28 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 10 / 2024 merkten schnell, wenn Kandidaten Wörter oder Sätze anwendeten, deren Sinn sie nicht verstünden. Das führe unweigerlich zu Rückfragen. Singh, der aus Nordindien stammt, kann bei seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Fachsprachprüfer auf eigene Erfahrungen zurückgreifen. Auch er habe sich zu Beginn schwer damit getan, die deutsche Sprache zu lernen. Nach einem abgeschlossenen Pharmaziestudium in Punjab entschloss sich Singh, Medizin zu studieren. „Ich wollte schon immer Arzt werden“, sagt der heute 63-Jährige. Sein Bruder lebte bereits in Deutschland und so kam er nach Aachen. Singh hatte bereits in seiner Heimat begonnen, am Goethe-Institut Deutsch zu lernen. Zusätzlich nutzte er die Medien zum Spracherwerb: er hörte deutsches Radio und schaute deutsches Fernsehen. Medizinisches Fachvokabular eignete er sich durch das Lesen deutscher Lehrbücher an. „Doch all das ersetzt nicht das Gespräch mit Muttersprachlern“, ist Singh überzeugt. Viele Prüflinge, die die Fachsprachprüfung ohne große Schwierigkeiten meisterten, hätten ihm zurückgemeldet, dass sie in deutschen Gastfamilien oder deutschsprachigen Wohngemeinschaften lebten, andere hätten bereits in ihrem Heimatland Sprachkurse in einem Goethe-Institut absolviert — so wie er. Anfängliche Hemmungen beim Sprechen könne er nachvollziehen, doch um sicherer im Umgang mit der sei die Fachsprachprüfung gut zu meistern, meint Singh. Deutschlehrerin für Pflegekräfte Mehr als drei Viertel aller Anträge auf Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse (13.905 beziehungsweise 77,7 Prozent) entfielen dem Statistischen Landesamt zufolge in NRW im vergangenen Jahr auf medizinische Gesundheitsberufe. Das ist ein Plus von 44 Prozent im Vergleich zu 2022. Mehr als die Hälfte aller Anerkennungsverfahren machten dabei die Pflegeberufe aus, gefolgt von Ärztinnen und Ärzten. Um die eigenen ausländischen Pflegekräfte im Anerkennungsverfahren zu unterstützen, hat das Cellitinnen-Krankenhaus St. Vinzenz im Kölner Stadtteil Nippes eigens eine Deutschlehrerin engagiert. Zwei Mal am Tag, an fünf Tagen in der Woche, jeweils nach dem Früh- oder vor dem Spätdienst pauken die Pflegekräfte dann in einem kostenfreien Sprachkurs Grammatik und Vokabeln. „Unsere internationalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen in der Regel nur mit Basiskenntnissen bei uns an. Im Berufsalltag, in Fachgesprächen sind sie schnell überfordert, obwohl sie inhaltlich genau wissen, worum es geht. Unser Interesse ist es, die bestehenden Kenntnisse zu festigen und die speziell erforderlichen Kenntnisse zu vermitteln“, erläutert Andreas Melchers, Stellvertretender Pflegedirektor am St. Vinzenz im Gespräch mit dem Rheinischen Ärzteblatt. Erteilt werden die Unterrichtsstunden von der Diplom-Deutschlehrerin Amela Bikic, die selbst als Pflegekraft aus Bosnien und Herzegowina nach Deutschland kam und über viele Jahre lang im Cellitinnen-Krankenhaus St. Vinzenz arbeitete. Auch sie habe die Anerkennung als Krankenschwester durchlaufen und könne daher praxisnah auf die individuellen Bedürfnisse ihrer Teilnehmer eingehen, sagt Bikic. Dabei beobachte sie, dass sich deren Sprachniveau deutlich voneinander unterscheide: „Auf dem Papier“ verfügten die angehenden Pflegekräfte alle über ein Zertifikat auf B1- oder B2-Niveau, doch manchen mangele es noch deutlich an Sprachpraxis, andere hätten ihren Sprachkurs bereits vor längerer Zeit absolviert und folglich müsse das Wissen wieder aufgefrischt werden. Neben dem bloßen Erlernen der deutschen Sprache böten die Kurse am St. Vinzenz auch die Möglichkeit, die Angst vor dem Sprechen anzugehen. Forum Auf der Homepage der Ärztekammer Nordrhein finden Anwärter auf die Fachsprachprüfung ein großes Informationsangebot in neun Sprachen, darunter Französisch, Russisch und Türkisch: www.aekno.de/aerzte/ fachsprachpruefung Eine Übersicht zu allgemeinsprachlichen Deutschkursen sowie Berufssprachkursen gibt das Bundesinstitut für Berufsbildung auf seiner Homepage unter www.anerkennung-indeutschland.de/html/de/deutsch- lernen.php Über die Möglichkeit einer finanziellen Förderung medizinischer Sprachkurse im Rahmen der Weiterqualifizierung informieren die Agenturen für Arbeit in einem individuellen Gespräch vor Ort (www.arbeitsagentur. de) sowie die Einrichtungen des Netzwerks „Integration durch Qualifizierung“ (IQ): www.netzwerk-iq.de Das Programm „Specialized!“ der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit unterstützt Krankenhäuser in Deutschland bei der Anwerbung von Ärzten aus Mexiko und Kolumbien und vermittelt die dort gewonnen Fachkräfte ab dem Zeitpunkt, an dem sie die deutsche Sprache auf einem B2-Niveau beherrschen: www.zav.de/specialized. Hier gibt es Unterstützung „Bei unbekannten Vokabeln gilt es, nachzuhaken und sich den Sachverhalt umschreiben zu lassen. Man darf sich nicht verunsichern lassen.“ Foto: privat Sprache zu werden, gelte das Gebot: „So viel sprechen, wie möglich.“ Prüflingen, die die Fachsprachprüfung nicht beim ersten Mal bestehen, rät Singh, genau zu rekapitulieren, woran der erste Anlauf scheiterte, und entsprechend die Kompetenzen im Schreiben, Sprechen oder Hörverständnis zu vertiefen. Grundsätzlich empfehle er, sich für die Vorbereitung zum zweiten Anlauf einige Monate Zeit zu lassen. Denn mit intensiver Vorbereitung
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