WERDER MAGAZIN Nr. 336
Ist Werder diesen Sommer finanziell stärker ins Risiko gegangen als in den vergangenen Jahren? Nein, es gab einfach einen größeren Hand- lungsspielraum. Wir sind schon in den vergangenen Jahren immer wieder über- schaubare Risiken eingegangen. Seit Frank Baumann wieder bei uns ist, haben wir signifikant in die Qualität der Mannschaft investiert. Dieses Mal fällt es noch stärker auf, weil uns durch die TV-Einnahmen und den Transfer von Thomas Delaney mehr Geld zur Verfügung stand. Es wird im Umfeld viel über Europa gespro- chen. Wäre ein Erreichen zum Beispiel der Eu- ropa League überhaupt lukrativ? Zunächst einmal: Man muss im Sport Ziele haben. Und der europäische Wettbewerb macht einfach eine Menge Spaß. Deshalb wollen wir ihn irgendwann wieder errei- chen. In der Europa League gibt es auch mal nicht so namhafte Gegner. Aber der Wettbe- werb kann sehr spannend und auch lukrativ sein. Mit Erreichen der Gruppenphase sind signifikante Einnahmen möglich. Josh Sargent ist ein großes Thema in den USA, Yuya Osako war mit Japan bei der WM, Claudio Pizarro ist bei spanisch sprechenden Fans ge- fragt, um nur einige zu nennen. Wie kann Wer- der das nutzen? Wir prüfen intensiv, welche Möglichkeiten es zum Beispiel in den USA und Japan gibt. Wir kommunizieren in unseren sozialen Medien auch auf Englisch. Wir überlegen re- gelmäßig, ob es sich lohnt, weitere Sprachen dazu zu nehmen. Teilweise tun wir das be- reits. Und natürlich versuchen wir, in diesen Märkten Sponsoren und Partner zu finden. Wie hat der Abgang von Yuning Zhang die Aktivitäten auf dem chinesischen Markt ver- ändert? Einer unserer chinesischen Partner stand in direktem Zusammenhang mit Yuning Zhang, diese Partnerschaft ist ausgelaufen. Der an- dere Partner ist aber weiter dabei. Wir hat- ten außerdem im Sommer eine chinesische Jugend-Mannschaft zu Gast, die sich mit un- serer Hilfe auf ein Turnier vorbereitet hat, was uns einen sechsstelligen Betrag eingebracht hat. Die Arbeit, die wir in das Thema ‚Know- how-Transfer‘ investiert haben, trägt also ers- te Früchte. Und klar ist: Wir werden unsere Aktivitäten in China weiter vorantreiben. Was suchen Partner heute besonders in der Zusammenarbeit mit einem Fußball-Bundes- ligisten? In der Vergangenheit ging es darum, die Bekanntheit durch Bandenwerbung zu stei- gern. Dazu kamen dann Aktivierungsmaß- nahmen wie zum Beispiel Autogrammstun- den. Heute ist die Bekanntheit weiterhin ein wichtiges Thema. Aber es geht sehr viel stär- ker um Digitalisierung und Content Manage- ment. Hier sind wir mit unseren Partnern in einem sehr intensiven Austausch, um neue Lösungen anzubieten und gemeinsam in unseren Kanälen digitale Inhalte zu spielen. Wir produzieren bereits hochinteressanten Content für die Fans, der eine entsprechend hohe Reichweite nicht nur für die Partner, sondern auch für uns bringt. Auch die Liga insgesamt will sich weiterentwi- ckeln. Welche Themen stehen für die DFL der- zeit im Vordergrund? Zum einen der weitere Ausbau der Interna- tionalisierung. Es gibt dazu einen neuen Maßnahmenkatalog, neue Zielmärkte wur- den definiert. Dafür müssen wir alle gemein- sam raus und mit der Bundesliga im Ausland präsent sein. Wir müssen unser Produkt digital über die Partner, die die Rechte für die Auslandsvermarktung erworben ha- ben, noch stärker zeigen. Die DFL kontrol- liert hier den gesamten Kreislauf, also die Bildqualität usw., und ist daher sehr gut auf- gestellt. Außerdem müssen wir uns auf die nächste TV-Rechteperiode vorbereiten, für die demnächst die Ausschreibung ansteht. Die drei wichtigsten Themen sind also: Internationalisierung, Digitalisierung und neue TV-Rechte-Vergabe. Sehen Sie das Ende der Einnahmesteigerun- gen bei den TV-Rechten erreicht? Wir müssen uns gut vorbereiten und uns da- rüber klar sein, wie wir unser Produkt wei- terentwickeln wollen. Eines wollen wir dabei nicht: dass die Fußballkultur in Deutschland so aufgebrochen wird wie zum Beispiel in England oder Spanien, wo fast jedes Spiel ei- nes Spieltags eine andere Anstoßzeit hat. Den Samstag als Kernspieltag zu erhalten, ist das Bestreben aller. Aber man muss sich dann im Gegenzug im Klaren sein, dass es eventuell weniger Einnahmemöglichkeiten gibt. Eine Steigerung halte ich durch eventuelle weite- re Interessenten wie Netflix, Amazon oder Google für möglich, die sich entscheiden könnten, in den Markt zu gehen. Das würde für einen intensiveren Wettbewerb sorgen. In der vergangenen Saison waren erstmalig nicht alle Bundesliga-Spiele live bei Sky zu sehen. Wie haben die Fans diese Veränderung angenommen? Die Neuerung technisch umzusetzen, ist manchen sicher nicht leichtgefallen. Abge- sehen davon muss man Eurosport aber ein großes Lob aussprechen für ihre Bundesliga- Berichterstattung. Sie haben das Produkt hervorragend präsentiert. Matthias Sammer hat als Experte einen sehr guten Job ge- macht. Mit Jan Henkel gab es einen starken Moderator. Insgesamt hat das der Bundesliga noch einmal eine neue Note gegeben. Welche Entwicklung erwarten Sie in nächster Zeit beim Thema ‚50+1‘? Unsere Auffassung bei Werder ist, dass sich diese Regelung weiterentwickeln muss, dass wir uns für die Diskussion dieses Themas weiter öffnen und es vor allem selbst bestim- men müssen. Das ist durch die Art, wie es in der Liga diskutiert wurde, leider etwas gestoppt worden. Daher müssen wir jetzt gucken, wie hoch die Rechtssicherheit dieser Klausel ist. Dazu wird gerade eine Anfrage beim Kartellamt geprüft. Wir werden zuneh- mend noch mehr Wissen zu diesem Thema haben und dann die Möglichkeit bekommen, uns als Liga mit der Weiterentwicklung von ‚50+1‘ auseinanderzusetzen. V 14 WERDER MAGAZIN SPEZIAL 336 INTERVIEW Klaus Filbry sagt: „Auch bei der derzei- tigen Aufbruchsstimmung rund um Werder sind die Anforderungen, denen wir uns täglich stellen müssen, sehr hoch.“
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