16 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 11 / 2023 einer gemeinsamen Fortbildungsveranstaltung der ärztlichen und pflegerischen Transplantationsbeauftragten in NRW im Düsseldorfer Haus der Ärzteschaft. Für NRW zeichnete der Geschäftsführende Arzt der DSO-Region Nordrhein-Westfalen ein besonders düsteres Bild. Hier sank die Zahl der postmortalen Organspender 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 18 Prozent, von 206 auf 169. Grebe betonte zugleich, dass im Gegensatz zu den Spenderzahlen die organspendebezogenen Kontakte der Entnahmekrankenhäuser zur DSO zwischen 2021 und 2022 um vier Prozent zugenommen hätten. Insgesamt habe es im vergangenen Jahr 3.256 Kontaktaufnahmen zur DSO gegeben. „Die Zunahme zeigt, dass in den Krankenhäusern das Thema Organspende mehr in den Fokus gerückt ist“, erklärt Grebe gegenüber dem Rheinischen Ärzteblatt. „Leider hat diese positive Entwicklung aber nicht zu mehr Organspenden geführt.“ Im vergangenen Jahr sei die Spende in der Hälfte der Fälle an einer fehlenden Zustimmung gescheitert. Zwar spielten mit zunehmendem Alter der Spenderinnen und Spender auch Kontraindikationen eine Rolle. Deren Anteil habe sich in den letzten Jahren aber kaum verändert. „2022 war tatsächlich eine Ablehnung der Spende der häufigste Grund, weshalb eine mögliche Organentnahme nicht realisiert werden konnte“, sagt Grebe. Die Organspende brauche die breite Unterstützung der Bevölkerung, betont der DSO-Vertreter. Umfragen zufolge bestehe hierzulande seit vielen Jahren eine hohe Bereitschaft zur Organspende. Aktuelle Studienergebnisse der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hätten ergeben, dass rund 80 Prozent der Bürgerinnen und Bürger der Organspende positiv gegenüberstehen. Zudem hätten mehr als 40 Prozent der Befragten angegeben, dass sie ihre Entscheidung zur Organspende dokumentiert hätten. „Doch genau an diesem Punkt hapert es, wie der Klinikalltag zeigt“, sagt Grebe. „In den Fällen, in denen im vergangenen Jahr bei einem Verstorbenen die Möglichkeit zur Organspende bestand, lag nur bei 15 Prozent eine schriftliche Entscheidung vor.“ In 21 Prozent der Fälle war der Wille unbekannt. In diesen Situationen würden Angehörige gebeten, nach ihren eigenen Wertvorstellungen zu entscheiden, was oftmals für die Hinterbliebenen sehr belastend sei. „In den meisten Fällen geben Angehörige ihre Zustimmung zur Organspende nicht, vermutlich aus Unsicherheit“, erklärt Grebe. Dem Organmangel entgegenwirken 2019 und 2020 hat der Gesetzgeber mit unterschiedlichen Regelungen versucht, dem Organmangel entgegenzuwirken. Das Gesetz zur Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen in der Organspende zielte auf bessere Rahmenbedingungen und Prozesse in den Entnahmekrankenhäusern, mit dem Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft sollten die Bürgerinnen und Bürger aufgefordert werden, sich mit dem Thema Organspende ergebnisoffen auseinanderzusetzen und ihre Entscheidung unter anderem in einem Online-Register zu dokumentieren (siehe Kasten). Spezial Zustand verschlechtert sich dramatisch, er wird in das Kinderherzzentrum in Bad Oeynhausen eingewiesen, wo schnell klar wird, dass er ein neues Herz braucht. Dimi hat Glück. Ein halbes Jahr verbringt er in der Klinik, eine tragbare Maschine ersetzt seine linke Herzseite, dann erhält er ein Spenderorgan. Die körperlichen Wunden heilen gut, doch psychisch ist er angeschlagen. „Ich war richtig depressiv“, sagt er im Rückblick. „Warum ich?“, habe er sich gefragt. „Ich brauchte lange, bis ich wieder richtig gut drauf war und die Situation akzeptieren konnte.“ Geholfen hat ihm in dieser Zeit neben der Familie vor allem der Kinderpsychologe in der Herzklinik, zu dem er heute noch Kontakt hat. Das Spenderherz wird abgestoßen Dimi kehrt zurück ins Leben. Er schließt die Realschule ab, macht sein Fachabitur, ein Freiwilliges Soziales Jahr. Bevor er seine Ausbildungsstelle zum Erzieher antritt, jobbt er in einem Düsseldorfer Bekleidungshaus. Dort bricht er im November 2022 völlig unvermittelt zusammen. Ammar Ghouzi, Ärztlicher Leiter der Zentralen Notaufnahme der Schön Klinik Düsseldorf, hat Dienst, als Dimi dort als Notfall eingeliefert wird. Zunächst habe er geglaubt, dass Dimi zu einer kleinen Gruppe betrunkener junger Männer gehört, die fast zeitgleich in der Notaufnahme eingetroffen sind. Eine Krankenschwester hat Zweifel und dann entdecken beide die Narbe an Dimis Brustkorb. Eine Ultraschalluntersuchung bringt die Gewissheit: Das Spenderherz wird abgestoßen. Die Ärzte vermuten, dass ein Wechsel des Immunsuppressivums kurz zuvor die Abstoßungsreaktion hervorgerufen haben könnte. „Eine so späte Abstoßung kommt sehr selten vor“, erklärt Ghouzi am Telefon. Unmittelbar nach der Transplantation komme es in einem Drittel der Fälle zu Abstoßungsreaktionen, die häufig reversibel seien, je nachdem, wie früh man diese erkenne. „Als Dimi zu uns kam, war die Abstoßung so weit fortgeschritten, dass wir sie medikamentös nicht mehr stoppen konnten“, erinnert sich der Notarzt. Eine erneute Transplantation ist notwendig. Das Herzzentrum in Bad Oeynhausen sagt die Aufnahme zu. Ghouzi alarmiert den Rettungsdienst für den Transport des Jungen. Er entschließt sich kurzerhand, Dimi, der sich in kritischem Zustand befindet, selbst zu begleiten. „Die Alternative war, er stirbt bei uns in der Notaufnahme“, sagt Ghouzi. „Die Situation war an Dramatik nicht zu überbieten.“ In Bad Oeynhausen steht das Team bereit, als Dimi im Rettungswagen eintrifft. Er ist bewusstlos und wird umgehend an die HerzLungen-Maschine angeschlossen – ein Überbrückungsverfahren bis zur Transplantation. Nach einer Woche erhält er sein zweites Spenderherz. 869 Menschen spendeten in Deutschland im vergangenen Jahr nach ihrem Tod ein oder mehrere Organe. Das waren nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) knapp sieben Prozent weniger als 2021. Der rückläufige Trend der letzten zehn Jahre setze sich damit fort, erklärte Dr. Scott Grebe Ende August bei
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