Rheinisches Ärzteblatt 6/2024

40 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 6 / 2024 sondere durch das INTERREG-Programm, Fördermittel. In der Euregio Maas-Rhein haben sich fünf Regionen in NRW, den Niederlanden und Belgien für eine grenzübergreifende Kooperation zusammengeschlossen. Zu den belgischen Kooperationspartnern gehören die Provinzen Belgisch-Limburg und Liège sowie Ostbelgien. Auf niederländischer Seite ist die Provinz Limburg Teil der Kooperation. In NRW wirkt die Region „Aachen Zweckverband“ an der Euregio mit. Über die Grenze zum Arzt „Von der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit profitieren aber nicht nur Patienten, die stationär versorgt werden müssen. Die Euregio hat auch den Zugang zu den Praxen niedergelassener Fachärzte jenseits der Grenze vereinfacht“, erklärt Michael Dejozé, Geschäftsführer der Euregio MaasRhein. Denn für viele Patienten aus den Niederlanden sei ein Besuch beim niedergelassenen Facharzt in Deutschland eine gute Option, um lange Wartezeiten auf eine Behandlung zu vermeiden. In den Niederlanden finde die fachärztliche Versorgung ausschließlich im Krankenhaus statt. Benötige ein Patient eine fachärztliche Behandlung, werde er von seinem Hausarzt direkt in die entsprechende Fachabteilung eines Krankenhauses überwiesen. Entsprechend lang seien die Wartelisten, sagt Dejozé. Ermöglicht wird die unkomplizierte Versorgung in den Praxen im Rahmen der Modellprojekte „Integration Zorg op Maat“ (IZOM) und „Zorg op Maat“ (ZOM), an denen die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) beteiligt ist. In den drei nordrheinischen Euregios Maas-Rhein, Rhein-Waal und Rhein-Maas-Nord haben sich Krankenversicherer aus Deutschland (AOK Rheinland/ Hamburg und IKK classic), Belgien und den Niederlanden über eine Kostenübernahme für Behandlungen im Ausland verständigt. Die „Euregioverträge“ umfassen die fachärztliche Versorgung einschließlich der Arzneimittelversorgung sowie gegebenenfalls eine erforderliche stationäre Behandlung. 1.800 Patientinnen und Patienten wurden der KVNO zufolge im letzten Quartal des Jahres 2023 im Rahmen der IZOM- und ZOM-Vereinbarungen behandelt—insbesondere im Bereich der Allgemeinmedizin, Gynäkologie und Augenheilkunde. Bis zum 30. Juni 2017 galt die IZOM-Regelung auch für belgische Patientinnen und Patienten. Dann beendete die belgische Seite das Abkommen. Das Projekt sei zu teuer de gebe es entsprechende Behandlungsmöglichkeiten beispielsweise in Amsterdam, was deutlich weiter vom Wohnort der Patienten entfernt sei. Ähnlich ist die Situation in der Kinderonkologie: In Maastricht würden keine Krebstherapien für Kinder angeboten. Die nächste Möglichkeit zur Behandlung in den Niederlanden bestehe im 145 Kilometer entfernten Utrecht. Für die kleinen Patienten und deren Eltern bedeute dies eine knapp zweistündige Autofahrt quer durch die Niederlande — dabei gebe es in der nahegelegenen Uniklinik in Aachen angemessene Therapiemöglichkeiten. „Vor die Wahl gestellt, entscheiden sich viele Patienten und deren Eltern für die Behandlung im nahegelegenen Deutschland,“ weiß van Gemert. Die Kooperation stelle die Krankenhäuser jedoch auch vor neue Herausforderungen. So müssten sensible Patientendaten sicher von einem Land ins andere übertragen werden. Sprachbarrieren spielen van Gemert zufolge dagegen nur eine untergeordnete Rolle. Viele niederländische Ärztinnen und Ärzte beherrschten – wie er selbst – die deutsche Sprache. In Maastricht plane man zudem, künftig Patienten von speziell ausgebildeten Case Managern begleiteten zu lassen, die dann in Liège oder Aachen die bürokratischen Angelegenheiten regeln. „Wir möchten in dieser Euregio eine Blaupause für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Krankenhäusern schaffen“, erklärt van Gemert. Unterstützt werden die Krankenhäuser bei ihrer Vernetzung von der Euregio MaasRhein mit Sitz im belgischen Eupen. Diese hat es sich seit den 1970er-Jahren zum Ziel gesetzt, grenzbedingte Hindernisse abzubauen und die Region durch grenzübergreifende Zusammenarbeit auf wirtschaftlicher, kultureller und gesellschaftlicher Ebene zu stärken. Wie das NRW-Gesundheitsministerium mitteilt, existieren im Land vier Euregios: neben Maas-Rhein gibt es die Euregio Rhein-Maas-Nord mit Sitz in Mönchengladbach und die Euregio Rhein-Waal mit Sitz in Kleve. Die älteste Euregio in NRW ist die 1958 gegründete EUREGIO mit Sitz im westfälischen Gronau. Das Land NRW unterstützt jede dieser Euregios mit einer jährlichen Zuwendung von jeweils knapp 40.000 Euro. Daneben erhalten die Euregios durch Programme der Europäischen Union, insbeForum Medizinische Versorgung ohne Grenzen Die Euregios wollen die Grenzregionen wirtschaftlich, kulturell und gesellschaftlich stärken und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit fördern – auch im Gesundheitswesen. In der Euregio Maas-Rhein, zu der die Region „Aachen Zweckverband“ gehört, stellt die Grenze für Ärzte und Patienten heute kaum noch ein Hindernis dar. von Marc Strohm Für den niederländischen Kinderchirurgen Professor Dr. Wim van Gemert ist es nichts Ungewöhnliches, zur Arbeit über die Grenze nach Deutschland zu fahren. Eigentlich wohnt er in Maastricht und arbeitet am dortigen Universitätsklinikum UMC +. Doch neben seiner Tätigkeit in den Niederlanden führt der Kinderchirurg auch Operationen an der RWTH Aachen durch. Als Initiator des „Internationalen Zentrums Kinderchirurgie“ setzt er sich in der Euregio Maas-Rhein für eine enge Kooperation der Universitätskliniken in der Grenzregion zwischen den Niederlanden, Belgien und Deutschland ein. In einem Umkreis von rund 40 Kilometern finden sich hier gleich drei Universitätskliniken: neben dem Universitätsklinikum Maastricht die RWTH Aachen auf deutscher Seite und im belgischen Liège die Universitätsklinik CHU. „Eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit liegt da nahe, um Kompetenzen zu bündeln und unnötige Parallelstrukturen zu vermeiden“, erklärt van Gemert im Gespräch mit dem Rheinischen Ärzteblatt. So werde zum Beispiel in Maastricht aktuell ein Labor zur Diagnose von Darmerkrankungen aufgebaut, das auch von den Kliniken in Liège und Aachen genutzt werden könne. Die Behandlung und Nachsorge solle dann möglichst in den Heimatländern der Patienten stattfinden. Van Gemert überweist seine kleinen Patientinnen und Patienten regelmäßig zur Behandlung in die Nachbarländer. Aktuell gebe es in Maastricht beispielsweise zu wenige OP-Kapazitäten in der Kinderchirurgie. Um lange Wartezeiten zu vermeiden, könnten die kleinen Patienten in Liège oder Aachen behandelt werden. Innerhalb der Niederlan-

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