Rheinisches Ärzteblatt 12/2023

Thema 12 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 12 / 2023 Er war zwar nicht anwesend, aber doch allgegenwärtig. Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein (ÄkNo) stand ganz im Zeichen der inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Reformplänen von Bundesgesundheitsminister Professor Dr. Karl Lauterbach sowie mit dessen Politikstil. Die 121 gewählten Repräsentanten der nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte machten insbesondere ihrem Unmut darüber Luft, dass der Minister bei seinen zahlreichen Gesetzesvorhaben den Sachverstand derer, die tagtäglich in Praxen und Krankenhäusern ihre Patientinnen und Patienten versorgen, immer häufiger nicht einbeziehe. Im Bundesgesundheitsministerium herrsche offenbar die Meinung, dass die mit staatlichen Aufgaben betrauten Ärztekammern Lobbyverbände seien, die man möglichst aus der Politik heraushalten müsse, um handlungsfähig zu bleiben, kritisierte Kammerpräsident Rudolf Henke gleich zu Beginn der Versammlung am 18. November im Düsseldorfer Haus der Ärzteschaft. Das sei ein Denkfehler, der direkt zulasten einer guten Patientenversorgung gehe und für einen Politikstil stehe, der von einem großen und schädlichen Misstrauen gegen- über der Selbstverwaltung geprägt sei. „Das macht uns richtig sauer“, sagte Henke unter dem Beifall der Delegierten. Benötigt werde eine Gesamtstrategie für eine zukunftssichere sektorübergreifende Gesundheitsversorgung und zwar unter Beteiligung der Selbstverwaltung, erklärte der Präsident. Stattdessen dringe aus dem Hause Lauterbach ein „Potpourri“ an Einzelgesetzen, die vielfach Qualitätsgesichtspunkte und Versorgungserfordernisse außer Acht ließen. Beispiel Krankenhausreform: Über einen Paradigmenwechsel bei der Finanzierung der Kliniken verhandeln Bund und Länder seit Beginn dieses Jahres. Der Bundesgesetzgeber will, dass die Krankenhäuser künftig nicht mehr ausschließlich für das Erbringen medizinischer Leistungen, sondern auch für das Vorhalten von Personal und medizin-technischer Ausrüstung bezahlt werden. 60 Prozent des Krankenhausbudgets sollen dann aus sogenannten Vorhaltepauschalen bestehen. Damit sollen Fehlanreize zur Leistungsausweitung beziehungsweise zur Erbringung möglichst vieler lukrativer Leistungen korrigiert werden. Während aber die Pflegepersonalkosten bereits außerhalb des geltenden Fallpauschalen-Systems bezahlt werden, sind die ärztlichen Personalkosten nicht Teil der Vorhaltefinanzierung. „Aber gute Krankenhausversorgung geht nur mit genügend gut qualifiziertem Personal“, stellte Henke klar. Das gelte für Pflegekräfte ebenso wie für Ärztinnen und Ärzte. Die Kammerversammlung warnte außerdem, dass sich die Finanzierung der ärztlichen Personalkosten nicht an Mindestanforderungen orientieren dürfe, wie sie die ebenfalls im Rahmen der Krankenhausreform im Bund vorgesehenen Leistungsgruppen definieren. Diese knüpfen die Erlaubnis, bestimmte Leistungen wie Hüftoperationen abrechnen zu können, Ärztekammern sind keine Lobbyverbände Krankenhausfinanzierung, elektronische Patientenakte, Substitution ärztlicher Aufgaben durch andere Gesundheitsberufe: Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein übte deutliche Kritik an Reformvorhaben von Bundesgesundheitsminister Professor Dr. Karl Lauterbach. Zumal immer häufiger der Sachverstand der Ärzteschaft bei Entscheidungen außen vor bleibe, kritisierte das Ärzteparlament. von Heike Korzilius Foto: Jochen Rolfes

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=