Thema Rheinisches Ärzteblatt / Heft 11 / 2024 13 Um die Lage besser einschätzen zu können, haben die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) in diesem Jahr jeweils eigene Umfragen unter ihren Mitgliedern aufgelegt. Im April veröffentlichte die DKG die Ergebnisse einer repräsentativen Befragung zur Gewalt gegen Klinikmitarbeiter, an der bundesweit 250 Allgemeinkrankenhäuser mit mehr als 100 Betten teilnahmen. Danach gaben 73 Prozent der Kliniken an, dass die Zahl der Übergriffe in ihren Häusern in den vergangenen fünf Jahren gestiegen sei. 53 Prozent verzeichneten eine mäßige und 20 Prozent eine deutliche Steigerung. 80 Prozent der Kliniken gaben an, dass weit überwiegend der Pflegedienst von Gewalt betroffen sei; bei der Hälfte der Kliniken stehen die Notaufnahmen im Zentrum der Übergriffe. Zu aggressivem Verhalten kommt es der Umfrage zufolge vor allem, wenn Alkohol oder Schmerzen im Spiel sind, Patienten psychisch auffällig sind oder es zu langen Wartezeiten kommt. Als eine der Hauptursachen von Gewalt nannten allerdings 73 Prozent der Kliniken auch einen allgemeinen Respektverlust gegenüber dem Krankenhauspersonal. Was die Zahl der gewalttätigen Übergriffe betrifft, geht die DKG nach eigenen Worten von einer erheblichen Dunkelziffer aus. Denn gerade kleinere Übergriffe würden vielfach weder intern gemeldet noch bei der Polizei angezeigt. Beleidigungen gehören zum Alltag An einer Online-Umfrage der KBV zu Gewalterfahrungen in den Praxen beteiligten sich im August rund 7.600 Ärzte, Psychologische Psychotherapeuten und Medizinische Fachangestellte. Die Ergebnisse ähneln denen aus den Krankenhäusern. Danach gaben 85 Prozent der Befragten an, dass Beschimpfungen, Beleidigungen oder Bedrohungen durch Patienten in den vergangenen fünf Jahren zugenommen hätten. 48 Prozent erklärten, dass das auch für Fälle körperlicher Gewalt gelte. Fast jeder Zweite wurde in den vergangenen fünf Jahren mindestens einmal von einem Patienten körperlich angegriffen oder bedroht. Die Fälle reichten von Tritten gegen das Schienbein, Schubsen und Spucken bis hin zu schweren Angriffen. Jeder vierte von körperlicher Gewalt Betroffene schaltete die Polizei ein oder erstattete Anzeige. Weit verbreitet ist der KBV-Umfrage zufolge insbesondere verbale Gewalt. 80 Prozent der Befragten erlebten solche Vorfälle allein im vergangenen Jahr. Die meisten Praxen beklagen in der Umfrage eine zunehmende Aggressivität und Respektlosigkeit von Patienten. Beschimpfungen und Beleidigungen gehörten mittlerweile zum Praxisalltag, berichteten Teilnehmer in Freitextantworten. Einen Grund für die gestiegene Gewaltbereitschaft sehen viele der Befragten in einem gestiegenen Anspruchsdenken der Patienten. Häufig gehe es dabei um zeitnahe Termine, Rezepte oder bestimmte Untersuchungen, die vergeblich eingefordert würden. Zugleich seien viele Patienten von den derzeitigen Rahmenbedingungen frustriert, Sicherheitstraining für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (oben) im Klinikum Leverkusen: Trainer Professor Dr. Marc Busche mimt einen Angreifer, der von Co-Trainerin Jessica Odenthal mit einem Polizeigriff überwältigt wird (unten). Foto: Klinikum Leverkusen was sich ebenfalls häufig in Beleidigungen und Beschimpfungen äußere. Die Umfrageergebnisse beschäftigten Mitte September auch die KBV-Vertreterversammlung (VV). Sie sprach sich in einer Resolution für eine von der Bundesregie-
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