Thema Rheinisches Ärzteblatt / Heft 6 /2023 15 vereinbarungen zur Verfügung gestellt, so Reinhardt. Ärzte, die die Novelle der GOÄ vor dem Verwaltungsgericht durchsetzen wollten, hätten die volle Unterstützung der ärztlichen Verbände, der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages. Cannabis-Freigabe gefährdet Kinder Der Präsident der gastgebenden Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke, legte den Fokus auf eines der Schwerpunktthemen des diesjährigen Deutschen Ärztetages: Prävention, Gesundheitskompetenz und Gesundheitsförderung. Angesichts der demografischen Entwicklung nähmen altersbedingte Krankheiten wie Diabetes, Krebs und Demenz zu. Die steigende Nachfrage an Gesundheitsleistungen treffe dabei auf den bereits jetzt spürbaren Mangel an Fachkräften im Gesundheitswesen. Umso wichtiger sei es, bereits Kindern und Jugendlichen einen gesundheitsförderlichen Lebensstil zu vermitteln, um Risikofaktoren für chronische Erkrankungen wie Rauchen und schädlichen Alkoholkonsum zu minimieren. 7,9 Millionen Menschen zwischen 18 und 64 Jahren konsumierten in Deutschland Alkohol in gesundheitlich riskanter Weise. „Wie man angesichts dieser ungelösten Probleme, vor die uns die legalen Drogen schon heute stellen, auf die Idee kommen kann, nun noch eine weitere Droge durch die Cannabislegalisierung hinzuzufügen, erschließt sich mir gerade mit dem Verweis auf Kinder- und Jugendschutz nicht“, sagte Henke an den Bundesgesundheitsminister gewandt. Prävention an Schulen stärken Ein von der Ampelregierung selbst in Auftrag gegebenes Gutachten komme zu dem Schluss, dass der Konsum von Cannabis nach einer Legalisierung zunimmt und dort, wo mehr Menschen Cannabis konsumieren, auch die Zahl der Notaufnahmen für akute und chronische Suchtfolgen ansteigt. Dazu komme, dass Kinder am Modell lernten. Es sei bekannt, dass Kinder aus alkohol- oder drogenbelasteten Familien als Hochrisikogruppe für die Entwicklung einer eigenen Suchterkrankung gelten. „Und nun sollen Kinder zukünftig umgeben von einem cannabiskonsumierenden Umfeld aufwachsen und wie durch ein Wunder hiervon nicht beeinflusst werden?“, fragte Henke. Statt Energie und Arbeit in ein Gesetz zu stecken, dass sich mit dem Anbau von Cannabispflanzen und dem Aufbau von Cannabis-Social-Clubs beschäftigt, hätte er sich gewünscht, diese Arbeitskraft in den nachhaltigen Ausbau von Prävention und in die Stärkung der Gesundheitskompetenz der Bevölkerung zu stecken. Das schließe den Ausbau von Angeboten der Suchtprävention, Ernährungs-, Gesundheits- und Medienkompetenz in Schulen ein. „Eine Überarbeitung des Präventionsgesetzes, auch unter Ausweitung des Präventionsansatzes auf die planetare Gesundheit sollte meiner Ansicht nach prioritär erfolgen“, betonte Henke. Auf die Herausforderungen, vor denen das Gesundheitswesen angesichts der demografischen Entwicklung und des Mangels an Ärzten und Pflegpersonal steht, ging auch Landesgesundheitsminister Laumann ein. NRW sei geprägt von Ballungsräumen wie dem Ruhrgebiet und ländlichen Regionen in Westfalen und Teilen des Rheinlands. Wichtig sei, die Gesundheitsversorgung in derart unterschiedlichen Landesteilen flächendeckend sicherzustellen und den Menschen einen Zugang zur Versorgung in akzeptablen Zeiträumen zu ermöglichen. Laumann wies darauf hin, dass das Land im Kampf gegen den Ärztemangel in den letzten Jahren 400 zusätzliche Medizinstudienplätze an der neu gegründeten Fakultät in Ostwestfalen-Lippe und an der Universität Witten-Herdecke geschaffen habe. Auch die nicht-ärztlichen Gesundheitsberufe verzeichneten seit der Abschaffung des Schulgeldes in NRW steigende Schülerzahlen. Bei den Medizinischen Fachangestellten liege die Ausbildungsrate sogar über der aller anderen Ausbildungsberufe. „Dennoch wird uns der Arbeitskräftemangel über alle Bereiche der Wirtschaft weiter begleiten“, sagte Laumann. Er betonte zugleich, dass ihm viel an einer Stärkung der freiberuflich tätigen Ärztinnen und Ärzte liege. „Ich will, dass es in Deutschland auch weiterhin eine breite Mittelschicht gibt, dazu gehören auch die Freiberufler“, betonte Laumann. Denn diese habe einen stabilisierenden Einfluss auf die demokratischen Strukturen des Landes. Der Wert der ärztlichen Freiberuflichkeit war neben der Stärkung der Gesundheitskompetenz ein weiteres Schwerpunktthema des 127. Deutsche Ärztetages. Das Ärzteparlament tagte bis zum 19. Mai in Essen. Die Wahl des neuen Präsidiums der Bundesärztekammer fand am 18. Mai statt, nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe des Rheinischen Ärzteblattes. Nicht immer konfliktfrei, aber dialogbereit: Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann, der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Klaus Reinhardt, und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (v. l.) Foto: Jochen Rolfes
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