Rheinisches Ärzteblatt 12/2023

Magazin 6 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 12 / 2023 Bundesverwaltungsgericht Erwerb von Natrium-Pentobarbital bleibt für Suizidwillige verboten Menschen, die ihrem Leben freiwillig ein Ende setzen wollen, bleibt der Erwerb von NatriumPentobarbital auch weiterhin versagt. Letztinstanzlich entschied das Bundesverwaltungsgericht am 7. November, dass das Verbot des Erwerbs des Barbiturats zum Zweck der Selbsttötung gerechtfertigt sei. Angesichts der Möglichkeiten, das eigene Leben medizinisch begleitet mit anderen Mitteln zu beenden, sei dieses Verbot mit dem durch das Grundgesetz geschützten Recht auf selbstbestimmtes Sterben vereinbar. Die suizidwilligen Kläger hatten sich in der Revision dagegen gewendet, dass ihre Anträge auf Erteilung einer Erlaubnis für den Erwerb von Natrium-Pentobarbital vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte abgelehnt worden waren. In der Urteilsbegründung erkennt das Gericht an, dass mit dem fehlenden Zugang zu Natrium-Pentobarbital gewisse Belastungen für Sterbewillige verbunden seien, und verweist in diesem Zusammenhang auf das verfassungsgerichtlich bestätigte Recht des Einzelnen, selbstbestimmt die Entscheidung zu treffen, sein Leben eigenhändig zu beenden. Diesen Belastungen stünden jedoch zu schützende Gemeinwohlbelange gegenüber, da die Gefahren für Leben und Gesundheit der Bevölkerung durch Missbrauch und Fehlgebrauch des Barbiturats groß seien. Das Gericht wies darauf hin, dass nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020 mehrere Organisationen die Vermittlung von zur Suizidhilfe bereiten Ärzten wiederaufgenommen hätten. Insofern bestehe die realistische Möglichkeit, Zugang zu Arzneimitteln zu erhalten, mit denen eine Selbsttötung durchgeführt werden kann. tg Sonntagsfahrverbot Energiekrise und ärztliche Tätigkeit „Die Energiekrise wirft ihre Schatten auch auf das Gesundheitswesen. Von den ersten Sparmaßnahmen – insbesondere von Fahrbeschränkungen – sind, wie alle anderen Staatsbürger, auch die Ärzte betroffen“, heißt es im Leitartikel des Rheinische Ärzteblatts (RÄ) in der ersten Dezember-Ausgabe 1973. Als Reaktion auf den im Oktober 1973 ausgebrochenen Jom-Kippur-Krieg und die Haltung westlicher Länder verhängen die OPEC-Staaten einen begrenzten Lieferboykott für Rohöl. Die Folge: Der Ölpreis steigt und die Preise für Treibstoff und Heizöl schnellen in die Höhe. Die Bundesregierung reagiert mit Sparmaßnahmen wie etwa dem Energiesicherungsgesetz und der „Verordnung über Fahrverbote und Geschwindigkeitsbegrenzungen für Motorfahrzeuge“ vom 19. November 1973. Es wird ein Tempolimit von 100 Stundenkilometern auf Autobahnen und 80 auf Landstraßen eingeführt. Im November und Dezember 1973 werden Sonntagsfahrverbote verordnet, von denen „Ärzte im Einsatz“ ausgenommen sind. „Der Arzt darf also sein Benzinfahrzeug auf dem beruflichen Wege zu seinen Patienten benutzen, ebenso wenn er sonntags aus beruflichen Gründen von zu Hause in seine Praxis fahren muß“, erläutert das RÄ. Für Kontrollen genügte es, sich als Arzt ausweisen zu können. Nur die Fahrt im Zusammenhang mit der ärztlichen Tätigkeit war vom Fahrverbot ausgenommen: „Wenn die Polizei dagegen einen Arzt auf einer beruflich nicht erforderlichen Autofahrt feststellen sollte, muß er mit sehr hohen Strafen rechnen, mindestens 500 DM.“ bre Der Einsatz von Natrium-Pentobarbital zum Zweck der Selbsttötung ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht mit dem Betäubungsmittelgesetz vereinbar. Foto: Felipe Caparrós/ stock.adobe.com Ex-post-Triage MB will klagen Der Marburger Bund (MB) bereitet eine Verfassungsbeschwerde gegen das Verbot der Ex-post-Triage nach dem im November 2022 geänderten Infektionsschutzgesetz vor (§ 5c IfSG). Diese Vorschrift kollidiere mit der grundrechtlich geschützten ärztlichen Therapiefreiheit, die das Überleben möglichst vieler intensivpflichtiger Patienten zu erreichen versucht, erklärte die MB-Vorsitzende Dr. Susanne Johna Anfang November vor der MB-Hauptversammlung. Die Befolgung des Gesetzes könne dazu führen, dass im Extremfall Patienten mit vergleichsweise guter Prognose, die etwa kurzzeitig beatmet werden müssen, sterben, weil sie keine intensivmedizinischen Ressourcen erhalten, die ein anderer Patient mit deutlich schlechteren Überlebenschancen hat. tg Arzneimittel AOK meldet Ausgabenrekord Im vergangenen Jahr hat die gesetzliche Krankenversicherung mit 52,9 Milliarden Euro einen neuen Ausgabenrekord für Arzneimittel verzeichnet. Das teilte das Wissenschaftliche Institut der AOK mit. Im Zehn-Jahres-Vergleich seien die Nettokosten um 88 Prozent gestiegen. 52,6 Prozent der Arzneimittellausgaben entfielen demnach auf patentgeschützte Arzneimittel, deren Verordnungsanteil allerdings bei nur 6,8 Prozent liegt. In die Nettokosten fließen die Eigenanteile der Versicherten ein, gesetzliche Apotheken- und Herstellerabschläge werden herausgerechnet. HK

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