WERDER MAGAZIN Nr. 344

WERDER MAGAZIN 344 11 INTERVIEW KLAUS FILBRY POSITION Vorsitzender der Geschäftsführung, kaufmännischer Geschäftsführer BEI WERDER SEIT 01.01.2010 GEBURTSDATUM 09.01.1967 GEBURTSORT Münster NATIONALITÄT deutsch FRÜHERE STATION Adidas AG (1994 - 2009) Was ist Ihre erste Erinnerung an den Fußball? Mein erstes Spiel als 7-jähriger beim TSV Angelmodde. Ich musste bereits in der D-Jugend spielen, konnte aber mit den ‚Großen‘ mithalten. Wo möchten Sie als Rentner leben? Auf jeden Fall an Orten, wo Men- schen leben, die mir wichtig sind. Dazu zählen Bremen, Münster, Nürn- berg, Berlin und Portland. Für welchen karitativen Zweck würden Sie am ehesten spenden? Ich unterstütze die Initiative Com- mon Goal, die soziale Projekte mit Fußball-Bezug fördert, und spende ein Prozent meines Jahresgehalts. Was ist die Lehre der vergangenen (Corona-)Monate? Mit Geschlossenheit kann man auch herausfordernde Krisen überwinden. Was ist Ihr Wunsch für die nächste Saison? Dass so schnell wie möglich wieder Fans ins Stadion können, unsere Mannschaft ihr Potenzial abruft und sich für ihre Arbeit belohnt. Und dass wir die extremen wirtschaftlichen Herausforderungen meistern. Insolvenz bedroht. Und wir als Teil der Event-Branche sind in besonderer Weise betroffen. Wir haben keine Zuschauer, da- durch enorme finanzielle Einbußen. Diese finanziellen Auswirkungen transparent darzustellen, war notwendig, um Verständ- nis dafür zu wecken, dass wir dringend wie- der spielen mussten. Auch zu Beginn der neuen Saison wird es keine Zuschauer im wohninvest WESER- STADION geben. Waren Sie überrascht, dass dennoch nahezu alle Dauerkarten- Inhaber ihr Ticket verlängert haben? Wir konnten in der Tat lediglich 300 Dau- erkarten neu vergeben. Also mehr als 99 Prozent der Dauerkarten-Inhaber haben verlängert. Das ist überwältigend und unterstreicht die besondere Treue unserer Fans. Wir haben ein sehr transparentes System geschaffen für den Fall, dass wir zumindest zum Teil wieder mit Zuschauern spielen können. Es wird keine Tageskarten, mit denen wir in der Regel 20 bis 25 Prozent mehr pro Ticket erlösen, geben, sondern unter den Dauerkarten-Inhabern wird fair gelost. Und wer nicht dabei ist, kann nach einem Spiel sofort sein Geld dafür zurück- bekommen. Wann wird es wieder Zuschauer geben? Dazu ist keine seriöse Prognose möglich. Und es kann auch von Standort zu Stand- ort unterschiedlich sein. Ich hoffe, dass wir ab November wieder mit einem Teil der Zuschauer spielen können. Aber das ist nicht gesichert. Es ist wichtig, dass wir Konzepte erarbeiten, wie es unter stren- gen Hygienevorschriften möglich ist, wie- der Zuschauer ins Stadion zu lassen. Es müssen Abstände eingehalten werden können. Wir müssen deutlich machen, dass wir Freiluft-Veranstaltungen aus- richten, was eine Risiko-Minimierung be- deutet. Die Personalisierung der Tickets ist wichtig, um die Kontaktnachverfolgung zu ermöglichen, auch die Wegeführung bei Einlass und im Stadion. Aber die Entschei- dung, ob es dann auch gesundheitlich ver- tretbar ist, liegt immer bei der Politik. Wir tun alle gut daran, diese Entscheidungen zu akzeptieren, auch wenn es uns nicht leichtfällt. Schließlich haben wir immer die wirtschaftlichen Schäden vor Augen. Bei jedem Heimspiel ohne Zuschauer fehlen uns etwa 1,5 Millionen Euro. Die DFL hat eine Task Force eingerichtet, die sich zu den Themen Sport, Wirtschaft und Gesellschaft sowie der Frage, ob und wie sich der Profifußball verändern muss, Gedanken machen wird. Was erwarten Sie von dieser Task Force? Für uns ist wichtig, dass es zukünftig einen fairen Wettbewerb gibt, also eine faire Verteilung der TV-Gelder und einen sinn- vollen Umgang mit der 50+1-Regelung. Derzeit gilt für uns: Die Zahl der guten und richtigen Entscheidungen muss sehr hoch sein, um die finanziellen Nachteile wettzu- machen. Wir arbeiten daran, wieder einen sportlichen Ausreißer nach oben zu haben und vielleicht sogar den Sprung nach Eu- ropa zu schaffen, was 2019 fast geklappt hätte, um unsere sportliche Wettbewerbs- fähigkeit zu verbessern. Dazu braucht man einen guten Trainer wie Florian Kohfeldt, ein gutes Mannschaftsgefüge, das haben wir auch. Und den einen oder anderen Spie- ler, der über sich hinauswächst. Welche veränderten Regelungen sind denkbar? Bis 1999 haben alle Clubs die gleiche Sum- me an TV-Geldern bekommen. Damals hatten wir einen viel ausgeprägteren Wett- bewerb in der Liga. Mittlerweile ist der Ver- teilerschlüssel bei den nationalen TV-Gel- dern – also Sky, DAZN, Sportschau – 1:2,25. Das heißt: Der Tabellenerste bekommt 2,25 Mal so viel wie der Letzte. Nimmt man die internationale Vermarktung der Bundesli- ga dazu, ist das Verhältnis 1:4. Und nimmt man dann noch die Erlöse aus den inter- nationalen Wettbewerben, dann bekommt der Bundesliga-Erste zehn Mal so viel wie der Letzte. Im nationalen und interna- tionalen Topf der Bundesliga müssen wir eine geringere Spreizung schaffen. Das ist machbar und würde helfen, den Wettbe- werb spannender und fairer zu gestalten. Es sollten nicht alle das gleiche bekom- men. Ich bin auch dafür, dass sportlicher Erfolg berücksichtigt wird. Aber genauso sollte es zum Beispiel auch mit der Nach- wuchsarbeit sein. Wer jungen Spielern die entsprechenden Einsatzzeiten gibt, sollte dafür belohnt werden.

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