Rheinisches Ärzteblatt 6/2024

Rheinisches Ärzteblatt / Heft 6 / 2024 25 Praxis Ärztliche und psychotherapeutische Ressourcen bündeln und gemeinsam die Versorgung der Menschen vor Ort gezielter gestalten – das leisten Praxisnetze in Nordrhein. Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) unterstützt solche kooperativen Zusammenschlüsse finanziell – seit September 2023 sogar mit noch attraktiveren Förderangeboten. von Lilia Klassen und Thomas Lillig Vertragsärztinnen und Vertragsärzte können sich in kooperativen, regionalen Verbindungen zusammenschließen und gemeinsam mit Psychologischen Psychotherapeutinnen und -therapeuten, Krankenhäusern, Reha-Einrichtungen und vielen weiteren ärztlichen und nichtärztlichen Leistungserbringern als Praxisnetz von der KVNO anerkennen und fördern lassen. Solche Zusammenschlüsse stärken die Versorgung in der Region. Die Partner kennen sich und die Versorgungsrealität vor Ort und können so gemeinsam lokal angepasste Lösungen für Versorgungsbedarfe anbieten. Gemeinsame Qualitätsstandards führen dabei zu besserer Versorgungsqualität und mehr Patientenzufriedenheit. Für die Gestaltung des Versorgungsangebots gibt es einen großen Spielraum. Praxisnetze können sich indikationsbezogen spezialisieren oder andere, zum Beispiel strukturelle Schwerpunkte vereinbaren. Sie können dabei direkt mit Krankenkassen verhandeln und Versorgungsverträge schließen. Vor allem kommen Praxisnetze auch dem Wunsch von neu niedergelassenen oder an der Niederlassung interessierten Ärztinnen und Ärzten entgegen, in kooperativen Teamstrukturen zu arbeiten. Im Praxisnetz arbeitet man eigenverantwortlich und wirtschaftlich selbstständig, aber ist dennoch Teil einer Versorgergemeinschaft. Gemeinsam, kooperativ, lokal Von diesen Vorteilen machen bereits sechs Verbünde im Rheinland Gebrauch. Sie sind vereint in dem Ziel, vorhandene Ressourcen gemeinsam besser zu nutzen und intensiv und fachdisziplinübergreifend zusammenzuarbeiten. Gleichzeitig unterscheiden sie sich in ihren Schwerpunkten – um Patientinnen und Patienten neben der Regelversorgung eine wohnortnahe und vor allem bedarfsgerechte hochwertige lokale Versorgung anbieten zu können. Das Regionale Gesundheitsnetz Leverkusen eG legt den Fokus beispielsweise auf die Palliativversorgung. Ein Palliativ-CareTeam begleitet Schwerstkranke und Sterbende in ihren letzten Lebenswochen und bietet ihnen im Rahmen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) zusätzliche Unterstützung in Ergänzung zur Regelbehandlung an. Weil es in der näheren Umgebung für die Menschen in Leverkusen kein Hospiz gab, eröffnete das Gesundheitsnetz 2021 das „PalliLev“ – ein integriertes Hospiz- und Palliativzen- trum – und betreibt es seither als Tochtergesellschaft. Das mit fast 450.000 behandelten Patientinnen und Patienten derzeit größte Praxisnetz in Nordrhein – das Gesundheitsnetz Köln-Süd e. V. (GKS) – engagiert sich in mehreren Versorgungsprojekten. Über einen Vertrag mit der Techniker Krankenkasse (TK) können TK-Versicherten zum Beispiel zusätzliche Leistungen wie die Früherkennung von gesundheitlichen Risiken angeboten werden. In der Arbeitsgruppe „Polypharmazie“ kommen Haus- und Fachärztinnen und -ärzte mit Apothekerinnen und Apothekern zusammen, um regelmäßig unter anderem konkrete Therapiefälle zu besprechen. In Essen gibt es das Ärztenetz EssenNordwest. Der Zusammenschluss hatte 2022 gemeinsam mit Partnern zwei Gesundheitskioske gegründet, in denen mithilfe medizinischer Beratung und niedrigschwelliger Gesundheitsangebote unter anderem die Gesundheitskompetenz von Menschen in sozial schwachen Stadtteilen gefördert werden soll. In Oberhausen bilden rund 50 Haus- und Facharztpraxen das Qual-Net O., das Qualitätsnetz Oberhausener Ärzte e. V. Regelmäßige Fortbildungen, Qualitätszirkel und die Zusammenarbeit mit Krankenhäusern, Pflegeheimen und anderen medizinischen Dienstleistern zeichnen das Netzwerk aus – zum Beispiel in der onkologischen Fallsteuerung von krebskranken und oftmals multimorbiden Patientinnen und Patienten. Ein Schwerpunkt des Ärztenetzes Niederrhein ist die Wundversorgung. Die FachPraxisnetze: Nah an der Versorgung in der Region Vorhandene Ressourcen gemeinsam besser nutzen: Praxisnetze haben sich von informellen Kollegialgemeinschaften zu einem erfolgreichen Modell entwickelt, das eine vielfältige Zusammenarbeit ermöglicht und einen wichtigen Beitrag zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung vor Ort leistet. Foto: ink drop/stock.adobe.com

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