Rheinisches Ärzteblatt 9/2024

Arme Kinder sind häufiger krank Aufsuchende Hilfen für mehr gesundheitliche Chancengleichheit Evidenzorientierung in der Medizin Mehr Austausch mit Ärztinnen und Ärzten aus der Praxis Ärzte beurteilen ihre Weiterbildung Train-the-Trainer-Seminare sollen für Verbesserungen sorgen Arzneimittelpreise Wann ist teuer zu teuer? September 2024 Heft 9 / 30.8.2024 79. Jahrgang Körperschaft des öffentlichen Rechts Körperschaft des öffentlichen Rechts

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Rheinisches Ärzteblatt / Heft 9 / 2024 3 Heft 9 • September 2024 Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein Foto: Jochen Rolfes Freier Beruf, Therapiefreiheit, innere Unabhängigkeit Am 31. August, nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe, findet die konstituierende Sitzung unserer Kammerversammlung für die Wahlperiode von 2024 bis 2029 statt. Während ich dies schreibe, sind die Gespräche zwischen den Fraktionen noch nicht abgeschlossen. Sicher ist aber, dass es zu einem Wechsel an der Spitze unserer Kammer kommt, wenn Präsident, Vizepräsident und ein neuer Vorstand gewählt sind. Allen Gewählten gelten schon im Voraus meine besten Wünsche für eine erfolgreiche Amtszeit. Ob es uns als Gesellschaft und als Ärzteschaft gelingen wird, die Gesundheitsversorgung unserer Patientinnen und Patienten auch zukünftig auf hohem Niveau zu erhalten, hängt stark davon ab, inwieweit wir als Ärzteschaft gemeinsam Antworten auf den zunehmenden Fachkräftemangel im Gesundheitswesen bei zugleich stärkerer Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen und klammen Kassen finden. Durch ihre konsequente Patientenorientierung und ihre hohe fachliche Kompetenz sind die Kammern in Nordrhein-Westfalen in den letzten Jahren immer stärker zu gefragten Gesprächspartnern für die Politik geworden. Markante Beispiele dafür sind unsere aktive Rolle bei der Reform der Krankenhausplanung in NRW, unsere Mitarbeit in der Landesgesundheitskonferenz oder der Einbezug unserer Expertise während der Coronapandemie. Mit aller Erfahrung aus 13 Jahren im Amt des Kammerpräsidenten bin ich der festen Überzeugung, dass unsere Selbstverwaltung eine starke Gestaltungskraft besitzt und dass es der Staat, das sehen wir an vielen Gesetzgebungsverfahren und Verordnungen, keineswegs besser könnte. Gäbe es uns nicht, hätten noch viel mehr Kolleginnen und Kollegen als jetzt das Gefühl, ungefragte Kommandoempfänger von Staat, Krankenkassen oder profitorientierten Akteuren zu sein. Grundsatzfragen geraten im Alltag manchmal aus dem Blick. Ich möchte deshalb die Gelegenheit nutzen und noch einmal auf zwei kennzeichnende Grundsätze unseres Berufes eingehen: den Charakter der ärztlichen Profession als freier Beruf und unsere damit verbundene Therapiefreiheit, die durch Kontrollbürokratie und Ökonomisierung im Gesundheitswesen zunehmend unter Druck gerät. Mögen sich die Rahmenbedingungen für unseren Beruf auch stetig ändern, unsere Therapiefreiheit darf keinesfalls aufgegeben werden. Der Grund dafür lässt sich mit dem Wort „Patientenorientierung“ präzise zusammenfassen. Therapiefreiheit geht mit hoher Verantwortung einher, denn Ärztinnen und Ärzte müssen sich am jeweils aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand orientieren und die gebotene Sorgfalt bei Diagnose und Therapie walten lassen. Lebenslange Fortbildung ist ein Garant dafür. Wir tragen unteilbare Verantwortung für unsere Therapieentscheidungen, nicht nur unseren Patienten gegenüber, sondern auch gegenüber der Gesellschaft. Freier Beruf, Therapiefreiheit und innere Unabhängigkeit bilden die Basis für unsere Glaubwürdigkeit in der Öffentlichkeit. Verankert ist dieser Grundsatz völlig zu Recht in unserer Berufsordnung, in der es im Paragraf 4 heißt: „Ärztinnen und Ärzte dürfen hinsichtlich ihrer ärztlichen Entscheidungen keine Weisungen von Nichtärzten entgegennehmen.“ Denn würden wir das tun, ginge das Vertrauen in ärztliche Entscheidungen unwiederbringlich verloren. Im Sinne unserer Patienten müssen Therapieentscheidungen auch zukünftig auf dem aktuellen Stand des Wissens und im Rahmen eines informierten Einverständnisses getroffen werden. Nur so können sich Patientinnen und Patienten sicher fühlen, dass Therapien an ihrem Wohl orientiert und nicht ökonomisch oder politisch motiviert sind. Dafür stehen wir als Ärzteschaft, steht jede einzelne Kollegin und jeder einzelne Kollege ein und wir bekräftigen das in unserem Gelöbnis, in dem es heißt: „Die Gesundheit und das Wohlergehen meiner Patientin oder meines Patienten werden mein oberstes Anliegen sein.“ Ihnen allen, liebe Kolleginnen und Kollegen, und den künftig für unsere Ärztekammer Verantwortlichen wünsche ich für die Zukunft bestes Gelingen bei der Realisierung dieses Versprechens.

Neue Impulse für den Praxisalltag: Patientinnen und Patienten mit Demenz in der Arztpraxis Mittwoch, 04. September 2024, 15:30 – 17:45 Uhr, Live Online-Seminar • Demenz – ein Überblick • Unterstützungs- und Hilfsangebote für Patientinnen und Patienten sowie Angehörige • Begegnungen in Praxen – Erfahrungen und Gedanken eines pflegenden Angehörigen Dr. med. Michael Lorrain, Peter Rischard, Dr. med. Matthias Schlochtermeier, Dipl.-Soz.-Wiss. Aline Wybranietz, Dr. med. Sabine Mewes Sepsis erkennen und handeln Prävention, frühzeitiges Erkennen, Therapie und Nachsorge Mittwoch, 18. September 2024, 15:30 – 17:45 Uhr, Live Online-Seminar • Sepsis – in Erwägung ziehen und frühzeitig erkennen • (Sofort-)Maßnahmen bei Verdacht auf Sepsis • Versorgung nach der Akutbehandlung, Langzeitfolgen, Rehabilitation und Nachsorge, Präventionsmöglichkeiten • Maßnahmen zur Erhöhung der Aufmerksamkeit gegenüber dem Krankheitsbild Sepsis Univ.-Prof. Dr. med. Michael Adamzik, Dr. med. Carolin Fleischmann-Struzek, Prof. Dr. med. Stefan Schröder MHBA, Dr. med. Evjenia Toubekis, Dr. med. Sabine Mewes 94. Fortbildungsveranstaltung „Aus Fehlern lernen“ in Zusammenarbeit mit der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein Schnitt- und Weichteilverletzungen Mittwoch, 09. Oktober 2024, 15:30 – 17:45 Uhr, Live Online-Seminar • V ersorgung von Wunden an Kopf, Gesicht und Extremitäten – korrektes Wunddebridement und Wundverschluss • Handverletzungen – Verletzung von Gefäßen, Nerven und Sehnen nicht übersehen • Bissverletzungen – was ist zu tun? Dr. med. Sandra Vossen, Dr. med. Ilja Windrath, Dr. med. Sabine Mewes u.a. Im Fokus: Chronische Depression Mittwoch, 30. Oktober 2024, 15:30 – 17:45 Uhr, Live Online-Seminar • Was ist eine chronische Depression? • Medikamentöse Therapieoptimierung bei chronischer Depression • Antidepressive Therapie bei älteren Patientinnen und Patienten / Neuere Antidepressiva • Gespräch bei chronischer Depression: Wie können Worte helfen und heilen? • Psychiatrie und Freiheitsentziehung: Ein Blick auf das PsychKG NRW Dr. med. Doris Augustin-Reuß, Dr. med. Norbert Hartkamp M. Sc., Dr. med. Thilo Hashemi, PD Dr. med. Michael Paulzen, Prof. Dr. med. Julia C. Stingl, Dr. med. Sabine Mewes Anmeldung erforderlich: www.iqn.de/Fortbildungen des IQN Institut für Qualität im Gesundheitswesen Nordrhein Tersteegenstraße 9, 40474 Düsseldorf Tel.: +49 211 4302-2751 E-Mail: iqn@aekno.de Die Veranstaltungen sind kostenfrei und mit je 3 Fortbildungspunkten anerkannt! Internet: www.iqn.de

Rheinisches Ärzteblatt / Heft 9 / 2024 5 Vom 6. bis 9. Juni wird ein neues Europa-Parlament gewählt. Zwar regelt jeder EU-Mitgliedstaat die Gesundheitsversorgung in seinem Land selbst. Doch werden aktuell auf europäischer Ebene wichtige Projekte der länderübergreifenden Gesundheitsversorgung vorangetrieben, zum Beispiel im Kampf gegen Krebs oder zur Sicherung der Arzneimittelversorgung. Arzneimittelpreise Wann ist teuer zu teuer? Eine Gentherapie, die einmalig angewendet, mit 2,8 Milliarden Euro zu Buche schlägt, ein einzelnes Krebsmedikament, für das die Krankenkassen 2022 gut 1,3 Milliarden Euro ausgaben – Beispiele wie diese lassen insbesondere die Kostenträger um die Finanzstabilität der gesetzlichen Krankenversicherung fürchten. Armut macht Kinder krank Kinder aus sozial schwächeren Verhältnissen sind häufiger gesundheitlich beeinträchtigt und adipös als Kinder aus wohlhabenderen Elternhäusern. In Nordrhein gibt es zahlreiche Initiativen, die versuchen, benachteiligte Kinder in ihren Lebenswelten zu stärken. Evaluation der Weiterbildung Die gute Nachricht: An der diesjährigen Umfrage zur Situation in der Weiter- bildung haben sich mehr Ärztinnen und Ärzte beteiligt als im Jahr zuvor. Die weniger gute Nachricht: Nur etwas mehr als die Hälfte würden ihre Weiterbildungsstätte weiterempfehlen. Heft 9 • September 2024 Meinung Freier Beruf, Therapiefreiheit, innere Unabhängigkeit Seite 3 Magazin Seiten 6 bis 10 Aids 2024: Deutschland erfüllt zwei von drei UN-Zielen · Vor 50 Jahren · Gesund macht Schule sucht Patenärzte · Lösungen zur Kasuistik 81 · Mehr Absolventen können Fachkräftemangel in Kliniken nicht beheben · Kammer Online · Krankenhausreform: Verbände dringen auf „zielführende Kompromisse“ · Studium und Berufseinstieg Thema Arzneimittel: Wann ist teuer zu teuer? Seite 12 Spezial Armut macht Kinder krank Seite 14 Gesundheits- und Sozialpolitik Personalbedarf im Kranken- haus korrekt abbilden Seite 18 Medizinprodukte: Versorgungs- lücken zeichnen sich ab Seite 19 Interview „Wir wollen ganz bewusst den Austausch mit Ärztinnen und Ärzten in der Praxis vorantreiben“ Seite 20 Praxis Mehr Verständnis durch Perspektivwechsel: KV Nordrhein lädt zum Runden Tisch Seite 23 Evaluation der Weiterbildung: Befugte im Fokus Seite 25 Forum Ethikberatung in der Palliativ- versorgung: Konflikte und was man daraus lernen kann Seite 27 Tagungen und Kurse Seite 30 Fortbildungsveranstaltungen der Ärztlichen Akademie für medizinische Fort- und Weiterbildung in Nordrhein Seite 32 RÄ Regional Seite 35 Bücher Seite 38 An Rhein und Ruhr Seite 40 Kulturspiegel Politikergattinnen unter Beobachtung Seite 41 Amtliche Bekanntmachungen Seite 42 Amtliche Bekanntmachungen der Ärztekammer Nordrhein auf www.aekno.de Amtliche Bekanntmachungen der KV Nordrhein auf www.kvno.de Impressum Seite 42 Mein Beruf „Manche Patienten waren schon bei meinem Großvater“ Seite 50 Illustration: Eberhard Wolf/Shutterstock

Magazin 6 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 9 / 2024 Aids 2024 Deutschland erfüllt zwei von drei UN-Zielen Bis 2030 sollen weltweit mindestens 95 Prozent aller Menschen mit HIV ihren Status kennen, bei Kenntnis therapeutisch versorgt und so eingestellt werden, dass die Viruslast unter der Nachweisgrenze von 20 Viruskopien/ml liegt. Diese Ziele hat das Programm der Vereinten Nationen für HIV/Aids formuliert. Bei der 25. Welt-Aids-Konferenz Ende Juli in München warnten Experten davor, dass diese Ziele angesichts der weltweit anhaltenden Krisen in Gefahr geraten könnten. Diskutiert wurden in München aber auch Fortschritte: Neue Arzneimittelklassen mit weniger Nebenwirkungen, injizierbare Depotpräparate und „Single dose/Once a day“-Regime erleichterten Patienten die Therapie, dort wo sie zugänglich sei. Deutschland hat inzwischen zwei von drei UN-Zielen erreicht. Von geschätzt 96.700 HIV-Infizierten wissen dem Robert Koch- Institut (RKI) zufolge 92 Prozent, dass sie sich angesteckt haben. 99 Prozent der Menschen, die wissen, dass sie HIV-positiv sind, werden behandelt und bei 96 Prozent liegt die Viruslast unter der Nachweisgrenze. In NRW sei die Zahl der Neuinfektionen geringfügig gestiegen, so das RKI. Neue Therapieoptionen wie zum Beispiel die Prä-Expositionsprophylaxe (PrEP) veränderten die Einstellung zur Erkrankung positiv, allerdings verzeichne man weltweit zunehmende Stigmatisierungsängste bei den Betroffenen. KVNO Landesgesetzgebung Rettungsdienst wird neu geregelt Im nordrhein-westfälischen Landtag wurde vor 50 Jahren der „Entwurf eines Gesetzes über den Rettungsdienst“ diskutiert. Das Gesetz sollte die bestehenden Organisationsstrukturen reformieren. Ziel war „eine straffe Lenkung und Koordinierung sowie die ausreichende personelle und sachliche Ausstattung aller am Rettungsdienst beteiligten Kräfte“, berichtete das Rheinische Ärzteblatt in seiner Ausgabe vom 24. September 1974. Die Landesregierung schätzte, dass rund zehn Prozent der jährlich 50.000 Notfall-Todesfälle in Nordrhein-Westfalen bei einer besseren Struktur und Ausstattung vermeidbar wären. Kreise und kreisfreie Städte sollten zukünftig als Träger des Rettungsdienstes fungieren. Als Träger der Rettungswachen sah das Gesetz die Gemeinden vor. Gemeinsam nahmen Ärztekammer und Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein zu dem Gesetzentwurf Stellung und betonten, dass „die Planung und die Aufsicht über die Organisation und Arbeitsweise des Rettungsdienstes eine Aufgabe darstellt, die der entscheidenden Mitwirkung von Ärzten bedarf.“ Die Körperschaften widersprachen der in der Gesetzesnovelle enthaltenen Auffassung, dass der Rettungsdienst als Bindeglied zwischen ambulanter und stationärer ärztlicher Versorgung zu verstehen sei. Sie stellten klar, dass „der Notfalldienst das Vorfeld ambulanter Behandlung in der ärztlichen Praxis und der Rettungsdienst das Vorfeld der stationären Behandlung im Krankenhaus“ sei. Wichtig sei eine gemeinsame Einsatzleitung für beide Bereiche der Notfallversorgung. Die Leitstellen und Arztnotrufzentralen sollten untereinander abstimmen, „ob im Einzelfall der Notfalldienstarzt oder der Rettungswagen gerufen wird“, empfahlen Kammer und KV. Um dies zu ermöglichen, müsse in den Kliniken die nötige Anzahl von Ärztinnen und Ärzten vorhanden sein. „Das setzt insbesondere eine entsprechende Gestaltung der Stellenpläne voraus.“ bre Strafrecht Praxen vor Gewalt schützen Angriffe auf Rettungskräfte und Vollstreckungsbeamte sollen durch eine Änderung des Strafrechts künftig härter bestraft werden. Damit will Justizminister Marco Buschmann unter anderem Poli-­ zisten, Feuerwehrleute, Rettungskräfte und Notärzte besser vor Anfeindungen und Gewalt schützen. Angesichts dieser geplanten Gesetzesänderung forderte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), auch die Praxen der Vertragsärzte und -psychotherapeuten explizit in der Gesetzgebung zu berücksichtigen. Beschimpfungen und rüdes Verhalten würden in den Praxen mehr und mehr zur Belastung, erklärte dazu der stellvertretende KBV-Vorsitzende Dr. Stephan Hofmeister. MST Pflege-Azubis Verdienst über dem Durchschnitt Auszubildende zur Pflegefachkraft verdienten 2023 in Nordrhein-Westfalen im ersten Lehrjahr durchschnittlich 1.191 Euro. Dem Statis- tischen Landesamt zufolge verdienten sie damit im ersten Lehrjahr knapp 400 Euro mehr als Auszubildende in handwerklichen Betrieben. Dort war die Vergütung mit 790 Euro im Vergleich zu allen Ausbildungsbereichen am niedrigsten. Zu den Ausbildungsberufen mit der besten Vergütung zählten mit durchschnittlich 1.142 Euro die Sozialversicherungsfachangestellten. Die durchschnittliche Ausbildungsvergütung aller Auszubildenden im dualen System ohne Pflegeberufe betrug 2023 im ersten Lehrjahr 935 Euro. MST Infektionsschutz: Therapieoptionen wie die Prä-Expositionsprophylaxe verändern die Einstellung zu HIV/Aids. Foto: Tina/stock.adobe.com

Magazin Rheinisches Ärzteblatt / Heft 9 / 2024 7 Facharztprüfungen Anmeldeschluss und Termine Der nächste zu erreichende Prüfungszeitraum zur Anerkennung von Facharztkompetenzen, Schwerpunktbezeichnungen und ZusatzWeiterbildungen bei der Ärztekammer Nordrhein ist vom 28. Oktober bis 4. November 2024. Anmeldeschluss: Mittwoch, 11. September 2024 Ärztinnen und Ärzte, die zur Prüfung zugelassen sind, erhalten eine schriftliche Ladung mit dem genauen Prüfungstermin und der Uhrzeit mindestens 14 Tage vorher. www.aekno.de/Weiter bildung/Pruefungen ÄkNo Lösungen zur Kasuistik 81 Patientin mit belastungsabhängiger einseitiger Rötung und Hyperhidrosis des Gesichts Richtige Antworten: 1d, 2e, 3c, 4e, 5b, 6b, 7a, 8e, 9e, 10c Folge 82 der Reihe erscheint in der Oktober-Ausgabe 2024 des Rheinischen Ärzteblattes und im Internet unter www.aekno.de/cme. bre Obdachlose Land fördert Hitzeschutz Um hitzebedingten Gesundheitsproblemen vorzubeugen, unterstützt das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium den Hitzeschutz von obdach- und wohnungslosen Menschen in diesem Jahr mit insgesamt 250.000 Euro. Initiativen der Wohnungslosenhilfe können damit beispielsweise Sommerschlafsäcke, Trinkflaschen oder Sonnenschutzmittel beschaffen und verteilen. HK Präventionsprogramm Gesund macht Schule sucht Patenärzte Für das aktuelle Schuljahr 2024/25 sucht das Präventionsprogramm Gesund macht Schule der Ärztekammer Nordrhein und der AOK Rheinland/Hamburg Ärztinnen und Ärzte für eine Patenschaft an einer Grundschule. Die Patenärzte sind den Initiatoren zufolge das Herzstück von Gesund macht Schule: Als Expertinnen und Experten für Gesundheitsförderung und Prävention unterstützen sie die Lehrkräfte bei der Unterrichtsgestaltung und der Elternarbeit. Die Ärztekammer Nordrhein hält für die am Programm teilnehmenden Ärzte Materialmappen zu den Themenschwerpunkten „Gesund und fit durch die Schule – Wissenswertes für Eltern“, „Essen und Ernährung“, „Bewegung und Entspannung“, „Sexualerziehung“ sowie „Ich-Stärkung“ bereit. Darüber hinaus bietet das Programm für alle teilnehmenden Mediziner Fortbildungen an. Das Programm Gesund macht Schule zielt darauf ab, Kinder, Lehrkräfte, Mitarbeitende des Ganztags und Eltern für ihre eigene GesundNRW: Rekord bei Krankmeldungen In Nordrhein-Westfalen haben sich 2023 im Schnitt täglich mehr als 7 von 100 Beschäftigten krankgemeldet. Mit 7,1 Prozent erreichte der Krankenstand damit einen Rekordwert, teilte die AOK Rheinland/ Hamburg mit. Die meisten Ausfälle gab es in der Pflege, der Metallerzeugung, der Ver- und Entsorgung sowie in der öffentlichen Verwaltung. Hauptgründe für die Krankmeldungen waren Atemwegserkrankungen, Beschwerden des Muskel-Skelett-Apparats, Infektionen sowie Verdauungs- und psychische Erkrankungen. Niedergeschlagen habe sich in der Statistik auch die Pflicht zur elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU). Dort flössen nun erstmals alle AU ein. HK Kurz gemeldet Hausärzte beraten zur Organspende Knapp 3,8 Millionen ergebnisoffene Beratungsgespräche über Organ- und Gewebespenden haben die Hausärztinnen und Hausärzte in Deutschland 2023 mit ihren Patienten geführt, 1,3 Millionen mehr als im Vorjahr. Das hat das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) mitgeteilt. Das Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende sieht vor, dass die Versicherten alle zwei Jahre Anspruch auf eine Aufklärung zur Organspende haben, die die Hausärzte extrabudgetär ab- rechnen können. Ziel des Gesetzes von 2022 war es, die Auseinandersetzung mit dem Thema Organspende zu fördern. HK Cannabis: Verordnen ohne Genehmigung Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 18. Juli festgelegt, bei welcher Qualifikation Ärztinnen und Ärzte ohne vorherige Genehmigung der Krankenkasse medizinisches Cannabis verordnen können (www.g-ba.de/ beschluesse/). Gelistet seien 16 Facharzt- und Schwerpunktbezeichnungen, darunter Allgemeinmedizin, Anästhesiologie, Innere Medizin und Psychiatrie und Psychotherapie sowie fünf Zusatzbezeichnungen, darunter Palliativmedizin und spezielle Schmerztherapie. Bei diesen Ärztinnen und Ärzten gehe der G-BA davon aus, dass sie die Voraussetzungen für eine Cannabisverordnung abschließend einschätzen könnten. HK heit zu sensibilisieren. Informationen zur Teilnahme unter www.gesundmachtschule.de/ aerzte/teilnahme-am-programm MST Illustration: Tina Ennen/MST

Magazin 8 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 9 / 2024 www.aekno.de Ein Benutzerprofil lohnt sich terlegt haben. Die erstmalige Registrierung erfolgt über www.aekno.de/service-presse/ login-registrierung unter Angabe von E-MailAdresse, Name, EFN und Arztnummer. Dabei ist zu beachten, dass nicht die lebenslange Arztnummer gemeint ist. An die angegebene E-Mail-Adresse wird ein Link geschickt, der angeklickt werden muss, um das Benutzerprofil zu aktivieren. Danach erfolgt der Login über die Eingabe der E-Mail-Adresse und das selbst gewählte Passwort. Da die hinterlegten Daten nicht vom User geändert werden können, sollte im Fall einer Änderung eine E-Mail geschrieben werden an onlineredaktion@ aekno.de. Fragen und Anregungen sowie Kritik und Lob zum Internetangebot der Ärztekammer Nordrhein senden Sie bitte an die E-Mail- Adresse onlineredaktion@aekno.de. bre Knapp 23.000 User, zumeist Mitglieder der Ärztekammer Nordrhein (ÄkNo), haben sich unter www.aekno.de ein Benutzerprofil erstellt. Damit können vor allem nordrheinische Ärztinnen und Ärzte Services nutzen, die über die Homepage der Kammer angeboten werden. Dazu zählt die Teilnahme an Online-Fortbil- dungen, das schnelle und bequeme Aufrufen des eigenen Fortbildungspunkte-Kontos und der Vollzugriff auf die renommierte Cochrane-Library. Die beiden letztgenannten Services stehen exklusiv den Mitgliedern der ÄkNo zur Verfügung, wenn sie in ihrem Benutzerprofil die Einheitliche Fortbildungsnummer (EFN) und die Arztnummer (Mitgliedsnummer) hinTelemedizin Weniger VideoSprechstunden in NRW Die Zahl der Video-Sprechstunden in Nordrhein-Westfalen ist im vergangenen Jahr, verglichen mit dem Coronajahr 2021, um knapp 30 Prozent gesunken. Wie die Techniker Krankenkasse mitteilte, fanden 2021 knapp 225.000 digitale Arztkontakte statt. Im Jahr 2023 sank die Zahl der abgerechneten Video-Sprechstunden auf 155.000. Die Coronapandemie hatte zu einem deutlichen Anstieg an VideoSprechstunden geführt: Während die Zahl der digitalen Arztkontakte im Jahr 2019 noch 128 betrug, stieg sie 2020 sprunghaft auf 160.558 an. MST Palliativmedizin Kinder besser versorgen In Nordrhein gelten seit dem 1. Juli für alle gesetzlichen Krankenkassen einheitliche Verträge für die Spezialisierte Ambulante Pädiatrische Palliativversorgung (SAPPV). Umgesetzt würden die Verträge mit den Universitätskliniken Düsseldorf, Bonn und Essen, teilten die Ersatzkassen mit. Nach § 37b SGB V haben Versicherte mit einer nicht heilbaren, fortschreitenden Erkrankung mit begrenzter Lebenserwartung, die eine besonders aufwendige Versorgung benötigen, einen Anspruch auf spezialisierte ambulante Palliativversorgung. Diese umfasst ärztliche und pflegerische Leistungen sowie deren Koordination insbesondere zur Schmerztherapie und Symptomkontrolle. Ziel ist, die Betroffenen möglichst in ihrem vertrauten Umfeld zu betreuen. HK Krankenhausinstitut Mehr Absolventen können Fachkräftemangel nicht beheben Obwohl die prognostizierte Zahl der Ärztinnen und Ärzte sowie die der Pflegefachkräfte bis zum Jahr 2035 steigen wird, kann dieser Zuwachs allein den Fachkräftemangel im Gesundheitswesen nicht beheben. Das ist ein Ergebnis des Gutachtens „Personalbestand im Krankenhaus bis 2035“ das vom Deutschen Krankenhausinstitut (DKI) im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft erstellt wurde. Danach steigt die Zahl der Ärztinnen und Ärzte bis 2035 um acht Prozent, die der examinierten Pflegekräfte um sieben Prozent und die der examinierten Kinderkrankenpflegekräfte sogar um 20 Prozent. Der Effekt dieser Steigerungen drohe jedoch zu verpuffen, wenn sich der Trend zur reduzierten Arbeitszeit fortsetze. Überhaupt lasse sich der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen nicht mit immer mehr Personal ausgleichen, da es dieses Personal „schlicht nicht gibt.“ Auf Dauer sei auch die Zuwanderung von Fachkräften keine Lösung, da in den typischen Herkunftsländern aufgrund des demografischen Wandels der Bedarf an Fachkräften ebenfalls steigen werde. Lösungsansätze sehen die Autoren in einem Ausbau der Digitalisierung, einer Flexibilisierung beim Personaleinsatz, deutlich mehr ambulanten Behandlungen am Krankenhaus sowie in einer konsequenten Entbürokratisierung. Ließe sich die derzeitige Bürokratielast halbieren, würde dadurch die Arbeitskraft zehntausender Fachkräfte zur Verfügung stehen, heißt es in dem Gutachten. MST Was tun gegen den Ärztemangel? Da die Personalres- sourcen auf dem Arbeitsmarkt endlich sind, empfehlen Experten einen massiven Abbau an Bürokratie, um zusätzliche Arbeitskraft freizusetzen. Foto: nothingbutpixel/ stock.adobe.com

Magazin Rheinisches Ärzteblatt / Heft 9 / 2024 9 Poolärzte Voraussetzung für Selbstständigkeit Politik und Ärzteschaft haben sich Mitte Juli auf Kriterien verständigt, nach denen Poolärzte im vertragsärztlichen Notdienst als selbstständig gelten und mithin von der Sozialversicherungspflicht befreit sind. Danach rechnen Ärztinnen und Ärzte im Notdienst ihre Leistungen mit eigener Abrechnungsnummer selbst ab und zahlen für zur Verfügung gestellte Räumlich- keiten und Personal ein Nutzungsentgelt. Dieses muss nicht kostendeckend, darf aber auch nicht nur symbolisch sein. Zudem müssen Ärzte den vertragsärztlichen Notdienst nicht persönlich erbringen, sondern können sich vertreten lassen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen können den am Notdienst beteiligten Ärzten eine Sicherstellungspauschale gewähren. Das Ergebnispapier soll noch von einer gesetzlichen Regelung flankiert werden. HK Kongress Mehr Sicherheit in der Arzneitherapie Am 24. und 25. Oktober findet in Berlin der 6. Deutsche Kongress für Patientensicherheit bei medikamentöser Therapie der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft statt. In diesem Jahr geht es insbesondere um den Einfluss der Digitalisierung auf die Arzneimitteltherapie- sicherheit. Diskutiert wird aber auch darüber, ob die Einführung eines Medi- cation Safety Officers ein Modell für Deutschland sein kann. Informationen: www.patientensicherheit 2024.de HK Krankenhausreform Verbände dringen auf „zielführende Kompromisse“ Für eine Krankenhausreform noch in dieser Legislaturperiode haben sich Bundesärztekammer, Deutscher Pflegerat, Marburger Bund und Deutsche Krankenhausgesellschaft Anfang August in einem Brief an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages ausgesprochen. Eine Reform sei dringend notwendig und man appelliere an die Parlamentarier, sich für „zielführende Kompromisse“ zwischen Bund und Ländern im Gesetzgebungsverfahren einzusetzen. „Sollte dieses Gesetz scheitern, droht uns eine lähmende Phase der Unsicherheit bei der Standortentwicklung der Krankenhäuser über die nächste Bundestagswahl hinaus“, warnten die Verbände. Die Krankenhäuser benötigten verlässliche Rahmenbedingungen, um Personal und Investitionen für ihr zukünftiges Leistungsspektrum planen zu können. Aufgesetzt werden solle die geplante Krankenhausreform auf der Planung des Landes Nordrhein-Westfalen, so die Verbände. Strittige Weiterentwicklungen des Bundes wie zum Beispiel die Einführung von Mindestfallzahlen und zusätzlicher Leistungsgruppen sollten zurückgestellt werden. Auch die derzeit geplante stark fallzahlenabhängige Vorhaltevergütung lehne man ab. Voraussetzung für eine gute Krankenhausreform sei zudem eine konsequente Entbürokratisierung des Systems und ein wirksamer Inflationsausgleich, heißt es in dem gemeinsamen Brief. Eine Anhörung zum Krankenhausversorgungs-Verbesserungsgesetz im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages ist für den 25. September geplant. HK Weniger Standorte, sichere Versorgung in der Fläche: Bundesärztekammer, Deutscher Pflegerat, Marburger Bund und Deutsche Krankenhausgesellschaft warnen vor einem Scheitern der Krankenhausreform. Foto: hxdbzxy/istockphoto.com Ärztekammer Nordrhein Antworten auf Fragen zur Weiterbildung Bei individuellen Fragen zur ärztlichen Weiterbildung ist die Weiterbildungsabteilung der Ärztekammer Nordrhein für Weiterbildungsassistentinnen und -assistenten erste Ansprechpartnerin. Diese ist montags bis donnerstags von 8 bis 16:30 Uhr sowie an Freitagen von 8 bis 14 Uhr telefonisch unter der Nummer 0211 4302 2899 zu erreichen. Außerhalb der Sprechzeiten steht neben der Mög- lichkeit einer E-Mail an wbantrag@aekno.de seit Dezember 2023 auf der Internetseite der Ärztekammer Nordrhein www.aekno.de/weiter bildung ein kammereigener Chatbot zur Verfügung. Mithilfe Künstlicher Intelligenz beantwortet dieses System die Fragen der Nutzer und lernt mit jeder gestellten Frage dazu. Darüber hinaus finden Ärztinnen und Ärzte auf der Seite ein ausführliches Informa - tionsangebot, so zum Beispiel ein breitge- fächertes FAQ zur ärztlichen Weiterbildung und eine Checkliste für die Unterlagen, die zur Beantragung einer Prüfungszulassung notwendig sind. Ebenso lässt sich eine Übersicht der Anmeldefristen für die Fach- arzt-, Schwerpunkt- und Zusatz-Weiterbildungsprüfungen finden unter www.aekno. de/aerzte/weiterbildung/pruefungstermine. Diese Termine werden ebenfalls monatlich auf den Nachrichtenseiten im Rheinischen Ärzteblatt veröffentlicht. MST

10 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 9 / 2024 Magazin – Studium und Berufseinstieg Essen Unichor sucht Männerstimmen Der Laienchor der Universität DuisburgEssen sucht derzeit vor allem Tenöre und Bässe zur Verstärkung des rund 130-köpfigen Ensembles. Ausdrücklich ist der Chor nicht nur für Studierende der Uni Essen oder Universitätsangestellte offen. Allerdings müssten sich derzeit externe Frauenstimmen etwas gedulden, um aufgenommen zu werden, „bis die Männerstimmen wieder aufgeholt haben“, wie auf der Homepage des Chores zu lesen ist. Der Chor wurde 1987 von Kirchenmusiker Siegfried Scheytt ins Leben gerufen. Seit dem Sommersemester 2001 hat Dr. Hermann Kruse die Leitung inne. Mit dem Unichor in Essen studiert er jedes Semester ein neues Programm ein. Jedes hat einen thematischen Schwerpunkt wie etwa „Musical-Express“ oder „Winterreise mit Stücken von Schubert und Thompson“. Auch ist das Sängerensemble nicht auf ein Musikgenre beschränkt, sondern singt Jazz, Pop, klassische oder auch klerikale Musik. Die wechselnden Programme ermöglichen es auch Austauschstudierenden, sich in dem Chor zu engagieren. Die erste Probe für das neue Programm findet am 4. September 2024 im alten Audimax am Campus Essen zwischen 19.15 und 21.45 Uhr statt. Nähere Informationen unter www.uni-due.de/unichor, E-Mail: unichor-essen@uni-due.de. bre Service Kostenloses Abo für Studierende Die Ärztekammer Nordrhein bietet Medizinstudierenden der Fakultäten in Aachen, Bonn, Düsseldorf, Duisburg-Essen und Köln, die das neunte Fachsemester erreicht haben, ein kostenloses Abonnement des Rheinischen Ärzteblattes an. Es erscheint monatlich mit Informationen rund um den ärztlichen Beruf, Gesundheits-, Sozial- und Ärztekammerpolitik sowie Fort- und Weiterbildung. Interessierte senden der Redaktion bitte eine E-Mail mit Namen, Anschrift und einer aktuellen Studienbescheinigung an rheinisches-aerzteblatt@aekno.de. bre Hartmannbund Sorge um Zukunft der Versorgung Starke Zweifel äußerte Dr. Moritz Völker, Vorsitzender des Arbeitskreises der Jungen Ärztinnen und Ärzte im Hartmannbund, mit Blick auf die Äußerung von Bundeskanzler Olaf Scholz, dass es keine Leistungskürzungen im Gesundheits- wesen geben werde. „Es gibt nach wie vor keine klare Perspektive, wie wir die Versorgung in zehn Jahren sicherstellen können“, so Völker. Die Versorgungssituation sei bereits jetzt kritisch und werde sich angesichts des demografischen Wandels und des Personalmangels perspektivisch weiter verschlechtern. Der Arbeitskreis sei überzeugt, dass der momentane Versorgungsstandard zukünftig nicht gehalten werden könne. Ohne Änderungen bei Nutzung und Umfang der medizinischen Angebote werde es eine „ungesteuerte Begrenzung der Leistungen“ geben. Denn die Arbeitskraft und -zeit sowie die Ressourcen seien begrenzt. „An dieser Wahrheit kommen wir nicht vorbei“, sagte der Vorsitzende des Arbeitskreises. Über die begrenzte Verfügbarkeit medizinischer Leistungen müsse offen gesprochen werden. Um diesem Trend entgegenzusteuern, muss nach Ansicht von Völker die Effizienz des Systems gesteigert werden etwa durch die Verringerung des Dokumentationsaufwandes, den zügigen Ausbau der Digitali- sierung, die Steuerung von Patientenströmen und durch einen verstärkten Fokus auf präventive Maßnahmen. bre Zwischen den Lernphasen in der Bibliothek oder zu Hause, die während der Klausurenphase jedes Semester aufs Neue erstaunlich viel Zeit in Anspruch nehmen, ist es wichtig, sich auch Zeit für den entsprechenden Ausgleich einzuräumen. Über die Jahre habe ich immer mehr gelernt, mir bewusst Zeit dafür zu nehmen, meine Batterien aufzuladen und den Kopf freizubekommen. Ob Lauftreff, eine Runde schwimmen im Grugabad oder ein Treffen mit Freunden im Park – all diese Aktivitäten bieten mir die Möglichkeit, kurz den stressigen Uni-Alltag zu vergessen und auf andere Gedanken zu kommen. Dieses Semester für mich neu dazugekommen ist der Unichor, mit dem wir einmal wöchentlich proben. Jedes Semester werden Stücke zu einem bestimmen Thema einstudiert und aufgeführt. Dieses Mal drehte sich alles um den Eurovision Song Contest. Gerade gegen Ende des Semesters wird es dort sehr zeitintensiv mit Probenwochenenden, Generalproben und zwei Konzerten, die aber viel Spaß gemacht haben. So sehr ich mich jedes Mal zu all den Aktivitäten aufraffen muss, bin ich immer froh, es getan zu haben und somit einen wichtigen Ausgleich zu den Lernphasen zu finden. Eine Tatsache, die mich gerade dieses Semester immer wieder beschäftigt hat, ist, wie sehr die Zeit rennt. Ich stelle immer wieder erschrocken fest, dass dies wohlmöglich mein letztes Sommersemester in Essen vor dem Praktischen Jahr sein könnte. Diese Erkenntnis stimmt mich manchmal etwas melancholisch, vor allem da bisher noch ungewiss ist, wo ich mein Praktisches Jahr absolvieren werde. Wie erlebt Ihr das Studium der Humanmedizin. Schreibt mir unter medizinstudium@ aekno.de. Hannah Stamm Foto: privat Mail aus Essen Dr. Moritz Völker ist Vorsitzender des Arbeitskreises junge Ärztinnen und Ärzte im Hartmannbund. Foto: Hartmannbund

Institut für Qualität im Gesundheitswesen Nordrhein Einrichtung einer Körperschaft öffentlichen Rechts IQN Der ältere Mensch Patientensicherheit für ältere und hochaltrige Menschen Online-Kammersymposium | 27. September 2024 | 14 bis 17:20 Uhr Fortbildungsreihe Die Ärztekammer Nordrhein veranstaltet im Rahmen der erfolgreichen Fortbildungsreihe „Der ältere Mensch“ dieses Online-Kammersymposium. Mit ausgewiesenen Expertinnen und Experten wird das Thema der Patientensicherheit aus verschiedenen Perspektiven betrachtet. Es erwarten Sie interessante Vorträge, Projekte und Ansätze. RbP - Punkte: 4 Registrierung beruflich Pflegender CME - Punkte: 4 Anrechnung nur bei vollständiger Teilnahme Moderation: Stefan Kleinstück, Referent medizinische Grundsatzfragen bei der Ärztekammer Nordrhein Begrüßung und Einführung Dr. med. Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der KV Nordrhein Bernd Zimmer, Facharzt für Allgemeinmedizin Patientensicherheit bei Personen mit Demenz: S3- Leitlinie Demenzen Univ. Prof. Dr. med. Richard Dodel, Lehrstuhl für Geriatrie der Universität Duisburg-Essen, Chefarzt der Klinik für Geriatrie, Geriatrie-Zentrum Haus Berge Contilia GmbH, Essen Präventive Versorgung und Bedarfe für Patienten und Angehörige Prof. Dr. rer. med. Dipl.-Psych. Jochen René Thyrian, Professur „interventionelle Versorgungsforschung“, Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen Rostock/Greifswald, Teilstandort Greifswald Advanced Practice Nurses (APNs) in der Primärversorgung Prof.in i. K. Dr. phil. Renate Stemmer, Professorin für Pflegewissenschaft und Pflegemanagement, Projektleitung FAMOUS, Kath. Hochschule Mainz Hitzeaktionsplan der Stadt Köln Dr. med. Barbara Grüne, Sachgebietsleitung Medizinische Krisenprävention, Klima und Prävention, Gesundheitsamt der Stadt Köln Dr. rer. nat. Juliane Kemen-Wendt, wissenschaftliche Mitarbeiterin, Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit am Universitätsklinikum Bonn, Hitzeaktionsplan 2018-2022 Was können medizinische Fachangestellte zur Medikamentensicherheit beitragen? – Möglichkeiten und Grenzen Serin Alma, Landesvorstandsmitglied im LV-West des Verbands medizinischer Fachberufe e.V., medizinische Fachangestellte, Praxismanagerin, Trainerin im Gesundheitswesen Diskussionsrunde Das Programm und die Online-Anmeldung finden Sie auf aekno.de/Presse/Veranstaltungen und mit diesem QR-Code:

Thema 12 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 9 / 2024 Kinder, die an der sehr seltenen, genetisch bedingten metachromatischen Leukodystrophie leiden, verlieren nach und nach ihre motorischen und geistigen Fähigkeiten, bis sie schließlich an der Krankheit sterben. Mit Libmeldy steht seit 2021 eine Gentherapie zur Verfügung, die betroffenen Kindern ein Weiterleben ermöglicht und sich positiv auf deren Bewegungsfähigkeit auswirkt, vorausgesetzt sie werden bereits in einem Stadium behandelt, in dem sie noch symptomfrei sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bescheinigte dem Medikament einen erheblichen Zusatznutzen. Für die Kinder und deren Familien ist das eine große Hoffnung, für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) auch eine große Herausforderung: Die Therapie mit Libmeldy basiert auf einer einmaligen Gabe und kostet derzeit 2,8 Millionen Euro. Ein Hoffnungsträger für die bundesweit rund 8.000 Patientinnen und Patienten, die an Mukoviszidose leiden, ist das Präparat Kaftrio, das 2020 in Europa zugelassen wurde und die Lebensqualität und möglicherweise auch die Lebenserwartung vieler Betroffener verbessern kann. Es muss lebenslang eingenommen werden und schlägt mit Jahrestherapiekosten von rund 250.000 Euro zu Buche. Allein 2022 gaben die Kassen knapp 320 Millionen Euro für das Medikament aus, wie aus dem Arzneiverordnungs-Report (AVR) 2023 hervorgeht. Das umsatzstärkste Arzneimittel, das dem AVR zufolge 2022 zulasten der GKV verordnet wurde, war mit Kosten von 1,3 Milliarden Euro der PD-1-Rezeptorantikörper Pembrolizumab (Keytruda) zur Krebstherapie. Insgesamt haben die Kassen im vergangenen Jahr gut 55 Milliarden Euro für Arzneimittel ausgegeben, der zweitgrößte Kostenblock gleich nach den Ausgaben für die Krankenhausbehandlung mit knapp 94 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Jahr 2011 – damals wurde in Deutschland mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) geregelt, dass nur noch Arzneimittel mit einem Zusatznutzen einen höheren Preis als die Standardtherapie erzielen dürfen – haben sich die Arzneimittelausgaben damit mehr als verdoppelt. Das geht aus dem jüngsten AMNOG-Report der DAK-Ge- sundheit hervor. Deren Vorstandsvorsitzender Andreas Storm hält die „ungebremste Ausgabendynamik auf dem Arzneimittelmarkt“ für eine enorme Herausforderung für die Finanzstabilität der GKV. Preistreiber ist der Patentmarkt Preistreiber sind nach Einschätzung der Autoren des AMNOG-Reports die patentgeschützten Arzneimittel. Auch der AVR kommt zu diesem Schluss. Die Gesamtumsätze des Patentmarktes seien von neun Milliarden Euro 2001 auf 28,97 Milliarden Euro im Jahr 2022 gestiegen. Der Umsatzanteil am Gesamtmarkt für Arzneimittel liege inzwischen bei fast 52 Prozent. Der Anteil der patentgeschützten Arzneimittel an den Verordnungen (Tagestherapiedosis) betrage hingegen nur 6,7 Prozent. Ein grundsätzlich hohes Preisniveau bescheinigen die Autoren des AVR den Onkologika, deren Illustration: Eberhard Wolf/Shutterstock Arzneimittel: Wann ist teuer zu teuer? Eine Gentherapie, die, einmalig angewendet, mit 2,8 Millionen Euro zu Buche schlägt, ein neues Medikament gegen eine seltene Erkrankung mit Jahrestherapiekosten von 250.000 Euro oder ein einzelnes Krebsmedikament, für das die Krankenkassen 2022 gut 1,3 Milliarden Euro ausgaben – Beispiele wie diese lassen insbesondere die Kostenträger um die Finanzstabilität der gesetzlichen Krankenversicherung fürchten. von Heike Korzilius

Thema Rheinisches Ärzteblatt / Heft 9 / 2024 13 Kosten sich 2022 gegenüber dem Vorjahr allerdings nicht erhöht hätten. 18 neue Krebsmedikamente wurden im Untersuchungszeitraum eingeführt – die größte Gruppe mit neuen Arzneistoffen. Doch bei elf von 17 bewerteten Arzneimitteln gilt dem AVR zufolge ein Zusatznutzen als nicht belegt oder nicht quantifizierbar. Der Grund: Viele Onkologika durchliefen ein beschleunigtes Zulassungsverfahren, in dem häufig nur eine Beeinflussung von Surrogatendpunkten wie die Ansprechrate der Tumorerkrankung oder das progressionsfreie Überleben gezeigt werde. Die hohen Preise für neue Arzneimittel seien kein deutsches Phänomen, erklären die Autoren des AVR. Sie würden in vielen Ländern als Belastung für die Patienten und die Gesundheitssysteme angesehen. Die Folge: Wirksame neue Medikamente sind zwar in der gesamten Europäischen Union zugelassen, aber längst nicht überall verfügbar. Das belegen Recherchen von NDR, WDR, Süddeutscher Zeitung und dem Rechercheverbund „Investigate Europe“, die Mitte Juni veröffentlicht wurden. Die Journalisten hatten das deutsche Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) gebeten, unter den Neuzulassungen der vergangenen fünf Jahre diejenigen Arzneimittel mit einem erheblichen oder beträchtlichen Zusatznutzen auszuwählen. Sämtliche der 32 infrage kommenden Medikamente, zu denen beispielsweise auch Kaftrio gegen Mukoviszidose gehört, werden den Recherchen zufolge nur in Deutschland und Österreich von den Krankenkassen bezahlt. In Estland, Lettland und Litauen waren rund 30 Prozent der Arzneimittel nicht für die Patienten des öffentlichen Gesundheitsdienstes verfügbar, in Zypern fehlte die Hälfte, in Malta fehlten 59 Prozent und in Ungarn sogar drei Viertel der neuen Medikamente. Viele Pharmafirmen würden ihre Medikamente gar nicht erst auf den Markt bringen, wenn der Marktanteil klein zu bleiben drohe, heißt es in einem Bericht der Tagesschau („Tödliche Preise“, 13. Juni 2024). Und viele Sozialsysteme seien mit den Kosten schlicht überfordert. Der Preis spiegelt den Wert Im Juni 2022 hatte der Deutsche Ethikrat die hohen Preise bei neuen Arzneimitteln zum Thema seiner Jahrestagung gemacht. Angesichts begrenzter Ressourcen in einem solidarischen Gesundheitswesen gelte es, „die Ansprüche von allen Versicherten auf bestmögliche Behandlung, aber auch die von forschenden Arzneimittelherstellern auf Refinanzierung ihrer Investitionen gegen das Erfordernis abzuwägen, Gesundheitskosten und insbesondere Krankenkassenbeiträge nicht beliebig ansteigen zu lassen“, hieß es damals in der Tagungsankündigung. Doch die Unternehmen argumentieren bei ihrer Preisgestaltung längst nicht mehr mit Entwicklungs-, Produktions- und Vertriebskosten. Die Preise sollten vielmehr den Wert der Arzneimittel für den Einzelnen und die Gesellschaft widerspiegeln, heißt es aus dem Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa). Der Hersteller von Libmeldy, Orchard Therapeutics, vermarktet das Präparat unter dem Namen Lenmeldy seit 2024 auch in den USA – für umgerechnet 3,8 Millionen Euro für die einmalige Gabe. In die Preisgestaltung seien neben dem Wert des Medikaments für die Betroffenen und deren Familien auch die langfristigen Auswirkungen auf die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen, die Verringerung des Produktivitätsverlusts der Pflegenden sowie die Lebenschancen der Patientinnen und Patienten eingeflossen. Dazu komme, so argumentiert der vfa, dass die Therapieansätze in den letzten Jahren zunehmend zielgerichteter geworden seien und immer häufiger der Behandlung eng definierter Patientengruppen dienten. Bei immer kleineren Patientenzahlen sei es ökonomisch nur naheliegend, dass die durchschnittlichen Jahrestherapiekosten nicht gleich hoch bleiben könnten, zumal der Aufwand für Forschung und Entwicklung mindestens gleichbleibe. Geheime Erstattungsbeträge Um angesichts extrem hochpreisiger Therapien die Finanzierbarkeit der Arzneimittelversorgung zu sichern, werden schon seit Längerem alternative Erstattungsmodelle diskutiert, darunter sogenannte Pay-for-Perfomance-Modelle, bei denen die Höhe der Vergütung davon abhängt, ob zwischen Hersteller und Kostenträger vereinbarte Therapieziele erreicht wurden – ein Ansatz, den auch Orchard Therapeutics in den USA verfolgt. Auf der Wunschliste der Pharmaunternehmen ganz oben steht darüber hinaus auch, Erstattungsbeträge, die im Rahmen von Preisverhandlungen mit den Kostenträgern vereinbart wurden, vertraulich zu behandeln. Mit der Preistransparenz im Rahmen des AMNOG-Verfahrens hatte Deutschland europa- und weltweit bislang quasi ein Alleinstellungsmerkmal. Die deutschen Erstattungsbeträge für neue patentgeschützte Medikamente dienen mithin in vielen Ländern als Referenzpreise, was der Pharmaindustrie schon seit Beginn des AMNOG-Verfahrens ein Dorn im Auge ist, weil es ihren Verhandlungsspielraum einschränkt. Umgekehrt argumentiert der vfa, die Offenlegung der Erstattungsbeträge verhindere mögliche höhere Rabatte in Deutschland. Mit dem Medizinforschungsgesetz, das der Deutsche Bundestag am 4. Juli verabschiedet hat, ist der Gesetzgeber der Industrie jetzt in diesem Punkt entgegengekommen. Bei Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen haben die Hersteller zunächst befristet auf dreieinhalb Jahre die Option, Vertraulichkeit über die mit den Kassen verhandelten Erstattungsbeträge zu vereinbaren. Voraussetzung ist, dass die Unternehmen in Deutschland klinische Forschung betreiben. Zu den schärfsten Kritikern dieser Regelung gehören die Krankenkassen. So warnt der AOK-Bundesverband, durch die neue Preisintransparenz drohten „Kostensteigerungen in Milliardenhöhe ohne einen Mehrwert in der Versorgung“. Es gehöre nicht zur Aufgabe der GKV, internationale Standortpolitik für einzelne Industriezweige zu finanzieren.

14 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 9 / 2024

Rheinisches Ärzteblatt / Heft 9 / 2024 15 Armut macht Kinder krank Kinder aus sozial schwächeren Verhältnissen sind häufiger gesundheitlich beeinträchtigt und adipös als Kinder aus wohlhabenderen Elternhäusern. In Nordrhein gibt es zahlreiche Initiativen, Vereine und Projekte, die es sich zum Ziel gesetzt haben, benachteiligte Kinder in ihren Lebenswelten zu stärken und so mehr gesundheitliche Chancengleichheit zu schaffen. von Marc Strohm Hochhaus-Tristesse ist eines der ersten Ergebnisse, wenn man „Chorweiler“ in die Suchmaske bei Google eingibt. In dem Stadtteil im Norden von Köln liegt die Arbeitslosenquote höher als im Kölner Durchschnitt und von den dort lebenden Kindern unter 15 Jahren wuchs nach Angaben des Statistischen Jahrbuches der Stadt Köln aus dem Jahr 2022 fast jedes zweite in einer Familie auf, in der mindestens eine im Haushalt lebende Person Arbeitslosengeld II bezog. Die finanziell prekäre Lage im Elternhaus schlägt sich auch auf die Gesundheit der Kinder Gesundheitliche Chancengleichheit? Überproportional viele Kinder und Jugendliche aus weniger wohlhabenden Elternhäusern sind adipös. Das ist eines der Ergebnisse der aktuellen KIDA-Studie (2022-2023) des Robert Koch Instituts. Demnach lag der Anteil der adipösen Kinder und Jugendlichen bei Familien mit niedrigem Haushaltseinkommen bei fast zehn Prozent. Bei den Kindern aus einem Elternhaus mit hohem Einkommen waren dagegen lediglich zwei Prozent der Kinder adipös. Foto groß: Ralf Gosch/stock.adobe.com Foto klein: elenbessonova/stock.adobe.com Spezial

16 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 9 / 2024 Spezial nieder: Der Gesundheitsreport der AOK Rheinland/ Hamburg aus dem Jahr 2022 zeigte, dass Kinder in den sozial schwächeren Vierteln Kölns eher zu Sprachentwicklungsstörungen, Allergien, motorischen Entwicklungsstörungen oder Süchten neigten als Kinder aus einkommensstärkeren Verhältnissen. Ebenfalls verbreitet ist in den sozial schwachen Gegenden starkes Übergewicht: So waren dem Report zufolge beispielsweise 8,6 Prozent der Chorweiler Kinder adipös — fast doppelt so viele wie in der Kölner Innenstadt. „Die Gründe hierfür sind vielseitig“, sagt die in Köln-Chorweiler arbeitende Sozialpädagogin Birgit Skimutis im Gespräch mit dem Rheinischen Ärzteblatt. Häufig mangle es bei den Familien schlichtweg an ausreichendem Wissen über gesunde Ernährung, nicht selten würden Süßigkeiten genutzt, um Kinder zu belohnen oder quengelnde Kinder ruhigzustellen. Auf dem Speiseplan stehe häufig fettiges Essen und viel Weißbrot. Bereits kleine Kinder bekämen von ihren Eltern süße Limonaden in ihre Trinkfläschchen gefüllt. Der einfache Grund: Die ungesunden Speisen machten schnell satt und seien obendrein erschwinglich, so Skimutis. Die Sozialpädagogin leitet in Chorweiler die Kümmerei, ein Hilfsangebot, das Ratsuchenden, die sich im Gesundheits- und Sozialsystem nur schwer bis gar nicht zurechtfinden, seit 2021 Orientierung bietet. Die Ärztinnen und Ärzte aus dem Viertel verweisen ihre Patienten häufig an die Kümmerei, wenn sie bei der Untersuchung Probleme feststellen, die über das Medizinische hinausgehen. Folglich unterstützt das multiethnische und multiprofessionelle Team der dortigen Gesundheitslotsen bei Schimmel in der Wohnung, übersetzt Arztbriefe in andere Sprachen und erarbeitet nun seit Neustem gemeinsam mit den Chorweiler Kindern Ideen, wie sie ein gesünderes Leben führen können. „Die örtlichen Kinderärzte haben uns zurückgemeldet, dass sie zahlreiche kleine Patientinnen und Patienten haben, die unter Adipositas leiden. Doch häufig mangelt es im Praxisalltag schlichtweg an Zeit, um sich detailliert mit den individuellen Lebensumständen der Familien und den daraus resultierenden Ursachen von Adipositas zu beschäftigen“, sagt Skimutis. Häufig zeigten die Eltern auch kein Problembewusstsein. Das starke Übergewicht der Kinder werde im Arztgespräch kleingeredet oder abgetan. Auf Initiative eines engagierten Kinderarztes aus der Nachbarschaft habe die Kümmerei deshalb ein Projekt aufgelegt, um mehr über die Lebenswirklichkeit der Chorweiler Kinder herauszufinden. Mangelt es im Stadtteil Chorweiler an Spielplätzen? Werden diese nicht genutzt, weil sie verdreckt sind? Oder haben sich die Interessen der Kinder — insbesondere seit Corona — in digitale Welten verlagert? Über Fragen wie diese diskutieren die Gesundheitslotsen der Kümmerei regelmäßig mit elf Kindern und Jugendlichen zwischen zwölf und neunzehn Jahren aus dem Viertel. Deren Familien stammen aus der Türkei, aus Afghanistan, dem Iran, aus Bulgarien oder der Ukraine. „Auf lange Sicht wollen wir die von den Kindern erarbeiteten Ideen dann für alle adipösen Kinder in Chorweiler umsetzen“, sagt Skimutis. Epidemie Adipositas Nicht nur in Köln-Chorweiler ist die Zahl der stark übergewichtigen Kinder hoch. Auch in den sozial schwächeren Kölner Stadtteilen Kalk und Mülheim ist Adipositas bei Kindern verbreitet. Dabei bleiben die Folgen der gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Kindesalter oft ein Leben lang: Aus vielen adipösen Kindern werden adipöse Erwachsene, deren Risiko für Diabetes mellitus und Herz-KreislaufErkrankungen deutlich erhöht ist. Von ihren Mitschülern werden stark übergewichtige Kinder nicht selten gehänselt und schikaniert, worunter die seelische Gesundheit leidet, bei manchen Kindern sind Depressionen die Folge. In der Schule haben diese Kinder häufig mehr Fehlzeiten und zeigen schlechtere Leistungen. Die Coronapandemie habe die Situation zusätzlich verschärft, erklärt Professorin Dr. Stephanie Stock im Gespräch mit dem Rheinischen Ärzteblatt. Die Ärztin und Gesundheitsökonomin leitet kommissarisch das Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie an der Universitätsklinik Köln und ist zugleich Konsortialleiterin des Projekts frühstArt, ein nordrheinweites Versorgungsangebot für übergewichtige Kinder zwischen drei und sechs Jahren. Das aufsuchende Angebot soll Stock zufolge die kinderärztliche Regelversorgung ergänzen und dabei helfen, die gesundheitlichen Ressourcen von betroffenen Familien zu stärken. Kinderärzte können ihre stark übergewichtigen kleinen Patienten in das Projekt einschreiben. Im Interventionsarm der Studie werden Familien ein Jahr lang zu Hause von einem speziell fortgebildeten Coach begleitet, der sich ein Bild von den Lebensumständen der Familien macht und ihnen praxisnahe Tipps für mehr Bewegung, eine bessere Ernährung, geregeltere Zubettgeh-Zeiten sowie einen reduzierten Medienkonsum an die Hand gibt. Die Coaches haben Stock zufolge in der Regel eine Ausbildung als Ernährungs- oder Gesundheitswissenschaftler oder zum Sporttherapeuten absolviert. Zusätzlich erhielten sie eine Schulung zum Adipositas-Trainer. Bestehe bei Familien ein besonderer Unterstützungsbedarf, könnten die Kinder eine ambulante Reha absolvieren, die in der Sporthochschule Köln durchgeführt wird. An zwei Tagen in der Woche würden für die Kinder dann Spiel, Spaß und Bewegung auf dem Programm stehen. „Wir wollen aus den Kindern keine Hochleistungssportler machen. Das Angebot ist auch nicht als Physiotherapie zu verstehen. Wir möchten, dass die Kinder Spaß an der Bewegung entwickeln“, sagt Stock. Die in der Reha angebotenen Sportarten seien dabei so gewählt, dass sie auch zuhause mit nur wenigen Hilfsmitteln weitergeführt werden könnten. Unter anderem stünden Ballsport und Ausdauerübungen mit einem Springseil auf dem Plan.

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