WERDER MAGAZIN Nr. 336
V WERDER MAGAZIN: Welches war Ihr bisher schönstes Erlebnis hier im Weser-Stadion? FRANK BAUMANN: Wenn man lange dabei ist, dann ist es nicht so leicht, ein Erlebnis herauszuheben. Aber wenn ich mich ent- scheiden soll, wäre es sicher die Übergabe der Meisterschale 2004, auch wenn das Spiel davor (Werder verlor mit Kapitän Frank Baumann 2:6 gegen Bayer Leverkusen, Anm. d. Red.) alles andere als gut war. Aber das war fünf Minuten nach dem Spiel schon ver- gessen (lacht) . Welche Rolle spielt das Weser-Stadion für die Arbeit mit der Mannschaft? KOHFELDT: Wir sind hier zu Hause. Ich empfinde es als großen Vorteil, dass wir jeden Tag hier sind und unser Trainingsplatz nicht ganz woanders ist. Ich gehe jeden Mor- gen durch Tor 1 des Stadions in mein Büro, und das erste, was ich sehe, ist das Spielfeld. Den Spielern geht es ähnlich. Außerdem sind wir mitten in der Stadt, was emotional eine große Bedeutung hat. Deshalb ist das Weser- Stadion für uns nicht nur Arbeitsplatz, son- dern ein ganz wichtiges Symbol. Welche Erkenntnisse hat die Saisonvorberei- tung geliefert? KOHFELDT: Eine wichtige war, dass wir eine extrem leistungsbereite Mannschaft haben, die lernen will, die auch bereit ist, sich dafür zu quälen. Und das sind gute Eigenschaften. Man sagt immer so leicht: Das gehört dazu. Aber die Spieler mussten sich unter anderem darauf einlassen, dass Inhalte auch mal an- ders vermittelt werden, als sie es gewohnt waren. Das haben sie gemacht, und das finde ich nicht selbstverständlich. Frank, in welchen Bereichen arbeiten Florian Kohfeldt und sein Trainerteam besonders inno- vativ? BAUMANN: Es ist schwer, etwas zu machen, was noch niemand gemacht hat. Viel wich- tiger ist, das zu tun, wovon man sich einen Nutzen verspricht. Und das Entscheidende ist, wie man es der Mannschaft vermittelt. Man kann noch so viele Videoanalysen machen – wenn die Inhalte nicht sinnvoll auch verbal vermittelt werden, dann kommt nichts dabei rum. Und wenn man den Spie- lern Live-Bilder aus dem Training per Video zeigt, dann muss das sitzen. Das ist eine riesige Herausforderung und verlangt dem Trainerteam und den Analysten sehr viel ab. Da hilft es, wenn großes Vertrauen herrscht, man genau voneinander weiß, was man der Mannschaft vermitteln will. Florian und sein Trainerteam haben vom ersten Tag an gezeigt, wie akribisch und im Detail sie die Arbeit planen, wie ehrgeizig sie sind und mit welcher Leidenschaft sie täglich zur Arbeit kommen. Das gesamte Funktionsteam ar- beitet sehr professionell, bietet den Spielern bestmögliche Arbeitsbedingungen. Und alle leben das vor, was sie von der Mannschaft erwarten. Waren die personellen Veränderungen im Som- mer letztlich umfangreicher, als Sie es sich gewünscht haben? BAUMANN: Es bewegt sich in dem Rahmen, den wir erwartet und durchaus für notwen- dig erachtet haben, um in unserer Entwick- lung den nächsten Schritt zu machen. Man braucht eine gewisse Kontinuität, die ha- ben wir. Aber dazu braucht man neue Ein- flüsse, um einen Kader weiterzuentwickeln. Eine wichtige Achse mit Jiri Pavlenka, Niklas Moisander, Philipp Bargfrede, Maxi Eggestein und Max Kruse konnten wir hal- ten. Und darauf aufbauend haben wir das Team ganz gezielt verstärkt. Daher sind wir mit den Veränderungen zufrieden. Auf welchen grundsätzlichen Überlegungen basierte die Zusammenstellung des Kaders? KOHFELDT: Wir haben sehr früh darüber nachgedacht, was uns wichtig ist, haben Pro- file für bestimmte Positionen definiert, um zu wissen, welchen Typus Spieler wir dafür haben wollen. Daran haben nicht nur Frank und ich, sondern auch die Co-Trainer und das Scouting einen großen Anteil. Dass wir uns immer im Klaren waren, was wir haben wol- len, war ein großes Plus für die Suche. Und was haben Sie gesucht? KOHFELDT: Das, was wir gekriegt haben (lacht) . Im Ernst: Es hat sich sehr viel von dem erfüllt, was ich mir an Neuzugängen gewünscht habe. Wir wollten zum Beispiel einen strategischen Spieler haben, der krea- tiv ist, in der Lage, den Rhythmus unseres Spiels zu bestimmen. Wenn man dieses Profil definiert hat und dann Davy Klaassen bekommt, dann kann man als Trainer nur sagen: Vielen, vielen Dank! Gleiches gilt für Yuya Osako, den wir schon lange beobach- tet haben, von dem wir wissen, dass er sich sehr gut in die Zwischenräume bewegt, ver- schiedene Positionen spielen kann, was für uns ein wichtiges Kriterium ist. Denn wir werden nie einen Kader mit 25 Top-Spielern haben. Daher brauchen wir variable Spieler, die sich gleichzeitig unserer Art und Weise von Fußball anpassen können. Wir haben jetzt in der Abwehr auf jeder Position einen guten Konkurrenzkampf, sind im Mittelfeld sehr gut besetzt, haben im Angriff eine brei- te Auswahl, können auf den Gegner mit un- terschiedlichen Spielertypen reagieren. Ich bin sehr zufrieden. Und wie sieht es mit den eigenen jungen Spie- lern aus? Werden zukünftig in regelmäßigen Abständen Talente aus dem WERDER Leis- tungszentrum – wie zuletzt Maxi Eggestein – FLORIAN KOHFELDT: Ich bleibe dabei: Das unglaublichste Erlebnis für mich war das 1:0 gegen Eintracht Frankfurt am letzten Spiel- tag der Saison 2015/2016, bei dem ich als Co-Trainer dabei war – von der Ankunft am Stadion bis zu dem, was danach passiert ist, einfach Wahnsinn. Fotos: C. Heidmann 8 WERDER MAGAZIN SPEZIAL 336 INTERVIEW
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