Rheinisches Ärzteblatt / Heft 7 /2023 23 sind gut 15 Prozent der Drei- bis 17-Jährigen übergewichtig und sechs Prozent adipös – Folgen insbesondere von Bewegungsmangel und Fehlernährung. Dazu kommen die Auswirkungen der Coronapandemie. Der COPSY-Studie des Universitätsklinikums Hamburg- Eppendorf zufolge litt im dritten Jahr der Pandemie noch immer jedes vierte Kind an psychischen Auffälligkeiten. Auch die Zahl der suchtkranken Jugendlichen ist demnach gestiegen. Dazu kommt eine im europäischen Vergleich geringe Gesundheitskompetenz deutscher Schulkinder, wie die Kinder- und Jugendgesundheitsstudie der Weltgesundheitsorganisation belegt. Eine Ursache dafür sich in der Situation zurechtfinden und lernen, ihre Gedanken zu ordnen und selbst zu sagen, was die Ärztin interessieren könnte und was möglicherweise mit ihren Beschwerden zusammenhängt“, erklärt Mittag. „Die eigenen Empfindungen wahrzunehmen und auszudrücken hat viel mit Gesundheitsprävention zu tun.“ Prävention und Gesundheitsförderung seien im Schulprogramm der Edith-Stein-Schule fest verankert, betont auch Schulleiterin Tanja Barstat. Die Kinder, aber auch Lehrerinnen und Lehrer profitierten dabei sehr von der Zusammenarbeit mit Patenärztin Mittag oder im Bereich der Zahngesundheit mit den Zahnärzten des örtlichen Gesundheitsamtes. „Viele Inhalte lassen sich so anschaulicher und fachlich fundierter transportieren“, meint sie. „Für die Kinder sind solche Stunden, in denen jemand extra von außen in die Schule kommt, kleine Highlights im Schulalltag.“ Diese Stunden blieben anders in Erinnerung und würden auch zu Hause am Küchentisch erwähnt. „Dadurch bekommen die Themen eine andere Gewichtung“, sagt Barstat. Wie Patenärztin Mittag ist auch sie überzeugt, dass es den Blick weitet, wenn Kinder von einer Expertin oder einem Experten Gesundheitsinformationen erhalten, die sich vom Erleben im Elternhaus unterscheiden. „Da öffnen wir ein kleines Stückchen die Tür“, so Barstat. Mangel an Gesundheitskompetenz Ganz grundsätzlich gewinnt das Thema Gesundheitsbildung nach Ansicht der Schulleiterin in den Schulen an Bedeutung. Das spiegle ihr auch ihr kollegiales Umfeld. Nicht immer arbeite man dabei wie an der Edith-Stein-Schule mit externen Experten zusammen. Aber das Thema sei sowohl in den Schulen als auch in der Lehrerfortbildung angekommen. Dabei dürften die Voraussetzungen für die gesundheitliche Bildungsarbeit in Barstats Schule günstiger sein als an manch anderer Einrichtung. Die EdithStein-Grundschule liegt im Krefelder Stadtteil Uerdingen, Einfamilienhäuser auf der einen Seite, sozialer Wohnungsbau auf der anderen. Die soziale Zusammensetzung der Schülerschaft beschreibt Barstat als „sehr gesund gemischt“. Für Kinder, die zu Hause schlechter versorgt würden, halte die Schule immer ein paar Plätze im Offenen Ganztag vor, eine Frühstückszeit und ein warmes Mittagessen inklusive, erklärt Barstat. Außerdem gibt es für die Kinder im Rahmen des EUSchulobstprogramms dreimal in der Woche frisch geschnittenes Obst und Gemüse. So lasse sich gesunde Ernährung in den Schulalltag integrieren. „Damit pflegen wir eine gewisse Esskultur“, sagt Barstat. „Und die Erfahrung zeigt, dass die Kinder fast alles probieren. Was zu Hause nicht gegessen wird, geht hier weg wie warme Semmeln.“ Positive Ansätze wie dieser sollten jedoch nicht den Blick auf die bundesweite Realität verstellen. Nach der „Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland“ (KiGGS) des Robert Koch-Instituts Spezial Das Programm wird in Nordrhein und Hamburg umgesetzt. Projektpartner sind die Ärztekammern sowie die AOK Rheinland/Hamburg. Ziel ist es, Prävention und Gesundheitskompetenz in der Lebenswelt „Schule“ zu verankern und durch die Zusammenarbeit mit den Eltern auch in die Familien zu tragen. Das Programm hat sechs Bausteine: 1. Schulpatenschaften von Ärztinnen und Ärzten 2. U nterrichtsmaterialien 3. E lternarbeit 4. Fortbildung der Lehrkräfte und der Mitarbeiter im Offenen Ganztag 5. Regionale Treffen von Schulen, Patenärzten und Programmkoordinatoren 6. Einbeziehung des Offenen Ganztags (Koch-, Bewegungs- und Körper-AGs) In Nordrhein läuft das Programm seit über 20 Jahren. Innerhalb dieser Zeit wurden eine Million Grundschüler erreicht. Zurzeit beteiligen sich 304 Grundschulen und 136 Patenärzte an Gesund macht Schule. Kontakt: Snezana.Marijan@aekno.de www.gesundmachtschule.de 20 Jahre Gesund macht Schule „Gesundheitsbildung gewinnt in den Schulen an Bedeutung“, sagt Schulleiterin Tanja Barstat. Foto: Till Erdmenger/Businessfotos
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