Rheinisches Ärzteblatt 9/2024

Thema 12 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 9 / 2024 Kinder, die an der sehr seltenen, genetisch bedingten metachromatischen Leukodystrophie leiden, verlieren nach und nach ihre motorischen und geistigen Fähigkeiten, bis sie schließlich an der Krankheit sterben. Mit Libmeldy steht seit 2021 eine Gentherapie zur Verfügung, die betroffenen Kindern ein Weiterleben ermöglicht und sich positiv auf deren Bewegungsfähigkeit auswirkt, vorausgesetzt sie werden bereits in einem Stadium behandelt, in dem sie noch symptomfrei sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bescheinigte dem Medikament einen erheblichen Zusatznutzen. Für die Kinder und deren Familien ist das eine große Hoffnung, für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) auch eine große Herausforderung: Die Therapie mit Libmeldy basiert auf einer einmaligen Gabe und kostet derzeit 2,8 Millionen Euro. Ein Hoffnungsträger für die bundesweit rund 8.000 Patientinnen und Patienten, die an Mukoviszidose leiden, ist das Präparat Kaftrio, das 2020 in Europa zugelassen wurde und die Lebensqualität und möglicherweise auch die Lebenserwartung vieler Betroffener verbessern kann. Es muss lebenslang eingenommen werden und schlägt mit Jahrestherapiekosten von rund 250.000 Euro zu Buche. Allein 2022 gaben die Kassen knapp 320 Millionen Euro für das Medikament aus, wie aus dem Arzneiverordnungs-Report (AVR) 2023 hervorgeht. Das umsatzstärkste Arzneimittel, das dem AVR zufolge 2022 zulasten der GKV verordnet wurde, war mit Kosten von 1,3 Milliarden Euro der PD-1-Rezeptorantikörper Pembrolizumab (Keytruda) zur Krebstherapie. Insgesamt haben die Kassen im vergangenen Jahr gut 55 Milliarden Euro für Arzneimittel ausgegeben, der zweitgrößte Kostenblock gleich nach den Ausgaben für die Krankenhausbehandlung mit knapp 94 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Jahr 2011 – damals wurde in Deutschland mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) geregelt, dass nur noch Arzneimittel mit einem Zusatznutzen einen höheren Preis als die Standardtherapie erzielen dürfen – haben sich die Arzneimittelausgaben damit mehr als verdoppelt. Das geht aus dem jüngsten AMNOG-Report der DAK-Ge- sundheit hervor. Deren Vorstandsvorsitzender Andreas Storm hält die „ungebremste Ausgabendynamik auf dem Arzneimittelmarkt“ für eine enorme Herausforderung für die Finanzstabilität der GKV. Preistreiber ist der Patentmarkt Preistreiber sind nach Einschätzung der Autoren des AMNOG-Reports die patentgeschützten Arzneimittel. Auch der AVR kommt zu diesem Schluss. Die Gesamtumsätze des Patentmarktes seien von neun Milliarden Euro 2001 auf 28,97 Milliarden Euro im Jahr 2022 gestiegen. Der Umsatzanteil am Gesamtmarkt für Arzneimittel liege inzwischen bei fast 52 Prozent. Der Anteil der patentgeschützten Arzneimittel an den Verordnungen (Tagestherapiedosis) betrage hingegen nur 6,7 Prozent. Ein grundsätzlich hohes Preisniveau bescheinigen die Autoren des AVR den Onkologika, deren Illustration: Eberhard Wolf/Shutterstock Arzneimittel: Wann ist teuer zu teuer? Eine Gentherapie, die, einmalig angewendet, mit 2,8 Millionen Euro zu Buche schlägt, ein neues Medikament gegen eine seltene Erkrankung mit Jahrestherapiekosten von 250.000 Euro oder ein einzelnes Krebsmedikament, für das die Krankenkassen 2022 gut 1,3 Milliarden Euro ausgaben – Beispiele wie diese lassen insbesondere die Kostenträger um die Finanzstabilität der gesetzlichen Krankenversicherung fürchten. von Heike Korzilius

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