Thema Rheinisches Ärzteblatt / Heft 7 / 2024 13 lante und stationäre Versorgung besser aufeinander abstimmen“, erklärte Bundesgesundheitsminister Professor Dr. Karl Lauterbach bei der Vorstellung des Kommissionsberichts am 3. Mai. „Unnötige Krankenhausaufenthalte, fehlende Abstimmung zwischen Arztpraxis und Klinik sowie unnötiger Personaleinsatz sind weder im Interesse der Patienten noch der Behandelnden und schon gar nicht im Interesse der Gemeinschaft.“ Ulla Schmidt machte den Aufschlag Einen ersten Anlauf für die Einführung eines Hausarztmodells hatte die damalige Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt bereits im Jahr 2004 mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung unternommen. Es räumte den Krankenkassen die Möglichkeit ein, Modelle zur hausarztzentrierten Versorgung (HzV) aufzulegen. Als das Ganze nicht richtig fruchtete, wurde 2007 aus der Möglichkeit eine Pflicht. Zudem erhielt der Hausärztinnen- und Hausärzteverband ein eigenes Verhandlungsmandat. 2008 unterschrieben Medi Baden-Württemberg, der dortige Hausärzteverband und die AOK den bundesweit ersten HzV-Vertrag, bei dem die Kassenärztliche Vereinigung (KV) komplett außen vor blieb. Bei den KVen und den Krankenkassen, insbesondere den bundesweit agierenden Ersatzkassen, stieß das Modell auf wenig Gegenliebe. Die einen fürchteten um den Sicherstellungsauftrag für die ambulante Versorgung, die anderen sahen erhebliche Mehrkosten auf sich zukommen, ohne dass sich die Versorgung im selben Maße verbesserte. Jetzt hat Bundesgesundheitsminister Lauterbach mit dem Gesundheitsversorgungs-Stärkungsgesetz einen neuen Versuch gestartet, die hausärztliche Versorgung zu fördern. Der Entwurf wurde am 22. Mai vom Kabinett verabschiedet und befindet sich zurzeit in der parlamentarischen Beratung. Er sieht vor, dass die Honorarobergrenzen für die Hausärztinnen und Hausärzte entfallen und – wie es auch der Sachverständigenrat empfohlen hat – Jahrespauschalen eingeführt werden, um unnötige Arztbesuche zu vermeiden. Allerdings vermissen die Befürworter von mehr Koordination eine aus ihrer Sicht zentrale Regelung im Gesetzentwurf: den ursprünglich vorgesehenen „HzVBonus“ für Patienten, die sich verpflichten, immer zuerst den Hausarzt aufzusuchen. Dabei seien wirksame Anreize für mehr Steuerung dringend notwendig. Denn auch 20 Jahre nach dem Aufschlag von Ulla Schmidt ist man in Deutschland von einem flächendeckenden Angebot an hausarztzentrierter Versorgung noch weit entfernt. Nach Angaben des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes waren im vergangenen Jahr bundesweit nur rund 16.000 Hausärzte und 6,2 Millionen Versicherte in HzV-Versorgungsverträge eingebunden. Und allmählich findet auch in den ursprünglich HzV-skeptischen ärztlichen Körperschaften ein Umdenken statt. Der demografische Wandel, der Patienten und Ärzte gleichermaßen betrifft, der zunehmende Mangel an Fachkräften, der die Überlastung der im Gesundheitswesen Tätigen noch verschärft, sowie die angespannte finanzielle Lage der gesetzlichen Krankenversicherung haben nicht nur dem „Hausarzt als Lotsen“, sondern einer generell besseren Koordination der Patientenwege zu neuer Popularität verholfen. Unter der Überschrift „Gesundheitsversorgung der Zukunft – mehr Koordination der Versorgung und bessere Orientierung für Patientinnen und Patienten“ widmete der 128. Deutsche Ärztetag in Mainz dem Thema am 8. Mai einen eigenen Tagesordnungspunkt. Bereits bei der Eröffnungsveranstaltung am Vortag hatte der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Klaus Reinhardt, betont, Ziel der Gesundheitsversorgung müsse sein, die vorhandenen Ressourcen so effektiv, aufeinander abgestimmt und effizient einzusetzen, dass sie dem tatsächlichen Behandlungsbedarf der Patienten gerecht würden. Das bekräftigten die 250 Delegierten in einem Beschluss, in dem sie sich klar für ein Primärarztmodell aussprachen. Das deutsche Gesundheitswesen sei wie wenige andere von einem kaum gesteuerten Zugang gekennzeichnet. Das sei auch zum Nachteil der Patienten, denn unter diesen Bedingungen werde es immer schwieriger, eine abgestimmte und sichere Versorgung zu gewährleisten, heißt es dort. Ähnlich wie der Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege sprach sich der Ärztetag dafür aus, dass Patientinnen und Patienten künftig einen Hausarzt oder eine Hausärztin als erste Anlaufstelle wählen, die die RegelDer Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Klaus Reinhardt, plädierte dafür, die notwendige Steuerung der medizinischen Versorgung sorgfältig gegen das hohe Gut der freien Arztwahl und der Patientenautonomie abzuwägen. Foto: Christian Glawe-Griebel/helliwood.com
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