Rheinisches Ärzteblatt 7/2024

Mein Beruf Rheinisches Ärzteblatt / Heft 7 /2024 51 Foto: privat Dr. Mark Pitsch studierte in Aachen Medizin. Während seines Zivildienstes absolvierte er eine Ausbildung zum Rettungssanitäter. Seither begeistert sich der 33-Jährige für die Notfallmedizin. Im November 2023 erwarb Pitsch eine entsprechende Zusatz-Weiterbildung. Zurzeit absolviert er die fachärztliche Weiterbildung zum Anästhesisten an der Klinik für Anästhesiologie der Uniklinik RWTH Aachen. Dr. Mark Pitsch, angehender Anästhesist und Notarzt „Als Notarzt ist man Allrounder“ Job, Beruf, Berufung? – An dieser Stelle berichten junge Ärztinnen und Ärzte über ihren Weg in den Beruf, darüber, was sie antreibt und warum sie – trotz mancher Widrigkeiten – gerne Ärztinnen und Ärzte sind. : Herr Dr. Pitsch, wie sind Sie zur Notfallmedizin gekommen? Pitsch: Ich habe im Rahmen meines Zivildienstes auf der örtlichen Feuerwache eine Ausbildung zum Rettungssanitäter absolviert. Für mich war es eine aufregende Erfahrung zum Einsatz herauszufahren, ohne zu wissen, was mich an der Einsatzstelle wirklich erwartet. Jeder Tag ist anders, sodass es keine wirklichen Routinen gibt. Daneben sagten mir der Gemeinschaftssinn und die gute Arbeitsatmosphäre unter den Kolleginnen und Kollegen aus dem Rettungsdienst, der Feuerwehr und den anderen Notärztinnen und Notärzten sehr zu. Man verbringt einerseits viel Zeit gemeinsam auf der Feuerwache und muss andererseits im Einsatz effektiv und zuverlässig zusammenarbeiten. Nach einem Umweg über das Studium des Maschinenbaus habe ich somit schnell gemerkt, dass mein Herz für die Medizin und hier vor allem für die Notfallmedizin schlägt. : Wie lief der Start als Notarzt? Pitsch: Aufgrund meiner Zeit im Zivildienst war ich sehr daran interessiert, den Bereich des Rettungsdienstes aus einer anderen Perspektive kennenzulernen. Als ich erfahren habe, dass ich als angehender Anästhesist in den Notarztdienst der Stadt Aachen rotieren kann, war ich sehr froh, denn bei den Kolleginnen und Kollegen der Klinik für Anästhesiologie der RWTH sind die Plätze beim Rettungsdienst der Stadt sehr beliebt. Bevor ich notärztlich tätig wurde, habe ich im vergangenen Jahr bei der Ärztekammer Nordrhein die Zusatzweiterbildung Notfallmedizin erworben. Mein Einstieg als Notarzt verlief dann sehr strukturiert: In einer Einarbeitungswoche wurden wir von unserer ärztlichen Leitung Rettungsdienst bei unseren Einsätzen begleitet. Von deren ausführlichem Feedback habe ich sehr profitiert, denn das hat mir zusätzliche Sicherheit gegeben. Als Notarzt weiß man nie, was einen erwartet, denn die Einsätze reichen von schweren Traumata und Verletzungen über Komplikationen bei der Geburt bis hin zu Schlagdenn sie können sich oft noch nicht artikulieren, auch Notfallmedikamente müssen anders dosiert werden. Damit ich für solche Einsätze noch besser gewappnet bin, habe ich vor Kurzem einen zusätzlichen Kindernotfallkurs absolviert. Zum Glück sind Einsätze mit Kindern aber eher selten. : Gibt es einen Fall, der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist? Pitsch: Im letzten Jahr wurde ich zu einem Einsatz gerufen, bei dem ein junger Mann, 27 Jahre alt, auf dem Laufband im Fitnessstudio einen Herz-Kreislauf-Stillstand erlitten hatte. Glücklicherweise waren Medizinstudierende vor Ort, die sofort eine Herzdruckmassage einleiteten und dabei auch einen Defibrillator einsetzten. Als wir eintrafen schlug das Herz des Patienten wieder und er war in einem den Umständen entsprechend guten Zustand. Leider erleben wir ein so couragiertes Eingreifen von Passanten noch zu selten – dabei sind die Handgriffe der Laienreanimation leicht zu erlernen und können im Ernstfall über Leben und Tod entscheiden. Ich würde mir wünschen, dass deutlich mehr Menschen Reanimationsmaßnahmen erlernen, um im Notfall handlungsfähig zu sein. : Wie gehen Sie mit besonders dramatischen Einsätzen um? Pitsch: Wenn etwas wirklich Erschütterndes passiert ist, wie zum Beispiel nach einem schweren Autounfall, bieten uns die Mitarbeiter der Psychosozialen Unterstützung der Feuer-­ wehr Hilfe an. Die Hilfsangebote reichen von Betreuung während des Einsatzes bis hin zu Einzel- und Gruppengesprächen nach dem Einsatz. Ich habe bislang das Gefühl gehabt, keine Hilfe von außen zu benötigen. Aber ich bin ja noch neu im Beruf und weiß, dass sich Erlebnisse auch aufstauen können. : Gibt es auch etwas, das Ihnen am Rettungsdienst nicht gefällt? Pitsch: Aktuell empfinde ich die steigenden Einsatzzahlen und die Anspruchshaltung in der Bevölkerung als zunehmend belastend. Häufig fahren wir mit Blaulicht zu Einsätzen, bei denen ein Rettungsfahrzeug nicht zwingend erforderlich gewesen wäre. So wählen manche Patienten beispielsweise wegen einer Erkältung den Notruf. Dabei mache ich den Patienten keinerlei Vorwürfe: sie sind besorgt um ihre Gesundheit, aber kennen keine geeignete Anlaufstelle für ihre Beschwerden. Trotzdem sollte insbesondere der Notruf nicht leichtfertig gewählt werden. Das Interview führte Marc Strohm anfällen und Herzinfarkten – auch Motorradunfälle im Sommer sowie Stürze bei Eis im Winter gehören zum Geschehen. Auch Reanimationen gehören zum notärztlichen Alltag. Was mir auch nach Jahren im Rettungsdienst besonders nahe geht, sind Notfälle bei Kindern: das ist nicht nur emotional herausfordernd, sondern auch medizinisch, Ich würde mir wünschen, dass deutlich mehr Menschen Reanimationsmaßnahmen erlernen, um im Notfall handlungsfähig zu sein.

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