Rheinisches Ärzteblatt 7/2024

26 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 7 / 2024 Interview anschaut. Dieser Test scheint sich als eine Art neue Routinediagnostik in der Schwangerenvorsorge zu etablieren – ganz unabhängig vom Alter und anderen Risiken der Schwangeren. Diesen Sachverhalt müssen wir dringend nüchtern wissenschaftlich analysieren. : Vom Lebensanfang zum Lebensende: Eine gesetzliche Regelung zum assistierten Suizid steht noch aus. Henke: Hier möchte ich eines vorausschicken: Wenn ich mir anschaue, was Palliativmedizin, Anästhesie und Schmerzmedizin alles leisten, ist der Weg in die Suizidassistenz einer, der sich mir nicht erschließt. Die Ärztekammer Nordrhein bemüht sich stattdessen sehr, die Gesetzgebung zur Suizidprävention voranzubringen. Denn Einsamkeit, insbesondere die Einsamkeit alter Männer, ist ein nicht zu überschätzendes Problem in unserer Gesellschaft. Das Problem ist nur, dass das Konzept zur Suizidprävention, das Bundesgesundheitsminister Lauterbach kürzlich vorgelegt hat, völlig unzureichend ist. Da muss man nochmal Leben gerät, eine höhere Wertigkeit erlangt. Ich will nicht den § 218 zum Schwangerschaftsabbruch ändern. Ich finde aber, wir sollten uns nicht einfach damit abfinden, dass jedes Jahr 110.000 gezeugte Menschen mit ärztlicher Hilfe aus ihrem gerade beginnenden Leben herausbefördert werden. Auch wenn die Regierungskommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin jetzt die Pflichtberatung der ungewollt Schwangeren infrage stellt, lässt das aus meiner Sicht den höchsten Respekt vor dem menschlichen Leben vermissen, insbesondere den Respekt vor dem Leben, dass sich selbst noch gar nicht artikulieren kann. Diesen Fragen müssen sich Ärztinnen und Ärzte auch unabhängig vom christlichen Glauben stellen. Kann der höchste Respekt gewahrt sein, wenn man sich für einen Abbruch entscheidet? Ja, wenn die Mutter sonst stirbt. Ja, wenn die Mutter sonst Suizid beginge. Aber sonst? Noch komplexer wird es, wenn man sich die Entwicklungen rund um den nichtinvasiven Praena-Test für drei Trisomien Ärztliche Körperschaften im Internet Ärztekammer Nordrhein www.aekno.de Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein www.kvno.de Zur Person Rudolf Henke wurde am 5. Juni 1954 in Birkesdorf, heute ein Stadtteil von Düren, geboren. Der Internist war von 1988 bis 2019 als Oberarzt an der Klinik für Hämatologie/Onkologie am St.-AntoniusHospital Eschweiler tätig. 1989 wurde Henke zum 2. Bundesvorsitzenden des Marburger Bundes gewählt, von 2007 bis 2019 war er 1. Vorsitzender der Ärztegewerkschaft. 1981 zog Henke erstmals in die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein ein, 1988 wurde er in den Kammervorstand gewählt. Seit 2011 ist Henke Präsident der Ärztekammer Nordrhein. 1995 zog er für die CDU in den nordrhein-westfälischen Landtag ein, von 2009 bis 2021 war er Mitglied des Deutschen Bundestages. Henke ist verheiratet und hat vier erwachsene Töchter. Foto: Jochen Rolfes richtig ran. Wenn das allerdings zu lange dauert, wird sich irgendwann der Parallelweg der Suizidassistenz etablieren. : Bleibt eine Frage zum Schluss: Werden Sie sich jetzt ganz aus der Berufspolitik zurückziehen? Henke: Es wird bestimmt eine Herausforderung, sich nicht ständig zu Wort zu melden. (lacht) Nein, es gibt zwei Felder, in denen ich gerne noch eine Zeit lang weiterarbeiten würde. Ich würde gerne weiterhin in der Funktion des Vorstandsvorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen (ABV) einen Beitrag dazu leisten, dass die Versorgungswerke erhalten bleiben. Wenn ich hier in der Kammer das notwendige Vertrauen finde, will ich im November noch einmal für den ABVVorsitz kandidieren. Außerdem bin ich zurzeit Schatzmeister im Vorstand des Weltärztebundes. Da stehen im Frühjahr 2025 die nächsten Wahlen an. Wenn es genug Unterstützung gibt, bin ich gerne bereit, wieder zu kandidieren. Das Interview führten Sabine Schindler-Marlow und Heike Korzilius

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