Rheinisches Ärzteblatt 6/2023

Rheinisches Ärzteblatt / Heft 6 /2023 31 Forum Gut 16,5 Prozent der Ärztinnen und Ärzte in den Großstädten des Ruhrgebiets stammen aus dem Ausland. Aus der Patientenversorgung sind sie nicht wegzudenken, zumal sich der Fachkräftemangel in Zukunft noch verschärfen dürfte. Für eine echte Willkommenskultur warb bei einer Fortbildungsveranstaltung der Kreisstelle Essen der Ärztekammer Nordrhein deren Vorsitzender Dr. Matthias Benn. von Heike Korzilius „V ielfalt in Essen“ – unter diesem Motto kam in der Ruhrgebietsmetropole Mitte Mai der 127. Deutsche Ärztetag zusammen (siehe Seite 12). Die Kreisstelle Essen der Ärztekammer Nordrhein hatte die Idee bereits im Vorfeld aufgegriffen und ihre Mitglieder am 26. April zu einer Fortbildungsveranstaltung unter der Überschrift „Kulturelle Vielfalt in der Gesundheitsversorgung im Ruhrgebiet“ eingeladen. „Die Stadt Essen schaut zurück auf eine lange Einwanderungsgeschichte“, sagte der Vorsitzende der Kreisstelle Essen, Dr. Matthias Benn. Die Stadt sei ein Schmelztiegel, wobei die Vielfalt Bereicherung und Herausforderung zugleich sei. Von den knapp 600.000 Einwohnern Essens seien 30 Prozent keine deutschen Staatsangehörigen oder Doppelstaatler. 16,5 Prozent der Ärztinnen und Ärzte in den Großstädten des Ruhrgebiets stammten aus dem Ausland. Im Bundesdurchschnitt seien es rund 13 Prozent. Diese Ärztinnen und Ärzte leisteten angesichts des Fachkräftemangels einen wichtigen Beitrag zur medizinischen Versorgung, betonte Benn. Allerdings seien die bürokratischen Hürden für die Anerkennung insbesondere von medizinischen Qualifikationen, die im Nicht-EUAusland erworben wurden, hoch und der Prozess nicht immer transparent. Benn warb deshalb für einen Abbau von Vorurteilen gegenüber Ärztinnen und Ärzten mit Migrationshintergrund, eine echte Willkommenskultur in Praxen und Kliniken sowie mehr Unterstützung durch die Arbeitgeber beim Integrationsprozess. Der Spracherwerb ist nach Auffassung von Dr. Nikolaos Tsiampalis entscheidend – nicht nur für die persönliche Integration in die deutsche Gesellschaft, sondern auch für eine gute Versorgung der Patienten. Der Augenarzt stammt aus Griechenland und kam 2007 nach Deutschland, weil er in seinem Herkunftsland keine Weiterbildungsstelle für sein Wunschfach finden konnte. Inzwischen ist er in leitender Position in einem medizinischen Zentrum in Altenessen tätig und engagiert sich selbst in der Aus- und Weiterbildung des ärztlichen Nachwuchses. Um die Qualifikation künftiger Medizinischer Fachangestellter (MFA) geht es im Projekt „Auf in die Praxis“, das die Ärztekammer Nordrhein seit 2017 in Kooperation mit dem Job-Center Essen betreibt. Es soll Jugendlichen aus allen gesellschaftlichen Schichten den Einstieg in die Ausbildung erleichtern. Kammer und Job-Center vermitteln den Kontakt zu potenziellen Arbeitgebern für ein einjähriges Praktikum, das die Interessentinnen und Interessenten an den Beruf heranführt und idealerweise in einen Ausbildungsvertrag mündet. Zunächst habe sich das Angebot an Geflüchtete gerichtet, erklärte die Stellvertretende Vorsitzende und MFA-Beauftragte der Kreisstelle Essen, Dr. Patricia Aden. Mit ihrer Mehrsprachigkeit und ihrem kulturellen Erfahrungshintergrund seien diese häufig wertvolle Mittler zwischen ausländischen Patientinnen und Patienten und dem deutschen Gesundheitssystem. Seit 2019 richte sich das Projekt an alle Beteiligten am Arbeitsmarkt. Angesichts der kulturellen Vielfalt in Essen brauche man Lösungen, um für alle Menschen in der Stadt einen gleichberechtigten und barrierefreien Zugang zum Gesundheitswesen zu gewährleisten, betonte Stadtdirektor Peter Renzel. Einen Lösungsansatz präsentierte Brigitte Castillo Hernández von der Neue Arbeit der Diakonie Essen mit der Initiative iGlo. Im multikulturellen und sozial schwachen Essener Norden vermitteln Gesundheitslotsinnen und -lotsen – die meisten selbst mit Migrationshintergrund – niederschwellige Informationen über Gesundheitsthemen, Prävention und den Zugang zum Gesundheitssystem. „Wir erreichen die Menschen vor Ort, zum Beispiel im kurdischen Elternverein, in ihrer eigenen Sprache“, so Castillo Hernández. Ärzte mit Migrationshintergrund leisten wichtigen Beitrag zur Versorgung Die Migrationsgeschichte von Dr. Nikolaos Tsiampalis verfolgen Dr. Matthias Benn und Dr. Patricia Aden, Vorsitzender und Stellvertretende Vorsitzende der Kreisstelle Essen, und Brigitte Castillo Hernández von der Neue Arbeit der Diakonie Essen (M.). „Auf in die Praxis“, Ute Gembler, Telefon: 0201 43603031, E-Mail: ute.gembler@aekno.de iGlo, Yasemin Akıncı, Telefon: 0162 2062862, E-Mail: Yasemin.akinci@ neue-arbeit-essen.de Kontakt Foto: Tabea Weberskirch

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