Rheinisches Ärzteblatt 7/2024

24 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 7 / 2024 Interview „Wer etwas bewegen will, muss Mehrheiten schaffen“ Rudolf Henke steht seit 2011 an der Spitze der Ärztekammer Nordrhein. Bei der konstituierenden Sitzung der neu gewählten Kammerversammlung am 31. August will er sich nicht mehr zur Wahl stellen. Mit Henke, der am 5. Juni 70 Jahre alt wurde, verlässt ein Politprofi die Bühne, der sich stets von seinem christlich geprägten Weltbild leiten ließ. Zeit für einen Rückblick. : Herr Henke, Ihre (berufs-)politische Karriere begann vor 43 Jahren mit dem Einzug in die Kammersammlung der Ärztekammer Nordrhein. Was hat Sie motiviert? Henke: Der Wunsch, die Umgebung in der ich lebe mitzugestalten, hat mich Zeit meines Lebens angetrieben: in der Schule als Schulsprecher, im Studium im Ring Christlich Demokratischer Studenten und später im Beruf als Mitglied des Marburger Bundes und in der Ärztekammer. Demokratie verlangt politisches Engagement. Da kann man sich nicht auf die Zuschauerplätze zurückziehen. : Im Laufe der Zeit haben Sie viele Ämter bekleidet, einige davon parallel: Vorstand der Bundesärztekammer, Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Bundesvorsitzender des Marburger Bundes. 1992 traten Sie in die CDU ein, für die sie zunächst in den nordrheinwestfälischen Landtag und später in den Bundestag einzogen. Was konnten Sie bewegen? Henke: Eines vorweg: Egal auf welcher politischen Ebene man etwas bewegen will, es braucht dazu kontinuierliches Engagement, die Bereitschaft, Mehrheiten zu bilden und einen größtmöglichen Grad an Übereinstimmung für bestimmte Positionen zu erreichen, die gewählte Politiker dann in Gesetze gießen müssen. Ich bin 1989 zum 2. Bundesvorsitzenden des Marburger Bundes gewählt worden. Wir haben uns damals stark gemacht für eine bessere Personalausstattung in den Krankenhäusern, haben den Marburger Bund zu einem starken Tarifpartner entwickeln können, uns aber auch für eine bessere Kooperation zwischen niedergelassenen und Krankenhausärzten eingesetzt. Als dann im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands am rechten Rand die Republikaner als frühe Vorläufer der AfD und am linken Rand die PDS, die Nachfolgeorganisation der SED, erstarkten, war das für mich eine Motivation, in die CDU einzutreten. Ich wollte mit diesem Schritt dazu beitragen, die politische Mitte zu stärken. Dazu kam, dass in Nordrhein-Westfalen weder Ärzte noch Pflegekräfte im Parlament vertreten waren. Das wollte ich ändern und habe mich auch auf Wunsch des CDU-Kreisverbands in Aachen 1995 erfolgreich für ein Landtagsmandat beworben. Funktion bei Verbändegesprächen und Anhörungen im Gesundheitsausschuss des Bundestages dabei. : Wer Sie in Berlin getroffen hat, gewann den Eindruck, dass Ihnen Ihr Abgeordnetenmandat großen Spaß gemacht hat. Henke: Mir macht fast alles, was ich tue, Spaß. Aber die Arbeit im Bundestag hat mir besondere Freude bereitet. Es gebe kein tolleres Parlament und keinen Ort, an dem mehr lehrreiche, wirklich spannende und die Themen dieser Welt ab- handelnde Debatten stattfinden, als den Deutschen Bundestag, hatte mir Bundeskanzlerin Angela Merkel in einem Gespräch vor meinem Wechsel nach Berlin gesagt. Rückblickend betrachtet, stimmt das genau. : Sie haben noch relativ lange parallel zu ihrem politischen Engagement im Krankenhaus gearbeitet. Henke: Bis zur Wahl in den Landtag ging das ganz gut. Aber danach hat sich die angestrebte Vereinbarkeit von Klinik und Landtagsmandat schnell als erheblicher Irrtum erwiesen. Man muss für die Patientinnen und Patienten ein verlässlicher Ansprechpartner sein. Das war aufgrund der Termine und Anwesenheitspflichten im Landtag in Düsseldorf nicht mehr möglich. Foto: Jochen Rolfes : 2009 folgte dann der Schritt in die Bundespolitik. Sie gewannen in Aachen das Direktmandat für den Deutschen Bundestag gegen die damals amtierende Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. Henke: Dass ich Ulla Schmidt schlagen konnte, hat mir schon Freude bereitet. Davon abgesehen war ich ja schon seit 1989 als 2. Bundesvorsitzender des Marburger Bundes bundespolitisch aktiv. Seit 1995 gehörte ich dann auch dem Vorstand der Bundesärztekammer an und war in dieser

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