WERDER MAGAZIN Nr. 335

WERDER MAGAZIN 335 29 I n den vergangenen vier Jahren war der A-Lizenz-Inhaber für die Videoanalyse der Bundesliga-Mannschaft des FC Schalke 04 ver- antwortlich. Begonnen hatte seine berufliche Laufbahn bei den ‚Königsblauen‘ aber zunächst als Co-Trainer. Gemeinsam mit Ruhrpott-Legende und Zweitliga-Rekordspieler Willi Landgraf trai- nierte Tobias Hellwig die U15 der ‚Knappen‘. „Diese Zeit war total interessant für mich und ein toller Einstieg in den Leistungsfußball. Willi und ich haben uns gut ergänzt. Ich kam damals gerade von der Uni und habe eher den theoretischen Teil übernommen, während er der Mannschaft die Tugenden des Ruhrgebiets wie Kampfgeist, Lauf- bereitschaft und Siegeswillen vermittelt hat“, verrät er und schmun- zelt: „Willi lebt diese Eigenschaften eben wie kaum ein anderer.“ Zuvor hatte Hellwig an der Deutschen Sporthochschule in Köln stu- diert, im Studiengang ‚Sport und Leistung‘ mit dem Schwerpunkt Fußball. Es war seine erste Station außerhalb des Ruhrgebiets. „Aber Köln ist ja noch nicht ganz so weit weg“, lacht er. Einen Wermuts- tropfen brachte das Studium mit sich: Seine aktive Fußballer-Lauf- bahn musste er ‚an den Nagel hängen‘. „Durch das Studium war das einfach nicht mehr möglich. Nur am Abschlusstraining teilzu- nehmen und am Wochenende zu spielen, funktionierte nicht. Da- her ging es für mich recht schnell auf die Trainerseite“, erklärt der ehemalige Mittelfeldspieler, der in Gelsenkirchen beim SV Horst 08 sowohl in der Jugend als auch im Herrenbereich aktiv war. Nach seinem erfolgreichen Studien-Abschluss in Köln und lehrreichen Jahren in der U15 von S04 erhielt Tobias Hellwig dann „ein Angebot, das man nicht so häufig bekommt“ – als Videoana- lyst der Profi-Mannschaft. „Das war für mich die große Chance, nochmal auf einem ganz anderen Niveau im Fußball zu arbeiten“, erinnert sich der 32-Jährige, der bereits während seiner Tätigkeit als U-15-Co-Trainer die Videoanalyse im Schalker Leistungszentrum betreute und es „anscheinend ganz gut gemacht hat“. Es folgten intensive Jahre auf Schalke, in denen er mit vier Trainern zusammenarbeitete und viele Erfahrungen sammelte. „Betrachtet man die damalige Situation aus Ausbildungssicht, war es für mich persönlich eine tolle Möglichkeit, um zu lernen. Ich habe unter Jens Keller, Markus Weinzierl, Roberto Di Matteo und André Breitenreiter gearbeitet und mir von allen et- was abschauen können“, so Hellwig. Das Beste herausfiltern musste Hellwig auch bei der Videoanalyse für die Spieler. Dabei sind ihm vor allem zwei Akteure im Gedächtnis geblieben: „Roman Neustädter war sehr offen und hat sich durchaus kritisch mit der Videoanalyse auseinandergesetzt. Das gilt auch für Ralf Fährmann. Mit ihm habe ich sehr viel gearbeitet. Dabei ging es nicht nur um sein eigenes, sondern auch um das Spiel der Gegner. Gerade seine zahlreichen parierten Elfmeter in der vergangenen Sai- son waren ein stückweit Bestätigung der Arbeit.“ Seit 2018 ist das Kapitel ‚Schalke‘ nun vorbei, und Tobias Hellwig ist ein Grün-Weißer. Diesen Schritt hat er bisher „nicht bereut“, obwohl das Engagement etwas überraschend kam. „Rückblickend war es eine ‚Nacht- und Nebelaktion‘, auch wenn mein Entschluss, dass ich wieder mehr auf dem Platz stehen will, feststand. Als Sven Hübscher die U23 übernahm, kam relativ schnell der Anruf, ob ich mir den Co-Trainer-Posten vorstellen könne. Innerhalb zweier Abende habe ich dann die Entscheidung für Werder getroffen, und kurz danach saß ich schon im Mannschaftsbus auf dem Weg nach Wiesbaden“, erinnert er sich. Das war im Februar. Seitdem musste die U23 des SV Werder einige Rückschläge, gipfelnd im Abstieg in die Regionalliga Nord, hinneh- men. Dabei wurde auch die Leidensfähigkeit der Verantwortlichen auf die Probe gestellt. „Wenn ich mich an Spiele wie gegen Lotte und Jena zurückerinnere, muss ich sagen, dass die Nerven schon strapa- ziert wurden. Das waren leider nicht die einzigen Partien, in denen Aufwand und Ertrag nicht passten“, sagt Hellwig. „Grundsätzlich war aber eine positive Entwicklung im Team zu erkennen.“ Hübscher und Hellwig arbeiten intensiv und akribisch für die U23. Da bleibt wenig Zeit, um das neue Umfeld zu entdecken. „Noch habe ich es nicht so oft geschafft, mich in Bremen etwas umzuschauen. Aber wenn ich mal unterwegs bin, gehe ich gerne in die Stadt. Oder auch in die Natur, wenn ich mit meiner Freundin spazieren gehe“, verrät Hellwig. Und wenn er doch mal Möglichkeiten findet, um sich zu entspannen, dann landet er wieder beim Sport: „Im Kraftraum kann ich mich entspannen. Zudem habe ich gerade zwei gute Tennispartner gefunden, nachdem das in den letz- ten Monaten ein wenig zu kurz gekommen ist.“ Auch das Thema ‚Essen‘ beschäftigt Werders U- 23-Co-Trainer sehr: Für den seit mehr als zwei Jahren überzeugten Veganer spielt die Ernährung eine wichtige Rolle: „Nachdem ich mich intensiv damit beschäftigt hatte, habe ich für mich viele Vorteile gesehen. Sowohl die Gesundheit als auch das Gewissen sind wichtige Gründe für die ve- gane Ernährung, mit der ich mich sehr wohlfühle“, so Hellwig, der seine komplette Küche ‚umgekrempelt‘ hat: „Ich habe damals meinen gesamten Kühlschrank ‚ausgemistet‘ und bin direkt im Anschluss ein- kaufen gegangen. Mit der Zeit weiß man, wo es welche Lebensmittel zu kaufen gibt“, erklärt Hellwig. „In den vergangenen Jahren ist es zudem einfacher geworden, vegan zu leben. Ich muss nicht mehr in drei Läden gehen, um alles zu bekommen, sondern finde es in einem.“ Sein Tipp: „Es gibt immer mehr Restaurants, die veganes Essen anbie- ten. Auch hier in Bremen gibt es fantastische Möglichkeiten dafür. Ich kann es nur empfehlen.“ Marcel Kuhnt „Innerhalb zweier Abende habe ich die Entscheidung für Werder getroffen.“

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=