Rheinisches Ärzteblatt 10/2023

Gesundheits- und Sozialpolitik 18 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 10 / 2023 nach dem Willen von Bundesgesundheitsminister Lauterbach bundesweit Gesundheitskioske und Primärversorgungszentren entstehen, um die Gesundheitsversorgung insbesondere in sozialen Brennpunkten und auf dem Land zu verbessern. Wer solle denn die Versorgung in diesen neuen Strukturen gewährleisten, wo jetzt schon das Personal fehle, gab NRW-Gesundheitsminister Laumann zu bedenken. Keine Parallelstrukturen Gastgeber Dr. Frank Bergmann teilte diese Skepsis. „Kioske und Primärversorgungszentren werden die anstehenden Probleme nicht lösen“, sagte der Vorstandsvorsitzende der KV Nordrhein. „Wir brauchen vor allem keine Parallelstrukturen zu schon vorhandenen Versorgungsstrukturen.“ Die relevanten Akteure müssten sich stattdessen viel enger vernetzen und noch viel stärker miteinander kooperieren. Die knappen Ressourcen der Fachkräfte müssten optimal genutzt und eingesetzt werden. „Wir können uns keinen Konkurrenzkampf leisten“, betonte Bergmann und spielte damit darauf an, dass Medizinische Fachangestellte aus den Praxen in Krankenhäuser und zu Krankenkassen abwandern, weil dort bessere Gehälter gezahlt werden. Wie Laumann zuvor bekräftigte auch der KV-Vorstand den Wert der ärztlichen Selbstverwaltung. „Die ambulante Versorgung wird durch das KV-System sichergestellt“, so Bergmann. Kein anderes System sei annähernd so erfolgreich und effektiv. „Um dieses Versorgungskonzept beneiden uns viele Länder.“ Der KV-Chef erneuerte deshalb seine Forderung an die Politik, sich klar zur Selbstverwaltung und zum Sicherstellungsauftrag der KVen in der ambulanten Versorgung zu bekennen. „Es geht uns auch um angemessene Honorare“, räumte Bergmann ein. Aber ebenso gehe es um die Weiterentwicklung der Strukturen in der Gesundheitsversorgung und die Nachwuchsgewinnung. Zumindest beim NRW-Gesundheitsminister stieß Bergmann mit diesen Forderungen auf offene Ohren. Er sei ein leidenschaftlicher Verfechter der Freiberuflichkeit und eines starken Mittelstands, bekräftige Laumann. Eine breite Mittelschicht sei auch ein Bollwerk gegen das Erstarken der politischen Ränder. Es gelte, gemeinsam dafür zu sorgen, dass das Vertrauen in das System ganz grundsätzlich wieder wachse. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann sprach sich beim Sommerempfang der nordrheinischen Ärzteschaft am 13. September in Düsseldorf für grundlegende Reformen auch in der ambulanten Versorgung aus. Vorbild ist für ihn die Krankenhausreform, die im bevölkerungsreichsten Bundesland bereits weit fortgeschritten ist, weil sie, so der Minister, gemeinsam mit allen Beteiligten erarbeitet wurde. von Heike Korzilius Der Minister erschien gut gelaunt und voller Tatendrang beim diesjährigen Sommerempfang der Ärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein im Düsseldorfer Haus der Ärzteschaft. Er sei dankbar, dass es in Deutschland kein staatliches, sondern ein selbstverwaltetes Gesundheitssystem gebe, das sich auch während der Coronapandemie als robust erwiesen habe, sagte Karl-Josef Laumann zum Auftakt der Veranstaltung. Dabei sind zumindest die Vertragsärztinnen und -ärzte zurzeit alles andere als zufrieden mit der Gesundheitspolitik. Ihr Zorn richtet sich zwar in erster Linie auf Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Er tue nicht genug, um die wirtschaftliche Lage der Praxen zu verbessern, die unter den Folgen der hohen Inflation, steigender Energiekosten gepaart mit einem zunehmenden Fachkräftemangel und einem aus ihrer Sicht zu niedrigen Honorarabschluss im vergangenen Jahr ächzen, lautet der Vorwurf aus der Vertragsärzteschaft (siehe auch Seiten 19 f). Vieles gehört auf den Prüfstand Aber die Stimmung ist auch in NRW trüb. Vor diesem Hintergrund sprach sich Laumann für grundlegende Reformen auch in der ambulanten Versorgung aus. „Wir sollten uns zusammensetzen und neu denken“, sagte der Minister an die Vertrete- rinnen und Vertreter der Niedergelassenen gewandt. Auf den Prüfstand gehörten das Finanzierungssystem und Abrechnungs­ „Wir sollten uns zusammensetzen und neu denken“ prozesse ebenso wie die Patientensteuerung und der Einsatz der vorhandenen medizinischen Fachkräfte. „Wir müssen uns fragen: Wer macht was?“, meinte Laumann. Bei knappen personellen Ressourcen müssten diese möglichst effektiv eingesetzt und Doppelstrukturen vermieden werden. Das sei auch der Grundgedanke bei der Reform der Krankenhausplanung gewesen, die in Nordrhein-Westfalen bereits weit fortgeschritten sei und in Teilen den Reformplänen auf Bundesebene als Blaupause gedient habe. Laumann hatte im Reformprozess darauf gesetzt, alle an der Krankenhausversorgung beteiligten Akteure von Anfang an einzubinden. Dazu gehörten neben der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen und den Krankenkassen auch die beiden Ärztekammern des Landes. „Wenn man es zusammen macht, kann man Systeme verändern“, bilanzierte der Minister in Düsseldorf. „Das brauchen wir auch für den ambulanten Bereich, damit die dort Tätigen wieder ein Stück zufriedener werden.“ Skeptisch zeigte sich Laumann gegenüber Lösungsansätzen aus Berlin. So sollen Starkes Plädoyer für die ärztliche Selbstverwaltung: NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann beim Sommerempfang im Haus der Ärzteschaft in Düsseldorf. Foto: KVNO/Malinka

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