Rheinisches Ärzteblatt 9/2023

Kommunikation als ärztliche Kernkompetenz September 2023 Heft 9 / 31.8.2023 77. Jahrgang Körperschaft des öffentlichen Rechts Körperschaft des öffentlichen Rechts Sanitätsdienst der Bundeswehr Ärzteteam muss breites fachliches Spektrum abdecken Nordrheinische Ärzteversorgung Weiterhin ein vorteilhaftes Leistungsangebot Aus der Arbeit der Gutachterkommission Fehler bei Eingriffen an der Wirbelsäule

Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein Melissa Camara Romero / Steffen Veen, Vorsitzende des Ausschusses „Junge Ärztinnen und Ärzte, ärztliche Arbeitsbedingungen“ Prof. Dr. med. Hansjörg Heep, Vorsitzender des Ausschusses „Ärztliche Weiterbildung“ Begrüßung der neuen Kammermitglieder Ärztliches Gelöbnis Von jungen ÄrztInnen für junge ÄrztInnen Qualitätssicherung durch die Evaluation der Weiterbildung Ankommen • Get together • Informationsbörse Mittagssnack • Get together • Informationsbörse Get together • Informationsbörse Begrüßung neuer Kammermitglieder und Beratungstag für junge Ärztinnen und Ärzte Samstag, 16. September 2023, 10:00 – 14:00 Uhr im Haus der Ärzteschaft in Düsseldorf Unter dem Motto „Kammer meets junge Mitglieder“ wird die Ärztekammer Nordrhein Ihnen an diesem Tag wieder einen umfassenden Überblick zum Thema Berufsstart und Start in die Weiterbildung geben. Gleichzeitig möchten wir bei dieser Gelegenheit auch die neuen Kammermitglieder persönlich vor Ort begrüßen. Neben einer Auswahl von unterschiedlichen thematischen Workshops haben Sie im Rahmen der Informa- tionsbörse die Möglichkeit, sich über Berufsstart und ehrenamtliches Engagement zu informieren. Kammer meets junge Mitglieder live vor Ort 9:30 Uhr 10:00 Uhr 11:00 –12:00 Uhr 12:00 – 12:30 Uhr 12:30 –13:30 Uhr 13:30–ca. 14:00 Uhr Workshops (Session 1) Workshops (Session 2) Präsenz-Workshop Weiterbildung und e-Logbuch Vortrag & Fragerunde Präsenz-Workshop Arbeitsrecht für junge Ärztinnen und Ärzte Vortrag & Fragerunde Online-Workshop Rechtlicher Rat rund um die ärztliche Tätigkeit Vortrag & Fragerunde Präsenz-Workshop Rechtlicher Rat rund um die ärztliche Tätigkeit Vortrag & Fragerunde Präsenz-Workshop Ärztegesundheit & Resilienz Balint-Schnupperkurs (Limitierte Teilnehmendenzahl) Online-Workshop Weiterbildung und e-Logbuch Vortrag & Fragerunde Online-Workshop Arbeitsrecht für junge Ärztinnen und Ärzte Vortrag & Fragerunde Bei Interesse bitten wir um eine Online- Anmeldung bis zum 11.09.2023 unter: www.aekno.de/beratungstag2023. Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite und in der App. Anerkennung Die Auftaktveranstaltung ist als Fort- bildungsveranstaltung der Ärztekammer Nordrhein mit zwei CME-Punkten an- erkannt. Die Teilnahme ist kostenfrei. Fragen zur Veranstaltung Bei Fragen wenden Sie sich gerne an das Veranstaltungsmanagement unter veranstaltungen@aekno.de oder der Telefonnummer 0211 4302-2215/-2216. Weitere Informationen erhalten Sie auf unserer Homepage: www.aekno.de/beratungstag2023 • Informationsbörse • Individuelle Beratung • Workshops Arbeitsrecht für junge Ärztinnen und Ärzte Rechtlicher Rat rund um die ärztliche Tätigkeit Fragen rund um Ihre Mitgliedschaft Ärztegesundheit & Resilienz live vor Ort & digital live vor Ort & digital Weiterbildung & e-Logbuch

Rheinisches Ärzteblatt / Heft 9 / 2023 3 Heft 9 • September 2023 Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein Foto: Jochen Rolfes Kalter Strukturwandel ist inakzeptabel Im Ringen um eine Krankenhausreform haben sich Bund und Länder am 10. Juli auf Eckpunkte geeinigt. Die Gewährleistung von Versorgungssicherheit (Daseinsvorsorge), die Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität und die Entbürokratisierung wurden als zentrale Ziele definiert. Über den Sommer soll auf Grundlage der vereinbarten Punkte ein Gesetzentwurf erarbeitet und ins parlamentarische Verfahren eingebracht werden. Forderungen der Länder nach einer Finanzspritze des Bundes für die Kliniken noch vor der Reform fanden bei den Gesprächen im Juli leider kein Gehör. Bundesgesundheitsminister Lauterbach sagte auch mit Blick auf die Haushaltslage Bund, eine Finanzspritze werde geprüft, fügte aber direkt hinzu: „Ich kann da keine Hoffnungen machen.“ Bis die Reform wirke, würden leider noch Kliniken in die Insolvenz gehen. Das liege aber daran, dass die Reform nicht schon früher gemacht worden sei. Sprich, der Bundesgesundheitsminister nimmt ein unkontrolliertes Kliniksterben in Kauf und verschiebt die Verantwortung auf Vorgängerregierungen und die Auswirkungen auf die Länder und Kommunen, die im Zweifel für die Sicherstellung der Krankenhausversorgung geradestehen müssen. Übernahme von Verantwortung für Patientenversorgung und Beschäftigte im Gesundheitswesen sieht anders aus. Denn jede Krankenhausinsolvenz kann einen schwierigen regionalen Adhoc-Umbau der Patientenversorgung nach sich ziehen, da Notfallaufnahmen in vielen Regionen bereits heute schon an ihre Grenzen stoßen und auch die ambulante Versorgung Überlastung beklagt. Auch stehen hinter jeder Insolvenz Beschäftigte, für die sich Lebenspläne ändern, sich Brüche in Aus- und Weiterbildung ergeben und die im schlimmsten Fall der medizinischen Versorgung dadurch langfristig nicht mehr zur Verfügung stehen. Klar ist heute schon, dass die Krankenhausreform frühestens Anfang 2026, in vielen Bundesländern auch später, ihre Effekte entfalten wird. Denn Umbauprozesse wie Fusionen, Konzentrationen, die Neubauten erfordern, Spezialisierung in den Häusern und auch der Umzug von Beschäftigten lassen sich nicht über Nacht und auch nicht ohne finanzielle Mittel bewerkstelligen. Bis dahin müssen die Kliniken, gerade die, die in die Notfallversorgung eingebunden sind, finanziell stabilisiert werden. Laut Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW sind im Jahr 2023 (bis Stand 10.8.2023) in NRW bislang sieben Klinikinsolvenzen zu verzeichnen. Zum Vergleich: Im Jahr 2022 gab es bundesweit lediglich zehn Insolvenzen. Weitere Insolvenzen sind zu befürchten, da den Kliniken bis heute weder für die anhaltende Inflation noch für die beschlossene Tariferhöhung ab 2024 von gut zehn Prozent eine ausreichende Kompensation zur Verfügung steht, so die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen e.V.. Zurecht fordert sie, dass die Bundesregierung dafür sorgen muss, dass die Krankenhäuser ihren Beschäftigten die verdienten Tarifsteigerungen zahlen können müssen, ohne dabei selbst in Liquidationsprobleme zu kommen. Herr Lauterbach betont gerne, dass wir eine Überversorgung haben. Vielleicht nimmt er die sich andeutenden Insolvenzen daher billigend in Kauf. Er verkennt aber, dass wir gleichzeitig in manchen Bereichen (z.B. Kinderintensivstationen) und ländlichen Regionen auch eine klare Unterversorgung haben, die auch durch ambulante Strukturen nicht aufzufangen ist. Eine ungeordnete Strukturbereinigung im Kliniksektor kann daher regional die Versorgungssicherheit für Patienten gefährden und muss verhindert werden. Die Krankenhausversorgung muss so lange stabil gehalten werden, bis die anstehende Reform, die wir in ihrer Zielsetzung ausdrücklich begrüßen, ihre Wirkung entfaltet.

Videokonferenz am xx, xx , von xx:00 –xx:00 Uhr Videokonferenz: Titel Va Online Die Veranstaltungen sind kostenfrei. Anmeldung erforderlich über unsere Homepage www.iqn.de/Fortbildungen des IQN Bei Interesse senden wir Ihnen gerne unseren Newsletter: iqn@aekno.de IQN Institut für Qualität im Gesundheitswesen Nordrhein Einrichtung einer Körperschaft öffentlichen Rechts Tersteegenstraße 9, 40474 Düsseldorf Tel.: 0211 4302-2752 oder -2751 iqn@aekno.de Internet www.iqn.de Anmeldung und Information Programmänderung möglich! Begrüßung Dr. med. Martina Levartz, MPH, Geschäftsführerin des IQN Einführung und Moderation Dr. med. Manuel Streuter, Chefarzt der Klinik für Pneumologie am Lungenzentrum, Helios Klinikum Krefeld Differenzialdiagnose bei chronischer Dyspnoe – Ursachen, Symptome, Schweregrade der COPD Dr. med. Johannes Uerscheln, Niedergelassener Internist und Pneumologe, Neuss Therapiemöglichkeiten, Therapiesteuerung und Patientenführung Dr. med. Manuel Streuter Psychische Komorbiditäten bei COPD: Folgen für Lebensqualität, Krankheitsverhalten und Behandlungsadhärenz Prof. Dr. Nikola Stenzel, Ambulanzleitung Psychotherapeutische Hochschulambulanz, Hannover Anerkannt mit 3 Fortbildungspunkten Im Fokus: COPD Mittwoch, 13. September 2023,15:30 –17:45 Uhr, Live Online-Seminar Einsatz von Antibiotika im Praxisalltag – ein Update Mittwoch, 18. Oktober 2023, 15:30 –17:45 Uhr, Live Online-Seminar Begrüßung Dr. med. Martina Levartz, MPH, Geschäftsführerin des IQN Einführung und Moderation Dr. rer. nat. Holger Neye, Apotheker, Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein, Düsseldorf Antibiotikaverordnungen in der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein Dr. rer. nat. Holger Neye Antimicrobial stewardship – „Choosing Wisely“ in 2023 Prof. Dr. med. Dipl. chem. Norma Jung, Oberärztin, Klinik I für Innere Medizin; Leiterin Stabsstelle ABS, Leiterin infektiologischer Konsilservice, Universitätsklinikum Köln Akute obere Atemwegsinfekte – Ist eine Antibiose ratsam? Dr. med. Shabnam Fahimi-Weber, Niedergelassen in HNO-Praxis, Essen Antibiotische Therapie sexuell übertragbarer Infektionen (STIs) Dr. med. Harm-Henning Lindhof, Leiter der andrologischen Ambulanz und des Hauttumorzentrums, Universitätsklinikum Düsseldorf Fallvorstellung aus der Gutachterkommission: Behandlungsfehlervorwürfe bei Antibiotikagabe PD Dr. med. Beate Appenrodt, Chefärztin der Medizinischen Klinik, St. Elisabeth Krankenhaus, Köln Stellv. Geschäftsführendes Mitglied der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein Anerkannt mit 3 Fortbildungspunkten Begrüßung Dr. med. Sabine Mewes, Stellv. Geschäftsführerin des IQN Einführung und Moderation Dr. med. Matthias Schlochtermeier, Praxis für Allgemeinmedizin, Hürth Kausaltherapie des Diabetischen Fußes – mehr als eine Wunde am Fuß Dr. med. Dirk Hochlenert, Internistische, diabetologische Praxis, Köln Gefäß- und Wundtherapie – wer, was, wann, warum? Dr. med. Sven Gregor, Gefäßmedizinische Schwerpunktpraxis, Düsseldorf Wundversorgung an der Grenze zur Delegation Dr. med. Oliver Funken, 1. Vorsitzender des Hausärzteverbandes Nordrhein, Vorstandsmitglied der Ärztekammer Nordrhein, Niedergelassen in Rheinbach Verordnung von Verbandstoffen in der GKV – Einzelrezept, Sprechstundenbedarf oder gar nichts? Dr. rer. nat. Holger Neye, Apotheker, Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein, Düsseldorf Abrechnung von Leistungen bei der Versorgung chronischer Wunden Tanja Prange, Referentin der Abrechnungsbearbeitung, Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein, Düsseldorf Anerkannt mit 3 Fortbildungspunkten Versorgung chronischer Wunden Mittwoch, 27. September 2023,15:30 – 17:45 Uhr, Live Online-Seminar

Rheinisches Ärzteblatt / Heft 9 / 2023 5 Kommunikation als ärztliche Kernkompetenz Sanitätsdienst der Bundeswehr Ärztinnen und Ärzte des Sanitätsdienstes decken während eines Auslandseinsatzes ein breites fachliches Spektrum kompetent ab. Das chirurgische Team muss in der Lage sein, alle lebensrettenden Notfallmaßnahmen durchführen zu können. Votum des Bundestages zur Suizidprävention Wie sollen die Schwerpunkte des vom Bundestag geforderten Suizidpräventionsgesetzes aussehen. Die Leiterin des Nationalen Suizidpräventionsprogramms für Deutschland im Gespräch mit dem Rheinischen Ärzteblatt Meinung Krankenhausreform: Kalter Strukturwandel ist inakzeptabel Seite 3 Magazin Seiten 6 bis 10 Betriebsärzte geben Tipps zum Schutz vor Hitze bei der Arbeit · Vor 50 Jahren · Weiterbildung: Termine für die Facharztprüfung 2024 · Digital-Gesetz: Digitalisierung darf kein Selbstzweck sein · Ethik-Kommission der Ärztekammer Nordrhein mit neuem Layout im Internet · Zahl der Auszubildenden in der Pflege ist rückläufig · Neue Funktionen beim eLogbuch in der Weiterbildung · Leserbrief · Studium und Berufseinstieg · Medizinstudierende protestieren für ein faires Praktisches Jahr Thema Kommunikation als ärztliche Kernkompetenz Seite 12 Spezial „Wir sind der sichere Hafen“ – Sanitätsdienst der Bundeswehr Seite 14 Gesundheits- und Sozialpolitik Interview: Suizidprävention darf kein Flickenteppich bleiben Seite 17 Praxis Nordrheinische Ärzteversorgung – auch weiterhin die bessere Wahl Seite 18 Wissenschaft und Fortbildung Fehler bei Eingriffen an der Wirbelsäule bei degenerativen Erkrankungen – Folge 139 der Reihe „Aus der Arbeit der Gutachterkommission“ Seite 19 Fortbildungsveranstaltungen der Ärztlichen Akademie für medizinische Fort- und Weiterbildung in Nordrhein Seite 23 Regional Seite 26 An Rhein und Ruhr Seite 29 Kulturspiegel Das Musical „Moulin Rouge“ im Musical Dome in Köln Seite 30 Amtliche Bekanntmachungen Seite 32 Amtliche Bekanntmachungen der Ärztekammer Nordrhein auf www.aekno.de Amtliche Bekanntmachungen der KV Nordrhein auf www.kvno.de Impressum Seite 32 Mein Beruf „Was ist schon spannender als der menschliche Körper?“ Seite 43 Titelgestaltung: Eberhard Wolf Foto: Kateryna Kovarzh/istockphoto.com Heft 9 • September 2023 Gute Kommunikation ist Ärztinnen und Ärzten nicht in die Wiege gelegt, aber sie ist lernbar – in Aus- und Weiterbildung. Dies zeigte ein von der Ärztekammer Nordrhein veranstaltetes Symposium.

Magazin 6 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 9 / 2023 Hitzeschutz Betriebsärzte geben Tipps bei Hitze Um die Gesundheit der Mitarbeitenden an heißen Tagen zu schützen, gibt der Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW) Tipps, wie die Arbeitsbedingungen bei hohen Temperaturen verbessert werden können. Der Verband empfiehlt, mindestens zwei bis drei Liter an heißen Tagen zu trinken. Besonders empfohlen seien Getränke wie Wasser oder Früchtetees. Auf süße Getränke oder Kaffee sollte verzichtet werden. Statt fettigem und schwerem Essen raten die Arbeitsmediziner zu leichter Kost wie Salaten, Gemüse und Joghurt. Bei der Wahl der Kleidung sollte auf eine leichte und luftige Garderobe aus Baumwolle oder Leinen geachtet werden, um die Hitze besser zu ertragen. Die Raumtemperatur in Büros sollte dem Verband zufolge nicht höher sein als 26 Grad Celsius. Daher sollte morgens stoßgelüftet werden. Tagsüber sollten Fenster geschlossen bleiben oder mit Jalousien abgedunkelt werden. Unternehmen mit einer Gleitzeitregelung empfiehlt der Verband, die Arbeitszeit vorzuverlegen und neben regulären Pausen auch zusätzliche kleine Pausen einzulegen. Für Arbeiten im Freien raten die Betriebsärzte zum Tragen einer Kopfbedeckung. Bei übermäßiger Sonneneinstrahlung seien Haut und Augen zu schützen und auf Baustellen Sonnenschutzmaßnahmen vorzunehmen. Arbeitgeber könnten auch anbieten, die Arbeitszeit und -intensität zu reduzieren oder die Mittagspause zu verlängern. MST Freie Arztwahl Aus „Du und die Welt“ wird „medizin heute“ Das Bündnis „Aktion Freiheit für Arzt und Patient“ veröffentlichte in der ersten September-Ausgabe 1973 des Rheinischen Ärzteblattes (RÄ) einen Aufruf, die im Deutschen ÄrzteVerlag herausgegebene Wartezimmerzeitschrift medizin heute – Das Gesundheitsmagazin zu abonnieren. „Helfen Sie mit, ‚medizin heute‘ rasch zu einem nicht mehr überhörbaren und wirksamen Sprachrohr für die Erhaltung und Weiterentwicklung eines freiheitlichen Gesundheitswesens in allen seinen Zweigen zu machen!“, forderte das Führungsgremium der „Aktion“ alle niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärzte auf. Dem Bündnis gehörten vor 50 Jahren 23 ärztliche und zahnärztliche Standesorganisationen an. Über „zehntausend Förderungsbeiträge von Ihnen und namhafte Zuwendungen der ärztlichen und zahnärztlichen Spitzenorganisationen“ legten den finanziellen Grundstock, um die bestehende Wartezimmerzeitschrift Du und die Welt um- sowie auszubauen und unter dem Titel medizin heute monatlich zu veröffentlichen. Ziel war es, „die Meinung der Ärzteschaft in der Öffentlichkeit unmittelbar und unverfälscht zu Gehör zu bringen“. Der Zusammenschluss der Verbände hatte die Wahrung der vertrauensvollen Arzt-PatientenBeziehung und die freie Arztwahl im Blick: „Einflußreiche Interessengruppen versuchen seit etwa zwei Jahren, unserer Bevölkerung vorzumachen, das Gesundheitswesen unseres Landes, besonders aber die Versorgung durch Ärzte und Zahnärzte, sei rückständig und leistungsschwach.“ Mit medizin heute beabsichtigte das Aktionsbündnis, sich der „Agitation“ bestimmter politischer Gruppen durch „ständige, sachgerechte Aufklärung der Bevölkerung“ entgegenzustellen. medizin heute wurde im Laufe der Jahre auf einen zweiwöchigen Erscheinungsrhythmus umgestellt. Die letzte Ausgabe erschien Ende 2005. bre Bei hohen Temperaturen am Arbeitsplatz sollten mindestens zwei bis drei Liter getrunken werden, empfehlen Betriebsärzte. Foto: GlobalStock/ istockphoto.com Bündnis gegen Depression Erweiterte Gruppenangebote Das Bündnis „Duisburg gegen Depression“ bietet für Betroffene ein erweitertes Gruppenangebot an. Die „Erfahrungsgruppe für Menschen mit Depressionen“ richte sich dem Bündnis zufolge an Patientinnen und Patienten, die auf einen Therapieplatz warten oder nach erfolgter Behandlung eine Nachbetreuung benötigen. Daneben biete das Duisburger Bündnis gegen Depression weitere Gruppenangebote an. Die Teilnahme an den Gruppen ist kostenfrei. www.duisburggegen-depression.de. MST Krankenhäuser Reform weckt Existenzsorgen Knapp 70 Prozent der Kliniken sehen sich durch die geplante Krankenhausreform in ihrer Existenz bedroht. Dies ergab eine Umfrage der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Die Kliniken zweifeln daran, dass die Reform in wesentlichen Bereichen Verbesserungen bringen wird. Lediglich elf Prozent der befragten Häuser erwarten, dass sie durch die Reform mehr Personal gewinnen können. Gleichzeitig vermerkt eine Mehrheit positiv, dass die Fallpauschalen durch Vorhaltepauschalen ergänzt werden sollen. An das Versprechen, dass die Reform zu einem Bürokratieabbau führen werde, glauben lediglich neun Prozent der Befragten. 44 Prozent rechnen mit Schließungen von Fachabteilungen. An der Befragung beteiligten sich knapp 450 Allgemeinkrankenhäuser. www.dkgev.de. bre

Magazin Rheinisches Ärzteblatt / Heft 9 / 2023 7 Facharztprüfungen Anmeldeschluss und Termine Der nächste zu erreichende Prüfungszeitraum zur Anerkennung von Facharztkompetenzen, Schwerpunktbezeichnungen und Zusatz-Weiterbildungen bei der Ärztekammer Nordrhein ist vom 4. Dezember bis 22. Dezember 2023. Anmeldeschluss: Freitag, 13. Oktober 2023 www.aekno.de/Weiter bildung/Pruefungen ÄkNo Lösungen zur Kasuistik 77 Progrediente Schwäche der Beine nach Chemo- und Strahlentherapie Richtige Antworten: 1e, 2e, 3b, 4c, 5a, 6c, 7a, 8e, 9b, 10e Folge 78 der Reihe erscheint in der Oktober-Ausgabe 2023 des Rheinischen Ärzteblattes und im Internet unter www.aekno.de/cme. bre Kommentierung Leitlinie „Chronische Herzinsuffizienz“ Die vierte Version der Nationalen Versorgungsleitlinie „Chronische Herzinsuffizienz“ kann öffentlich begutachtet und kommentiert werden, wie das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) kürzlich mitteilte. Vor allem das Kapitel „Medikamentöse Therapie“ der Leitlinie wurde in der aktuellen Version komplett überarbeitet. Die Kommentierung der neuen Empfehlungen ist bis Freitag, 8. September 2023 möglich. Leitlinie und Kommentierungsbogen finden sich unter www.leitlinien.de/ themen/herzinsuffizienz. bre Lebenserwartung gesunken Die durchschnittliche Lebenserwartung in Nordrhein-Westfalen ist für neugeborene Jungen und Mädchen jeweils um knapp drei Monate gesunken. Nach Angaben des Statistischen Landesamts NRW liegt die durchschnittliche Lebenserwartung für Mädchen aktuell bei 82 Jahren und acht Monaten. Die mittlere Lebenszeit neugeborener Jungen beträgt 78 Jahre und einen Monat. Die Daten zur aktuellen Lebenserwartung beruhen laut Statistischem Landesamt NRW auf der aktuellen Sterbetafel NRW 2020/2022. MST Kurz gemeldet Raucheranteil weiterhin rückläufig Der Anteil der Raucherinnen und Raucher in NordrheinWestfalen ist im Jahr 2021 bei den über 15-Jährigen auf unter ein Fünftel gesunken. Wie das Statistische Landesamt NRW mitteilte, hat der Raucheranteil im Jahr 2021 bei 18,6 Prozent gelegen; 14,3 Prozent rauchten regelmäßig, weitere 4,3 Prozent griffen gelegentlich zu Rauchprodukten. Somit ist die Zahl der Raucher rückläufig: 2017 habe der Raucheranteil bei 22,6 Prozent gelegen. MST Geburtenzahl abnehmend Die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau in NRW war im Jahr 2022 erstmals seit 2014 wieder niedriger als 1,5. Dem Statistischen Landesamt NRW zufolge haben nordrhein-westfälische Frauen im Alter von 15 bis 49 Jahren durchschnittlich 1,49 Kinder zur Welt gebracht. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 164.496 Kinder in NordrheinWestfalen geboren. Dies waren 6,2 Prozent weniger als im Jahr 2021. Vor zwei Jahren habe die durchschnittliche Kinderzahl bei 1,6 pro Frau gelegen. MST Weiterbildung im Jahr 2024 So klappt es mit der Facharztprüfung Auch im Jahr 2024 finden die Facharzt-, Schwerpunkt- und Zusatz-Weiterbildungsprüfungen alle zwei Monate statt. Die Weiterbildung muss grundsätzlich am Anmeldeschlusstermin vollständig abgeschlossen sein, um den nächsten Prüfungszeitraum zu erreichen. Neben dem Antragsformular müssen Kopien der Weiterbildungszeugnisse und die Dokumentation im elektronischen Logbuch (eLogbuch) sowie Kopien der Teilnahmebescheinigungen von geforderten Weiterbildungskursen eingereicht werden. Der Erwerb der Schwerpunkt- und ZusatzWeiterbildungen ist nur noch nach der Weiterbildungsordnung 2020 möglich. Für Facharztbezeichnungen nach alter Weiterbildungsordnung (WBO bis 30. Juni 2020) laufen die Übergangsbestimmungen am 30. Juni 2027 aus. Prüflinge erhalten spätestens 14 Tage vor dem Prüfungstermin eine persönliche Ladung, aus der der Tag, die genaue Uhrzeit und weitere Formalien hervorgehen. Absagen, die nach der Zustellung der Ladung erfolgen, müssen individuell begründet werden. Die Entscheidung, ob die Begründung ausreichend ist (zum Beispiel ein ärztliches Attest) trifft der Prüfungsausschuss. Hält dieser die Begründung für nicht ausreichend, gilt die Prüfung als nicht bestanden. Wird sie akzeptiert, gilt die Prüfung als nicht durchgeführt. Die Ärztekammer Nordrhein stellt auf ihrer Homepage viele hilfreiche Informationen rund um die Weiterbildung und die Zulassungsvoraussetzungen zur Prüfung zur Verfügung. Ein Katalog mit Antworten zu den häufigsten Fragen findet sich ebenfalls unter www.aekno.de/aerzte/weiterbildung. bre Prüfungstermine 2024 26.02.24 – 01.03.24 Anmeldeschluss: Mittwoch, 10.01.24 22.04.24 – 26.04.24 Anmeldeschluss: Mittwoch, 06.03.24 01.07.24 – 05.07.24 Anmeldeschluss: Mittwoch, 08.05.24 02.09.24 – 06.09.24 Anmeldeschluss: Mittwoch, 17.07.24 28.10.24 – 04.11.24 Anmeldeschluss: Mittwoch, 11.09.24 09.12.24 – 13.12.24 Anmeldeschluss: Mittwoch, 23.10.24 Foto: istockphoto.com

Magazin 8 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 9 / 2023 Breite 57mm aekno 12pt Breite 39mm aekno 12pt Stellungnahmen zum geplanten Digital-Gesetz Digitalisierung darf kein Selbstzweck sein Wenn durch die Digitalisierung Arbeitsabläufe vereinfacht und Prozesse optimiert werden könnten, bliebe mehr Zeit für die individuelle Behandlung und Betreuung der Patientinnen und Patienten. Dieses Potenzial müsse ausgeschöpft werden, sagte die 1. Vorsitzende des Marburger Bundes (MB) Dr. Susanne Johna mit Blick auf den Referentenentwurf des geplanten Gesetzes zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz). „Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern muss der Verbesserung der Gesundheitsversorgung dienen“. Sie forderte, dass diejenigen in die Entwicklung der Prozesse eingebunden werden, die in den Praxen und Krankenhäusern mit den Anwendungen arbeiten und nicht selten darunter leiden würden. Grundsätzlich begrüße der MB die geplanten Verbesserungen bei der elektronischen Patientenakte (ePA), dem elektronischen Rezept, den Videosprechstunden und Telekonsilien sowie der Cybersicherheit. Gleichzeitig warnt die Ärztegewerkschaft in ihrer Stellungnahme vor dem Mehraufwand, der in Arztpraxen und Klinken entstehen werde. Der MB befürchtet zum Beispiel durch die Erstbefüllung der ePA und die regelmäßige Übertragung der Behandlungsdaten einen hohen zusätzlichen zeitlichen Aufwand für Vertrags- und Krankenhausärzte. Dieser Aufwand könne durch das vorhandene Personal nicht erledigt werden. Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin betonte in ihrer Stellungnahme zu dem Gesetz, dass die Erstbefüllung der ePA durch Ärztinnen und Ärzte erfolgen müsse, die umfassend mit der Krankengeschichte der jeweiligen Patientinnen und Patienten vertraut seien. Nur so lasse sich gewährleisten, dass die Akte alle versorgungsrelevanten Informationen enthalte. bre Ethik-Kommission Übersichtlich – kompakt – aktuell sionen die Prüfung eines Forschungsvorhabens übernehmen. Zu jedem Studien- oder Prüfungsbereich wie zum Beispiel Studien nach Clinical Trials Regulation oder nach dem Strahlenschutzgesetz finden sich Hinweise zur Antragstellung, zu den einzureichenden Unterlagen und den Gebühren des Verfahrens. Links zu Check- und Hinweislisten, unter anderem zu denen des Arbeitskreises Medizinischer EthikKommissionen, helfen bei der Vorbereitung der Antragstellung. Fragen und Anregungen sowie Kritik und Lob zum Internetangebot der Ärztekammer Nordrhein senden Sie bitte an die E-Mail-­ Adresse onlineredaktion@aekno.de. bre Die Internetseiten der Ethik-Kommission auf der Homepage der Ärztekammer Nordrhein (www.aekno.de) präsentieren sich in einem neuen Layout. Auch inhaltlich wurden die Seiten komplett überarbeitet, gestrafft und auf den neuesten Stand gebracht. Die Seiten der Ethik-Kommission finden sich auf der Kammer-­ Homepage in der Rubrik „Ärztekammer“ oder direkt über www.aekno.de/ethik- kommission. In einem aufklappbaren Menü sind aktuelle Mitteilungen und organisatorische Hinweis für Antragsteller zusammengefasst. Die Ethik-Kommission informiert über ihre Arbeit und darüber, bei welchen Studien sie zuständig ist und in welchen Fällen universitäre Ethik-KommisFoto: Generative AI/stock.adobe.com Pflege Weniger Auszubildende In Nordrhein-Westfalen ging im Jahr 2022 die Zahl der Auszubildenden zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann im Vergleich zum Vorjahr um neun Prozent zurück. Im gesamten Bundesgebiet sank die Zahl um sieben Prozent auf rund 52.100 Auszubildende. Das teilte der Sozialverband VdK Nordrhein-Westfalen kürzlich mit. Gleichzeitig werde der Bedarf an Pflegekräften in den kommenden Jahren deutlich steigen. Nach einer Modellrechnung des Statistischen Landesamtes werden in NRW in 30 Jahren schätzungsweise 1,6 Millionen Menschen leben, die pflegebedürftig sind, derzeit leben in NRW 1,19 Millionen Pflegebedürftige. „Damit sind die politischen Bestrebungen und Beteuerungen der Politik, die Attraktivität des Pflegeberufes und die Zahl der Auszubildenden zu steigern, erneut ins Leere gelaufen“, sagte der Landesvorsitzende des VdK NRW, Horst Vöge. bre Schlaganfall Neuer Ratgeber Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe hat den Ratgeber „Wieder zu Hause“ neu aufgelegt. Die 32-seitige Broschüre enthält nützliche Tipps für Schlaganfallpatientinnen und -patienten sowie für deren Angehörige. Beispielsweise wird die Versorgung mit Hilfsmitteln, Therapien und Medikamenten nach dem Krankenhausaufenthalt thematisiert. Die Broschüre kann kostenlos bestellt werden unter www.schlaganfall-hilfe.de/ shop, Tel.: 05241 977 00 und steht dort als PDF-Dokument zur Verfügung. bre

Magazin Rheinisches Ärzteblatt / Heft 9 / 2023 9 Zu „Wenn das Selbstbild krank macht“ in Heft 7/2023 erreichte uns folgender Leserbrief: Die Bundesärztekammer hat kürzlich neue Funktionen in das elektronische Logbuch (eLogbuch) integriert, die zu mehr Übersicht und Klarheit bei der Handhabung führen sollen. Die Anpassungen betreffen sowohl die Bedienung durch Weiterbildungsassistenten (WBA) als auch durch Weiterbildungsbefugte (WBB). Unter anderem sind auf der Übersichtsseite die Weiterbildungszeiten der einzelnen Logbücher nicht mehr zu sehen, was zur besseren Übersichtlichkeit beiträgt. Vereinfacht hat sich auch das Protokollieren der Aushändigung des Weiterbildungsplans innerhalb eines Weiterbildungsabschnitts. Dies kann der WBA nun mit einem einfachen Klick erledigen. Für weitere Klarheit sorgt zukünftig, dass das eLogbuch nur noch an eine Person freigegeben sein kann. Aktuell bestehende Mehrfachfreigaben bleiben selbstverständlich bestehen. Auch ist es nun möglich, Filter zu setzen, die der Übersichtlichkeit dienen. Beispielsweise kann sich der WBB speziell die Kompetenzen anzeigen lassen, die er bestätigen soll. Der WBA kann selektieren, ob lediglich die bereits erfüllten oder die nicht erfüllten Kompetenzen angezeigt werden. Ebenfalls hilfreich: Sollten Richtzahlen nicht zu hundert Prozent erfüllt sein, aber es sind zwei Haken zur Bestätigung bei den Kompetenzen gesetzt, erscheint eine gelbe Randmarkierung. Ein weiterer Service ist, dass über die Benutzereinstellungen jetzt festgelegt werden kann, ob man per E-Mail bei Freigaben oder Rückgaben benachrichtigt werden möchte. Die Neuerungen sind in den Kurzanleitungen zum eLogbuch auf der Homepage der Ärztekammer Nordrhein aufgenommen unter www.aekno.de/elogbuch. bre Auch bei jungen Erwachsenen mit Essstörungen ist es, wie in dem Beitrag beschrieben, durch die Pandemie zu einer Zunahme oder Verschlimmerung bereits bestehender Essstörungen gekommen. Im Erwachsenenbereich müssen sich die Betroffenen selbst bei Bedarf einen Klinikplatz in einer psychosomatischen Einrichtung suchen. Manchmal nehmen sie in bis zu zehn verschiedenen Kliniken Vorgespräche wahr, was dort jeweils zu langen Wartezeiten auf ein Vorgespräch führt. Auch die Wartelisten, auf die die Patientinnen und Patienten danach gegebenenfalls kommen, werden durch die Mehrfachanmeldungen sehr lang, was chronischen Verläufen Vorschub geben kann. Häufig vergessen die Betroffenen bei einer Zusage zur Aufnahme in einer Einrichtung, den anderen Kliniken abzusagen. Wir erleben es gelegentlich, dass Patienten sich mehrere Möglichkeiten offenhalten und erst einmal in die Klinik gehen, die den frühesten Aufnahmetermin anbietet, um dann eventuell nochmal wechseln zu können. Die Möglichkeit der „offenen anderen Optionen“ verhindert manchmal den gerade zu Beginn einer Behandlung so wichtigen Beziehungsaufbau zum Behandlungsteam und bremst die Motivation zu Veränderungsschritten. Bei krankheitstypisch hohem Autonomiebedürfnis lehnen Betroffene manchmal Klinikempfehlungen der ambulanten Behandler ab, möchten selbst suchen und entscheiden. Das im Internet einsehbare Angebot vieler verschiedener Essstörungskliniken macht den Entscheidungsprozess für die verunsicherten und Hilfe suchenden Betroffenen nicht leicht. Prästationäre Angebote sind sicherlich eine gute Möglichkeit, die Wartezeit bis zur Aufnahme zum Beziehungsaufbau zu nutzen und können zu erfolgreicheren Behandlungsverläufen beitragen. Dr. Carmen Blaschke, Chefärztin der Klinik für Psychosomatik, Helios Marien Klink, Duisburg Marburger Bund Zahlen – Daten – Fakten Zwischen 2019 und 2022 nahm bei Klinikärztinnen und -ärzten die Teilzeitquote um fünf Prozent zu; im Durchschnitt leistete 2022 jeder angestellte Arzt 6,2 Überstunden pro Woche; 2021 waren 17 Prozent weniger Kliniken in öffentlicher Trägerschaft als 20 Jahre zuvor. Diese und weitere Daten hat der Marburger Bund (MB) in der statistischen Broschüre „Zahlen – Daten – Fakten“ zusammengetragen. Das Heft informiert unter anderem über die Arbeitssituation der angestellten Ärztinnen und Ärzte sowie über Anzahl, regionale Verteilung und Trägerschaft der Kliniken in Deutschland. Die Angaben stammen vom Statistischen Bundesamt sowie aus weiteren Quellen wie etwa den regelmäßigen Mitgliederbefragungen des MB. Weitere Abschnitte beleuchten die Ist-Situation im ambulanten Sektor und der Medizinstudierenden. Die aktuellsten Zahlen stammen aus dem Jahr 2022. Die Broschüre wird jährlich aktualisiert und ist als E-Paper abrufbar unter www. marburger-bund.de/epaper/ Zahlen-Daten-Fakten bre Ausfalltage Höherer Krankenstand Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in NRW, die bei der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) versichert sind, fehlten im ersten Halbjahr 2023 krankheitsbedingt rund 2,4 Millionen Tage. Im Vorjahreszeitraum waren es laut KKH 1,4 Millionen Tage. Der Krankenstand in NRW lag bei 6,5 Prozent. Im Vorjahreszeitraum waren es 5,8 Prozent. bre eLogbuch Neue Funktionalitäten für mehr Bedienungskomfort –

10 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 9 / 2023 Magazin – Studium und Berufseinstieg Aachen Praxisupdate für Hausärzte Das Aachener Institut für digitale Allgemeinmedizin, Sektion Lehre und Didaktik Allgemeinmedizin lädt zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft Aachener Hausärzte zum Fortbildungstag „Praxisupdate 2023 – Allgemeinmedizin“ ein. Auf dem Programm stehen unter anderem eine Retrospektive zu Covid-19 und dem aktuellen Stand sowie Updates zu Hämatologie, Schulterchirurgie und Pneumologie. Ein weiterer Vortrag trägt den Titel „Schrittmacher, CRT, ICD: Kardiale Devices im Alltag der Praxis“. Die gebührenfreie Fortbildung findet am Samstag, 23. September 2023 von 9 bis 13.45 Uhr im CT2-Center for Teaching und Training in Aachen statt. Die Anmeldung erfolgt über E-Mail imallems@ukaachen. de, Tel.: 0241 888 07181, Fax: 0241 8033880-93, Internet: www.ukaachen.de/ praxisupdate-2023- allgemeinmedizin. bre Statistik Weniger Studienanfänger Im Studienjahr 2022 haben sich 103.305 und damit 0,4 Prozent weniger Personen erstmals an Hochschulen in Nordrhein-Westfalen eingeschrieben als im Vorjahr. Dies teilte das Statistische Landesamt NRW mit. Die beliebtesten Fachrichtungen waren 2022 Wirtschaftswissenschaften, Informatik und Verwaltungswissenschaften. Auch die Gesamtzahl der Studierenden in NRW ging zurück. Hier betrug der Rückgang vom Wintersemester 2021/2022 auf 2022/2023 1,8 Prozent. bre Alter meiner Eltern, dessen suizidale Todesursache offensichtlich war. Und natürlich erlebt man auch in Klinik-Praktika Leid und Tod – mal friedlich, mal aber auch dramatisch und traurig. Die einen brauchen länger, um schwerwiegende Erlebnisse zu verarbeiten, andere stecken sie leichter weg. Wirklich vorbereiten kann man sich auf solche Grenzerfahrungen wohl nicht. In den letzten Jahren habe ich aber für mich gelernt, dass man sich an viele solche Situationen gewöhnt, wenn auch mein Respekt vor ihnen bestehen bleibt. Es hilft jedenfalls, dass wir als Studierende vieles gemeinsam erleben und reflektieren. Als Ärztinnen und Ärzte werden wir noch viele Grenzerfahrungen machen. Mit derartigen Situationen schon im Studium in Kontakt zu treten, hilft uns nicht nur, im Arbeitsleben auf vieles vorbereitet zu sein, sondern bedeutet für mich persönlich zusätzlich ein wertvolles Stück Lebenserfahrung – das des Öfteren auch einfach demütig und dankbar macht. Wie erlebt Ihr das Studium der Humanmedizin? Schreibt mir an medizinstudium@ aekno.de. Mehr als 3.500 Medizinstudentinnen und -studenten demonstrierten am nationalen Aktionstag für ein faires Praktisches Jahr (PJ) in ganz Deutschland, wie die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e.V. (bvmd) mitteilte. Die Studierenden machten mit dem Protest auf ihre Forderungen nach einer Mindestaufwandsentschädigung in Höhe des BAföGHöchstsatzes aufmerksam. Die Trennung von Kranken- und Fehltagen, die schnelle Einführung und Umsetzung nationaler Lehrstandards und ein zeitlicher Mindestabstand zwischen dem PJ-Ende und dem dritten Abschnitt der ärztlichen Prüfung für eine angemessene Vorbereitung sind weitere Verbesserungen, die die bvmd von der Politik fordert. Marburger Bund und Hartmannbund unterstützten den Aktionstag am 19. Juli. Auch die verfasste Ärzteschaft hat auf dem 127. Deutschen Ärztetag in Essen eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Medizinstudierenden im PJ gefordert. Mehr zur Aktion „faires PJ“ unter www.bvmd.de/fairespj. bre Im Medizinstudium macht man viele Erfahrungen, die erschreckend, überwältigend oder belastend sein können. Da ist zum Beispiel der Präparationskurs, vor dem die meisten von uns unfassbar nervös waren. Nie werde ich den ersten Blick in den Präparationssaal vergessen. Zunächst kostete es mich Überwindung, die Körperspender zu berühren und mit der Präparation zu beginnen. Doch der Präparationskurs war als zentraler Bestandteil der Anatomiekurse sehr lehrreich, und ich bin dankbar, dass es diese Möglichkeit gibt. Eine noch belastendere Erfahrung war für mich der Besuch in der Rechtsmedizin. Denn in der Prosektur waren die Toten im Vergleich zum Präparationssaal deutlich jünger: Dort lag zum Beispiel der Leichnam eines Mannes im Proteste Medizinstudierende gehen für ein faires Praktisches Jahr auf die Straße Carla Schikarski Foto: privat Mail aus Aachen Medizinstudierende demonstrierten Mitte Juli 2023 für faire Rahmenbedingungen im Praktischen Jahr. Foto: David-Luc Adelmann

Kooperationsberatung für Selbsthilfegruppen, Ärzte und Psychotherapeuten Die Corona-Pandemie wirkt nach: Einige der mit COVID-19-Infizierten leiden noch Monate später an Beschwerden wie Erschöpfung, Atemnot, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen. Auch wenn sich viele Symptome im Lauf der Zeit zurückbilden, stellen Long- und Post-COVID sowohl Patienten als auch das Versorgungssystem vor große Herausforderungen. Behandelt werden u. a. die Fragen: Wie stellt sich die aktuelle Versorgungslage dar? Wie ist der wissenschaftliche Erkenntnisstand? Auch die Erfahrungen der Betroffenen mit ihrer Erkrankung werden aufgegriffen. Themen: ¡ Long- und Post-COVID in Forschung und Praxis ¡ Herausforderungen aus Sicht der Patientenbeauftragten NRW ¡ Die Perspektive der Betroffenen ¡ Versorgung in der hausärztlichen Praxis ¡ Neuropsychiatrische Aspekte bei Long COVID-Befund ¡ Qualifizierungsmodul der KV Nordrhein für Moderatorinnen und Moderatoren Referenten: ¡ Moderation: Dr. med. Sibylle Steiner | Mitglied des Vorstands der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ¡ Dr. med. Frank Bergmann | Vorstand der KV Nordrhein ¡ Claudia Middendorf | Patientenbeauftragte des Landes NRW ¡ Nadine Rommerswinkel | Initiative Long COVID Deutschland (LCD) ¡ Prof. Dr. Clara Lehmann | Uniklinik Köln ¡ Dr. med. Matthias Schlochtermeier | Hausarzt ¡ Dr. med. Uwe Meier | Vorsitzender Berufsverband Deutscher Neurologen ¡ Dr. med. Hans-Helmut Brill | Tutor der KV Nordrhein Long COVID – eine Herausforderung im Versorgungssystem Mittwoch, 6. September 2023 | 15 – 17.30 Uhr Fortbildungsveranstaltung Zertifiziert mit 3 Punkten Weitere Informationen sowie die Online-Anmeldung finden Sie unter www.kvno.de/termine oder über den QR-Code. Bild: Zerbor | AdobeStock Die Veranstaltung findet sowohl in Präsenz als auch digital über einen Livestream statt.

Thema 12 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 9 / 2023 Der Aussage, dass eine gute Kommunikation zwischen Arzt/Ärztin und Patient/Patientin wesentlich zum medizinischen Behandlungserfolg beiträgt, wird wohl niemand mehr widersprechen. Kommunikation gelte deshalb heute als eine zentrale Kompetenz des Arztseins, betonte Dr. André Karger, Oberarzt am Klinischen Institut für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und Leiter des Bereichs Psychoonkologie am UniversitätsTumorzentrum, Universitätsklinikum Düsseldorf, der gemeinsam mit Professorin Dr. Susanne Schwalen, Geschäftsführende Ärztin der Ärztekammer Nordrhein, das Kammersymposium zu der Fragestellung „Wieviel Kommunikation steckt im medizinischen Alltag“ moderierte. Das Erlernen der für eine gute Kommunikation erforderlichen Fertigkeiten sei mittlerweile in der medizinischen Ausbildung bereits curricular gut eingebunden. Die Bewältigung schwieriger Gesprächskonstellationen, wie etwa das Überbringen schlechter Nachrichten, werde mittlerweile in vielen Studiengängen mit Simulationspersonen trainiert, kommunikative Kompetenzen würden im Zuge der Ausbildung überprüft, heißt es dazu in dem von der Ärztekammer Nordrhein herausgegebenen Leitfaden „Kommunikation im medizinischen Alltag“. Weniger verpflichtend ist laut Karger die Vermittlung kommunikativer Kompetenz in der Weiterbildung geregelt – ein Umstand, der noch von weiteren Referenten im Laufe der Veranstaltung angesprochen wurde, darunter auch vom Präsidenten der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke. „Ich wäre sehr dafür, dass man in den klinischen Fächern die Kommunikation in der Weiterbildung curricular verankert“, merkte er an, wies allerdings gleichzeitig darauf hin, dass hierzu in den zuständigen Gremien noch Diskussionsbedarf bestehe. Es möge Ärztinnen und Ärzte geben, die den Anforderungen von sich aus gerecht werden, so Henke, für die meisten Ärztinnen und Ärzte aber gelte, dass die Regeln der guten Kommunikation schlicht und einfach zu erlernen seien und dass dies systematisch in Aus-, Weiter- und Fortbildung praktiziert werden müsse. Zuhören und verständlich erklären Aus Sicht der Ärztekammer Nordrhein zähle eine gute Kommunikationsfähigkeit im Patientenkontakt zu den ärztlichen Kernkompetenzen; Patientinnen und Patienten wünschten sich zugewandte Ärzte, die aufmerksam zuhören und verständlich erklären, betonte Henke. „Diagnose- und Therapiefreiheit bedeutet heute, die Entscheidung während einer Behandlung ganz individuell im Dialog mit dem Patienten in einem ausbalancierten Verhältnis von empathischer Nähe und professioneller Distanz zu treffen.“ Nur wenn diese Kommunikation gelinge, entwickelten Patienten nachhaltig Vertrauen in ihren Arzt, und genau dieses Vertrauensverhältnis sei es, was die Patient-Arzt-­ Beziehung qualitativ hinaushebe über einen KundenDienstleister-Vertrag, erläuterte Henke. Kommunikation als ärztliche Kernkompetenz Das Interesse der Ärztinnen und Ärzte am Thema „Kommunikation im medizinischen Alltag“ ist groß – darauf lässt zumindest der nicht abreißende Strom an Bestellungen des dazu von der Ärztekammer Nordrhein herausgegebenen Leitfadens schließen. Was lag also näher, als sich nach Corona im ersten Kammersymposium, das wieder als Präsenzveranstaltung stattfand, mit diesem Thema zu befassen. Hierbei wurde auch deutlich: Gute Kommunikation ist Ärztinnen und Ärzten nicht in die Wiege gelegt, aber sie ist lernbar. von Thomas Gerst Foto: Kateryna Kovarzh/istockphoto.com

Thema Rheinisches Ärzteblatt / Heft 9 / 2023 13 stützung durch die Klinikleitung, da die für die Kommunikationsschulung vorzusehenden Unterrichtseinheiten kompensiert werden müssten. Beim Symposium verwies er auf eine Befragung urologischer Weiterbildungsassistenten, nach der gerade bei belastenden Situationen, etwa dem Überbringen schlechter Nachrichten oder dem Ansprechen von Tabuthemen, die eigene kommunikative Kompetenz als unzureichend wahrgenommen worden sei. Mit der kürzlich veröffentlichten KomMent-Studie sei gezeigt worden, dass die Integration eines 80 Unterrichtseinheiten umfassenden Kommunikationstrainings in die Weiterbildung an einer Klinik mit uroonkologischem Schwerpunkt erfolgreich durchführbar sei. Das Kommunikationstraining habe sechs Präsenzworkshops (50 Unterrichtseinheiten) und eine Teamsupervision (10 UE) umfasst. Für das individuelle arbeitsplatzbasierte Training (20 UE) habe es sechs definierte Settings gegeben: Visite, Übergabe, Befundmitteilung, Aufnahme- und Entlassgespräch sowie ein Wunschsetting. Von den teilnehmenden Ärzten sei das sehr positiv bewertet worden; auf die Gespräche mit Patienten und Angehörigen seien sie so besser vorbereitet gewesen. Für Professor Dr. Uwe Janssens, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Internistische Intensivmedizin am St.-Antonius-Hospital, Eschweiler, steht außer Frage, dass die Vermittlung bestimmter kommunikativer Kompetenzen, wie etwa Gesprächsführung in schwierigen Situationen oder Besprechungen mit Angehörigen und Zugehörigen, im Rahmen der Weiterbildungsordnung stärker berücksichtigt werden sollte. Gerade auch auf einer Intensivstation seien diese Fähigkeiten enorm wichtig in der Steuerung der Behandlung schwerstkranker Patienten mit einem hohen Sterberisiko. „Die Kommunikation im Behandlungsteam, mit dem Patienten und seinen Zugehörigen beziehungsweise mit seinen juristischen Stellvertretern über die patientenzentrierten Therapieziele ist die Grundvoraussetzung für eine sinnvolle Indikationsstellung, die nur in einem gemeinsamen Entscheidungsprozess erfolgen kann“, führte Janssens aus. Nur mithilfe solcher regelmäßigen Gespräche könne im Rahmen der Intensivbehandlung vermieden werden, dass eine nicht angemessene und eventuell sogar sinnlose Behandlung durchgeführt werde. Intuition allein reicht nicht Janssens verwies auf Studien, die zeigten, wie wichtig gerade in der Intensivmedizin die Umsetzung kommunikativer Strategien ist. Dort gebe es das Problem des zunehmenden Alters der Patienten und damit einhergehender kommunikativer Defizite, die Zahl der Todesfälle im Krankenhaus mit Inanspruchnahme von Intensivtherapie nehme kontinuierlich zu, Intensivstationen würden zunehmend Orte des Sterbens. Diese Belastung führe auf der Intensivstation im Beziehungsgeflecht von Patient, Behandlungsteam und Angehörigen zu verschiedenen Konfliktkonstellationen. So litten beispielsweise zwei Drittel aller Angehörigen von Intensivpatienten unter Angst oder Depression, was laut Janssens auch auf eine unzureichende Kommunikation mit dem Behandlungsteam zurückzuführen sei. Die verantwortlichen Ärztinnen und Ärzte sollten in der Lage sein, ein Behandlungsteam so zu führen, dass alle Beteiligten zur Sprache kommen, ihre Meinung äußern und diese auch zur Geltung bringen können. Intuition allein reiche hierfür nicht aus, es bedürfe einer kontinuierlichen Schulung in Aus- und Weiterbildung. Für Janssens gehört es zur Kernaufgabe eines Krankenhauses, dass es mit der Kommunikation klappt, was zumeist noch nicht der Fall sei. Implementierung in die Weiterbildung Auch Professor Dr. Markus Giessing aus der Klinik für Urologie der Kliniken Maria Hilf in Mönchengladbach bewertet Kommunikationsschulung als essenziell in der Medizin. Deshalb sollte ein solches Training verpflichtend in die Weiterbildungsordnung aufgenommen werden. Für eine erfolgreiche Implementierung bedürfe es aber zugleich der uneingeschränkten Unter­ „Die informierten, vielleicht auch angesichts medialer Möglichkeiten gründlicher als früher aufgeklärten, kritischer gewordenen Patientinnen und Patienten stellen neue Anforderungen an die ärztliche Kommunikationsfähigkeit.“ Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein Foto: Jochen Rolfes Überarbeitete Auflage erschienen www.aekno.de Kommunikation im medizinischen Alltag Ein Leitfaden für die Praxis Ärztekammer Nordrhein Tersteegenstraße 9 40474 Düsseldorf Kommunikation vermitteln Atmosphäre wechselseitig Beziehung direkt indirekt Austausch Mimik Gestik Sprache Informationen Interatkion Wissen Gesprächstechniken Empathie Wahrnehmung Haltung Erfahrung Der Leitfaden „Kommunikation im medizinischen Alltag“ kann kostenfrei bei der Pressestelle der Ärztekammer Nordrhein, E-Mail: pressestelle@aekno.de, Tel.: 0211 4302-2011, Fax: 0211 4302-2019 angefordert oder unter www.aekno.de/ leitfaden-kommunikation abgerufen werden. Er steht auch als Onlineversion zur Verfügung.

14 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 9 / 2023

Rheinisches Ärzteblatt / Heft 9 / 2023 15 „Wir sind der sichere Hafen“ Ärztinnen und Ärzte des Sanitätsdienstes der Bundeswehr müssen während eines Auslandseinsatzes ein breites fachliches Spektrum kompetent abdecken können. Vor allem das chirurgische Team muss in der Lage sein, alle lebensrettenden Notfallmaßnahmen im Bereich der Thorax-, Viszeral-, Gefäß- und Unfallchirurgie anzuwenden. Die hierzu nötige militärchirurgische Weiterbildung dauert zehn bis zwölf Jahre. von Vassiliki Temme Die deutsche Bundeswehr blickt mit ihrem Sanitätsdienst auf knapp 25 Jahre Erfahrung in der einsatzchirurgischen Weiterbildung zurück. Diese fließe in die Aus- und Weiterbildung der Ärztinnen und Ärzte mit ein und sichere einen hohen medizinischen Standard, der international anerkannt und geschätzt werde, betont Oberstarzt PD Dr. Gerhard Achatz, Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie am Bundeswehrkrankenhaus Ulm, im Gespräch mit dem Rheinischen Spezial Medizin im Zelt Bei Auslandseinsätzen in Kriegs- und Krisengebieten findet die medizinische Versorgung von Soldatinnen und Soldaten in der Rettungsstation Role 2 statt. In der zeltartigen Konstruktion, hier bei der European Union Training Mission (EUTM) in Mali, verbirgt sich ein hochmoderner Operationssaal. Wie man in Notsituationen schwere Verletzungen behandelt, lernen Ärztinnen und Ärzte des Sanitätsdienstes unter anderem bei der Informationslehrübung (ILÜ). Foto groß: Bundeswehr/Sebastian Vogt Foto klein: Nachweis: Bundeswehr/Anna Derr

16 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 9 / 2023 Februar 2022 der Ukrainekonflikt zu einem Krieg entwickelt hat, ist es so, dass die Bundeswehr verstärkt und im besonderen Maße ihre Unterstützung anbietet.“ Gemäß der Maxime des Sanitätsdienstes sollen in der Versorgung verwundeter Soldatinnen und Soldaten im Ausland keinerlei Abstriche gemacht werden, betont Oberstarzt Achatz. „Das Behandlungsergebnis muss genauso gut sein, als wäre die Verwundung oder Verletzung in Deutschland behandelt worden.“ Deshalb stütze man sich nur in ganz seltenen Fällen auf das Gesundheitssystem des Einsatzlandes. Zuallermeist behandelten die eigenen Chirurginnen und Chirurgen im Einsatz Schuss- und Explosionsverletzungen, die durch Waffen oder Sprengsätze verursacht wurden. „Eine improvisierte Bombe zum Beispiel führt aber nicht nur zur offensichtlichen blutigen Verletzung. Man hat zudem Auswirkungen auf die Atemwege und die Lunge und teilweise sehr komplexe Verbrennungen der Haut. Wir sprechen von einer Explosionskrankheit“, erklärt der Ärztliche Direktor. Für Soldatinnen und Soldaten sei man als Mediziner der sichere Hafen, manchmal inmitten von völligem Chaos. Jedoch auch herkömmliche Erkrankungen, die mit dem Kriegsgeschehen nichts zu tun haben, seien üblich: „Die passieren öfter als die ganz tragischen Dinge, niemand bleibt von Erkältungen oder kleineren Trainingsverletzungen verschont, eventuell ist es auch mal ein Blinddarm, der plagt.“ Schwierige Genesung Achatz weist auf besondere Gegebenheiten bei der Behandlung verwundeter Soldatinnen und Soldaten hin, mit denen das medizinische Einsatzteam umzugehen habe: „Die Behandlungsdauer bei kriegstypischen Verletzungen ist deutlich länger, weil wir es sehr häufig mit hochgradigen Kontaminationen zu tun haben. Wir haben also Infektionen durch Erreger und Bakterien in den Weichteilen und Knochen und somit einen höheren Aufwand in der Therapie.“ Dieses Problem stelle sich dem Sanitätsdienst auch hier in Deutschland im Rahmen der Hilfs- und Unterstützungsleistungen für verwundete ukrainische Soldaten und Zivilisten. „Wir haben sogenannte chronische Defektwunden, bei denen die Besiedlung mit zum Teil multiresistenten Keimen eine große Rolle spielt und sich die Genesung extrem schwierig gestaltet“, erklärt Achatz, der selbst in Afghanistan, dem Kosovo und Niger stationiert war. Sein Resümee fällt trotz allem Erlebten positiv aus: „Man steckt die Einsätze in Kriegsgebieten sicherlich nicht einfach so weg, das wäre menschlich gar nicht möglich. Es bleiben lebhafte Erinnerungen, die einen ein Leben lang begleiten und im Endeffekt zu diesem Berufsbild dazugehören“, sagt Achatz. Wichtig sei ihm, daraus Kraft zu schöpfen, dankbar zu sein, nach Hause kommen zu dürfen und seine Lebensperspektive erweitert zu haben. Aus diesen extremen und fordernden Situationen hätten sich auch tiefe Freundschaften zu Kolleginnen und Kollegen anderer Nationen entwickelt, die der Oberstarzt sehr schätzt. Spezial Ärzteblatt. „Man kann schon sagen, dass wir mit unserem Sanitätsdienst zu den ,leading nations‘ gehören. Unsere sogenannte Rettungskette ist international sehr bekannt. Damit versorgen wir unsere Soldatinnen und Soldaten und die der verbündeten Nationen über verschiedene Stufen hinweg: von der chirurgischen Erstversorgung im Einsatzland über den Rücktransport ins Heimatland und weiter bis zur Genesung.“ Bis man Mediziner alleinverantwortlich zum militärchirurgischen Einsatz ins Ausland senden kann, vergehen in der Regel zehn bis zwölf Jahre. Ärztinnen und Ärzte absolvieren eine breite chirurgische Weiterbildung und bekommen dann über den zentralen einwöchigen Kurs Einsatzchirurgie, den es bereits seit 1998 gibt, zusätzlich spezielle Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen zur Behandlung typischer Kriegsverletzungen vermittelt. Auch Mediziner aus anderen Nationen können in Kooperation mit dem Sanitätsdienst diesen Kurs absolvieren und sich schulen lassen. „Da sich seit „Unser medizinischer Standard wird international sehr geschätzt“ Oberstarzt PD Dr. Gerhard Achatz. Foto: Sylicia Roth Der Weiterbildungsgang für einen Sanitätsoffizier, der für die Qualifizierung zum Einsatzchirurg vorgesehen ist, erfolgt aktuell nach dem sogenannten Modell „DUO plus“. Idealtypisch: 1. Facharzt: Allgemeine Chirurgie, 2. Facharzt: zum Beispiel Thoraxchirurgie, Viszeralchirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Gefäßchirurgie oder Plastische und Ästhetische Chirurgie mit zusätzlichen erweiterten nichtchirurgisch operativen Kompetenzen Basisweiterbildung (Beispiel einer Rotationsreihenfolge): Station Klinik für Allgemeine, Viszeral- und Thoraxchirurgie Interdisziplinäre Notfallaufnahme Station Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie Intensivstation (Abteilung Anästhesie und Intensivmedizin) In der Weiterbildungszeit soll ein von der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) zertifizierter Sonografie-­ Basiskurs und der Advanced Trauma Life Support (ATLS)-Kurs absolviert werden. Ebenso sollte am Basiskurs Osteosynthese der Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthese (AO) teilgenommen werden. Pflicht für die Anerkennung des Status eines Sanitätsoffiziers mit der Zusatzbezeichnung Einsatzchirurgie ist zudem die Teilnahme an den drei einwöchigen Einsatzchirurgie-Kursen, Module 1–3. Nach Erreichen der zunächst noch bundeswehrinternen Qualifikation „Einsatzchirurg“ ist die dauerhafte und umfassende operative Tätigkeit im eigenen Fachgebiet unabdingbar. Quelle: Bundeswehr Weiterbildungsgang eines Sanitätsoffiziers

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