16 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 10 / 2023 Fachangestellter, in der Gutachterkommission oder Ethikkommission. Übernahme öffentlicher Aufgaben Wesensmerkmal der Ärztekammer ist, dass sie einerseits als Körperschaft öffentlichen Rechts Aufgaben in der Gesundheitsversorgung wahrnimmt, die ihr vom Staat übertragen wurden, und sie andererseits für die Belange des Berufsstandes eintritt. In dieser Doppelfunktion steht sie in einer Tradition, die in das 19. Jahrhundert zurückreicht. Seit dem Jahr 1887 ist die Ärztekammer im Rheinland gesetzlich verankert. In der königlichen Verordnung über die Einrichtung einer ärztlichen Standesvertretung in der Rheinprovinz und in der Provinz Brandenburg vom 25. Mai 1887 wird diese Doppelfunktion bereits deutlich benannt. Dort heißt es: „Der Geschäftskreis der Aerztekammer umfaßt die Eörterung aller Fragen und Angelegenheiten, welche den ärztlichen Beruf oder das Interesse der öffentlichen Gesundheitspflege betreffen, oder auf die Wahrnehmung und Vertretung der ärztlichen Standesinteressen gerichtet sind. Die Aerztekammern sind befugt, innerhalb ihres Geschäftskreises Vorstellungen und Anträge an die Staatsbehörden zu richten und sollen die letzteren geeignetenfalls, insbesondere auf dem Gebiete der öffentlichen Gesundheitspflege, den Aerztekammern Gelegenheit geben, sich über einschlägige Fragen gutachtlich zu äußern.“ Sehr viel ausführlicher als in den 14 Paragrafen der königlichen Verordnung sind heute die Aufgaben und Zuständigkeiten der Ärztekammern Nordrhein und Westfalen-Lippe in den 121 Paragrafen des Heilberufsgesetzes NRW geregelt, wobei dem Unterabschnitt zur Berufsgerichtsbarkeit allein 65 Paragrafen gewidmet sind. Beim Blättern durch den Gesetzestext wird deutlich, in welchem Umfang die Kammer Nordrhein neben der Regelung der ärztlichen Berufsausübung in Form von Berufsordnung oder Fort- und Weiterbildungsordnung zur Erledigung öffentlicher Aufgaben in der Gesundheitspflege herangezogen wird. So sind auf Verlangen der Aufsichtsbehörde Stellungnahmen oder Fachgutachten ab- zugeben. Auch die Ausbildung und Prüfung der Medizinischen Fachangestellten ist der ärztlichen Selbstverwaltung übertragen. Als Pflichtaufgaben übernimmt die Ärztekammer beispielsweise die Überprüfung festgelegter Qualitätsstandards in der medizinischen Versorgung oder die Erteilung von Genehmigungen zur Durchführung künstlicher Befruchtungen; mit der Errichtung einer Kommission zur Begutachtung von Behandlungsfehlern oder einer Ethikkommission zur Beratung der Kammerangehörigen in berufsrechtlichen und berufsethischen Fragen folgt sie ebenfalls gesetzlichen Vorgaben. Auch verpflichtend vorgegeben ist die Schaffung einer Versorgungseinrichtung mit Leistungen einer Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenrente. Letztendlich geschieht dies alles in der Überzeugung, dass die ärztliche Selbstverwaltung Entscheidungen pragmatischer und näher am Beruf treffen kann als eine staatliche Behörde. Spezial gement bei vielen nicht beschränkt bliebe auf die Stimmabgabe bei der Wahl zur Kammerversammlung und der Kreisstellenvorstände. Die ärztliche Selbstverwaltung, die staatliche Aufgaben in eigener Verantwortung übernimmt, funktioniert auf Dauer nur, wenn sich viele Ärztinnen und Ärzte ehrenamtlich mit ihrer fachlichen Expertise und ihren berufspolitischen Überzeugungen in die Arbeit der Ärztekammer einbringen. Doch zunächst einmal muss gewählt werden. Im Sommer 2024 ist es nach fünf Jahren wieder soweit – die aktuelle Legislaturperiode 2019–2024 endet. Vom 24. Mai bis zum 28. Juni 2024 können die Mitglieder der Ärztekammer Nordrhein über die Zusammensetzung der Kammerversammlung, in der aktuell eine Koalition von Marburger Bund, VoxMed und Ärztebündnis den berufspolitischen Kurs vorgibt, für den Zeitraum 2024– 2029 bestimmen. Derzeit laufen die Vorbereitungen für die Durchführung der Kammerwahlen im nächsten Jahr an. „Mit Ihrer Stimmabgabe … setzen Sie ein klares Zeichen für die ärztliche Selbstverwaltung heute und für das zukünftige Wirken von Ärztekammern generell“, wirbt die Ärztekammer auf ihrer Homepage für eine rege Wahlbeteiligung der Ärztinnen und Ärzte (https:// www.aekno.de/aerztekammer/wahlen2024 ). Diese lag bei den vergangenen drei Kammerwahlen auf einem vergleichbaren Niveau von mehr als 40 Prozent (2009: 45,7 %; 2014: 45,4 %; 2019: 43,8 %). Vergleicht man das mit der Wahlbeteiligung bei den ersten Nachkriegswahlen, ist da noch Luft nach oben (siehe Seite 17). Aber auch mit einer weiter konstanten Wahlbeteiligung von mehr als 40 Prozent können die ehrenamtlich Tätigen in der Ärztekammer auf den Rückhalt der Kolleginnen und Kollegen setzen. Vielfältiges Aufgabenspektrum Blickt man auf die Ergebnisse der Wahl im Jahr 2019, so fällt insbesondere auf, dass sich der Anteil der Frauen in der Kammerversammlung im Vergleich zur Wahlperiode zuvor von 16,5 Prozent auf 32,2 Prozent fast verdoppelte. Ärztinnen gingen also nicht nur wählen, sondern brachten sich deutlich aktiver in die ärztliche Selbstverwaltung ein. Bis zu einer zahlenmäßigen Repräsentanz der nordrheinischen Ärztinnen in den Gremien der Selbstverwaltung, die ihrem Anteil an der berufstätigen Gesamtärzteschaft in Höhe von rund 50 Prozent entspräche, fehlen aber noch einige Prozentpunkte – vielleicht ist das ja Motivation genug für ärztliche Leserinnen, sich bei der nächsten Kammerwahl noch aktiver berufspolitisch zu engagieren und als Kandidatinnen in einer der Wahllisten aufstellen zu lassen. Gefragt ist das ehrenamtliche Engagement von Ärztinnen und Ärzten aber nicht nur in der Kammerversammlung und in den Ausschüssen und Kommissionen oder in den Kreis- und Bezirksstellen, sondern viele ehrenamtlich Tätige sind auch im Einsatz beispielsweise bei Facharztprüfungen, Fachsprachprüfungen, bei der praktischen Prüfung Medizinischer
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