WERDER MAGAZIN Nr. 336

men. In der Physiotherapie haben wir – auch durch den einen oder anderen Blick von au- ßen – erkannt, dass wir an der Struktur etwas verändern mussten. Mit Uwe Schellhammer haben wir einen neuen Leiter dieses Bereichs geholt, der schon lange in der Bundesliga ar- beitet und unserem jungen Physioteam sehr gut tut. Wir haben in diesem Team eine sehr gute Mischung aus Erfahrung und jungen auf- strebenden Mitarbeitern. Außerdem haben wir nun mit Christoph Engelke noch einen weiteren Arzt, der die Betreuungsmöglichkei- ten für unsere Spieler verbessert. Ist der Kern der Arbeit eines Bundesliga-Chef- trainers mittlerweile, den großen Mitarbeiter- stab zu führen? KOHFELDT: Der Kern der Arbeit ist noch immer die Mannschaft. Aber die Führung des Mitarbeiterstabs zahlt natürlich auf den Erfolg der Mannschaft ein. Deshalb ist der enge Austausch im Funktionsteam von großer Bedeutung. Und ich versuche, immer wieder darauf einzu- wirken, dass jeder genau seine Aufgaben kennt und diese auch im Sinne des mannschaftlichen Erfolgs erfüllt. Daher ist das ein wichtiger Teil meiner Arbeit. Welche Erkenntnisse hat die WM in Russland im Sommer gelie- fert? BAUMANN: Dass wir mit un- serer Philosophie, die wir defi- niert und die Florian und sein Trainerteam der Mannschaft vom ersten Tag an vermittelt haben, auf einem guten Weg sind. Man konnte bei der WM erkennen, dass nur sehr wenige Mannschaften Lösungen mit Ball hatten. Viele waren darauf konzentriert, das eigene Tor zu verteidigen und sich dann im Umschaltspiel oder durch Stan- dardsituationen Chancen her- auszuspielen. Das ist aber nicht unbedingt der Fußball, den Zuschauer gerne sehen wollen und den Spieler gerne spielen. Defensivarbeit muss immer die Basis sein, aber wir wollen mu- tig sein und eine Mannschaft haben, die es schafft, Lösungen mit Ball zu finden. Welche Hinweise gibt das frühe Ausscheiden des DFB-Teams bei der WM auf den derzeitigen Stand des deutschen Fußballs? BAUMANN: Ich finde, dass man daraus noch keinen Trend ableiten kann. Wir waren am- tierender Weltmeister, haben vor einem Jahr mit einer jungen Mannschaft den Con- federations-Cup gewonnen. Wir waren bei der U-21-EM erfolgreich, auch bei Olympia. Wir haben in der Bundesliga sehr viele span- nende junge deutsche Spieler. Ich denke, dass dieses Ausscheiden in der Vorrunde ein Ausrutscher war. Aber natürlich müssen wir immer wieder schauen, wie wir uns verbes- sern können – in der Ausbildung der Talen- te, aber auch in der Bundesliga, um in den internationalen Wettbewerben zu bestehen. Anfang des Jahrtausends haben wir aus ei- ner Krisensituation die Nachwuchsarbeit in Deutschland stark verbessert. Aber die Kon- kurrenz schläft nicht, und die anderen Na- tionen haben sich weiterentwickelt. Daher müssen wir wachsam sein, wo der Trend im Weltfußball hingeht. Der Schlüssel ist dabei für mich die Qualität der Trainer, sowohl im Jugendbereich als auch bei den Profis. Oft können Menschen gut zusammenarbeiten, wenn sie ähnlich ticken, manchmal aber auch gerade, wenn sie unterschiedlich sind und sich gut ergänzen. Wie ist es bei Ihnen? KOHFELDT: (überlegt) Ich denke, dass wir in vielem sehr ähnlich sind und das eher dazu führt, dass wir gut zusammenarbei- ten, als dass wir sehr unterschiedlich wären. Der größte Unterschied ist sicher, dass ich manchmal doch sehr ungeduldig bin und Frank fast immer die Ruhe bewahrt. Ins- gesamt haben wir eine ähnliche Idee, wie unser Fußball aussehen soll, wo Werder Bremen irgendwann stehen soll und wie man mit Menschen umgeht. Gerade der letzte Punkt ist ein sehr wichtiger und die Grundlage der täglichen Arbeit. Auf dem Papier ist Ihr Arbeitsverhältnis das von Chef und Mitarbeiter. Im Alltag auch? KOHFELDT: Frank hat mich als Co-Trainer schon mal entlassen, da habe ich das ge- merkt (lacht) . Im Ernst: Frank ist mein Chef, das ist nichts Schlimmes, sondern gehört dazu. Aber ich habe es noch nie erlebt, dass wir diskutiert haben und die Lösung dann über die Hierarchie finden mussten. Sondern es geht immer um Argumente. Und das zu wissen, ist ein gutes Gefühl. V BAUMANN: Natürlich ist es auf dem Papier so, dass ich der Vorgesetzte bin. Aber eine solche Zusammenarbeit kann aus meiner Sicht nur funktionieren, wenn man sich als 10 WERDER MAGAZIN SPEZIAL 336 INTERVIEW Frank Baumann (li.) beobachtete in der Saisonvorbereitung regelmäßig das Trai- ning der Mannschaft. Über Cheftrainer Florian Kohfeldt und sein Funktionsteam sagt er: „Sie arbeiten sehr professionell. Alle leben das vor, was sie von der Mannschaft erwarten.“

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