Rheinisches Ärzteblatt 6/2023

Gesundheits- und Sozialpolitik Rheinisches Ärzteblatt / Heft 6 /2023 21 Zunehmend verärgert sind die Länder über Eingriffe in die ihnen zugewiesene Planungshoheit im Krankenhausbereich. Dies zeigt sich nicht nur bei der vom Bund vorangetriebenen Krankenhausreform, sondern auch bei den Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zur Qualitätssicherung. Sehr deutlich kam diese Verstimmung bei der letzten Gesundheitsministerkonferenz (GMK) der Länder zum Ausdruck. von Thomas Gerst Es war schon ein ziemlich ungewöhnliches Vorpreschen der Gesundheitsministerinnen und -minister bei ihrer letzten gemeinsamen Beratung. Als Beschluss der Videokonferenz am 27. März hielten sie fest, dass „die Planungshoheit der Länder in den Gremien des G-BA nicht oder nur unzureichend beachtet“ werde. Beim Mitberatungs- und Antragsrecht, das den Ländern in Qualitätssicherungsangelegenheiten zustehe, sehe man sich erheblich beeinträchtigt, heißt es in dem GMK-­ Beschluss; eine Mitwirkung sei auf dieser Basis nicht oder nur erschwert möglich. Und als sei dies noch nicht genug der öffentlichen Missbilligung, wandten sich die Landesgesundheitsminister mit einem weiteren Beschluss gegen die aus ihrer Sicht übergriffige Regelungskompetenz des G-BA. Hierin wurde das Bundesge- sundheitsministerium (BMG) gebeten, im Rahmen seiner angekündigten Notfallreform den Auftrag an den G-BA auszusetzen, Kriterien für die Durchführung der Ersteinschätzung bei Notfallpatienten zu entwickeln. Es scheint so, als sähen die Länder hier bessere Einwirkungsmöglich- keiten als beim G-BA selbst. Dort sieht man sich an den bestehenden Auftrag gebunden, eine Richtlinie zum Ersteinschätzungsverfahren in der Notfallversorgung zu erarbeiten; solange sich an der Beauftra- gung nichts ändere, werde man die Arbeit fortsetzen. Zur grundsätzlichen Kritik an der Nichtbeachtung der Länderinteressen will sich der G-BA derzeit nicht äußern; verwiesen wird auf die geplante Teilnah- me des G-BA-Vorsitzenden Josef Hecken an der nächsten Gesundheitsministerkonferenz Anfang Juli, wo der Sachverhalt besprochen werden soll. Man hoffe, den Disput dort einvernehmlich beenden zu können. Streitpunkt: Qualitätsanforderungen für besondere Zentren Insbesondere die vom Gemeinsamen Bundesausschuss vorangetriebenen Qualitätssicherungsanforderungen, sei es bei Mindestmengen oder Qualifikationen des Fachpersonals an Kliniken, treffen schon länger in den Ländern auf Kritik, sehen diese darin stets auch einen indirekten Eingriff in ihre Planungshoheit. Zwar steht den Ländern bei Vorgaben zur Qualitätssicherung im Krankenhaus ein Antrags- und Mitberatungsrecht im G-BA zu, doch ohne Stimmrecht können sie dort letztendlich nicht mitentscheiden. Das Fass zum Überlaufen brachte nun Ende März eine Auseinandersetzung im G-BA über den Fortbestand bestimmter Zentren in der Krankenhausversorgung. Dem G-BA war nach § 136c Absatz 5 SGB V die Aufgabe zugewiesen worden, Qualitätsanforderungen für besondere Zentren und Schwerpunkte zu definieren; diese bilden die Grundlage für zu vereinbarende Honorarzuschläge. Insbesondere für bestehende geriatrische Zentren auf der Grundlage von Vereinbarungen auf Landesebene galten Übergangsvorschriften, die Ende des Jahres 2022 ausliefen. Weil die entsprechenden Vorgaben des G-BA noch ausstehen, hatten sich die Länder für einen Weiterbetrieb der auf Landesebene ausgewiesenen Zentren ausgesprochen. Mit diesem Anliegen hatten sie sich im zuständigen G-BA-Unterausschuss Qualitätssicherung allerdings nicht durchsetzen können. G-BA-Plenum lehnt verlängerte Übergangsregelung ab Der Disput in dieser Angelegenheit wurde folglich auch öffentlich im G-BA-­ Plenum ausgetragen. Der G-BA-Vorsitzende mochte sich der Argumentation der Länder nicht anschließen, dass Versorgungsbrüche zu erwarten seien, wenn die Übergangsregelung nicht verlängert würde. Fraglich sei überhaupt, ob es sich bei den bestehenden Zentren tatsächlich um Einrichtungen im Sinne des gesetzlichen Auftrags handele, der ja das Kriterium der Exzellenz vorsehe, das diese Zentren von einer grundsätzlich wünschenswerten optimalen Versorgung unterscheide. Hier half auch die Parteinahme des Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Dr. Gerald Gaß, für das Anliegen der Länder nichts. Ohne die Verlängerung sei davon auszugehen, dass die bestehenden Zentren ihre Zuschläge verlieren, weil sich die Krankenkassen restriktiv verhalten würden, führte Gaß aus. Es sei zu befürchten, dass etablierte Strukturen abgebaut und gegebenenfalls später wieder neu aufgebaut werden müssten. Da die Budgets für 2023 noch nicht verhandelt seien, könne jetzt noch für eine kontinuierliche Finanzierung gesorgt werden. Abgestimmter Forderungskatalog der Länder zur Krankenhausreform Auch bei der vom BMG vorangetriebenen Krankenhausreform gehen die Länder nun abgestimmt auf Konfrontationskurs. In Vorbereitung der GMK am 5. und 6. Juli formulierten die Amtschefs auf ihrem Treffen Anfang Mai eine Beschlussvorlage, die die Kernforderungen der Länder zur anstehenden Krankenhausreform enthält. Verlangt wird hier unisono über Parteigrenzen hinweg eine klare Positionierung des Bundes, wie der verfassungsrechtlich zugewiesene Gestaltungsspielraum der Länder in der Krankenhausplanung gewährleistet bleibt. Die bisher in der Reform vorgesehenen Versorgungsstufen seien für eine Krankenhausstrukturreform nicht notwendig; es stehe den Ländern frei, solche Level beizubehalten oder einzuführen, heißt es in der Vorlage. Zwar sei eine bundesweit einheitliche Rahmenfestlegung von Leistungsgruppen und Mindeststrukturvoraussetzungen sinnvoll, doch müssten den Ländern erhebliche Gestaltungsspielräume sowohl legislativer als auch administrativer Art für die Krankenhausplanung verbleiben. Bei der Zuweisung der Leistungsgruppen wollen sich die Länder an der in Nordrhein-Westfalen vorbereiteten Krankenhausreform orientieren. Länder pochen auf ihre Zuständigkeiten

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