ Musterwohnung AOK Die Teilnahme ist kostenfrei. Anmeldungen zur Veranstaltung sind erforderlich und können online durchgeführt werden unter: www.kvno.de/termine RbP - Punkte: 7 Registrierung beruflich Pflegender CME - Punkte: 7 Anrechnung nur bei vollständiger Teilnahme

Thema 12 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 6 / 2023 Für die großen Strukturfragen und den damit verbundenen Wandel ist Essen der richtige Ort. Als der Deutsche Ärztetag das letzte Mal in der Ruhrmetropole tagte, im Mai 1966, rauchten dort noch die Schlote, obwohl die Kohlekrise die Region bereits erfasst hatte. Heute gilt die Stadt als Kultur- und Dienstleistungszentrum und als HightechStandort insbesondere in der Medizin. Eine Transformationsgeschichte von grau zu grün, wie Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen betonte. Ähnlich tiefgreifende Veränderungen schweben auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach für einige Bereiche des deutschen Gesundheitswesens vor. Es gelte, einer „überdrehten Ökonomisierung“ gegenzusteuern und ganz grundsätzlich die Versäumnisse der vergangenen zehn Jahre abzuarbeiten. Dazu zählte der Minister neben der bereits eingeläuteten Finanzierungs- und Planungsreform für die Krankenhäuser auch den Kampf gegen Lieferengpässe bei Arzneimitteln, um die Produktion aus Billiglohnländern nach Europa zurückzuholen und damit Lieferengpässen entgegenzuwirken. Außerdem plädierte er dafür, die Digitalisierung im Gesundheitswesen weiter voranzutreiben und die Zahl der Medizinstudienplätze um 5.000 jährlich aufzustocken, um zu verhindern, dass sich der Ärztemangel weiter verschärft. Er wolle die Probleme gemeinsam mit der Ärzteschaft angehen, beteuerte Lauterbach bei der Eröffnungsveranstaltung in der Essener Philharmonie. „Schauen Sie nicht zurück, seien Sie nicht eingeschnappt, lassen Sie uns gemeinsam an diesen Baustellen arbeiten“, appellierte der Minister an die 250 Abgeordneten des Deutschen Ärztetages und spielte damit auf den Vorwurf der verfassten Ärzteschaft an, ihren Sachverstand nicht in angemessener Form in Gesetzesvorhaben einbringen zu können. Lauterbach hob erneut hervor, dass die Ökonomie nicht die Medizin dominieren dürfe. „Wir haben in einigen Bereichen den Bogen überspannt“, meinte er. So habe die 100-Prozent-Finanzierung der Krankenhausleistungen über DRGs zu einer enormen Arbeitszeitverdichtung und zu einem ruinösen Wettbewerb der Kliniken untereinander geführt. Man habe damit ein „völlig unethisches System“ geschaffen, so Lauterbach. Er kündigte an, dass er nach einigem Streit im Vorfeld über die Planungshoheit die Krankenhausreform gemeinsam mit den Ländern angehen wolle. So könne die Neugestaltung der Krankenhausplanung in NordrheinWestfalen, die sich nicht mehr an der Zahl der Betten, sondern an Leistungsbereichen und -gruppen orientiert und bereits relativ weit fortgeschritten ist, ein Vorbild für den Bund sein. „Wir brauchen die Reform jetzt, denn viele Krankenhäuser sind von Insolvenz bedroht“, formulierte Lauterbach den Handlungsdruck. Diesen Handlungsdruck sieht der Minister auch im Arzneimittelbereich. In den Apotheken fehlten zunehmend Medikamente. Das reiche vom Fiebersaft für Kinder über Statine und Antiallergika bis hin zu Onkologika. Betroffen seien in erster Linie Generika, die aufgrund von Rabattverträgen und Festbeträgen in Foto: Jochen Rolfes Wille zum Wandel Ökonomisierung und Kostendämpfung haben zu Verwerfungen im Gesundheitswesen geführt. Die Eröffnungsveranstaltung zum 127. Deutschen Ärztetag am 16. Mai stand ganz im Zeichen der großen Strukturfragen: Wie kann die größte Krankenhausreform seit Jahrzehnten gelingen? Wie lässt sich der zunehmende Einfluss von Finanzinvestoren in der ambulanten Versorgung stoppen und wie die Versorgung der Patienten mit Arzneimitteln sichern? von Heike Korzilius

Thema Rheinisches Ärzteblatt / Heft 6 /2023 13 lichen Vereinigungen, die Landeskrankenhausgesellschaft und die Krankenkassen von Anfang an in die Planungen eingebunden. „Aus meiner Sicht könnte sich der Bund inhaltlich-fachlich wie auch prozedural ein Vorbild an Nordrhein-Westfalen nehmen“, erklärte Reinhardt, der zugleich Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe ist, aus eigener Erfahrung. Weiterbildung mitdenken Viele Stolpersteine ließen sich nur vermeiden, indem man die Expertise der Ärztinnen und Ärzte einbinde. So müssten zum Beispiel die Folgen der Krankenhausreform für die ärztliche Weiterbildung bedacht werden. Die feingliedrigere Planungssystematik mit Leistungsgruppen werde dazu führen, dass manche Weiterbildungsstätten nicht mehr die volle Weiterbildungszeit anbieten könnten. Deswegen müssten die Leistungsgruppen medizinisch sinnvoll zugeschnitten werden und sich an der Systematik der Weiterbildungsordnung orientieren. Das führe dazu, dass künftig in viel größerem Umfang Kooperationen zwischen Krankenhäusern unterschiedlicher Versorgungsstufen und Weiterbildungsverbünde benötigt würden, die auch den ambulanten Sektor einbeziehen. Das müsse auch gesetzlich verankert werden. Reinhardt begrüßte, dass der Bund inzwischen im Streit mit den Ländern um die Hoheit bei der Krankenhausplanung eingelenkt habe. Auch in Sachen Digitalisierung zeichne sich inzwischen in Abstimmung mit der Ärzteschaft eine Kursänderung ab, lobte der BÄK-Präsident: weg von reinen Verwaltungsanwendungen hin zu Anwendungen mit einem echten medizinischen Mehrwert. „Von einem Paradigmenwechsel möchte ich noch nicht sprechen, Deutschland zum Teil schlechter vergütet würden als in den Nachbarländern. Im Fall von Lieferengpässen nähmen die Unternehmen die Medikamente folglich hierzulande zuerst vom Markt, so Lauterbach. „Das ist eine völlig unakzeptable Situation für so ein reiches Land“, sagte er und verwies auf das Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungsgesetz, das sich zurzeit im parlamentarischen Verfahren befindet. Damit will der Minister unter anderem Kinderarzneimittel aus dem System der Festbeträge und Rabattverträge herauslösen und Anreize dafür schaffen, insbesondere die Produktion von Antibiotika nach Europa zurückzuholen. Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Dr. Klaus Reinhardt, hatte zuvor nicht mit Kritik am Politikstil des Bundesgesundheitsministers gespart. Er halte es für einen schweren politischen Fehler, dass Lauterbach den Sachverstand der ärztlichen Körperschaften nicht systematisch in seine Reformvorhaben einbinde. Statt das wertvolle Erfahrungswissen der Ärztinnen und Ärzte für seine Arbeit zu nutzen, diskreditiere er deren Engagement als Lobbyismus, sagte Reinhardt. Die Folgen zeigten sich gleich bei zwei wichtigen Reformvorhaben der Bundesregierung: der Digitalisierung und der anstehenden Reform der Krankenhausfinanzierung und -planung. Ärztliche Expertise einbinden Wenn diese Reform auch nur im Ansatz erfolgreich sein solle, müssten die in der Versorgung praktisch tätigen Ärztinnen und Ärzte von Beginn an mit einbezogen werden. In Nordrhein-Westfalen sei das vorbildlich geschehen. Dort habe Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann die Ärztekammern, die Kassenärzt- „Vielfalt in Essen“ lautete das Motto des 127. Deutschen Ärztetages. Bei der feierlichen Eröffnung in der Philharmonie spielte das Orchester das Steigerlied zu einer Bildershow, die die Stadt im Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungsmetropole zeigte. Foto: Jochen Rolfes

Thema 14 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 6 / 2023 Gesetzesvorschläge zur Regulierung von iMVZ seien durchweg auf positive Resonanz gestoßen. Grundsätzlich seien MVZ eine sehr sinnvolle Ergänzung der ambulanten Versorgungsstrukturen, stellte Reinhardt klar. Deshalb sei es wichtig, sie vor einer investorengesteuerten Kommerzialisierung zu bewahren. Insbesondere müsse die Unabhängigkeit ärztlicher Entscheidungen gegenüber kommerziellen Fehlanreizen abgesichert und eine Fokussierung des Versorgungsangebots auf besonders lukrative Leistungen verhindert werden. „Die aus Solidarbeiträgen aufgebrachten Mittel für die Patientenversorgung müssen vor einem Abfluss in internationale Finanzmärkte geschützt werden“, sagte Reinhardt. Vor Kurzem hätten die Länder Bayern, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz einen Antrag zur Beschränkung von iMVZ in den Bundesrat eingebracht, der sich mit wesentlichen Forderungen der Ärzteschaft decke. Auch Bundesgesundheitsminister Lauterbach kündigte bei der Eröffnungsveranstaltung in Essen an, iMVZ im Sinne der Ärzteschaft strenger zu regulieren. Geschehen könne das im Versorgungsgesetz II, das nach der Sommerpause ins parlamentarische Verfahren eingebracht werden soll. BÄK-Präsident Reinhardt äußerte jedoch seine Zweifel darüber, wie ernst es Lauterbach mit einer Stärkung der Praxen wirklich ist. Der Wegfall der besseren Vergütung für neue Patienten, die der Minister durchgesetzt habe, spreche ebenso wie die Weigerung, Medizinischen Fachangestellten analog zu den Pflegekräften einen Corona-Bonus zu zahlen, für ein geringes Interesse an selbstständigen, wirtschaftlich starken vertragsärztlichen Praxen. Dazu passe auch der Aufbau von teuren Parallelstrukturen in Form von Gesundheitskiosken in sozial benachteiligten Stadtteilen oder die Förderung neuer Gesundheitsberufe wie Community Health Nurses, die nach den Plänen der Ampelkoalition in bisher hausärztliche Domänen vordringen sollen. „Herr Minister, stellen Sie die Weichen neu“, forderte Reinhardt. „Stärken Sie die Praxen.“ Unabdingbar dafür ist nach seiner Auffassung die Abschaffung der Budgetierung für alle niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. Bislang hat der Bundesgesundheitsminister nur die Entbudgetierung der Kinderheilkunde und der hausärztlichen Medizin zugesagt. Zu einer Stärkung der ambulanten Versorgung gehört für Reinhardt auch die längst überfällige Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Wie bereits im vergangenen Jahr forderte er Bundesgesundheitsminister Lauterbach auf, seine „unwürdige Blockadehaltung“ zu beenden und die Reform endlich auf den Weg zu bringen. „Es steht nicht im Belieben des Ministers, die Reform aus ideologischen Gründen zu verweigern“, sagte Reinhardt. Als Verordnungsgeber sei es Lauterbachs Pflicht, eine transparente und rechtssichere Abrechnung privatärztlicher Leistungen sicherzustellen. Bis es soweit sei, hätten die BÄK und die Landesärztekammern allen Ärztinnen und Ärzten Hinweise über rechtskonforme Möglichkeiten für höhere Steigerungsfaktoren und individuelle Honoraraber es ändert sich etwas“, sagte er. Am Anfang aller Überlegungen digitaler Prozesse müsse immer die Frage stehen, was für die Patientenversorgung gebraucht werde und welche Versorgungsdefizite durch digitale Anwendungen verbessert werden könnten. Mit Blick auf die elektronische Patientenakte (ePA) betonte Reinhardt, es brauche durchdachte Konzepte und Regelungen für die inhaltliche Befüllung der ePA, für die Zugriffssteuerung durch Patientinnen und Patienten sowie für die Freigabe der Daten zu Forschungszwecken. Um das Vertrauen der Patientinnen und Patienten nicht zu verspielen, seien Transparenz und einfache Möglichkeiten zum Widerspruch zum Beispiel gegen die Datennutzung durch bestimmte Gruppen oder Forschungsvorhaben notwendig. Darauf werde die Ärzteschaft bei den anstehenden Gesetzgebungsverfahren zum Digital- und zum Gesundheitsdatennutzungsgesetz sehr genau achten. Investoren-MVZ beschränken Die Ärzteschaft warte jedoch nicht ab, bis die Politik sie um eine Stellungnahme bitte, betonte Reinhardt. „Wir entwickeln unter anderem in Werkstattgesprächen unsere Positionen, die wir dann weiter in die Politik tragen“, so der BÄK-Präsident. Aus einem solchen Prozess seien beispielsweise die Positionen der Ärzteschaft zu investorengestützten Medizinischen Versorgungszentren (iMVZ) entstanden. Die konkreten Leidenschaftliches Plädoyer für mehr Prävention: der Präsident der gastgebenden Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke Foto: Jochen Rolfes

Thema Rheinisches Ärzteblatt / Heft 6 /2023 15 vereinbarungen zur Verfügung gestellt, so Reinhardt. Ärzte, die die Novelle der GOÄ vor dem Verwaltungsgericht durchsetzen wollten, hätten die volle Unterstützung der ärztlichen Verbände, der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages. Cannabis-Freigabe gefährdet Kinder Der Präsident der gastgebenden Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke, legte den Fokus auf eines der Schwerpunktthemen des diesjährigen Deutschen Ärztetages: Prävention, Gesundheitskompetenz und Gesundheitsförderung. Angesichts der demografischen Entwicklung nähmen altersbedingte Krankheiten wie Diabetes, Krebs und Demenz zu. Die steigende Nachfrage an Gesundheitsleistungen treffe dabei auf den bereits jetzt spürbaren Mangel an Fachkräften im Gesundheitswesen. Umso wichtiger sei es, bereits Kindern und Jugendlichen einen gesundheitsförderlichen Lebensstil zu vermitteln, um Risikofaktoren für chronische Erkrankungen wie Rauchen und schädlichen Alkoholkonsum zu minimieren. 7,9 Millionen Menschen zwischen 18 und 64 Jahren konsumierten in Deutschland Alkohol in gesundheitlich riskanter Weise. „Wie man angesichts dieser ungelösten Probleme, vor die uns die legalen Drogen schon heute stellen, auf die Idee kommen kann, nun noch eine weitere Droge durch die Cannabislegalisierung hinzuzufügen, erschließt sich mir gerade mit dem Verweis auf Kinder- und Jugendschutz nicht“, sagte Henke an den Bundesgesundheitsminister gewandt. Prävention an Schulen stärken Ein von der Ampelregierung selbst in Auftrag gegebenes Gutachten komme zu dem Schluss, dass der Konsum von Cannabis nach einer Legalisierung zunimmt und dort, wo mehr Menschen Cannabis konsumieren, auch die Zahl der Notaufnahmen für akute und chronische Suchtfolgen ansteigt. Dazu komme, dass Kinder am Modell lernten. Es sei bekannt, dass Kinder aus alkohol- oder drogenbelasteten Familien als Hochrisikogruppe für die Entwicklung einer eigenen Suchterkrankung gelten. „Und nun sollen Kinder zukünftig umgeben von einem cannabiskonsumierenden Umfeld aufwachsen und wie durch ein Wunder hiervon nicht beeinflusst werden?“, fragte Henke. Statt Energie und Arbeit in ein Gesetz zu stecken, dass sich mit dem Anbau von Cannabispflanzen und dem Aufbau von Cannabis-Social-Clubs beschäftigt, hätte er sich gewünscht, diese Arbeitskraft in den nachhaltigen Ausbau von Prävention und in die Stärkung der Gesundheitskompetenz der Bevölkerung zu stecken. Das schließe den Ausbau von Angeboten der Suchtprävention, Ernährungs-, Gesundheits- und Medienkompetenz in Schulen ein. „Eine Überarbeitung des Präventionsgesetzes, auch unter Ausweitung des Präventionsansatzes auf die planetare Gesundheit sollte meiner Ansicht nach prioritär erfolgen“, betonte Henke. Auf die Herausforderungen, vor denen das Gesundheitswesen angesichts der demografischen Entwicklung und des Mangels an Ärzten und Pflegpersonal steht, ging auch Landesgesundheitsminister Laumann ein. NRW sei geprägt von Ballungsräumen wie dem Ruhrgebiet und ländlichen Regionen in Westfalen und Teilen des Rheinlands. Wichtig sei, die Gesundheitsversorgung in derart unterschiedlichen Landesteilen flächendeckend sicherzustellen und den Menschen einen Zugang zur Versorgung in akzeptablen Zeiträumen zu ermöglichen. Laumann wies darauf hin, dass das Land im Kampf gegen den Ärztemangel in den letzten Jahren 400 zusätzliche Medizinstudienplätze an der neu gegründeten Fakultät in Ostwestfalen-Lippe und an der Universität Witten-Herdecke geschaffen habe. Auch die nicht-ärztlichen Gesundheitsberufe verzeichneten seit der Abschaffung des Schulgeldes in NRW steigende Schülerzahlen. Bei den Medizinischen Fachangestellten liege die Ausbildungsrate sogar über der aller anderen Ausbildungsberufe. „Dennoch wird uns der Arbeitskräftemangel über alle Bereiche der Wirtschaft weiter begleiten“, sagte Laumann. Er betonte zugleich, dass ihm viel an einer Stärkung der freiberuflich tätigen Ärztinnen und Ärzte liege. „Ich will, dass es in Deutschland auch weiterhin eine breite Mittelschicht gibt, dazu gehören auch die Freiberufler“, betonte Laumann. Denn diese habe einen stabilisierenden Einfluss auf die demokratischen Strukturen des Landes. Der Wert der ärztlichen Freiberuflichkeit war neben der Stärkung der Gesundheitskompetenz ein weiteres Schwerpunktthema des 127. Deutsche Ärztetages. Das Ärzteparlament tagte bis zum 19. Mai in Essen. Die Wahl des neuen Präsidiums der Bundesärztekammer fand am 18. Mai statt, nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe des Rheinischen Ärzteblattes. Nicht immer konfliktfrei, aber dialogbereit: Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann, der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Klaus Reinhardt, und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (v. l.) Foto: Jochen Rolfes

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